ypsilio in Markneukirchen 2014

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ypsilio
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Also, dann will ich mal meinen kleinen Erfahrungsbricht beisteuern.

Ich war der einzige Nichtbassist an Bord, allerdings haben sich einige andere ja auch intensiv für die Gitarren interessiert ;-) Das sympathische Drumherum lasse ich mal beiseite, wir wurden herzlich empfangen, bestens bewirtet, und wir durften kompetente Leute mit unseren vielen Fragen löchern. Keine blieb unbeantwortet.

Framus ist ein kleiner Teil meiner musikalischen Geschichte, denn eine Thinline 7302 war 1985 meine erste „richtige“, neu gekaufte Jazzgitarre. Nach vielen Jahren gefiel mir das Instrument nicht mehr, der Lack war schließlich abgebeizt, die Elektrik wurde ausgebaut, und so lag sie dann 15 Jahre im Koffer-Dornröschenschlaf. Als ich vor einiger Zeit wieder mit dem Spielen anfing, kam eine Aktiv-Elektrik rein, ich habe die Bünde gewechselt und gelernt halbwegs vernünftig abzurichten usw. Ein richtiges Lernprojekt also ...

Framus, 30 Jahre später: Ich habe schon einige Produktionsbetriebe von innen gesehen, und dieser Betrieb ist wirklich gut organisiert. Man sieht an jeder Arbeitsstation, dass dort Leute sitzen, die es wirklich ernst meinen. Der Begriff „Besessenheit“ passt schon ganz gut, glücklicherweise wurden aber keine Strats oder Telecasters auf dem Scheiterhaufen verbrannt, die Dämpfe sind vermutlich ungesund ;-)

Aber so schön das alles auch aussah – letztlich zählt nur das Ergebnis!

Der Showroom war schonmal vielversprechend. Ich habe mir zuerst mal eine wunderhübsche, makellos gefertigte Archtop (AZ-10) gegriffen. Leider war mein Enthusiasmus schnell verflogen. Dünne Roundwound-Saiten? Stirnerunzeln ... Schnarrende Saiten – und das trotz unnötig hoher Saitenlage und deutlicher Krümmung des Halses in die richtige Richtung? Mmh, meine eigene Gitarre habe ich deutlich besser eingestellt, und das als Amateur. Schade ...

Später erfahre ich vom Produktionsleiter Markus, dass 2010/11 die Produktion umgestellt wurde und auch die Instrumente im Detail verbessert wurden, dass die Qualitätsstandards und Endkontrolle nochmals deutlich erhöht wurden. Ein Blick auf das Etikett der AZ-10 verriet dann auch: „Baujahr 2006“. Eine andere, baugleiche gefiel mir immerhin deutlich besser. Vom Gitarrenbauer meines Vertrauens weiß ich, dass die Bünde seiner Neubauten meistens nach einigen Wochen/Monaten nochmal abgerichtet werden müssen, weil auch ein Hals aus abgelagertem Holz noch arbeitet. Eine Neuabrichtung schien mir hier auch angesagt.

O.K., also weiter getestet. Was mir erst später bewusst wurde: je neuer das Produktionsdatum der Instrumente, desto mehr war ich begeistert, und desto ähnlicher wurde die Spielbarkeit der Instrumente auch. Die Idolmaker war ganz klar mein Liebling. Diese Gitarre spielte sich mit einer butterweichen Ansprache, ein „emotionaler Fluss zum Instrument“ stellte sich für mich sofort ein. Selbst sehr leise angeschlagene Töne hatten diese durchdringende Tragfähigkeit, diese ganz bestimmte sangliche Qualität (clean gespielt, ohne Kompressor). Während es bei meiner alten Framus eine gewisse Energie, ja geradezu einen kleinen „Kampf“ kostet, sie zu spielen (trotz ca. 2 mm Saitenlage im 12. Bund), erschien es mir bei der Idolmaker so, als könnte ich stundenlang weiterspielen und würde dabei noch Energie zurückbekommen. Für mich war in diesem Moment dieser „kleine Kampf“ vorbei. Wenn ich technisch gut genug wäre, könnte ich auf dieser Gitarre wirklich alles spielen, was ich will, ohne mich je anzustrengen. Vielleicht wisst ihr, was ich meine, und ich hoffe, das klingt jetzt nicht zu esoterisch ...

Sehr ähnlich waren die Pantheras bespielbar, allerdings vom Pickup-Klang her deutlich anders abgestimmt. Überhaupt waren sehr unterschiedlich klingende Gitarren in der Ausstellung. Vom Design her hatte es mir besonders ein rostig verfärbter Les-Paul-Relic-Typ angetan. Aus der Nähe sieht die Edel-Gammelklampfe so aus, als wären zig Gitarristen schon an Altersschwäche darüber gestorben. Die war nach 2011 gebaut worden und von der Ansprache mit der Idolmaker und Panthera vergleichbar.

Handwerklich makellos hergestellt waren alle Instrumente in der Ausstellung, aber nur diese neueren Modelle fand ich auch fantastisch spielbar (ob das jetzt nur eine Einstellungssache war, kann ich nicht beurteilen). Diese neuesten Gitarren gehören zum Besten, was ich je in der Hand hatte. In der letzten Zeit waren das so um die 50 Gitarren von Benedetto Archtops über Reisegitarren, Flaxwoods (stark!!!) und Variaxe, diverse Gibsons, Unikate eines preisgekrönten Gitarrenbauers, die unvermeidlichen, in meinen Augen hässlich-trivialen Customshop-Fenders, fehlkonstruierte Telecasters, die man auch im 6. Jahrzehnt ihrer Fertigung noch nicht saitenweise bundrein einstellen kann und einige andere.

Ich bin ja nicht der einzige, der Fenders nicht soooo gerne mag ... Jimi H. zum Beispiel, der hat die Biester schließlich regelmäßig verbrannt. Und Richie B. hat seine Fender oft zu Kleinholz gemacht. Pete T. ging das Ding auch auf die Nerven. Vielleicht hassen die meisten Fenderspieler ihre Gitarre ja heimlich? Können Jimi, Richie und Pete irren? Wahrscheinlich gibt es in Amerika sogar Stratitis-Selbsthilfegruppen. „Hallo, ich bin Eddie, und ich hasse meine Strat.“ – „Hallo Eddie!“ – „Sie sieht einfach scheiße aus, wie ein Frankensteinmonster, und die Farbe ist ab. Sie ist so hässlich, dass ich ihren Anblick nur mit Klebebändern ertragen kann. Ich weine mich jeden Abend in den Schlaf. Ich hasse sie einfach!“ – „Eddie, wir wissen was du meinst. Wir alle hier haben unsere Probleme damit, es ist wirklich hart!“ – „Aber irgendwie klingt sie auch ganz gut ... ich hasse sie trotzdem!“ – „Eddie, warst du schon bei einem Stratitis-Spezialisten? Was hat der gesagt?“ – „Nein, ich dachte, ich komme damit alleine klar ...“ – „Eddie, hast du es schon mal mit einem Anti-Stratitikum probiert?“.

Aber zurück zum Thema. Wer als Gitarrist nicht auf Fender (jaja ich weiß schon, unter denen gibt es eine Menge Klasseinstrumente) oder Gibson abonniert ist, kann sich von den Framussen dauerhaft begeistern lassen. Ich bin sicher, dass auf dieser Produktionsstraße individuelle Instrumente gefertigt werden, die gleichbleibend exzellent sind, und zwar ohne Ausreißer. Vergleichbar mit der Arbeit eines sehr guten Gitarrenbauers, und auch die Preise für Framusse sind ja mit Preisen deutscher Gitarrenbaumeister vergleichbar.

Abschließend ein herzlicher Dank an Hans-Peter Wilfer und sein Team für die Gastfreundschaft und die tiefen Einblicke in sein Unternehmen – und natürlich ebenfalls ein dickes „Danke“ an Martin Hofmann vom Musiker-Board für die reibungslose Organisation und die interessanten Diskussionen! Und ganz viele Grüße an die netten Leute, die beim Treffen dabei waren, hat Spaß gemacht mit euch! Nils
 
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