[Bass] - Fender Custom Shop Limited Release '64 Bass VI

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FENDER CUSTOM SHOP LIMITED RELEASE '64 BASS VI

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TATSACHEN!

Leo Fender entwarf 1961 als Reaktion auf die in den Recordingstudios von Nashville (dem Mekka der Country-Musik) häufig verwendete sechssaitige Danelectro-Baritone seine eigene Interpretation des Instruments "Bassgitarre": ein Zwitterinstrument aus den damaligen Top-Modellen Jazzmaster und Jazz Bass, quasi ein Shortscale-Bass (30"-Mensur) mit Gitarrenpickups, -hardware, Floating-Tremolo und sechs Saiten, die eine Oktave tiefer als eine Gitarre gestimmt waren.

Die erste Version des schlicht "VI" (später "Bass VI") genannten Instruments hatte Standard-Stratocaster-Pickups in Metallrahmen (zur Brummunterdrückung) und die ein Jahr später auf der Jaguar-Gitarre verwendete Sechseckige Chromplatte mit drei On/Off-Schaltern für die Pickups.

1963 modifizierte Fender den Entwurf - statt den Strat- waren nun serienmäßig drei Jaguar-Pickups an Bord, ebenso das auf dieser Gitarre eingeführte klappbare Dämpfersystem am Steg sowie ein vierter Schalter, der bei Bedarf den Bereich der Bassfrequenzen beschnitt und somit dem Instrument einen drahtigeren, höhenlastigeren Klang verlieh.

In dieser zweiten Version ist das Instrument bis 1975 gebaut worden, die beiden später erhältlichen Reissues bezogen sich auf diese modifizierte VI-Version. Mitte der 90er-Jahre erschien der VI kurzzeitig wieder aus japanischer Produktion, und seit 2006 ist er wieder als US-Custom Shop-Serienmodell in Sunburst erhältlich.

RARITÄT!

Ein wirklicher Erfolg war der VI nicht – von der Ersteinführung 1961 bis zur Streichung aus dem Programm 1975 sind laut Hersteller nur etwas 100 Stück pro Jahr ausgeliefert worden, fast alle davon in Sunburst-Lackierung. Auch heute noch fristet der VI ein Nischendasein, obwohl für die Originale aus den 60ern (speziell die extrem raren Custom Colours) in Sammlerkreisen mittlerweile fast fünfstellige Summen aufgerufen werden.

POPULÄR?

Nur wenige "Stars" griffen auf den VI zurück – die bekanntesten dürften die Beatles (Harrison & McCartney bei diversen Album-Sessions) und Jack Bruce (zu Cream-Zeiten, bevor er zum Gibson EB-3 wechselte) sein. In der Surf-Szene der frühen 60er war das Instrument häufiger anzutreffen, bis in den 80ern Robert Smith (The Cure) den VI quasi als Lead-Gitarre für sich entdeckte und unter Verwendung von Chorus- und Delay-Effekten einen tragenden sphärischen Lead-Sound schuf. In den 90ern waren es vor allem Brian Molko & Stefan Olsdal von Placebo, die den charakteristischen Klang des VI einem breiteren Publikum zugänglich machten.

CUSTOM SHOP REISSUE!

Als Jaguar- und Jazzmaster-Liebhaber hatte ich immer schon ein Auge auf dieses Instrument geworfen, nur war es gebraucht extrem selten zu finden, und wenn überhaupt, dann zu astronomischen Preisen. Vintage ist bis auf die Mittsiebziger-Exemplare nahezu unbezahlbar, und die japanischen Reissues stiegen Jahr für Jahr im Preis. Als der Custom Shop den VI 2006 erstmalig für knapp 2000,- EUR als "Teambuilt"-Serienmodell vorstellte, lagen die seltenen japanischen Gebrauchtinstrumente schon bei 1500,- EUR!

Aber der Haben-Wollen-Faktor war nach dem Anspielen des VI auf der Musikmesse nicht mehr zu unterdrücken - also hiess es sparen, Brot, Wasser und Dosenravioli essen, und nach sechs langen Monaten des Wartens war er da: wie aus dem Ei gepellt, ein sunburstfarbener "Fender Custom Shop Limited Release ’64 Bass VI", wie er offiziell bezeichnet wurde.

Die harten Fakten kurz und knapp: 2teiliger Erlekorpus, 3-tone-sunburst-Nitrolack, 30"-Mensur Mapleneck mit Rosewood-Griffbrett, 3 Jaguar-Pickups, Tortoise-Schlagbrett, klappbarer Dämpfer an der Bridge, bespannt mit dem Standard-VI-Saitensatz von .95-.25, inklusive Custom-Shop-Case & Zertifikat plus Vintage-Zubehör-Schnickschnack wie Spaghettiträger-Ledergurt, Putztuch und Kabel.

Die Verarbeitung ist erstklassig, eben Custom-Shop-Niveau, das Instrument war ab Werk gut eingestellt. Lediglich die Bridge habe ich wie bei meinen Jaguar-Gitarren gegen die einer Fender Mustang ausgetauscht, wegen der bei hartem Anschlag aus den Führungsrillen springenden Saiten. Das ist der große Schwachpunkt bei dieser Brückenkonstruktion, fällt aber bei den Gitarrenmodellen wesentlich stärker ins Gewicht, da das Phänomen beim VI aufgrund der dicken Saiten kaum auftritt. Aber sicher ist sicher! ;)

Der Sound ist… na klar, wie erwartet wunderbar. Nicht ganz so fett wie ein Jazz Bass, dafür aber umso drahtiger. Als reiner (Shortscale-) Bass vielleicht am ehesten in Surf- und Indie-Stilistiken passend, als Lead-Instrument mit eingeschaltetem Bass-Filter über einen Marshall gnadenlos fett twangend, quasi eine tiefergelegte Gitarre, und mit Effekten über Clean-Amp klingts ganz klar nach The Cure. Mein favorisiertes Spielfeld ist die 2-in-1-Funktion – man kann wirklich Bass und Gitarre in einem spielen, indem man in den hohen Lagen Singlenote-Melodien spielt und dazu die tonal passenden Leersaiten als Bassbegleitung mitklingen lässt.

Leider hab ich noch keine eigenen Soundsamples online – weiter unten habe ich aber ein paar hervorragende Klangbeispiele zum hören und sehen aufgelistet!

MUSIK!

Eine kleine Plattenauswahl für den VI-Liebhaber. OK, das ist jetzt sehr subjektiv – aber die 60er sind lange her, ich bin Jahrgang 1981 und großer Verehrer von den beiden genannten Bands ;) :

The Cure – Disintegration (1989)
The Cure – Bloodflowers (2000)
Placebo – Without You I’m Nothing (1998)
Placebo – Black Market Music (2000)

SOUNDS & VIDEOS!

Als Lead-Instrument in den 70ern:
Hank The Knife and The Jets – Stan The Gunman (Fernsehshow-Auftritt)

Klassisches Beispiel für den drahtigen VI-Sound, hier als "echter" Bass:
The Cure – Fascination Street (Original-Video)

Zwei exzellente Live-TV-Mitschnitte von Placebo aus den guten alten "Viva Zwei"-Tagen ohne Publikumsgetöse, wo der VI sehr gut zu hören (und sehen) ist:
Placebo – You Don’t Care about Us (live 1998)
Placebo – Pure Morning (live 1998)


Der VI als "2-in-1"-Instrument, Melodien in den hohen Lagen plus Bassbegleitung auf den Leersaiten:
Placebo – Commercial For Levi (live 2000)

Rock! Lead-VI mit Zerre:
Placebo – 36 Degrees (live 2000)


NETZWERK!

Informationsquellen:
http://www.offsetguitars.com - Forum für Fender Jaguar/Jazzmaster/Electric XII/Bass VI/Mustang-Liebhaber
http://www.bassvi.org - kleines Forum für VI-Fans, leider (noch) recht wenig besucht




So – das war wohl umfangreich genug und solls erstmal gewesen sein! :)

Grüße,
der bassgitarrist
 
Eigenschaft
 
Wow, vielen Dank für das interessante Posting. :) Mark Hoppus spielt den Bass auch gern, daher find ichs toll, was drüber zu erfahren.
 
Abgesehen von Pop, Rock oder Country fand der VI auch im Jazzrock der 70er Einsatz. Z. B. spielte Roy Babbington 1973 damit das Album "Seven" der englischen Formation Soft Machine ein.
 

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sehr gutes review!

jetzt weiß ich endlich auch was mark hoppus bei einem live auftritt bei " i miss u" für n gerät gespielt hat. dachte immer das wäre n eierschneider
 
Cooles Review zu einem echt interessantem Instrument...
Gehört irgendwie auch zu meinen "Haben-Wollen-Sachen" ^^
 
Cooles Review!
Wie siehts denn spieltechnisch aus?
Ist Fingerstyle möglich oder ist aufgrund des Saitenabstands Plektron angesagt?
 
Cooles Review!
Wie siehts denn spieltechnisch aus?
Ist Fingerstyle möglich oder ist aufgrund des Saitenabstands Plektron angesagt?

Danke!

In den 60ern und 70ern haben viele das Instrument noch als alleinigen Bass genutzt und selbstverständlich mit den Fingern gespielt, so auch Jack Bruce und - wie man auf dem von bassick angehängten Bild sehen kann - auch Roy Babbington. Die heute populären VI-Protagonisten spielen fast alle mit Plek, da bei der Verwendung als Lead- oder Baritoninstrument in der Band meistens ein "richtiger" Bass vorhanden ist.

Interessant ist, dass der Sattel schmaler ist als bei einer Gitarre - Strats oder Jazzmasters z.B. haben eine Breite von 1.650" (41mm), beim VI sind es trotz sechs dickerer Saiten nur 1.5" (38mm, wie beim Jazz Bass). Wenn man sich erstmal an den geringeren Saitenabstand gewöhnt hat, ist Fingerstyle auf jeden Fall möglich, allerdings eingeschränkter als z.B. beim Jazz Bass. Meiner Meinung nach kommt der drahtige & schnurrende Charaktersound aber erst durch Anschlag mit dem Pick zustande!

Grüße,
der bassgitarrist
 
.... Interessant ist, dass der Sattel schmaler ist als bei einer Gitarre - Strats oder Jazzmasters z.B. haben eine Breite von 1.650" (41mm), beim VI sind es trotz sechs dickerer Saiten nur 1.5" (38mm, wie beim Jazz Bass). ...
ist das denn kein jazzi-hals (vgl. z.b. hier #14)? an leos stelle hätte ich einfach in´s regal gegriffen.

dank übrigens für´s informative review.
 
ist das denn kein jazzi-hals (vgl. z.b. hier #14)? an leos stelle hätte ich einfach in´s regal gegriffen.

dank übrigens für´s informative review.

Nee, der VI hat vom Leo "seinen eigenen Hals" bekommen... außerdem hat er ja die Shortscale-Mensur von 30". Die Breite am Sattel ist identisch - was Form und Dicke angeht, fehlen mir mangels eigenem JB die Vergleichsmöglichkeiten, wenn ich den Mexico-Standard-Jazz Bass von meiner Bassistin in die Hand nehme, ist der VI-Hals gefühlt jedenfalls dicker - eben vintage-style... :)

Grüße,
der bassgitarrist
 
Nee, der VI hat vom Leo "seinen eigenen Hals" bekommen... außerdem hat er ja die Shortscale-Mensur von 30".
sägen lassen sich nur für die bundierung einsetzen ;) .
... was Form und Dicke angeht, fehlen mir mangels eigenem JB die Vergleichsmöglichkeiten, wenn ich den Mexico-Standard-Jazz Bass von meiner Bassistin in die Hand nehme, ist der VI-Hals gefühlt jedenfalls dicker - eben vintage-style... :) ...
deshalb habe ich dir den link geliefert. der genannte jazzi müsste das alte c-shape haben. der mex wahrscheinlich ein modern-c.
sorry - falls ich alleine sein sollte. mich interessiert einfach, was aus dem hause fender (ww natürlich sowieso - aber da ist die historie erschöpflicher) wie gelöst worden ist.
 
Jetzt hast du mich neugierig gemacht...:) ich muss mir aber erst mal ein adäquates Meßgerät besorgen, um die Maße/Dicke rauszukriegen, mein Haushalt beinhaltet nicht mal ein profanes Lineal...
Eins steht auch ohne Messung schonmal fest: die VI-Kopfplatte entspricht in Form & Größe in etwa der einer 70er-CBS-Stratocaster, nur etwas dicker. Also nix Jazz Bass. ;)

Grüße,
der bassgitarrist
 
Jetzt hast du mich neugierig gemacht...:) ich muss mir aber erst mal ein adäquates Meßgerät besorgen, um die Maße/Dicke rauszukriegen, mein Haushalt beinhaltet nicht mal ein profanes Lineal...
ein messschieber mit mm/zoll-skala wäre praktisch. den verwende ich (von der schlosser-/schrauberei abgesehen) schon öfter mal für das messen unbekannter saitendiameter, pu-höhe, saitenhöhe ...
 
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