Wie nehme ich mit meinem Equipment am besten auf?

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Skyfall91
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Hallo zusammen,

ich spiele E-Gitarre und habe folgendes Equipment:

- Amp: Marshall JVM205C
- Usb-Audio-Interface: Steinberg UR22 MK2
- Optional: Shure SM57 LC
- Diverse Effekt-Pedale im Eingangssignal und im Effekt-Loop des Amps
- Verschieden Gitarren (ich denke die Modelle sind zweitrangig)
- Software: Cubase Elements 9.5

Ich würde nun gerne meine Gitarre mit möglichst fettem Rock/Metal-Klang aufnehmen, allerdings fehlt mir hier etwas die Erfahrung als Hobby-Musiker. Ich habe bereits mit dem SM57 in verschiedensten Positionen experimentiert und in Cubase mit Equalizer und anderen Effekten gespielt, bin aber nicht richtig zufrieden. Meine Raum-Akustik ist wahrscheinlich daheim auch nicht so wahnsinnig überragend. Weiterhin habe ich die Gitarrenspur zweifach aufgenommen und übereinander gelegt mit links/rechts paning, was das Ergebnis maßgeblich verbessert hat, aber immernoch nicht 100% optimal ist für meinen Geschmack.

Könnt ihr mir hier den ein oder anderen Tipp geben, wie ich zum besten Ergebnis komme?

- Sollte ich mit Mikrofon daheim aufnehmen oder eher einen direkten Weg bevorzugen? Gibt ja z.B. noch den 'Emulated Line Out' an meinem Amp, aber da hab ich gelesen dass das wohl wenig taugt. Gibt es vielleicht noch weitere Möglichkeiten?
- Sollte ich Effekte mit meinen Pedalen direkt mit aufnehmen oder anschließend in Cubase künstlich erzeugen?
- Welche Cubase-Features würdet ihr für die Nachbearbeitung zum Erreichen eines soliden Grund-Sounds nutzen?

Danke für jede Hilfe.
 
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@Skyfall91: Ich nehme an, Du kannst Deinen Amp zuhause auch nicht laut aufdrehen und suchst einen Weg für silent recording.

Nach meinen Erfahrungen mit einem Marshall JCM 900 Combo bekommt man mit dem DI Ausgang keinen annähernd zufriedenstellenden Sound hin.
Da steckt zu viel Elektronik im Signalweg und bügelt das ganze Signal platt.
Der Amp klingt darüber weder druckvoll noch gut.

Ich bekomme ein gutes Rock Brett und cremige Lead Solos nur mit einem zum Amp passenden Verzerrer hin, der es halt ausgleicht, dass man den Amp nicht aufdrehen kann und nicht in die Endstufenverzerrung kommt (was die meisten Amps brauchen), damit kann man auch noch den Klang gut shapen.
Die Lautstärke vom Amp ist dabei so leise aufgedreht, dass vermutlich nur die Vorstufe aktiv ist und die Endstufe nur einen "Hauch" aktiviert ist (damit es nicht zu laut wird).
Damit der Klang für einen selber etwas fülliger (aber nicht wesentlich lauter) ist, kann man noch eine 1x12" externe Zusatzbox danebenstellen, das hört sich beim Spielen "gefälliger" an.

Diesen so schon mal gut klingenden Brett Sound nehme ich dann mit 1-2 Mikros auf.
1. ein färbendes Röhrenmikro, irgendwo zwischen Kalotte und Rand des Speakers, wo es gut, ausgewogen, nicht zu scharf in den Höhen klingt
2. ein SM57 ca 50-60° angeschrägt zur Kalotte hin, damit man etwas mehr Brizzeln von der Zerre bekommt
Beides kann man dann später so zusammenmischen, dass die Summe von beidem einen guten Sound ergibt.
Bei mir ist das so, dass ich das SM57 immer rund 3-4dB absenke, damit die Zerre nicht zu schrill wird.
Man könnte auch sagen, ich verwende das SM57 dazu, den Klang mit mehr Charakter (mit mehr aggressiverer Zerre) anzureichern.
Wohingehen das Röhrenmikro für einen angenehmen warmen runden Sound sorgt.

Die Mikros stehen bei mir unmittelbar vor dem Amp. Mein Raum klingt auch nicht gut, deshalb nehme ich das Signal direkt vor dem Amp ab,
dann ist der Raumanteil am geringsten und kann somit vernachlässigt werden

Bei der Ausrichtung der beiden Mikros bemühe ich mich, dass beide in Phase sind. Bei RME TotalMix FX kann man zB bei einem der beiden Mikro Eingänge die Phase um 180° drehen, so dass sich beide Signale quasi auslöschen müssten, wenn sie perfekt in Phase stehen. Das kann man dafür als Behelfsmittel nehmen.

Was auch noch sehr wichtig ist, dass viele Effekte in der seriellen Effektloop leider auch den Klang total plattbügeln können. Ich habe früher ein Lexicon MX200 und ein TC G-Major 2 immer in Reihe geschaltet, bis mir ein Bekannter mal den Tip gab, es mit einer parallelen Effektloop auszuprobieren.
Externe Lösungen dafür kosten allerdings, darum bin ich einen anderen kreativen Weg gegangen.

Irgendwann bin ich auf die wunderbare Idee gekommen, die parallele Effektloop mit einem Recording Interface nachzubilden und so habe ich die Aufnahmequalität in folgenden Schritten mit meinem RME UFX+ maßgeblich verbessert (wenn man kein MADI braucht wäre das UFX II genausogut geeignet):

1. Schritt, Recording Interface als Rein-/Raus Interface in die serielle Effect Loop einbauen

Amp Effekt Send -> UFX+ Analog rein
UFX+ Analog raus -> Am Effect Receive
Das war der erste wichtige Schritt .. das Recording Interface erstmal als Rein/Raus Interface in die serielle Loop meines Marshalls einzubauen.
Man muss da ggf noch ein bisschen die Referenz-Pegel anpassen, ob nun -10 (consumer) oder +4 (Studio Level) besser ist. Vorteilhaft ist es, wenn das Recording Interface diese Pegel Anpassung bei Ein- und Ausgängen pro Kanal erlaubt, beim RME UFX+ ist dies beispielsweise der Fall.

Vorsicht beim Ein- und Ausschalten des Recording Interfaces
: RME hat beim UFX/UFXII/UFX+ das Ausschaltknacken auf allen Ausgängen elektronisch "gedämpft". Das wird auch nur bei den wenigsten der Fall sein. Auch bei RME haben das nur die Flagship Interfaces, sonst sind nur die Phones Ausgänge elektronisch "gedämpft".

2. Schritt

Multieffekte an das Recording Interface anschliessen, ich schliesse sie alle einzeln (keine Kette) und der Einfachheit halber immer Mono an,
weil ich den Amp ja auch nur Mono abnehme. Die beiden Mikro Signale mische ich ja zusammen, um einen guten Klang hinzubekommen.

Dann routet man (bei RME mit TotalMix FX):
a) das eingehende Amp Signal (von "Effect Send") jeweils in die externen Effekte und
b) das was 100% WET aus den Effektgeräten rauskommt zusätzlich auf den Ausgang der an "Effect Return" angeschlossen ist
Sehr wichtig: die Effektgeräte müssen eine "Kill-Dry" Schaltung haben, dass man die Global auf 100% WET stellen kann, sonst kommt es zu unerwünschten Phasenverschiebungen, das Signal klingt dann irgendwie "hohl" ohne Körper. Bei dem G-Major II gibt es so einen Umschalter, bei dem Lexicon MX-200 muss man sich damit behelfen die beiden Effect Mix Potis auf 100% zu drehen

Auf diese Art und Weise behält man den ursprünglichen Druck des Amps und mischt dazu ein bisschen Effekt dazu.
Vorteil: viel besserer klarerer druckvollerer Sound
Nachteil: so kann man den Sound nicht mehr im Multieffect auf Stumm schalten, wenn man mal muten möchte. Aber der gute Sound wiegt diesen kleinen Nachteil beim Recorden einfach nur auf.

Was dann auch noch recht spannend ist, man kann dann am Multieffect selber leichte Justierungen der Effektintensität betreiben, indem man einfach am Input Regler nachregelt. Das erspart einem die Anpasserei der einzelnen Effektbänke, denn manchmal möchte man einfach etwas mehr, manchmal auch etwas weniger Effektanteil haben.

3. Schritt

Wenn man dann beispielsweise ein RME UFX* mit DURec hat, dann kann man das Recording Interface als Tape Deck für Aufnahmen verwenden,
um ohne DAW aufnehmen zu können. Einfach Backing Track mit einem Musik Player abspielen lassen und auf USB Stick am Recording Interface aufnehmen.
Mit der Mixersoftware sollte sich dann ein angenehmer Mix (also angenehmes Lautstärkeverhältnis) zwischen aufgenommener Gitarre und Backingtrack einstellen lassen.

Was auch noch ganz praktisch ist:
Wenn man ein RME Interface mit FX chip hat, dann kann man für den Kopfhörer Submix die Mikroeingänge EQ'en, so dass das Gitarrensignal sich ein wenig mehr nach
fertigem Recording anhört. Also ein bisschen im Bass und den Höhen ausdünnen, dann fügt sich das ein bisschen besser in den Gesamtsound ein.

4. Schritt

Ich schliesse die Gitarre nicht an den Zerrer an, sondern schliesse sie direkt an den Instrumenteneingang vom UFX+ an und von dort aus geht es weiter zum Zerrpedal und dann zum Ampeingang.
Dadurch kann ich beim Recorden mit DAW oder auch DURec auch das Gitarrensignal selbst aufnehmen, für den Fall dass ich später nochmal re-ampen müsste, sollte sich herausstellen, der Klang war nicht so gut oder sollte anders sein (Amp oder Effekt Einstellungen, Grad der Zerre, Mikro Positionierung, .. "whatever"). Oder man hat mit Effekten aufgenommen und nun möchte jemand den reinen Amp Sound ohne Effekte.

5. Bei wichtigen Aufnahmen

Natürlich am besten dry ohne Effekte und diese dann in der DAW nach Bedarf hinzufügen.
Die Lexicon Effekte (Reverb, Delay, FX, ...) haben für Gitarristen einen wirklich geilen Sound.
Das Lexicon PCM Total Bundle kann man manchmal bei Aktionen zu einem super günstigen
Preis schiessen.
Effektqualität liegt über dem MX200, soll die Pro Geräte nicht ganz erreichen, aber für Gitarrenrecordings auf jeden Fall 1. Wahl für mich.

6. Routings sollten einfach speicherbar und abrufbar sein (RME: TotalMix FX)

Die ganzen Routings sollte man einfach abspeichern und wieder abrufen können.
Mit dem Konzept der Snapshots und Workspaces bei RME TotalMix FX kein Problem.

7. Aussteuerungshilfe (RME: Autoset)

Bei RME gibt es Autoset für die Mikro Eingänge. Ich kann einfach am Amp die Lautstärke so einstellen, wie es mir gerade am besten passt. Autoset auf beiden Eingängen aktivieren und ein passendes Gain einstellen. Dann maximal in die Saiten dreschen um Maximalpegel zu erreichen, auch Pumpende Power Akkorde liefern eine Menge Peak. Zwischendurch ruhig nochmal das Gain der Eingänge anheben, so dass Autoset den optimalen Pegel einstellt. Dann Autoset ausstellen und fertig. Äußerst praktisch.

Fazit:

Das ist für mich das klassische Beispiel dafür, dass ein Recording Interface auch ruhig mal was mehr kosten kann wegen höherer Qualität / Flexibilität:
- gedämpftes Ein-/Ausschaltknacken auf allen Kanälen
- 2/3 verschiedene Referenzlevel bei Ein-/Ausgängen
- ein hohes Maß an Flexibilität im Routing (TotalMix FX)
- eingebaute FX Sektion (EQ, ...)
- DURec (Direct USB Recording), als Standalone- oder Backup-Recording
- Hohe Qualität von Instrument Eingängen und Analog I/O
- Features wzB Autoset bei RME als Einpegelungshilfe für Mikros
- Voll stand-alone bedienbar über Display oder auch mittels iPAD App
- Totalmix FX Remote, für remote Bedinung über 2. Rechner oder Windows Tablet

So bekomme ich auch noch abends bei Bedroom Level recht ordentliche Aufnahmen mit einem guten Sound hin.

Zusammenfassung:
- Gitarrensignal durch zu viel Elektronik nicht kaputtkompimieren
- Parallele Effektloops können helfen
- Ein leistungsfähiges Recording Interface mit flexiblem Routing und nützlichen Features hilft immens
und unterstützt einen beim "kreativen Prozess" des Aufnehmens
- Mikros müssen nicht teuer sein, meine haben nicht mehr als €150 pro Stück gekostet
- ein färbendes Röhrenmikro kann einen interessanten und angenehmen Klang produzieren und
eine gewisse Schärfe aus dem Klang nehmen
- Das zusammenmischen von 2 Mikro Signalen gibt einem mehr Möglichkeiten für das Sound shaping

Beispiele:
https://soundcloud.com/tubevoltage/autumn-leaves-collaboration
https://soundcloud.com/tubevoltage/10remix-ak-v007
https://soundcloud.com/tubevoltage/oktay-alien-v14

Und hier ein Beispiel für ein DURec Recording, das nehme ich aber nachher wieder raus:


P.S.: Kemper war für mich keine Alternative, zu hoher Fummelfaktor und mir gefällt auch das Design nicht sonderlich, ging deshalb zurück, solange es noch ging. Ich glaube das ist eine Plattform, auf die man sich einlassen muss und man muss auch eine Menge Zeit und Gelduld mit Feintuning verbringen. Bei der Kombination Amp / Effekt ist es einfacher, wenn man erstmal eine gute Kombination gefunden hat. Der Sound steht einfach und ein gewisser Wiedererkennungswert ist ja auch was Schönes. Wäre ja auch traurig, wenn jeder gleich klänge.
 
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Vielen Dank euch beiden für die Antworten.

@tubevoltage Dir noch einen extra Dank, für den wahnsinns Text! :)

Sorry für die späte Antwort, ich habe die Woche leider weniger Zeit für meine Hobbys als mir lieb ist :/

Am einfachsten zum ausprobieren wäre für Dich der Emulated DI Ausgang des Amps. Da wird viel geschrieben also ausprobieren!!
falls es trotzdem schlecht klingt liegt das an der schlechten Boxen Simulation, dafür kann man dann eine virtuelle Box in Cubase dahinter hängen
Der Boxen Simulator for free http://www.vst4free.com/free_vst.php?plugin=NadIR&id=1790
Die Boxen Impulse Response for free https://www.redwirez.com/free1960g12m25s.jsp

Man liest wirklich wenig Gutes darüber, aber ich denke ich gebe dem ganzen trotzdem einen Versuch :). Danke für die Links!

ein färbendes Röhrenmikro kann einen interessanten und angenehmen Klang produzieren und
eine gewisse Schärfe aus dem Klang nehmen

Das mit den zwei Mikros klingt interessant, davon hab ich schon öfters gelesen. Was nutzt du denn neben dem SM57 als zweites Mikrofon?
Was mich am Home-Recording mit Mikrofonen etwas nervt ist das ständige neu-ausrichten. Ich nutze den Amp einmal die Woche für Bandproben und auch so komme ich in dem nicht allzugroßen Zimmer teilweise dagegen, sodass die Ausrichtung wieder für die Katz war. Entweder ich hol mir irgendwann noch nen Recording-Amp oder ich muss mir was einfallen lassen um die Mikros möglichst einfach wieder in Position bringen zu können (wobei das wohl schwierig werden könnte).

Ein leistungsfähiges Recording Interface mit flexiblem Routing und nützlichen Features hilft immens
und unterstützt einen beim "kreativen Prozess" des Aufnehmens

Hier hab ich leider noch nicht viel Erfahrung. Mein UR22 von Steinberg ist ja wirklich sehr minimalisitsch und günstig. Falls ich hier auf etwas teureres (sagen wir +/-500€) umsteigen würde, hast du hier eine Empfehlung?


Das klingt echt schon hammermäßig! Bei mir darf es noch etwas aggressiverer Metal-Sound sein, aber wenn ich qualitativ annähernd auf so ein Level komme bin ich mega zufrieden! :D

Wird noch etwas dauern bis ich mich mal nen Nachmittag hinsetzen kann um auszuprobieren aber wenn es soweit ist melde ich mich hier zurück!

Cheers :great:
 
Das Röhrenmikro war von Musikproduktiv's Hausmarke, gibt es aber nicht mehr:
Hitec Audio Tube Fat, kostete 2007 €159.

Folgendes Mikro von Thomann sieht genauso aus, vermutlich aus der gleichen Produktion:
https://www.thomann.de/de/the_tbone_sct700_roehrenmikrofon.htm

Das Ausrichten ist kein Problem. Du richtest Dich nach gewissen markanten Punkten am Amp und Du hörst es ja auch über Kopfhörer, wie es klingt. Nach ein paar mal hast Du da Übung drin.
 

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