
Arrigo
Registrierter Benutzer
Hallo Jens,
diesen Verkäufer der Novak will ich eigentlich gar nicht rechtfertigen, aber er sagt ein paar Sachen, die ganz richtig sind:
Zum einen gibt es bei Handzuginstrumenten keine regelmäßige Wartung und es tauscht ganz sicher niemand etwas aus, was nicht sein muss, weil das keiner bezahlen möchte.
Ich kenne schon Leute, die ihr Instrument einmal im Jahr stimmen lassen. Das liegt aber daran, dass sie entweder ein extrem empfindliches Gehör haben, oder das Instrument besonders beanspruchen, indem sie es jeden Tag länger spielen als es einem Hobbymusiker möglich ist oder ihr Instrument ganze Weltreisen zurückgelegt hat und unter unterschiedlichsten Umweltbedingungen gespielt wurde. Durch viel spielen muss mann auch die Klappenfilze früher tauschen, nicht aber, weil sie so und so alt sind.
Ebenso steigt mit der Benutzung natürlich die Chance, etwas zu beschädigen. (Einem Freund von mir hat eine Kellnerin vor einiger Zeit z.B. einen Wurstsalat drübergekippt.)
Es wird generell aber generell nur dann etwas gemacht, wenn es notwendig ist und nicht in bestimmten Zeitabschnitten.
Die Schäden durch Materialalterung bei Wachs finden in Zeiträumen von 50 Jahren statt, bei Papier, Holz und Stahl bei richtiger Behandlung und Lagerung praktisch überhaupt nicht. Nur Leder kann alle paar Jahrzehnte fällig werden, muss aber nicht. Aber sogar da sollten 10 Jahre mehr oder weniger nichts ausmachen.
Wenn jedenfalls bei einem Handzuginstrument, das 10-20 Jahre alt ist überhaupt etwas gemacht wurde, dann nur das Reparieren einer Beschädigung, aber sicher keine Wartung oder ein vorsorglicher Tausch (wie bei einem Keilriemen beim Auto).
Zum anderen ist eine Bestimmung des Alters ohne Zusatzinformationen des Besitzers wirklich schwierig, gerade bei Steirischen.
Durch das Design wie bei Autos oder Akkordeonen geht nicht, denn weil eine Steirische aussehen soll als ob sie 100 Jahre alt ist, sieht sie auch aus als ob sie 100 Jahre alt ist.
Eine große technische Weiterentwicklung hat auch nicht stattgefunden. Man kann sich vielleicht das Ventilmaterial anschauen. Wenn die Ventile aus Leder mit einer Blattfeder (statt Vileda mit Kunststoff) sind, ist das Instrument wahrscheinlich älter als 15-20 Jahre, allerdings möchte ich nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass das nicht nach wie vor irgendwo verwendet wird. Gerade bei den traditionellen Kleinstbetrieben mit persönlichem Kundenkontakt, kann ich mir gut vorstellen, dass dir da jemand sagt: Das ist doch egal. Wenn etwas ist, bringst du das Instrument, dann mach ich dir das.
Klebefilze sind eine Sache der späten 70er, höchstens frühen 80er. Kunststoff bei Rahmen und Stimmstöcken wie bei Akkordeonen sind bei Steirischen sicher extrem selten. Das hilft dir zur Altersbestimmung auch nicht.
Es gibt auch keine Baureihen, in dem Sinne, dass Modell X von Modell Y abgelöst wird und deshalb Modell X genau bis ins Jahr 19zz produziert wurde. Falls eine Produktveränderung stattgefunden hat, dann in kleinen Schritten von Instrument zu Instrument und nicht durch einen Modellwechsel.
Insofern finde ich eine Einordnung 10-20 Jahre alt extrem genau datiert, und keineswegs wage geschätzt von jemandem, der keine Ahnung hat. (Er könnte natürlich geraten haben.)
Würde ich Instrumente verkaufen und müsste dich vom technischen Zustand eines Instruments überzeugen, würde ich es aufmachen und dir zeigen: Stimmzungen - kein Rost, Ventile - liegen (relativ) eng an, Wachs - ohne Risse, Filze - dick genug, Beschädigungen - keine/repariert. Aber wie sollte ich das über Telefon oder E-Mail machen? (Und nebenbei: Wieviele können nachprüfen, was ich rede und würden merken, wenn ich vollständigen Unsinn erzählen würde?)
Zu Bayerland:
Als ich vor ein paar Jahren mit dem Herrn Rahm telefoniert habe, hat er auf mich sehr kompetent und hilfsbereit gewirkt. (Es ging dabei um ein Akkordeon, das mich interessierte, dass aber schon verkauft war.)
Im Übrigen verstehe ich jeden Händler der auf Anrufe und E-Mails von sonstwoher mit dem Inhalt "Was ist letzte Preis" kurz angebunden reagieren. Solche Kunden kann man nicht beraten und von diesem und jenem Produkt überzeugen. Sie sind zum Teil so beratungsresistent, dass sie Produkte kaufen, die sie eigentlich gar nicht haben wollen und dann unzufrieden sind. Oder sie lassen sich beraten und gehen dann zum Händler vor Ort und sagen dem: Ich will so etwas wie das von der Marke.
Das Preisangebot per E-Mail hat oft genug nur den Sinn, es dem örtlichen Händler vorzulegen, um handeln zu können.
Gerade im ländlichen Raum ist die Händlerbindung traditionell erheblich stärker als die Markenbindung, solange es der Händler nicht übertreibt. (Das sieht man, wenn der Händler die Marken(n) wechselt, ohne Kunden zu verlieren.)
Wenn aber, wie beim Internet, gar keine wirkliche Händlerbindung zustandekommt, befürchtet der Händler völlig zu Recht, dass er den Kunden nie wiedersieht, auch wenn er ihm noch so sehr entgegenkommt.
Jedenfalls viel Erfolg, Jens.
diesen Verkäufer der Novak will ich eigentlich gar nicht rechtfertigen, aber er sagt ein paar Sachen, die ganz richtig sind:
Zum einen gibt es bei Handzuginstrumenten keine regelmäßige Wartung und es tauscht ganz sicher niemand etwas aus, was nicht sein muss, weil das keiner bezahlen möchte.
Ich kenne schon Leute, die ihr Instrument einmal im Jahr stimmen lassen. Das liegt aber daran, dass sie entweder ein extrem empfindliches Gehör haben, oder das Instrument besonders beanspruchen, indem sie es jeden Tag länger spielen als es einem Hobbymusiker möglich ist oder ihr Instrument ganze Weltreisen zurückgelegt hat und unter unterschiedlichsten Umweltbedingungen gespielt wurde. Durch viel spielen muss mann auch die Klappenfilze früher tauschen, nicht aber, weil sie so und so alt sind.
Ebenso steigt mit der Benutzung natürlich die Chance, etwas zu beschädigen. (Einem Freund von mir hat eine Kellnerin vor einiger Zeit z.B. einen Wurstsalat drübergekippt.)
Es wird generell aber generell nur dann etwas gemacht, wenn es notwendig ist und nicht in bestimmten Zeitabschnitten.
Die Schäden durch Materialalterung bei Wachs finden in Zeiträumen von 50 Jahren statt, bei Papier, Holz und Stahl bei richtiger Behandlung und Lagerung praktisch überhaupt nicht. Nur Leder kann alle paar Jahrzehnte fällig werden, muss aber nicht. Aber sogar da sollten 10 Jahre mehr oder weniger nichts ausmachen.
Wenn jedenfalls bei einem Handzuginstrument, das 10-20 Jahre alt ist überhaupt etwas gemacht wurde, dann nur das Reparieren einer Beschädigung, aber sicher keine Wartung oder ein vorsorglicher Tausch (wie bei einem Keilriemen beim Auto).
Zum anderen ist eine Bestimmung des Alters ohne Zusatzinformationen des Besitzers wirklich schwierig, gerade bei Steirischen.
Durch das Design wie bei Autos oder Akkordeonen geht nicht, denn weil eine Steirische aussehen soll als ob sie 100 Jahre alt ist, sieht sie auch aus als ob sie 100 Jahre alt ist.
Eine große technische Weiterentwicklung hat auch nicht stattgefunden. Man kann sich vielleicht das Ventilmaterial anschauen. Wenn die Ventile aus Leder mit einer Blattfeder (statt Vileda mit Kunststoff) sind, ist das Instrument wahrscheinlich älter als 15-20 Jahre, allerdings möchte ich nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass das nicht nach wie vor irgendwo verwendet wird. Gerade bei den traditionellen Kleinstbetrieben mit persönlichem Kundenkontakt, kann ich mir gut vorstellen, dass dir da jemand sagt: Das ist doch egal. Wenn etwas ist, bringst du das Instrument, dann mach ich dir das.
Klebefilze sind eine Sache der späten 70er, höchstens frühen 80er. Kunststoff bei Rahmen und Stimmstöcken wie bei Akkordeonen sind bei Steirischen sicher extrem selten. Das hilft dir zur Altersbestimmung auch nicht.
Es gibt auch keine Baureihen, in dem Sinne, dass Modell X von Modell Y abgelöst wird und deshalb Modell X genau bis ins Jahr 19zz produziert wurde. Falls eine Produktveränderung stattgefunden hat, dann in kleinen Schritten von Instrument zu Instrument und nicht durch einen Modellwechsel.
Insofern finde ich eine Einordnung 10-20 Jahre alt extrem genau datiert, und keineswegs wage geschätzt von jemandem, der keine Ahnung hat. (Er könnte natürlich geraten haben.)
Würde ich Instrumente verkaufen und müsste dich vom technischen Zustand eines Instruments überzeugen, würde ich es aufmachen und dir zeigen: Stimmzungen - kein Rost, Ventile - liegen (relativ) eng an, Wachs - ohne Risse, Filze - dick genug, Beschädigungen - keine/repariert. Aber wie sollte ich das über Telefon oder E-Mail machen? (Und nebenbei: Wieviele können nachprüfen, was ich rede und würden merken, wenn ich vollständigen Unsinn erzählen würde?)
Zu Bayerland:
Als ich vor ein paar Jahren mit dem Herrn Rahm telefoniert habe, hat er auf mich sehr kompetent und hilfsbereit gewirkt. (Es ging dabei um ein Akkordeon, das mich interessierte, dass aber schon verkauft war.)
Im Übrigen verstehe ich jeden Händler der auf Anrufe und E-Mails von sonstwoher mit dem Inhalt "Was ist letzte Preis" kurz angebunden reagieren. Solche Kunden kann man nicht beraten und von diesem und jenem Produkt überzeugen. Sie sind zum Teil so beratungsresistent, dass sie Produkte kaufen, die sie eigentlich gar nicht haben wollen und dann unzufrieden sind. Oder sie lassen sich beraten und gehen dann zum Händler vor Ort und sagen dem: Ich will so etwas wie das von der Marke.
Das Preisangebot per E-Mail hat oft genug nur den Sinn, es dem örtlichen Händler vorzulegen, um handeln zu können.
Gerade im ländlichen Raum ist die Händlerbindung traditionell erheblich stärker als die Markenbindung, solange es der Händler nicht übertreibt. (Das sieht man, wenn der Händler die Marken(n) wechselt, ohne Kunden zu verlieren.)
Wenn aber, wie beim Internet, gar keine wirkliche Händlerbindung zustandekommt, befürchtet der Händler völlig zu Recht, dass er den Kunden nie wiedersieht, auch wenn er ihm noch so sehr entgegenkommt.
Jedenfalls viel Erfolg, Jens.