Großes Mischpult im Aufnahmestudio: Sinn & Zweck?

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Ich habe kürzlich dieses Video angeschaut und bin mit einer Reihe von Fragen zurück geblieben, die nicht einfach verschwinden wollen.



Zu meinen Kenntnissen ist relevant, dass ich zwar gerne und weiträumig lese und schaue, dass ich aber keine praktische Erfahrung mit der Musikproduktion und mit Studios habe.

Ich bin sicher, dass es sich die Käufer gut überlegt haben, bevor sie $100.000 für ihr neues Mischpult ausgegeben haben. Meine Fragen sind zwar durch dieses konkrete Beispiel ausgelöst, aber allgemeiner gedacht. Also nicht "warum machen die das so?", sondern "warum würde man das so machen?".

Fragen, die mir in den Sinn gekommen sind:
  • Das Studio ist anscheinend nicht sehr groß, ist das Mischpult da nicht etwas überdimensioniert?
  • Wie gut ist die Technik in so einem Mischpult, verglichen mit teuren Preamps und Wandlern?
  • Wenn (falls!) heute ohnehin an vielen Stellen "Boutique"-Preamps und -Wandler verwendet werden, wozu will man dann überhaupt ein Mischpult mit vielen Eingängen haben, die vermutlich eher unspektakulär (im Sinne von charakteristischem Klang) sind?
  • Wozu überhaupt so viele analoge Ein- und Ausgänge, wie sie ein großes Mischpult hat? Live verstehe ich das, aber im Studio ist mir der Zweck unklar.
  • Angenommen, dass die Aufnahmen ohnehin in einer DAW digital gespeichert und verarbeitet werden, zzgl. analogen Outboard-Inserts. Tut es dann nicht ein reiner Controller, der ja auch mit entsprechend vielen Kanälen möglich ist?
Vielleicht kann mir jemand die Studiowelt erklären.
 
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Hi:hat:

Das Studio ist anscheinend nicht sehr groß, ist das Mischpult da nicht etwas überdimensioniert?
Wie gross das Mischpult sein muss ist eher eine Frage wie gross man die Projekte machen will, als wie gross das Studio ist. Wie ich das erkennen kann ist das ein 32 Kanal Pult mit 8 Bussen. 32 Kanäle sind schnell mal belegt. Für Schlagzeug allein, je nach Mikrofonierung, ist bereits die Hälfte davon belegt.
Wie gut ist die Technik in so einem Mischpult, verglichen mit teuren Preamps und Wandlern?
Das Mischpult hat teure Preamps:D
Wenn (falls!) heute ohnehin an vielen Stellen "Boutique"-Preamps und -Wandler verwendet werden, wozu will man dann überhaupt ein Mischpult mit vielen Eingängen haben, die vermutlich eher unspektakulär (im Sinne von charakteristischem Klang) sind?
Das ist dann halt Geschmacksache. Will man "Charakter", nimmt man externe Preamps. Das möchte man aber oft nicht. Schön ist ja, dass wenn man sich so ein Pult leisten kann, man sich zusätzlich auch noch weiteres Equipment leisten kann, und dann die Wahl hat;)
Wozu überhaupt so viele analoge Ein- und Ausgänge, wie sie ein großes Mischpult hat? Live verstehe ich das, aber im Studio ist mir der Zweck unklar.
Da ist das Mischpult tatsächlich noch zum Mischen gedacht, nicht nur als Eingang. Zudem kommt es im Studio auch mal vor, dass die ganze Band gleichzeitig einspielt.
Angenommen, dass die Aufnahmen ohnehin in einer DAW digital gespeichert und verarbeitet werden, zzgl. analogen Outboard-Inserts. Tut es dann nicht ein reiner Controller, der ja auch mit entsprechend vielen Kanälen möglich ist?
Jain. Ein Controller steuert nur die DAW. Gemischt wird DAW intern, digital. Das Mischpult hingegen kann DAW unabhängig Mischen. Es verarbeitet einfach, was an den Kanälen analog anliegt. Ob es von einer analogen Bandmaschine oder einer DAW gespeist wird, ist dem Mischpult egal. Analog arbeiten ist was feines, wenn denn das Equipment top ist. Klanglich als auch haptisch. Einer der grössten Vorteile: Ein analoges Pult ist absolut Latenzfrei, da kann keine DAW mithalten.

Zum Preis.
100'000.- für ein Mischpult klingt nach viel. Naja, als Hobbymusiker verständlich wenn man das so sieht. Als Profi ist das ein Arbeitstier, womit man Geld verdient. Dann sind 100k plötzlich nicht mehr viel. (Ich bin einfacher CNC-Mechaniker. "Meine" Fräsmaschine an der ich normalerweise arbeite, kostet rund 450'000.-, und das ist noch nichts Wahnsinniges. Das ist auch einfach nur ein professionelles Arbeitstier. Die Produkte die darauf hergestellt werden, sind für den Kunden so teuer, dass die Maschine nach ca 4 Jahren amortisiert sein muss.) Selbst ein Pizzakurier, hat normalerweise ein Auto, was rund 20k kostet und ein professioneller Pizzaofen kostet gleich nochmal 20k. :D
 
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... Und ich hatte bereits in den 90er-Jahren ein 48-Kanal Mischpult (Inline), also scheinbar noch "größer", welches von den Kanälen her komplett belegt war. Es waren noch zwei Blindplatten vorhanden, die ich mit weiteren 8 Kanälen modular hätte ergänzen können (und wollen), aber wenn der Brotjob ruft, muss das Hobby zurückstehen. Angeschlossen waren im Übrigen ein Haufen Keyboards und Expander sowie Effektgeräte. Ach ja, war das schön... :rolleyes:

Wie`s aussieht, handelt es sich bei dem von Dir angeführten Modell um ein Audient ASP8024HE, also eine Konsole, mit der man in Layern arbeitet. Es sieht also nur so aus, als seien es 24 Kanäle, aber das sind eben nur Regler/Fader, die sich auf verschiedene Ebenen routen lassen (so wie ich das verstanden habe). Unterm Strich kann man damit wohl bis 152 Inputs belegen (und auch regeln), also doch schon eine ganze Menge.

Meine Kiste habe ich übrigens auch von 4 (!) Leuten in meine Wohnung schleppen lassen. Allerdings in den 2. Stock und nicht ebenerdig. Danach waren sie völlig groggy. :evil: Um das Ding zu verkabeln - nur stecken und Verbindung/Funktion prüfen, kein Löten - brauchte ich einen ganzen Tag.
 
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Wenn man am Anfang des Videos aufmerksam hinsieht, dann steht da eine analoge 24 Spur Mascine rum. Will man die verwenden so sehe ich ein analoges Pult schon fast zwingend. Abgesehen gibt das Teil optisch doch einiges her oder? So ein Bildschirmarbeitsplatz mit einer DAW ist bei weitem nicht so sexy wie ein fettes analoges Pult. Undschsut man sich mal auf einschlägigen Websites um (z.B https://cmlstudioused.cmlshop.de/index.html) dann bekommt man so etwas gebraucht schon fast für kleines Geld.
Eine analoge Oberfläche hat aber auch so ihre Vorteile. (Und das sagt einer der jetzt schon gut 20 Jahre mit digitalen Pulten arbeitet). Man ist irgendwie schneller am Punkt und verzettelt sich nicht in der Auswahl und Bedienung des „richtigen“ Plugins. Man sollte auch mal darüber nachdenken dass großartige Alben wie Sgt. Peppers.., Songs in the keys of Live, Thriller usw. allesamt auf solchen Schlachtschiffen gemischt wurden. Und deren Sound ist jetzt auch nicht als amateurhaft einzustufen;-)
 
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Die großen Studiopulte liefern schon jede Menge guter Eingangsstufen, bieten mit Total-Recall ähnlichen Speicherkomfort wie ein DAW-Controller. Nicht jede*r braucht das. Vor allem zu Hause, aber in großen Musikstudios, wo auch viele Kanäle gleichzeitig aufgenommen werden und danach gemischt werden, macht ein solches Pult immer noch Sinn
 
Danke soweit für die aufschlussreichen Antworten.
 
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Wie gross das Mischpult sein muss ist eher eine Frage wie gross man die Projekte machen will, als wie gross das Studio ist.

Und, wie sehr man unwissende/irrationale Kunden beeindrucken will. So ein Tisch macht mehr her als ein PC-Arbeitsplatz, auch wenn man mit letzterem erheblich mehr anstellen kann. Das Auge "zahlt mit" (Studiomiete). Ich kenne einige Studios die lange Zeit solche Tische nur noch der Optik halber hatten, weils die Kunden erwarten bzw. goutieren...
 
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Moin!

bevor sie $100.000 für ihr neues Mischpult ausgegeben haben.

Das hört sich für die meisten erstmal nach viel an, aber das ist für große oder professionelle Studios nix, kauf mal ein Neve88R oder eine SSL Console oder was von API, da hast du den Gegenwert einer kleinen Villa samt Grundstück. :D
Aber das kaufen sich diese Studios auch nur einmal und arbeiten darauf Jahrzehnte lang.
Über die Vorteile solcher Tische und deren Sinn haben die anderen schon geschrieben.

Greets Wolle
 

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