In der Tat gibt es im Fach Musik in Niedersachsen für die Klassen 7-10 veraltete Lehrpläne aus dem Jahre 1986, womit ja auch etwas über den Stellenwert des Faches im Fächerkanon der Schule ausgesagt ist. Die Kultusbehörde sieht es offensichtlich als nicht nötig an, hier aktiv zu werden.
Das ist aber nicht das zentrale Problem des Musikunterrichts, sondern darin liegt meines Erachtens sogar eine Chance.
HaraldS hat bereits die Rahmenbedingungen genannt, die hier eine Rolle spielen. Ein wichtiges Kriterium will ich noch ergänzen: Musikunterricht muss zensiert werden, d.h. der Musiklehrer trägt per Zeugniszensur dazu bei, ob ein Schüler einen guten oder weniger guten Abschluss bekommt, ob er das Jahr zu wiederholen hat etc... So erklärt sich auch ein Problem, das hier angesprochen wird: Da die Zensurengebung nun mal ein unumstößliches Faktum ist, stellt sich die Frage, wie man denn am besten die Leistung der Schüler bewerten kann. Dabei wird auch abfragbares Wissen, das man relativ leicht messen und beurteilen kann, unterrichtet. Zu Recht kritisierbar ist ein Musikunterricht, der ausschließlich "Geschichtsunterricht" vermittelt und rein lexikalisches Wissen erfragt. Es gab mal eine Zeit in den 70er Jahren, als in der Musikdidaktik die sogenannte "auditive Wahrnehmungserziehung" als Nonplusultra galt. Es hat immer bestimmte Trends in den Zeiten gegeben, auch in der Musikdidaktik, die sich auf schulischen Unterricht auswirken. Nur spielen die eigentlich weniger bei den länger tätigen Lehrern eine Rolle, sondern eher für die Studenten und Referendare, die sich zwangsweise solchen modischen Entwicklungen anpassen müssen, wenn sie denn erfolgreich sein wollen.
Musikunterricht sollte einen hohen praktischen Anteil haben, womit ich nicht nur das Singen meine(was ja selbstverständlich dazugehört), sondern auch das Einbeziehen von Instrumenten. Und hier stößt man häufig schnell an eine Grenze, nicht nur der Lehrer, sondern auch die Schüler, die selbst keinen Instrumentalunterricht genossen haben. Alle wollen, dass es perfekt klingt wie bei der Tonkonserve, weil man ja heute so überfüttert ist mit dem Musikhören und unsere Hörgewohnheiten ja auch in diese Richtung gelenkt sind. Das kann gar nicht funktionieren und ist nach meiner Meinung auch der falsche Weg.
Improvisieren auf Instrumenten, neue, nicht vorgegebene kleine Musikstücke entstehen lassen(auch wenn sie noch so simpel sind), rhythmische Übungen, Spiel mit der Stimme, das alles ausprobieren und dabei auch die Bereitschaft und Fähigkeit der Schüler zu beobachten(und zu bewerten), das sehe ich als wichtige Inhalte des Musikunterrichts an.
Natürlich ist es umso erfreulicher, wenn in einer Klasse Schüler ein Instrument spielen, das kann man immer irgendwie mit einbeziehen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass Schule und Musikschule möglichst eng zusammenarbeiten. Der Musiklehrer an der allgemeinbildenden Schule profitiert ja davon, wenn Schüler in der Klasse sind, die an der Musikschule instrumentale Fähigkeiten erlernen.
Dass auch Vermittlung von Musikwerken auf dem Lehrplan stehen sollte, ist für mich unzweifelhaft. Ich habe nun allerdings eher auf den Bereich der Sekundarstufe 1 abgehoben, weil das mein Gebiet ist, weiß aber auch, dass es ähnlich in der gymnasialen Oberstufe machbar ist.
Die Erwartungshaltung von Schülern an den Musikunterricht ist sehr unterschiedlich und dass im LK Klasse 12 bestimmte Kenntnisse in der Musiktheorie vorausgesetzt werden, ist doch unumgänglich. Hier wird der Schüler nicht nur einfordern können, dass er z.B. Harmonielehre und Komposition(wie unten geschrieben) lernen will, sondern er muss vorher auch etwas dafür tun. Ein Schüler, der nicht weiß, was das Hebelgesetz meint, wird nicht als LK Physik wählen.
Schule kann nur funktionieren, wenn alle Beteiligten sich anstrengen und engagieren, vor allem im Bereich der Oberstufe.