Zwischen den Ufern

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Jongleur
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Meist beginne ich morgens, quasi unmittelbar nach meinem letzten Traum, zu schreiben. Heute werde ich mit einem schwer kranken Freund telefonieren, hoffend, ihn ein wenig trösten zu können.

Was tröstet eigentlich mich? Vergangenheit? Gegenwart? Zukunft?


Ein Schiff löst sich vom Ufer
das klein und kleiner wird
Die Freiheit ist ein Rufer
der Süchtige verwirrt
Und süchtig sind wir alle
und keiner. Hier an Bord,
gefangen in der Falle,
treibt man im Nebel fort

Ja und, ja und
und fragst du nach dem Grund
Ja und, ja und
dann kommst du auf den Hund

Die Sternennacht ist ein Gedicht
Verewigt und entfernt
Der fahle Tag wie Musik
Die still im Innern lärmt
Wir gleiten durch die Wellen
und Nebel schwadroniert…
Das Glück sagt auf die Schnelle
was Klugheit nie diktiert!

Ja und, ja und
und fragst du nach dem Grund
Ja und, ja und
dann kommst du auf den Hund

Das Schiff erreicht den Hafen
Der groß und größer wird
Die neuen Ufer gaffen
Genau so stumm wie wir
Wir kommen und verlassen
das Haus, den Weg, die Stadt
So wie den Wald die Affen,
Halb hungrig und halb satt

Ja und, ja und
und fragst du nach dem Grund
Na und, na und
dann kommst du auf den Hund
 
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Danke, lieber @Frank_de_Blijen für dein Sternchen. Ich freue mich sehr darüber, da mir speziell dieser Text wirklich in einer Krise half und hilft. Ich überlegte nämlich lange und verzweifelt, wie ich einen nahen Menschen am Telefon trösten könne, der als 88-Jähriger mit einem Schlaganfall einsam und isoliert im Krankenhaus liegt.

Und da fiel mir wieder ein, wie unendlich glücklich ich war, als ich das erste Mal im Leben in der Stadt landete, die ich lebenslang für die schönste Stadt der Welt hielt und noch immer halte. Und entschied mich, mit dem verängstigten Kranken über nichts als die (positiven) Erwartungen seines Tages zu sprechen…und es wurde mE ein gutes Gespräch.

Dieses Telefonat spiegelt sich natürlich nicht im Text. Aber ich finde des seither sehr tröstlich,gestern-heute-morgen als eine (Schiffs)reise im Nebel zu betrachten.
 
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Lieber @Jongleur, auch dieser Text von Dir gefällt mir ausnehmend gut... warum? Er erzählt mir vom Abreisen und Ankommen und ist als Liedtext gut singbar. Lediglich mit der letzten Zeile
dann kommst du auf den Hund
fremdele ich noch etwas. Inhaltlich scheint mir das klar zu sein ("suchst du nach dem Grund, wirst du keinen Erfolg haben"), aber etwas sperrt sich in mir. Möglicherweise weil ich mich mit dem Sinn beschäftige, statt einfach lesen/singen zu können.

Auch ohne Deine erklärenden Zeilen habe ich den Text als Bild auf den Lebenslauf, Lauf des Lebens, Leben als Reise und eine gleichzeitige Sicht auf Außen- und Innenwelt begriffen.
Schöne Grüße
 
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Herzlichen Dank, lieber @streamingtheatre!
Lieber @Jongleur, auch dieser Text von Dir gefällt mir ausnehmend gut... warum? Er erzählt mir vom Abreisen und Ankommen und ist als Liedtext gut singbar.
Danke für die gute Sangbarkeit. Das ist zu 3/4 Handwerk. Der Rest ist Geschmack :)
Handwerk ist es eigentlich auch, das Leben als Reise zu sehen. - Aber ich brauchte Jahrzehnte, um aus diesem allgemeinen Wissen ein ehrliches Gefühl zu machen. Was kann man mit einem geliebten Menschen bereden , der mit einem Bein im Grab steht?

Unter anderem die letzten Momente der jeweiligen Reise. Aber während ich mich gerade wieder nach New York sehne, sehnt er sich vermutlich eher generell nach frischer Luft, Anrufen oder dem Lob eines Therapeuten. Und nach „Schnuffel“, dem neuen Meerschweinchen, welches Zuhause erst seit einigen Tage die Einsamkeit mit ihm teilte.

Und plötzlich wurde mir klarer als je zuvor, was es bedeutet, jemand seine Aufmerksamkeit zu schenken. Wie produktiv und einfach es ist, jemanden seine ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken..

fremdele ich noch etwas. <damit, auf den Hund zu kommen>
„Hund“ ist natürlich auch ein Reimwort… aber kein unüberlegtes. Die Suche nach dem Grund ergibt mE meistens eigene Fehlurteile, vom Eigennutz des Verstandes diktiert, Aussagekräftiger erscheint es mir, sich lieber gleich nach den eigenen Vorlieben und Vorurteilen zu befragen. Dann landet man (auch als Autor) unvermittelt bei der eigenen, egoistischen Weltsicht und kann zudem fremde etwas besser akzeptieren. ;) Oder?
 
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Danke, lieber @Frank_de_Blijen für dein Sternchen
... gern, war als Wink gedacht, dass der Text ankommt und eine etwas konkretere Antwort noch kommt .. mit etwas mehr Zeit zum Reflektieren. also, kommt noch ;-)
 
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war als Wink gedacht, dass der Text ankommt und eine etwas konkretere Antwort noch kommt .. mit etwas mehr Zeit zum Reflektieren. also, kommt noch ;-)
Natürlich freue ich mich auch über eine generelle Wertschätzung in Form eines Sternchens!! :)
 
Lieber @Jongleur - nun habe ich den Text mit ein wenig Zeit dazwischen wieder gelesen und er gefällt mir noch besser als beim ersten Mal. In sich stimmig durchkomponiert.
Zuerst dachte ich ganz nah am Inhalt - dass das Ufer im Nebel evtl nicht sichtbar kleiner wird zum Beispiel. Und jetzt denk ich: Das ist hier richtig, so, wie es da steht. Mit dem "Hund" fremdel ich auch ein wenig, für mich fügt sich diese Zeile stilistisch nicht perfekt in den Rest des Textes ein. Aber der Inhalt trifft. Und die spontanen Ideen

dein Schädel Dir dann brummt

Dein Hirn Du denkst Dir wund


überzeugen mich selbst nicht :)

Der fahle Tag wie Musik
Allein bei dieser Zeile will ich bei jedem Lesen ein "ist" ergänzen, der fahle Tag ist wie Musik. Wenn ich es (vor)lese, passt es dann etwas besser in den Rhythmus.

Klasse Text - und wenn er Dich sogar trösten kann, ein Spitzenklassetext!
(alles Gute Deinem Freund)
 
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nun habe ich den Text mit ein wenig Zeit dazwischen wieder gelesen und er gefällt mir noch besser als beim ersten Mal. In sich stimmig durchkomponiert.
Zuerst dachte ich ganz nah am Inhalt - dass das Ufer im Nebel evtl nicht sichtbar kleiner wird zum Beispiel. Und jetzt denk ich: Das ist hier richtig, so, wie es da steht. Mit dem "Hund" fremdel ich auch ein wenig, für mich fügt sich diese Zeile stilistisch nicht perfekt in den Rest des Textes ein. Aber der Inhalt trifft.
Herzlichen Dank, lieber @Frank_de_Blijen

Vielleicht verstehst du mich noch besser, wenn du meine Arbeitsweise annähernd kennst. Ich schreibe anfangs meistens sehr schnell. Brauche etwa eine Stunde für einen gereimten Entwurf dieses Umfangs.

Danach streiche ich vor allem, was ich für
- zu verschwurbelt
- zu selbstverständlich
- zu stimmig
- zu roh geklaut :cool: halte!

Zu großer Stimmigkeit misstraue ich von Jahr zu Jahr mehr. Sie erscheint mir bei Lichte besehen als zu wenig emotional durchdrungen, zu oberflächlich, zu sehr glatt gebügelt!

Nun erst, ab dieser Phase beginnt bestenfalls meine gute Laune beim Schreiben. Ich ahne, dass noch zu viele Allgemeinplätze im ersten Textentwurf sind und suche nun speziell nach höchst individuellen Erinnerungen an bestimmte Erlebnissen und persönliche Mantras, ersetzte möglichst alle übrigen Klischees durch eigene Zu- und Einfälle. So entsteht verständlicher Weise auch einiges, was manche Leser suboptimal finden.

Ich wiederum freue mich gelegentlich gerade über diese auffälligen (teilweise vielleicht auch linkisch klingenden) Stellen und fürchte, dass ich mein Text an Individualität verlöre. wenn ich „stilgetreuer“ ändern würde. So tappe ich halb blind zwischen strenger Lyrik und lässigen Lyrics ;)

Kurz: Meinen letzten Urlaub verbrachte ich an einem sehr oft märchenhaft vernebelten Bergsee. Hunde liebe ich sowieso. Und auch meine ostamerikanische Küste wabert für mich irgendwie und wunderbar in diesem Text. Ich hoffe, es stört nicht zu sehr. ;)

P.S. „Auf den Hund kommen“: sonst wird einem vom vielen Grübeln (über das Leben) hundeelend. Letztlich ein Appell (vor allem an mich), zu akzeptieren, dass sehr vieles undurchsichtig bleibt und dass man (neben dem Verstand) eben auch auf sein Herz hören muss, um halbwegs authentisch und gesund reisen zu können.
 
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Das ist ein trauriger Anlass für ein Lied. Mit dem Tod konfrontiert bleibt eigentlich kein Trost mehr übrig. Trotzdem mag ich die Aussage, denn in dieser aussichtslosen Situation offenbart sich die Aussichtslosigkeit des Lebens und es wird wenigstens ein bisschen Trost gespendet, wo keine Freundschaftliche Hilfe mehr helfen, sondern das Leid nur mildern kann.

Seit dem erzwungenen Lesen der Faustischen Weisheiten hat mir die Suche nach des Pudels Kern nur Erkenntnisse geliefert, die man als junger Mensch vom Leben nicht gerne hört. Im Alter akzeptiert man die primitive Mechanik des Menschenlebens eher. Deshalb kommt der Refrain extrem gut! Also gibt es keinen Grund zu leben. Außer für die Freunde, die nicht aufhören an Dich zu denken. Selbst, wenn du nicht mehr da bist.
 
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Das ist ein trauriger Anlass für ein Lied.
Einerseits gebe ich dir natürlich recht. Aber andererseits bin ich auch dankbar für neue Erfahrungen.

Wenn ein Mensch am anderen Hörer deutlich mit letzten Kraft um Worte ringt, ist man auch als Angehöriger oder Freund extrem gefordert. Mit wenigen und einfachen Worten einen kurzen Zugang zu einem erschöpften Herz zu finden, ist einerseits so schwer, und andererseits so schön, wenn es glückt!!

Auch wenn bei diesem Glück der Zufalls eine grosse Rolle spielt - Trost auszulösen und zu empfangen hängt davon ab, wie gut man sich seinen Gegenüber kennt und lesen kann! Und ob man selber Liebe und Hoffnung fühlt!!

Früher habe ich der betroffenen Person fast nie Blumen geschenkt. Heute weiß ich sehr gut, welche Blumen sie mag, welche Süßigkeiten, Düfte oder Fotomotive. Heute lerne ich damit umzugehen, dass ein Schlaganfall ungewohnte Antworten beim Telefonieren zur Folge haben kann, die man am besten erträgt, in dem man die eigenen Erwartungen an eine Antwort so weit wie möglich reduziert. Alles Erfahrungen, von denen ich hoffe, dass sie einige zusätzliche Sonnenstrahlen auf meine künftigen Wege werfen werden.
Im Alter akzeptiert man die primitive Mechanik des Menschenlebens eher
Du sagst es!!! :)
 
Auch wenn man keinen Draht findet, reicht es schon aus, die gewohnten Wege zu beschreiten. Um so schöner ist diese Erinnerung mit einem alten Lied.
 
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