Liedanalyse – schwedisches Volkslied

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Günter Sch.
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Vielleicht interessiert es den einen oder anderen. Dieses schwedische volkslied hat als ganzes die "Bar-form": 2 gleiche "stollen" werden durch einen "abgesang" vervollständigt.
Allgemein: die kleinste musikalische einheit ist der "ton", die kleinste sinneinheit das "motiv", es muss wenigstens 2 metrische schwerpunkte enthalten, aus motiven entspinnt sich das "thema", die "periode", die "melodie".
Wir benennen die motive mit kleinen buchstaben:
takt 1+2 "a",
3+4 kontrastieren, sind also "b", könnten auch als variante von "a" aufgefasst werden (a1)
5+6 (die wiederholung nicht gezählt) bringt neues, einen mazurka-rhythmus, in sich sequenziert: "c"
7+8 greift auf "b" zurück, aber variiert, also "b1".

a- b - a - b - c - b1 wie ihr seht, eine ökonomische machart, daher leicht einzuprägen.

Wer schreibt dazu eine basslinie?
 
Eigenschaft
 
Einleuchtend erklärt.


Jetzt würde mich noch interessieren: Gibt es einen Höhepunkt?

Ich würde ihn bei Takt 5 sehen. Das Motiv ist kürzer, auffälliger (Punktierung). Allerdings ist es nicht die Passage mit dem höchsten Ton...
Wenn ich harmonisieren würde, hätte diese Stelle auch schnellere Harmoniewechsel. Im einfachsten Fall jeweils 2 Akkorde pro Takt.


Übrigens, das Frage-Antwort-Spiel ist deutlich zu erkennen:
Die ersten beiden Motive a und b sind fragend - Motive enden beide mit einem nach obengehenden Ton. Der c- und b1-Teil sind Antworten - Motive gehen am Ende nach unten.


Ich hoffe, daß ich nicht total daneben liege. Diese Analyse drängt sich mir nur auf durch die Lektüre der "Neuen Jazz-Harmonielehre". Auch wenn dieses Buch eigentlich überhaupt nicht hier her paßt, ist es für mich dennoch interessant, diese Musik danach zu analysieren.

Gruß
 
Die frage nach dem höhepunkt ist berechtigt: ich habe ihn nämlich unterschlagen, indem ich eine vereinfachte fassung geboten habe (für Kleinershredder), und da ich das stückel einmal parat hatte - - - - -
Ich habe auch auf tempoangabe und hinweis auf den text verzichtet, um rein formal vorzugehen, es geht ziemlich elegisch zu, und die "mazurka-takte" empfindest du mit recht als "ideellen" oder "dramaturgischen" höhepunkt.
Die musikalische welt unter dem mikroskop zu sehen, könnte zu überraschenden einsichten führen.
 
kann man dein a + b nicht als einheit betrachten oder a + a' betrachten? der motivische gedanke ist doch gleich :confused:
naja mit einteilung/trennung von motiv + thema hab ich mich immer schon schwer getan. ich würde hier sogar schon 1+2 als thema bezeichnen dass dann in 3+4 abgewandelt wiederholt wird

mich würde jetzt schon intressieren wie das lied heißt *gg

Wer schreibt dazu eine basslinie?
mal versuchen...
 

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Dank für die mitarbeit!
2 motive können schon ein thema bilden, und wie man die ersten 4 takte benennt (auf die verwandschaft von takt 1+2 und 3+4 hatte ich hingewiesen) ist ermessensfrage (wie vieles im ästhetischen bereich).
Leider habe ich diese sammlung schwedischer volkslieder nicht mehr, dieses war mir im gedächtnis haften geblieben, weil ich es anderweitig verwenden wollte (es blieb dann beim "wollen").
Nachdem sich vieles um das harmonisieren dreht, wollte ich auf den melodischen feinbau hinweisen, in der hoffnung, es möge sich eine diskussion entspinnen, und wir könnten an einem muster gemeinsam herumwerkeln.
 
Wenn ich etwas höre, entstehen in meinem Kopf gleich verschiedene harmonische Ideen. Irgendwie denke ich immer harmonisch...

Das ist mir gerade etwas aufgefallen:

Der 2. und 4. Takt enthält ja Vorhalte auf der ersten Viertel. (Klingt für mich so)

Faßt man diesen Vorhalt mit der letzten Viertel des vorherigen Taktes als Einheit zusammen, ändert sich das Taktgefühl der ersten Zeile. Sie klingt wie 6 Takte im 2/4 Takt. Harmonisch käme man mit einem Akkord pro 2/4-Takt-Einheit aus:
| Fm | C7 | Fm | Fm | Eb7 | Ab |​

Es ließe sich wunderbar 2/4- und 3/4-Takt vermengen. Zum Beispiel Harmonische Wechsel nach jeweils 2 Viertel, Rhythmische Betonung im 3/4 Takt (z.B. Percussion)

Gruß
 
@Fastel :überprüfe deinen bass, dann können wir darüber reden.
@MaBa : mit dem vorhaltscharakter einiger melodietöne liegst du richtig, das wäre bei einer harmonisierung zu berücksichtigen, ich sehe auch wie du die metrische variabilität. Wie bei allem volkstümlichen aus dem 19.jh. lauert die kadenz im hintergrunde (hat sich allerdings kaum geändert seitdem), über das volksliedhafte hinaus besteht auch eine neigung zur modulation.

Jenseits aller vorüberlegungen: haben wir einen melodiefetzen im ohr, oder eine, wie wir glauben, ungewöhnliche harmoniefolge, haben wir eine idee, aber wie küsse keine kinder machen, muss eine idee umgesetzt werden, um fruchtbar (oder furchtbar?) zu werden.
Die meisten dieser ideen sind nicht so neu, wie ihr erzeuger glaubt, jedes intervall, jeder einfache rhythmus ist schon dagewesen, aber nicht wenige hörer sind selig, wenn sie immer wieder dieselbe machart hören, wobei der alkoholspiegel manche weisen überhaupt erst erträglich macht. Musik hat mancherlei funktionen vom großhirn bis in die zehenspitzen, ruht sich auch gern auf halbem wege aus.
Was machen wir mit unserem "einfall", einem "motiv"? Wir müssen es "verarbeiten", ob im kopf, auf dem papier, am instrument. Wir können wiederholen, verändern, weiterspinnen, einen gegensatz erfinden.

Zerschnippelt unser einfaches beispiel in je 2 takte und setzt es in anderer reihenfolge wieder zusammen. Was findet ihr?
 
so langsam verstehe ich worum es überhaupt geht (vielleicht :D )

was ich problematisch finde. ende takt 4 leitet nicht gut in takt 1. andererseits muss dieser gleiche takt sinnvoll in takt 5 leiten können...
weiterhin verspühre ich so einen drang die ersten 4 takte in ein 4er metrum einzuordnen. nimmt man das F in takt 2 als Taktbeginn könnte man schön mit mehrstimmigkeit experimentieren...

wenn ich mehr zeit hätte könnte man direkt mal versuchen nen kanon zu basteln :D
 

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Ja, worum geht es? Ich wollte zeigen, wie aus einem keim eine pflanze wird, womöglich ein baum, ein wald, wie aus einem motiv ein thema, ein lied, ein musikalisches werk entsteht. Da ich mich gerade in "Sibelius 4" einarbeite (in der hoffnung, dass Sibelius 5 endlich erlaubt wie versprochen, auch äußere klangkomponenten einzusetzen, die schwachstelle aller notensatzprogramme), war die versuchung groß, mich experimentierend nützlich zu machen.
Aber alle unternehmungen sind an akzeptanz und resonanz gebunden, wir könnten einander motive zuspielen, sie auf ihre verwendbarkeit untersuchen, im baukastenprinzip mit ihnen spielen, sie ausbauen und für beliebige klangkörper setzen.

Wir sind leider des einstimmigen gesanges entwöhnt, ohne tschingdarassa-bumm geht auch das schlichteste liedl nicht mehr, also muss harmonisiert und aufgepeppt werden.
Ein verfahren: zur melodie eine basslinie erfinden, womit auch die harmonisierung vorprogrammiert wird. Die einfachste, aber langweiligste form sind "roots", die grundbässe oder die beliebten wechselbässe, wer anspruchsvoller ist, glättet die basslinie und/oder macht aus dem ganzen einen korrekten 2stimmigen satz. da sind quint- und oktavparallelen nicht nur nicht erlaubt, sondern auch unschön (Fastel!), da die selbständigkeit der beiden stimmen verlorengeht.
Das ist kein neues verfahren, so verfuhr man im 17./18.jh., der "generalbass-periode" (wer dazu "barock" sagen möchte, soll das tun). Der komponist schrieb die außenstimmen, die "obligaten" soli, die mittel-, die füllstimmen wurden improvisatorisch ergänzt. Fundament und harmonisch richtungsweisend war und ist auch heute noch der bass.
 
Ich habe auch mal mit einer Baßstimme experimentiert.

1) diatonischer "Walking Bass".

2) "Walking Bass" mit Tonartfremden Tönen.

In beiden Fassungen würde ich meistens auf jedem Schlag die Harmonien wechseln. Hat dann Ähnlichkeiten mit einem Choral.
Und in beiden Fassungen wird der 3/4-Takt nicht deutlich.

3) Der Versuch, mit sehr wenig Baßtönen auszukommen, möglichst nur einer pro Takt.
Hier klingt Baß + Melodie ohne Akkorde manchmal sehr dissonant. Deshalb habe ich auch die Akkorde mit eingebaut...

Mir fallen keine richtigen Baß-Melodien ein, die auch als eigenständige Melodie durchgehen könnten.

Gruß
 

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In jedem thema stecken imitatorische möglichkeiten, aber nicht jedes eignet sich zum kanon.
Interessante basslinien, wobei die a-tonale die frage aufwirft "Dürfen bassisten machen, was sie wollen, es stimmt immer?" :). Danke!

Mir kommt die berühmte sarabande von Purcell nicht aus dem sinn, die unserem thema anfangs ähnlich ist, in " A young person's guide" von Benjamin Britten kommt sie unter anderem im prächtigen blechbläserchoral daher.
Man könnte die ersten vier takte (es soll ja nicht in arbeit ausarten) 5stimmig für 2 trompeten und 3 posaunen setzen.

Braucht man, um zu "zippen" die vollversion? Mit meiner komme ich nicht zurecht.
Mein neuer versuch scheint wenig gelungen.
 
du brauchst winrar oder winzip

tip: speicher deine bilder im .jpg format dann werden sie viel kleiner. bei "speichern unter" sollte meistens die möglichkeit gegeben werden das bild als einen bestimmten "dateityp" zu speichern. (jpeg)

ich werde mich später nochmal damit beschäftigen (prüfungsstress). ich hoffe die von dir angesprochenen parallelen ist nur der pfui bah im letzten takt des ersten bildes :D ... hoppla
 
Günter Sch.;2392617 schrieb:
Interessante basslinien, wobei die a-tonale die frage aufwirft "Dürfen bassisten machen, was sie wollen, es stimmt immer?" :). Danke!
Es stimmt bestimmt nicht immer. Aber wenn man dazu passende Harmonien findet...
Ich hatte sie schon im Ohr beim Einspielen der Baßlinie. Im Prinzip unterscheiden sich hier aufeinanderfolgende Harmonien oft nur durch den Baßton.

Anhang anzeigen Lied_2_neu.MID

Günter Sch.;2392617 schrieb:
Mir kommt die berühmte sarabande von Purcell nicht aus dem sinn, die unserem thema anfangs ähnlich ist, in " A young person's guide" von Benjamin Britten kommt sie unter anderem im prächtigen blechbläserchoral daher.
Sind die Noten eine Bearbeitung von dir?

Sehr interessant finde ich die drastische Steigerung in den ersten vier Takten, von unisono zu vollen 5-stimmigen Akkorden. Auch daß sich die Wiederholung des Themas von den ersten vier Takten unterscheidet, und der überraschender Schlußakkord.

Noch interessanter finde ich die Ausarbeitung des neuen Themas (c-Teil). Es wird hier zu einem richtiger Höhepunkt ausgeweitet.

Gleich danach der große Kontrast, das einstimmige Schlußthema. Eine Frage noch dazu - was bedeutet das Zeichen unter dem Schlußakkord?


Was mich an diesem Lied irritiert, ist, daß durch die verzögerten Phrasenenden der 3/4 Takt fast nirgends herausgehört wird. Nur im c-Teil hört man den 3/4 Takt. Deswegen klingt er für mich hier, wie etwas neues. Die Themen am Anfang und Ende wirken auf mich wie 4/4 + 2/4 Takt.

Günter Sch.;2392617 schrieb:
Braucht man, um zu "zippen" die vollversion? Mit meiner komme ich nicht zurecht.
Mein neuer versuch scheint wenig gelungen.
Es gibt zum Zippen auch einige Freeware, z.B. 7-zip
Kann auch einfache ZIPs erstellen.

Für reine schwarz/weiß-Grafiken wie Noten eignet sich GIF oder PNG besser als BMP (zu groß) oder JPG (Artefakte). Du brauchst dann die Auflösung deiner Grafik auch nicht verkleinern, da diese Dateiformate komprimiert speichern.

Falls dein Programm kein GIF oder PNG speichern kann, kannst du eine BMP z.B. mit IrfanView in PNG oder GIF umwandeln. Einfach BMP einladen und als GIF speichern.

Gruß
 
Günter Sch.;2392617 schrieb:
Man könnte die ersten vier takte (es soll ja nicht in arbeit ausarten) 5stimmig für 2 trompeten und 3 posaunen setzen.

ich hab mich mal dran gemacht...

edit: ich finde dieses "fetten" 5-stimmigen blechbläsersatz für das lied schon etwas überdimensioniert, ein "leichterer" klaviersatz gefällt mir da schon besser. vllt. setze ich mich mal noch an eine holzbläser-fassung....
 

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Dank für die technischen hinweise, die ich ausprobieren werde.

Die klavierfassung ist von mir, und MaBa hat sie wohlwollend und zutreffend kommentiert.
Wechselnde klangdichte ist ein merkmal neuer musik, wohin ich eigentlich gelangen möchte (musik jenseits des Dur-moll-schemas und der 8taktigen periode).
Die "metallfassung" konnte ich noch nicht sehen und hören, entweder zu klein oder zu groß! Ich bin nicht der technik-freak.
Wenn es so weitergeht, werde ich alles klanglich realisieren und den mitstreitern und interessenten zugänglich machen. Vorläufig kämpfe ich mit der/gegen die technik, aber man lernt dabei immer dazu.
 
Neuer versuch! Nicht vollkommen, aber leserlich.
Der kleine bogen bei der schlussnote im bass ist zwar zufällig enstanden, heißt aber "ausklingen lassen"!
Dass man eine wiederholung variiert, ist alter brauch, in variationswerken spricht man von "doppelvariationen" (Mozart, A-Dur-sonate, Schubert, Impromptu B-Dur).
 

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Ich komme nicht ganz mit, mit deinen Variationen.

1) Motiv ist klar.
2) Was passiert bei Intervallumkehrung genau?
3) Ich vermute, bei der Spigelelung stimmt der 3. Ton nicht (?). Der Unterschied zwischen 2 und 3 ist mir nicht ganz klar...
4) Der Krebs ist klar. Motiv wird rückwärts gelesen.

Was noch fehlt, ist die Krebsumkehrung, die horizontale und vertikale Spiegelung.

Wie ich es machen würde, ist im Anhang.

Gruß
 

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