Ärger mit den Alten?

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Uschaurischuum
Uschaurischuum
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Ich bin fasziniert von alten Gitarren, vor allem von alten Archtops. Ein oder zweimal in der Woche schaue ich mir unter "Vintage" die aktuellen Bestände bei Ebay an, ich habe mir allerdings erst einmal eine alte Gitarre bei Ebay ersteigert, und ich will Euch sagen, warum ich dies wahrscheinlich nicht wieder tun würde.
Wenn du eine neue Gitarre online kaufst, hast du bekanntlich als Käufer eine ganze Reihe von Rechten, was dir nicht gefällt, kannst du letztlich wieder zurück senden, und du bekommst bei den seriösen Anbietern dein Geld ohne Probleme zurück, bei Online Auktionen ist dies in der Regel nicht so.
Es scheint ein gewaltiges Bedürfnis nach Vintage Gitarren zu bestehen, speziell bei den Archtops wird nach der Ruhe vor dem Sturm geboten, was der Geldbeutel hergibt, und dabei wird übersehen, dass kaum jemand behauptet, dass diese alten Insturmente noch sonderlich gut in Schuss sind, Probleme werden oft nur am Rande erwähnt und heruntergespielt, manche Verkäufer geben auch einfach vor, sich nicht auszukennen, was ja manchmal sogar stimmen mag.

Zurück zu meinen Erfahrungen mit alten Archtops: Die meisten, die angeboten werden, stammen aus den fünfziger und frühen sechziger Jahren, sind jetzt also meist schon über fünfzig Jahre alt. Ich hatte leider immer nur die kleineren Modelle, ohne Metallstab im Hals, wie man ihn von der Westerngitarre her kennt. Die Bundreinheit ist bei diesen Gitarren kein Problem, das kannst du mit der beweglichen Brücke ja ausgleichen. Mit den sogenannten Dings und Dongs wirst du auch leben können, wenn du so ein altes Stück gekauft hast, dann hast du dich ja bewusst dafür entschieden. Für mich war immer wieder sehr ärgerlich, dass diese Gitarren die Stimmung ganz miserabel gehalten haben, das war so schlecht, dass man eher sagen müsste, sie halten die Stimmung überhaupt nicht. Die Spannung auf dem Instrument ist meist recht hoch, weil in der Regel verhältnismäßi kräftige Saiten darauf waren, damit es nach etwas klingt. Beim Stimmen hast du unter Umständen das Problem, dass beim Spannen einer Saite die anderen Saiten mit beeinflusst werden, du macht ewig herum, bis die Gitarre stimmt. Dann spielst du eine Weile und machst diese Sachen, die halt beim Blues und in Jazz einfach dazugehören, das nimmt dir das alte Instrument jedoch sehr übel, weil es nach einigen solchen Attacken bereits wieder verstimmt ist, und das nicht nur auf ein oder zwei Saiten. Dann kann das Stimmspiel von neuem beginnen. Auf diese Weise lässt sich nicht arbeiten, und du bist irgendwann so entnervt, dass du so eine Gitarre die meiste Zeit nur noch herumstehen lässt. Wenn du nichts andres als ein Dekorationsstück gesucht hast, dann geht dies ja in Ordnung!
Ich machte solche Erfahrungen wie gesagt mit kleinerern Archtops, zwei davon waren von Framus, die andere war eine Triumphator. Ich hatte mal Gelegenheit, eine wirklich große Framus Archtop zu spielen, ein Gitarrist meiner ersten Band hatte so ein Stück von seinem Vater übernommen. Diese Gitarren tauchen seltener auf, und sie kosten dementsprechend. Sie wurden in den Sechzigern oft von Tanzmusikern gespielt, was heißen kann, dass sie jede Woche mehrere Tage 5 oder sechs Stunden live eingesetzt wurden, hinzu kamen noch die Probezeiten. Das ist mit den Spielzeiten von Rock- oder Folkmusikern überhaupt nicht zu vergleichen! Ein Gitarrenbauer hat mir einmal erzählt, dass die Instumente von solchen Tanzmusikern oft Verscheißerscheinungen an Bünden und Griffbrett hatten, die ansonsten unvorstellbar wären. Eine Gitarre mit einer solchen professionellen Vergangenheit kannst du trotz der höherern Qualität eigentlich nur im restaurierten Zustand kaufen, oder du musst die Kosten dafür beim Gebrauchtkauf gleich mit einplanen.

Wie dem auch sei, es gibt sicherlich auch noch gut erhaltene Vintage Gitarren, freue dich, wenn du zu den glücklichen Besitzern eines Solchen zählen kannst. Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, irgendwann noch eine tolle Archtop zu finden, das wird dann wohl eher ganz unerwartet geschehen, aber wohl kaum bei einer Internetauktion!

Vielleicht hat ja jemand ganz andere Erfahrungen mit alten Gitarren gemacht?
 
Eigenschaft
 
naja, mit den Mechaniken gibts bei keiner meiner Archtops Probleme. Die halten die Stimmung wesentlich besser, als viele der teuer wirkenden Fernostprodukte.
Halsstäbe wurden in Deutschland erst ab ca, 1960 eingeführt, dafür sind die alten Hälse sehr stabil aufgebaut - auch hier habe ich keine Probleme.
Schwierig wird es da ehermit der Hals-Korpus-Verbindung, da mußte ich bei einigen meiner
Gitarren fremde Hilfe holen.
Ansonsten, recht gut beschrieben, unerfahrene Leute sollten wirklich die Finger von diesen
Dingern lassen.
Ich habe übrigens nur eine Archtop über eine Auktion gekauft, Eine kam von Schnepel, Zwei von meinem lokalen Händler (alter Kumpel und EX-Bandkollege),die waren in sehr gutem Zustand, den Rest fand ich auf Flohmärkten. Und da waren schon einige Mängel zu beheben;)
 
Mit der Stimmung habe ich bei meiner Lindberg (1962) auch keine Probleme. Der Hals hat sich verzogen (aber das geht eher auf die Hals-Korpus-Verbindung zurück als auf den Hals selbst, der keinen Halsstab hat), dadurch ist das einzige Problem eigentlich die Saitenlage. Und ich traue mich auch nicht, dickere Saiten als 10er aufzuziehen.... :rolleyes:
Mit Ausnahme von der Saitenlage aber ein sehr geniales Ding. Ich würde trotzdem nicht wirklich zu Vintage-Instrumenten raten, wenn man nicht günstig rankommt - es lohnt sich einfach nicht, da die Wahrscheinlichkeit, dass die mit der Zeit deutliche Schäden abbekommen haben doch relativ groß sind, zumal es insbesondere in jüngerer Zeit auch Entwicklungen in der Gitarrenbauweise gibt.
 
naja, mit den Mechaniken gibts bei keiner meiner Archtops Probleme. Die halten die Stimmung wesentlich besser, als viele der teuer wirkenden Fernostprodukte

Ich führe die von mir beschriebenen Probleme nicht auf die Mechanik zurück - das wäre ja kinderleicht und preisgünstig zu beheben. Ich denke, die Schwierigkeit besteht eher darin, dass die ganze Gitarre von der Saitenspannung überfordert ist - u.U. auch schon bei 10er Saiten, und deshalb während des Spielens das Holz einfach zu sehr arbeitet. Temperaturschwankungen wirken sich ebenfalls wesentlich stärker aus als bei einer "gesunden" Gitarre. Die von euch beschriebenen Mängel in der Befestigung von Hals am Korpus sind sicherlich die Haupt-, aber nicht die alleinige Ursache für dieses Verhalten. Ich glaube, Hals und Decke, einfach alles an so einer alten Gitarre kann unter einer ständigen Instabilität leiden.

Spielt jemand vielleicht eine alte Western, sagen wir, eine aus den Sechzigern oder frühen Siebzigern? Wie benimmt sich solch ein Instrument im Alltag?
 
schon klar:)
ein paar Schäden aus meinem Bestand:
bei meiner Sorella (BJ59) hatte sich die Halteklammer des Saitenhalters aufgebogen.
Die Triumphator de Luxe habe ich ja mit gelöstem Hals erworben, da lösten sich nach dem
Einleimen Teile der Decke ab. War allerdings leicht mit einigen Leimspritzern zu beheben.
Natürlich ziehe ich auf diese Gitarren- wie Jiko- nur dünne Saiten auf,bzw habe sie einen Halbton tiefer gestimmt (Sorella).

zu den Western..klar hab ich da welche;)
Framus Texan: hier hatte sich das Halsende regelrecht in die Halstasche versenkt, d.h. der Hals an sich war gerade, hatte aber zum Korpus hin Schräglage. War auch kein Problem, Framus hat Schraubhälse bevorzugt.
Das gleichen Schwierigkeiten hatte ich natürlich auch bei den" Amateuren"
Meine billigste, eine Triumphator Wandergitarre (Quelle 49.-DM) zeigt keinerlei Ermüdungserscheinungen, das Ding ist sehr robust konstruiert...klar, auf Kosten des Klanges.
Die Hoyer von 1979 zeigt allmählich auch Spuren, Lackrisse hinter dem Steg, hier wird so
langsam die Decke aufgebogen, wird wahrscheinlich mit der Zeit auch ein Reparaturfall.
 
Hi Uschiaurischuum,

ich habe mehrere alte Schätzchen aus den 70ern noch in Gebrauch (mehr oder weniger ;) )

Zum einen auch eine von History schon erwähnte Framus Texan (730-5301), eine 12-saitige Ibanez Concord (647-12) sowie eine Ibanez Concord Maple (670)

Die Framus ist - abgesehen von einem reparierten Riss in der Decke (ein "Freund" spielt mit meiner Framus "Johnny Cash": Gitarre auf dem Rücken und dann nach vorne schleudern, Gurtpin löst sich ... crash!) noch erstaunlich gut bespielbar. Den Hals hatte ich in meiner Bastelleidenschaft mehrmals (u.a. auch zum Transport i.d. Urlaub ;) ) abgenommen und danach immer wieder gut festgeschraubt. Die Decke im Bereich des Stegs ist nahezu einwandfrei (wirklich nur minimal angehoben). Die offenen Tuner verrichten ihre Arbeit ebenfalls immer noch prima. Ich hatte mir sehr früh angewöhnt, bei meinen neuen Instrumenten schon am Anfang ein kleines Tröpfchen Öl auf die Zahnräder der Mechaniken zu geben (sofern es offene waren ;) ). Später wurden die Instrumente teurer und die Mechaniken waren meist geschlossen ...

Bei der 12-saitigen Ibanez sieht die ganze Sache etwas anders aus. Hier hat sich die Decke hinter dem Steg sehr deutlich hochgewölbt (so nach Augenmass fast 1 cm) obwohl ich die Gitarre immer nur mit e-Gitarrensaiten (10er) bespannt hatte. Nun gut, die Gute war damals mit 298,- DM die billigste 12-Saitige, die zu bekommen war. Sie ist aber immer noch bespielbar und der flirrende Flächenklang dieser 12 Saiten ist immer noch wunderschön. Nix für Fingerpicking aber für Akkordstrumming sehr schön.

Die nächst jüngere Akustik ist dann meine Ibanez 670 aus Maple (einschliesslich Maple-Hals!) sie stammt aus dem Jahr 1975 und war damals mit ihrer massiven Decke schon in der Preisklasse von fast 700,- DM (inkl. Koffer). Sie ist von den üblichen Dings und Dongs und abgespielten Bünden abgesehen noch in sehr gutem Zustand und ich spiele sie auch heute immer mal wieder zwischendurch wenn ich keine Lust habe, die Martin aus dem Koffer zu holen, oder wenn ich mal zu einer akustischen Jamsession gehe. Die Decke ist noch einwandfrei, da kann ich kein Verziehen erkennen.

So viel für heute, später vllt mehr :D

Greetz :)
 
Hi Uschiaurischuum,

ich habe mehrere alte Schätzchen aus den 70ern noch in Gebrauch (mehr oder weniger ;)

Die Framus ist - abgesehen von einem reparierten Riss in der Decke (ein "Freund" spielt mit meiner Framus "Johnny Cash": Gitarre auf dem Rücken und dann nach vorne schleudern, Gurtpin löst sich ... crash!) noch erstaunlich gut bespielbar....
Bei der 12-saitigen Ibanez sieht die ganze Sache etwas anders aus....

Die nächst jüngere Akustik ist dann meine Ibanez 670 aus Maple (einschliesslich Maple-Hals!) sie stammt aus dem Jahr 1975 und war damals mit ihrer massiven Decke schon in der Preisklasse von fast 700,- DM (inkl. Koffer)...

Servus Peter!

Aua, diese Johnny Cash Geschichte! Insgesamt hast Du sicherlich den Vorteil, das deine Oldies bei Dir selbst älter geworden sind, und du das somit ein Stück weit unter Kontrolle haben konntest. Meine Tama Dreadnought, Bj ca. 1974, hatte ich einem Straßenmusikern (Schulkollege) geliehen, und der brachte sie mir etwas verspätet wieder, nämlich nach drei oder vier Jahren, er ist mit dem Instrument durch verschiedene Mittelmeerländer gereist. Die Tama war reif fürs Feuer, mein Restaurationsversuch ging mangels Sachkenntnis schief...den Kontakt zum betreffenden Typen habe ich nicht weiter aufrecht gehalten. Deshalb habe ich momentan nichts Älteres als die Laute, Bj. 83, die ist allerdings gut wie am ersten Tag, auch wenn die Decke nicht mehr plan ist. Ach ja, dann gibt es noch ein Framus Banjo, ca. 1973, 6-saitig, also auch eine Art Gitarre. Diese Art von Instrument scheint absolut unverwüstlich zu sein, ich ertrage allerdings diese Art von Klängen schon längere Zeit nur noch höchstens einmal im Jahr!

Grüße, Uschaurischuum
 

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