Dein Vorschlag eignet sich sehr gut um z.B. Cover-Songs spielen / arrangieren zu können. In meinem Beispiel habe ich allerdings die Wahl zwischen Capo 0-5 (geschrieben mit Capo 2) welche ich alle gut singen kann.
Was ich vorschlage, ist eine rationale und benennende Herangehensweise, die funktioniert bei Cover-Songs genauso wie bei eigenen Songs. Wenn du schreibst, du hast die "Wahl zwischen Capo 0-5", dann sind das schon Vorgaben bzw. Einschränkungen, die eigentlich erst das Ergebnis meines Vorschlags sein sollten, aber nicht die Ausgangslage.
Die Ausgangslage sind vielmehr zwei Tonumfänge: der deiner Stimme und der des Songs. Das ist erstmal abstrakt und vollkommen unabhängig von konkreten Instrumenten oder Capo-Positionen. Aus der Kombination dieser zwei Tonumfänge ergibt sich dann eine begrenzte Menge von möglichen Tonarten, und aus diesen dann eine noch begrenztere Auswahl an Tonarten, in denen deine Stimme gut klingt. Und aus dieser noch begrenzteren Auswahl ergibt sich dann evtl. die Notwendigkeit irgendeiner Capo-Position, falls du den Song mit einer Gitarre begleitest.
Oft beobachte ich, dass Sänger einfach die höchste aller Möglichkeiten wählen, die sie noch sauber singen können. Ich finde allerdings, dass da viel mehr mit reinspielt. Hohe Töne erfordern teilweise mehr Energie, so dass diese den ruhigen Charakter eines Songs zerstören können. Andersherum könnte eine "tiefe" Tonart zu wenig Energie für einen Song mit viel Power haben. Hier habe ich Schwierigkeiten die richtige Tonart auszuwählen.
Guter Punkt - bestimmte Stellen in Songs erfordern bestimmte hohe oder niedrige Energien im Gesang. Und da kann ich nur dazu raten, sich die Hoch- und Tiefpunkte einer Melodie mal klar zu machen (also aufzuschreiben und/oder mit Tonhöhenbezeichnungen zu benennen) und den Text aufzuschreiben. Wenn es ein guter Song ist, stehen die Hoch- und Tiefpunkte mit den entscheidenden Worten des Textes in einem beschreibbaren, sinnvollen und emotional mitreißenden Verhältnis. Und nicht nur die höchsten oder tiefsten Töne sind wichtig, sondern hoch oder tief angelegte Phrasen, also sinngebende Zusammenhänge von Tönen. Wenn du das analysierst, kannst du z.B. den Song so transponieren, dass bestimmte Phrasen genau im "Sweet Spot" deiner Stimme liegen.
Meine Frage könnte auch lauten: wählt ihr Tonarten so hoch wie möglich oder bewertet ihr jede mögliche Tonart individuell und achtet auf die Wirkung des Gesamtsongs? Und wenn ihr diese individuell auswählt, was sind eure Kriterien?
"So hoch wie möglich" schreibe/arrangiere/plane ich eigentlich nie, denn das würde maximale Energie beim Sänger fordern. Ich will aber keine
maximale Energie als Standard, sondern
zielgerichtet eingesetzte Energie. Das ist mein Kriterium.
Man muss aber auch den Stil insgesamt beachten, und auch die kompositorische Absicht eines Songs. Einen Folksong schreibt man mit gutem Grund anders als einen Musicalsong, eine Hardrock-Nummer, einen Kirchenchoral, ein Kunstlied, einen Singer-Songwriter-Song, einen Charthit... die ganzen Ästhetiken, stilistischen Traditionen und musikdramaturgischen Absichten haben Auswirkungen auf die Tonartwahl.
Viel Erfolg
Genau!