[Workshop] Kopfplattenbruch einer Konzertgitarre reparieren

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[Workshop] Kopfplattenbruch einer Konzertgitarre reparieren​

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Vorgeschichte​

Ich hatte ja schon in diesem [Review] Harley Benton D-120CE NT - günstige Dreadnought mit Cutaway und Tonabnehmer erzählt, dass ich am 4. Mai bei uns in der Gemeinde eine Kleingruppe "Gitarren-(Re-) Starter" begonnen hatte, in welcher ich Grundakkorde und -Schlagtechniken beibringe, damit die Teilnehmer am Ende des Trimesters 10 Lobpreislieder begleiten können. Beim ersten Treffen kamen dann auch einige mit ihrer eigenen Gitarre und einige ohne und bei der Vorstellungsrunde erzählte dann eine der Teilnehmerinnen, dass sie ihre Gitarre vom Schrank geholt habe und sie dabei abgestürzt und auf dem Boden zerbrochen sei. Ich lieh ihr dann für den Abend erstmal eine Gitarre unserer Gemeinde und schaute mir danach ihre Gitarre an. Sie sah schon wirklich traurig aus mit der abgebrochenen Kopfplatte, war aber ansonsten noch einwandfrei intakt.
Ich schaute mir kurz die Bruchstelle an und sah, das sie soweit sauber und höchstwahrscheinlich auch gut zusammenfügbar war und versprach, dass ich einen Reparaturversuch starten werde. Ich hatte ja vor einigen Jahren schon etwas Erfahrung mit der "Möwe" gesammelt und auch hier im Board darüber berichtet:
Projekt Halsbruch - Eine "Möwe" mit gebrochenem Hals soll wieder klingen
Die erste Reparatur damals hatte ich ja mit Weißleim gemacht. Das hatte so lange gut gehalten, bis seine Kids erneut den Gitarrenständer umgehauen hatten. Da dann die Bruchstelle nicht mehr so sauber war und die Empfehlungen eindeutig Richtung Epoxy gingen, verwendete ich für die zweite Reparatur dann UHU plus endfest 300.
Damit war es eindeutig entspannter den Bruch zu fügen und in Position zu zwingen, also war das auch diesmal wieder meine Wahl.
Natürlich würde sich der eine oder andere fragen: Lohnt sich das denn überhaupt bei einer 50 Euro-Gitarre?
Zu einem Gitarrenbauer würde ich natürlich mit so einer Gitarre nicht gehen, aber wenn es bei mir nicht so lange dauern würde, wäre es zumindest eine gute Übung für mich.

Die Reparatur​

Also schnappte ich mir eines Samstag-Nachmittags die Gitarre, eine breite Tesa-Rolle, zwei Zulagen, ein paar Zwingen, den UHU plus endfest 300, einen Karton zum Mischen des Klebers, einen kleinen Schraubenzieher und einen Gitarrenständer, ging in den Garten und reparierte bei strahlender Sonne den Kopfplattenbruch.
Erst entfernte ich die Saiten aus den Wirbeln und wickelte sie am Steg zusammen, dann entfernte ich den einen oder anderen etwas losen Holzfetzen aus der Bruchstelle und testete, ob der abgebrochene Teil sich gut und spaltarm einsetzen ließ.
Als das der Fall war, klemmte ich den dünnen Schraubenzieher zwischen Griffbrett und Hals um auch diese gebrochene Klebestelle mit Kleber besser füllen zu können. Er sollte ja möglichst tief in ausreichender Menge reinlaufen können um sich da beim Schließen des Spaltes gut zu verteilen.
Dazu stellte ich die Gitarre senkrecht in den Gitarrenständer um für das Reinlaufen des Klebers die Schwerkraft zu nutzen.
Dann zog ich mit dem Harz und dem Härter eine möglichst gleich dicke Spur nebeneinander auf dem Karton und mischte dann beide Komponenten mit dem Spatel gründlich zusammen. Dann gab ich davon einiges in den geöffneten Spalt und ließ es erstmal durch das Eigengewicht reinlaufen. Dabei war natürlich die Frühlingssonne ein Vorteil, da sowohl der Kleber, als auch die Gitarre handwarm waren und der Kleber damit etwas flüssiger lief als bei tieferen Temperaturen.
Ich trug auch schon einiges an Kleber auf die Bruchfläche des Halses, da es auch von dort gut in den Spalt laufen konnte.
So lange das nach unten lief, trug ich den Kleber auch auf die Bruchstelle des abgebrochenen Teils auf.
Ich musste noch zweimal zusätzlichen Kleber nachmischen, da ich doch eine ganze Menge davon benötigte.
Immer wieder gab ich Kleber in den Spalt und schob ihn auch mit einem zweiten, etwas dünneren Schraubenzieher tiefer in den Spalt.
Als ich den Eindruck hatte, dass genügend Kleber zwischen Hals und Griffbrett wären, zog ich den Schraubenzieher raus und fügte die beiden Teile zusammen.
Dann wickelte ich mehrere Tesa-Streifen unter starkem Zug um den Hals. Ich dehnte die Streifen dabei ziemlich, damit sie sich mit genügend Zugkraft um den Hals legten und das Griffbrett auf den Hals zogen. Außerdem zogen sie auch den abgebrochenen Teil in die Bruchstelle, sorgten dafür, das der Kleber die offenen Spalten füllte und an Ort und Stelle blieb und sorgten dafür, dass alles bündig und in richtiger Position zueinander kam.
Wahrscheinlich hätte diese Tesa-Bandage schon ausgereicht um die Bruchstelle sauber zu kleben, aber ich legte noch zusätzlich die Zulagen auf Griffbrett und Hals und setzte einige Zwingen an um noch etwas mehr Druck auszuüben.
Gut 20 Minuten nach dem Mischen des ersten Kleberstrangs, war dann alles soweit fertig und ich ließ die Gitarre über Nacht im Ständer stehend aushärten.
Hätte ich Weißleim verwendet, hätte ich deutlich schneller sein müssen, da ich dann alles in 5-8 Minuten gefügt und gezwungen hätte haben müssen.
Der UHU plus endfest 300 dagegen hat eine Topfzeit von 60 Minuten und härtet dann in 12 Stunden aus.
Beim Weißleim hätte ich natürlich schon nach 20 Minuten die Zwingen abnehmen können.
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Das Auspacken​

Am nächsten Abend machte ich mich dann daran die Zwingen und Zulagen abzunehmen und den Tesa wieder abzuwickeln. Vorallem das Entfernen des Tesas brauchte da doch mehr Zeit, als ich gedacht hätte, da er sich in feinste Streifen teilte und ganz gut und fest am Kleber hing.
Zurück blieb auf dem Hals jede Menge Klebstoff des Tesas und auch feine Schichten des UHUs, die unter den Tesa gelaufen und sich dort verteilt hatten.
All das putzte ich mit mehreren Spiritus-getränkten Küchentüchern weg. Das brauchte gut 20 Minuten, entfernte aber letzten Endes fast alle Klebereste vom Hals.

Das Egalisieren​

Die Klebestelle an der Bruchkante egalisierte ich erst mit der Messerklinge, dann mit einer Feile und am Ende mit einem Schleifflies. Mit dem Schleifflies mattierte ich dann auch die komplette Halsrückseite. Damit sah alles gleichmäßiger aus und fühlte sich sehr gut an. ich bin sowieso ein Fan von mattierten Hälsen.
Natürlich ging ich bei der Egalisierung im Bereich der Bruchkante bis auf's Holz runter. Das hätte man sicherlich anschließend wieder partiell lackieren, anschleifen und dann komplett lackieren können, aber dazu reichte mir die Zeit nicht. Außerdem war ich mir sicher, dass es der Besitzerin viel besser gefallen würde, wenn man der Gitarre "die Narben" noch ansehen könnte.

Das Einstellen​

Nun stellte ich den Sattel provisorisch auf, wickelte die Saiten ab, entwirrte sie und zog sie wieder auf. Der Sattel war (wie nicht anders zu erwarten) natürlich zu hoch, also holte ich ihn wieder raus und feilte ihn auf seiner Unterseite etwas flacher. Nach mehrmaligem Probieren passte die Höhe und ich stimmte die Gitarre.
Sie hielt nach einigem Saitendehnen dann auch ihre Stimmung und klang und spielte sich gar nicht so schlecht!

Die Übergabe​

Am nächsten Tag war dann das zweite Kleingruppentreffen und die Besitzerin war total erstaunt, als ich ihr ihre Gitarre in die Hand drückte, dass ich die Reparatur schon gemacht hatte.
Sie war begeistert wie gut es geworden war und fand "die Narben" richtig und wichtig und wollte da auch keine weitere Bearbeitung an der Stelle. Wie vermutet war sie der Meinung, dass man der Gitarre ihre Geschichte ruhig ansehen durfte!
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Fazit​

Die Reparatur des Kopfplattenbruches hatte wirklich sehr gut geklappt und ich würde diese Methode auch beim nächsten Mal so anwenden. Natürlich ist es etwas nervig, wenn man lange die Klebereste des Klebebandes wegputzen muss, aber die Vorteile der Methode überwiegen. Die Reparatur hat insgesamt etwa 2 Stunden gedauert. Ob sich das für eine 50€-Gitarre lohnt, darf jeder selbst entscheiden. Ich persönlich repariere jedenfalls eine Gitarre viel lieber und mache sie wieder als Instrument nutzbar, als sie in den Müll zu werfen!

Ich hoffe euch hat der Reparaturbericht gefallen! Vielen Dank für Euer Interesse! Ich wünsche ich euch weiterhin viel Spaß hier im Musiker-Board!
Seid gesegnet und bis bald! Euer GeiGit
...wer noch mehr von mir lesen möchte, darf gerne durch meine Reviews und Workshops stöbern. :coffee:
 
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Gitarre gerettet! :great:

€: Keksdose klemmt grade ... :redface:
 
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Danke! Ich hatte neulich (vielleicht 4 Monate her) eine einfache Ortega mit Kopfbruch wieder zu einem neuen Leben verholfen, allerdings mit Knochenleim und weiter oben am Kopf-Hals-Übergang, so dass die Zulagen zum Pressen schlecht anzusetzen waren. So sieht es jetzt auch aus. Da würde ich vermutlich beim nächsten Mal auch mit Epoxy arbeiten. Hält aber bisher.
 
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Von mir gibt`s auch noch ein paar. War wieder mal ein schöner Bericht.
 
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Respekt, hast dir viel Arbeit gemacht, wo ich nicht drauf gekommen wäre und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Prima.
M
 
hmm.... das war ja mehr ein Halsbruch. Unter Kopfplattenbruch verstehe ich etwas anderes. Vor allem, wenn dabei auch noch die Mechaniken bzw. deren Halterungen in Mitleidenschaft gezogen sind.

Trotzdem, sehr schöner Bericht!
 
Vielen Dank ihr Lieben! Schön, dass euch der Bericht gefällt und vielleicht für die nächste Reparatur die eine, oder andere Anregung gegeben hat.
Ich würde mich freuen, wenn durch ihn vielleicht manche Gitarre eine Reparatur bekommt und nicht im Müll landet, oder verfeuert wird!
...das war ja mehr ein Halsbruch. Unter Kopfplattenbruch verstehe ich etwas anderes...
Ja, wenn es so im Übergangsbereich zwischen den Holzstücken der Kopfplatte und des Halsholzes ist, ist es immer schwierig das vom Begriff her genau zu bezeichnen. Da die Kopfplatte ja schräg bis unters Griffbrett läuft und hier die Fasern der Bruchkante deutlich in der Kopfplattenrichtung und nicht in der Halsrichtung verlaufen, ist es für mich trotzdem ein Kopfplattenbruch, auch wenn die Kopfplatte oben bei dem Absturz unverletzt blieb. Der Bruch verläuft für mich im Holz der Kopfplatte und wurde deshalb von mir auch als Bruch der Kopfplatte bezeichnet. Da der Bruch aber durchaus bis in den Halsbereich läuft, könnte man es sicherlich auch als Halsbruch bezeichen.
Vorhin bekam ich eine Nachricht von der Gitarrenbesitzerin die mich echt gefreut hat! :giggle:
Ich hatte ihr einen Link zu diesem Bericht hier gesendet und bekam daraufhin diese Nachricht, die ich hier für sie einfach mal zittiere (da sie keinen Musiker-Board-Account hat):
Sie antwortete:
"Sehr sehr schön geschrieben!!
Hast dir bei der Reparatur echt viel Mühe gegeben! Vielen vielen Dank nochmal!! ❤️❤️❤️
Und die “Narbe” an der Gitarre bedeutet mir wirklich viel. Es sagt einfach so viel aus für mich persönlich!! 🥰
"
 
oder verfeuert wird!
Das wäre dann aber eine echte Lagerfeuergitarre ;):whistle::D

Deinen Bereicht finde ich sehr hilfreich, zumal er ja die handwerklichen Aspekte zeigt. Ich nehme den UHU Endfest auch ganz gerne. Hab damit kürzlich einen abgebrochenen Henkel eines Tee-Krugs reparaiert. Da war der Bruch so, dass die Bruchstelle rauh, aber vollständig war. Noch ein kleiner Extra Tipp: wenn man beim Aushärten noch etwas erwärmt (50 - maximal 80 Grad), dann wird der Kleber flüssiger (fleißt besser in Spalten) und härtet schneller und fester aus. Beim Porzellan ging das, bei einem Gitarrenhals wäre ich da vorsichtig.

Allerdings hätte ich mir bei einer 50 EUR Gitarre die Mühe tatsächlich nicht gemacht und die Gelegenheit beim Schopf gepackt, ein besseres Instrument zu besorgen. Das lohnt sich echt nur, wenn es auch noch um einen persönlichen Bezug geht.
 
Allerdings hätte ich mir bei einer 50 EUR Gitarre die Mühe tatsächlich nicht gemacht und die Gelegenheit beim Schopf gepackt, ein besseres Instrument zu besorgen. Das lohnt sich echt nur, wenn es auch noch um einen persönlichen Bezug geht.
... oder wenn man lernen möchte, wie es funktioniert.
 
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Allerdings hätte ich mir bei einer 50 EUR Gitarre die Mühe tatsächlich nicht gemacht und die Gelegenheit beim Schopf gepackt, ein besseres Instrument zu besorgen. Das lohnt sich echt nur, wenn es auch noch um einen persönlichen Bezug geht.
Das hat sie absolut, was aber natürlich nicht ausschließt, dass da irgendwann eine zweite dazu kommen könnte... wir werden es sehen
oder wenn man lernen möchte, wie es funktioniert
Das ist absolut richtig! Solche Klebungen sind nicht ganz leicht und Üben ist bei sowas nie ein Fehler!
 
Ein Instrument gerettet! Gut gemacht. :)
 
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