Wagner in der zeit des nationalsozialismus, ich mag "drittes reich" ebensowenig wie "1 000jähriges" oder "reichskristallnacht" u.a., weil es nazi-jargon ist, und Wagner, der antisemit.
Fragt man nach vorstellungen über die NS-zeit, hört man, "da gab es konzentrationslager, es wurden juden verfolgt und massenhaft umgebracht", "dann kam der krieg, die befreiung, der kriegsverbrecherprozess", nach den übrigen 100 mio großdeutschen und ihrem befinden fragt niemand. Die hatten nämlich die sorgen des täglichen lebens, mussten sich wie in jeder diktatur arrangieren, das leben ging weiter, sie mussten sich durch die schule quälen, sich in den nazi-organisationen betätigen oder sich davor drücken, alle einschränkungen ertragen, für sie begann das große sterben erst später. Ich kann das nicht im detail beschreiben, aber das schicksal der juden war kein thema, und selbst Hitler mochte nie über KZs sprechen oder davon hören. Von Auschwitz hörte ich erst, als ich selbst hinter stacheldraht saß, und Dachau lernte ich 1947 auch noch von innen kennen.
Als Wagner seinen aufsatz schrieb, war "antisemitismus" noch nicht erfunden, geschweige denn geächtet, das wort stammt aus wiener kreisen und ist schlecht gewählt, denn semiten, angehörige einer sprachfamilie, sind z.b. auch die Palästinenser. Es ist lange her, dass ich den aufsatz gelesen habe, aufregend oder anstößig fand ich ihn nicht.
Der geschmack von meist körperlich kleinen diktatoren geht oft ins monumentale, schlimmer als die skulpturen von Breker waren die von Thorak, und die architektur kam über kolonnaden und reihungen nicht hinaus, war doch jeder modernismus verpönt. Weimar leidet noch immer unter den bauten seines gauleiters, aber es ist soviel beton verbaut und so unterkellert, dass man den komplex schwer abreißen kann, woanders haben bomben das ihrige getan, und vieles ist zum glück nicht fertiggeworden oder wurde nie angefangen.
Und nun nenne man mir einen komponisten dieser epoche, der monumentale musik gemacht hätte! Atonalität und andere modernismen waren "entartet", und mit Hermann Nielebock (Herms Niel) und Barnabas von Geczy und natürlich Norbert Schultze waren zwar marsch- und tanzmusik und "patriotische" lieder vertreten, gut und professionell gemachte UFA-schlager gab es natürlich auch, aber fürs feierliche mussten Beethoven, Bruckner, seine 1stündigen und längeren sinfonien waren monumental, und Wagner herhalten. Und Frau Winifred war stolz, den führer in Bayreuth begrüßen zu dürfen.
Wie in jeder diktatur oder absoluter herrschaft schmückte man sich mit kunst und kultur, am nötigen geld mangelte es nicht, und für wenig geld konnte man viel erleben, ich hörte als schüler fast alle großen dirigenten, sänger und instrumentalisten, es gab auch ein NS-sinfonieorchester, da trugen die musiker statt des schwarzen einen braunen frack! Aber auf Strawinsky, Mahler, Schönberg und viele andere mussten wir verzichten.
Aber eines ist sicher: Wagner konnte nichts dafür! Nietzsche, ein anderer lange verfehmter auch nicht. Es gibt ein böses wort über die deutschen, das auf manche aber zutrifft: "sie haben es mit den stiefeln, entweder sie treten dich damit, oder sie lecken sie dir". Sie, eine minderheit, hatten dazu gelegenheit als sieger und besiegte. Schluss!