Autotune vs. Realität

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Bei Filmen/Serien ist erlaubt was möglich, gibt aber immer noch Theater, es gibt Foto (Bearbeitung, Composing, ...) dennoch werden immer noch Bilder gemalt, es gibt 3D Drucker und es wird immer noch bildgehauert. Der Musik (dem Gesang) darf man das ruhig auch zugestehen. Ein Trend (Mode) kommt oft sehr schnell, vergeht aber auch wieder schnell (die Instrumente bleiben).
Deine Beispiele lassen aber eher vermuten, dass Gesang ohne Tonhöhenbearbeitung ncoh weiter zur Nische werden wird, als er jetzt schon ist. Klar gibt es Theater, Malerei und Bildhauerei immer noch, aber sie sind eben wirklich zu Nischen geworden. Nicht eliminiert, aber eben doch verdrängt.
 
Künstler machen Kunst, aber sie bestimmen nicht darüber was gefällt oder ob es gefallen darf. Werbung, Mode, Wiederholung, Gewohnheit sind dafür gedacht. Am Markt ist (aus meiner Sicht) kein Platz für Kunst, der Markt benutzt Kunst (engl. to abuse), aber die Kunst nie den Markt. Womit wir rund um die Uhr beschallt werden bestimmt der Markt nicht die Kunst.

Kunst braucht Zeit, Zeit für Menschen die Nischen zu entdecken, die Perspektive (der Kunst) zu erschließen, die Sprache zu lernen. Verbesserter "Markt", besseres Marketing bringt nur marktgerechtere "Kunst". Künstler und Kunst brauchen Zeit und Freiheit um zu "überdauern", nehmen oft vorweg was später (nach dem ein oder anderen Knall) erst sich dem Publikum erschließt.

Dennoch meine ich, Instrumente (Werkzeuge) an sich sind Möglichkeiten die Ausdrucksformen zu erweitern, (neue) Möglickeiten um Ideen umzusetzen, was raus muss muss raus (egal auf wie). Gebt dem Markt was des Marktes ist, aber kümmert auch um eure Kunst.

Lassen wir Ketchup weg, braucht es lange Zeit bis wir ein gutes Schnitzel zu schmecken wissen, dann will ich kein Ketchup mehr (aber auch kein grausliges Schnitzel).
 
Deine Beispiele lassen aber eher vermuten, dass Gesang ohne Tonhöhenbearbeitung ncoh weiter zur Nische werden wird, als er jetzt schon ist. Klar gibt es Theater, Malerei und Bildhauerei immer noch, aber sie sind eben wirklich zu Nischen geworden. Nicht eliminiert, aber eben doch verdrängt.

Ich habe das immer schon so empfunden, auch bevor es Autotune gab. Du wirst in einem Jazz- oder Folkclub auch weiterhin keine PC vorfinden, während es auf dem Popmarkt nicht mehr ohne geht. Ersteres hat immer schon nur ein kleines Nischenpublikum angezogen, bei letzterem handelt es sich um einen Markt, der Produkte entwirft, die einem möglichst großen Konsumentenkreis verkauft werden sollen. Und wenn die Hörgewohnheiten der breiten Masse nach extrem bearbeiteten Stimmen verlangen, dann wird das Produkt eben entsprechend angepasst.
Dass die Stimmen an sich auch immer gleichförmiger klingen, ist mir bei den Popsängern auch schon aufgefallen. Ist aber auch kein Wunder, wenn sie alle durch die selbe akademische Mangel gedreht werden. Dann klingt eben alles nach Highbelt hier, Overdrive da und dort noch ein bisschen Curbing. Jetzt fehlt nur noch die Bearbeitung. Fertig ist das Produkt, es unterscheidet sich kaum von den Vorgänger- und Nachfolgeprodukten und das soll es ja auch gar nicht.
Außergewöhnliche Stimmen mit Ecken, Kanten und gern auch "Fehlern" (die heute sofort ausgemerzt oder abtrainiert werden müssten) werden tatsächlich seltener. Ein David Bowie hätte heute vielleicht keine Chance mehr auf dem Popmarkt.
 
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... Ein David Bowie hätte heute vielleicht keine Chance mehr auf dem Popmarkt.
doch, hätte er ganz sicher... ;)
War ein mittelpächtiger Folk-Rock Sänger, bevor er mit Space Oddity die Gunst der Stunde nutzte.
Das wurde entsprechend produziert und vermarktet, mit Video und allem drum und dran.
Im Anschluss wurde die Kunstfigur Ziggy Stardust erfunden und mit provozierenden Bühnenshows getourt. Für die Zeit damals die volle Marketing Breitseite...
Gesang hat kaum eine Rolle gespielt, aber dafür spielte Mr. Jones seine Rolle um so überzeugender.

Jahrzehnte später hat Dr. Dre etwas ähnliches mit Marshall Mathers vorgemacht, dem als Slim Shady eine komplett neue Stimme verpasst wude und der als Eminem zum ganz grossen Abräumer wurde.
Ist eigentlich immer dasselbe Spiel... :D
 
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doch, hätte er ganz sicher... ;)

Nein... glaube ich wirklich nicht. Er wäre bei jeder Castingshow durchgefallen.
Und seine Alter Egos hat er selber kreiert. Das macht den Unterschied zu den heutigen Produkten der Popbranche, zumindest was den Radio-Mainstream betrifft.
 
Ich lass' das mal so stehen... als Radio-Nichtbesitzer :D
 
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Radio-Nichtbesitzer :D

Jessas, das bringt mir die haarsträubende Tatsache in Erinnerung, dass ich bald mal wieder Ö3 und dergleichen hören muss!! Ich habe Silvester einen ziemlich lukrativen gig, und die Kohle brauche ich unbedingt... natürlich wünscht das tanzfreudige Publikum neben Klassikern auch aktuelle Top40-Songs. Ich hab eigentlich keine Ahnung, was gerade Top40 ist, und ob ich das ohne Autotune hinkriege.
 
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Naja, Kammerton A1 = 440 Hz

A₄ = 440 Hz (oder vielleicht a′ im Deutschen noch).

Z.Zt. laufen auch wieder Debatten darüber tiefer (unter 440 Hz = A1) zu stimmen.

Ich bin immer noch für C₄ = 256 Hz (2⁸)… schon Verdi fand das toll, und die in Sopranlage Singenden entlastet es auch etwas, gerade bei älterer Literatur.

Aber mal wieder näher ans Thema zurück: ich habe gelesen, daß unbegleitete Chöre halbautomatisch die Intervalle „reiner“ machen, also instinktiv die 2 Cent dazugeben oder wegnehmen (mit nur durch z.B. Geigen, die das ja auch fließend könnᵗen, begleitet vielleicht auch). Also da geht man wieder von der gleichstufigen Intonation weg. Wenn was mitklimpert, das nicht im laufenden Betrieb umgestimmt werden kann, ist der Effekt natürlich wieder weg.
 
Im Rap wird viel kopiert, aber da zeigen die Vorreiter ja den kreativen Einsatz als Effekt. Das hat zwar mit Singen nicht so viel zu tun, aber mit Musikmachen. Und das ist immer gut.

Zwei Artists die da in der letzten Dekade unter anderem stilprägend waren (und auch noch sind), sind Future und Young Thug.
Der Ansatz "Rap mit Autotune" hatte auf jeden Fall massiven Einfluss bis in die komplette Popwelt...



Kam vor kurzem raus. Credits müssten eigentlich andersherum sein... lil yachty hat nur einen Verse.
Der Rest ist Future... der ist immer für Überraschungen gut. Dann flötet er halt zwischendurch mal... wieso nicht.


und schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat folgender Song:





Bei den Künstlern kann halt kein Mensch sagen, dass das glattgebügelt sei.
Wenn die Musik langweilig ist, dann liegts am Ende wohl eher weniger an den Instrumenten und der Technik, sondern an den Leuten die sie spielen/bedienen.

Autotune kann auf jeden Fall ein großartiges Instrument sein und falls man vor hat jenes einzusetzen, ist es auch sehr empfehlenswert damit direkt aufzunehmen. Die Menschen am Mikro werden auf jeden Fall direkt lockerer und experimentierfreudiger, wenn sie keine Angst mehr vor schiefen Tönen zu haben brauchen.

Der Kreativität sind ja keine Grenzen gesetzt und wenn Musik am Ende klingt wie Mark Forster, dann ist da auf jeden Fall etwas mehr schief gelaufen (so ziemlich alles), als dass man mit Pitchcorrection der Musik die Seele genommen hätte.

Ich hab z.b. mal jemanden aufgenommen, wo wir vorsätzlich die interne Logic Pitchcorrection genommen haben, statt den "Klassiker" von Antares. Das Plugin von Logic klingt richtig ranzig ansich, aber das passte eben zu dem Song deutlich besser.

In meinen Augen ist aber grad eine Phase wo viele Produzenten und Engineers ein wenig festgefahren sind. Ich schätze das mag auch daran liegen, dass etwas die Budgets/Zeit fehlen.
Es releasen viele Künstler mehr und schneller als noch vor 20+ Jahren.
Da bleibt dann wohl oft einfach nicht die Zeit sich zu überlegen und auszuprobieren, ob es nicht für die Bridge von Song XY voll super sein könnte, wenn man sein altes Iphone3 mit kaputtem Display nochmal aus der Schublade holt und damit die Bridge in der Badewanne liegend recorded... (vielleicht jetz nicht die aller beste Idee... aber solche Dinge eben)


Ich würde btw niemandem "roughe" Aufnahmen zeigen, wenn sie schon mit Effekten und Autotune aufgenommen wurden. Natürlich klingt das dann jämmerlich wenn man alles ausstellt... aber es war dann auch nie dafür gedacht in "raw" gut zu klingen.
Grade bei Autotune muss man ein Gespür dafür entwickeln, wie man teils auch die Noten zieht und manchmal absichtlich etwas daneben singt damit das Plugin so reagiert, dass es einen guten Effekt gibt.

Niemand wäre auf die Idee gekommen Slayer zu sagen, dass sie ihre Gitarrensoli erstmal auf einer Agitarre alleinstehend perfekt spielen müssen, bevor man sie dann mit selbiger Agitarre aufnimmt... und alles an Verzerrung und Effekten nachträglich hinzufügt.
Dinge müssen in dem Kontext funktionieren für den sie gedacht sind... alles andere ist irrelevant.


Und zu dem Artikel im Startpost sollte man vielleicht noch erwähnen, dass hier manche wohl ein falsches Bild durch jene Videos bekommen.
Die Videos bei Genius sind vordergründig dafür da um die Lyrics von "Hits" oder bekannteren Songs zu präsentieren... nicht um die Songs acapella zu performen.
Es gibt da viele verschiedene Varianten wie die Künstler das machen... mal rezitieren sie ihre Lyrics auch einfach eher als Gedicht. Die Orginalen Videos sind auch meistens aufgeteilt in jeweils 4-8 Zeilen und dann erzählen die Artists was sie sich dabei gedacht haben.
Es gibt auch durchaus sehr sehenswerte Versionen davon:

z.b. sie hier:



live klingt sie so:



und die Studioversion so:



Sie ist aber auch eine "selfmade" Musikerin. Schreibt und produziert alles selber usw usf... grad in Deutschland ist es so langweilig das Radio anzumachen, weil viele Songs von den gleichen Leuten geschrieben und produziert werden. Die treffen sich in Camps und schreiben da die Lyrics und Songs für eben so Leute wie den genannten Mark Forster und seine ganzen Artgenossen... normal dass es da an Seele fehlt, wenn Künstler alles aufnahmefertig erhalten und nur noch recorden.
 
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@monsy bin ne faule Sau, danke Dir! Das musste nämlich mal einer schreiben.
 
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Gestern hörte ich "Believe" von Cher im Radio, das war (1998) der erste Mainstream Pop-Song, der durch den Einsatz von Autotune auffiel, was damals stark polarisierte.

Ich mochte es damals schon nicht, beim neuerlichen, im Hinblick auf die Autotune-Verwendung bewussten Hören musste ich dann mit Erschrecken feststellen, dass mir der Effekt kaum noch auffiel - so sehr bin auch ich offenbar schon durch den inflationären Einsatz des Effekts in der zeitgenössischen Pop-Musik konditioniert ...

Dabei finde ich es als Mittel zur Korrektur durchaus ok - wenn das unauffällig gemacht ist, warum nicht. Ich mag aber als hörbaren Effekt/Stilmittel überhaupt nicht und hoffe, der (nächste) Zeitgeist heilt diese Wunde ... Ich kann es einfach ums Verrecken nicht mehr hören. Wieviele Jahrte soll der (erneute ...) Trend denn noch anhalten?

Was mir auch zu Denken gibt: Es gibt Untersuchungen, dass mit "Convinience Food" sozialisierte Kinder gar nicht mehr wissen, wie frisches Gemüse schmeckt: Die bekannte Tütensuppe wird als "aus echten Tomaten" identifiziert, die aus frischen Tomaten schmeckt dann "künstlich" oder wird als "schmeckt nach nix" abgelehnt.

Ob es einen ählichen Effekt auch in der Musik geben mag? Dass sich z.B. die Kids irritiert die Nackenhaare aufstellen, wenn sie in einer Livesituation eine objektiv betrachtet technisch sehr gute Gesangsstimme hören, die aber eben nicht aufgepimpt wird und entsprechend nicht wie aus der Streaming-Konserve?
 
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Ob es einen ählichen Effekt auch in der Musik geben mag?
gab's hier schon 2013... da hat jemand das Vista Chino Album 'Peace' kommentiert mit: ... aber was ist das für ein shice Sound ???
War eine voll analoge Stoner Produktion :D
 
Ob es einen ählichen Effekt auch in der Musik geben mag? Dass sich z.B. die Kids irritiert die Nackenhaare aufstellen, wenn sie in einer Livesituation eine objektiv betrachtet technisch sehr gute Gesangsstimme hören, die aber eben nicht aufgepimpt wird und entsprechend nicht wie aus der Streaming-Konserve?

Das kann ich verneinen. Ich hab noch nie einen Menschen - weder jung noch alt - gesehen, der oder die sich einer echten Performance entziehen kann, wenn es mit 100% Leidenschaft vorgetragen ist (selbst wenn man mit dem Stil überhaupt nichts zu tun hat).
Ich glaub das wird sich auch niemals ändern... wenn etwas grooved und feuer hat, dann ist es zeitlos und universell.

Ich kenn den Effekt aber auch, dass ich den Einsatz von Autotune manchmal gar nicht mehr bewusst wahrnehme... selbst wenn ich Sachen gemischt habe inkl. Autotune, weiß ich nach einer Zeit ab und an selber nicht mehr, ob es dort zum Einsatz gekommen ist. Find das - wie oben auch schon indirekt gesagt - aber auch mehr oder weniger völlig egal welche Technik zum Einsatz gekommen ist.

Von Lady Gaga war ja hier im Thread auch schon die Rede und sie ist son Beispiel, wo ich es aus künstlerischer Sicht kaum nachvollziehen kann was sie sich bei ihrer letzten Single gedacht hat.

diese:


Die beiden Ladies hüpfen relativ uninspiriert herum zu dem langweiligsten Song den ich mir vorstellen könnte... sowohl soundmäßig, als auch musikalisch... 110mio Klicks auf dem Video sprechen erfolgstechnisch (= $$$) natürlich eine eindeutige Sprache, aber sowohl Ariana Grande als auch Gaga dürften ja kaum am Hungertuch nagen.

Bei Gaga denk ich immer an dieses Video:


Inzwischen ist das Video 11 Jahre alt, aber in diesen 11 Jahren hab ich es mir immer und immer wieder angeschaut, weil es einfach eine sweete Performance ist.
Führt wieder zu dem was @Kasper666 fragte... würde sie das heute irgendwo so spielen, kann ich mir kaum vorstellen, dass irgendnen Kid sagen würde "Was soll die scheiße? Bei dem Song mit Ariana klang sie viel besser"
 
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... würde sie das heute irgendwo so spielen, kann ich mir kaum vorstellen, dass irgendnen Kid sagen würde "Was soll die scheiße? Bei dem Song mit Ariana klang sie viel besser"

Ich kann mir das sehr gut vorstellen ;-) Weil eben die (sehr zahlreichen Mainstream-)Kids anders musikalisch sozialisiert sind als Du und ich.

Aus der Diskussion mit Metal-Musikern, die lediglich 8-10 Jahre jünger sind als ich weiß ich, dass die z.B. Slayers "Rain in Blood" oder "Seasons in the Abyss" als "rumpelig" empfinden: Das Tempo sei schwankend, die Bassdrum undefiniert, Lombardo trommle unpräzise, King und Hanneman spielten überhaupt nicht auf den Punkt zusammen - dabei setzten Slayer zu ihrer Zeit gerade in diesen Punkten Maßstäben. Aber klar - wenn man solche Aufnahmen mit aktuellen Produktionen vergleicht, wo die alles quantisiert wird oder die Drums von vorne herein programmiert werden, die Gitarren so oft gedoppelt werden, dass Du keine Abweichungen im Anschlag mehr raushören kannst, dann lassen sich diese "Vorwürfe" durchaus nachvollziehen. Insofern denke ich schon, dass eine entscheidende Rolle spielt, was der Konsument gewohnt ist.

Ich überlegte, ob ich Dir bzgl. des Kontexts "live" zustimmen kann - und würde das auch teilweise. Andererseits: Was ist Madonna letztes Jahr für ihren ESC-Auftritt gedisst worden, weil vielleicht der Monitor-Mix nicht gut war und sie bei ein paar Tönen daneben lag - da zeigt sich für mich schon auch, dass das von Mainstream-Entertainment erzogene Publikum bzgl. der zu erwartenden Perfektion andere Maßstäbe an einen Künstler stellt, als jemand, der gewohnt ist, dass sich selbst ein Clapton oder Gilmour mal verspielt, Jimmy Page sowieso ...

Du siehst doch auch in den Casting-Shows, wie echt talentierte SängerInnen mit "objektiven Argumenten" ausgesiebt werden, weil sie bei einem Ton daneben lagen (in Wirklichkeit aber wohl einfach nicht dem Schönheitsideal der Jury/Industrie entsprechen). Ich finde schon, das so etwas bei jungen Menschen ganz falsche Vorstellungen davon weckt, was Musik eigentlich ausmachen sollte - und entsprechend prägt.

Noch zu Lady Gaga:

Ich hatte just "A Star Is Born" gesehen und auch wenn der dortige "Americana"-Sound ebenso wenig mein Ding ist, so zeigt die Geschichte ja den von der Industrie/Management forcierten Wandel einer talentierten Songwriterin zu einer massentauglich vermarktbaren Hupfdohle - ich hatte mich gefragt, ob die Identifikation mit dieser Rolle (von der sie in Interviews zum Film noch sprach) einen Impact auf Lady Gagas Selbstverständnis als "Musikern vs. Konsumprodukt" haben würde - das von Dir verlinkte Video der aktuellen Single scheint die Frage zu beantworten ... Vielleicht ist der Reiz von Geld und Befriedigung der eigenen Eitelkeit durch Abermillionen Klicks und Likes einfach doch zu groß.
 
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Das ist eben schon next Level. Eine solche Rolle mit offensichtlichem Identifikationspotential spielen und dann auf diese Weise klarzustellen, dass man mit der Rolle doch nichts gemein hat. Ich habe bei Lady Gaga aufgrund solcher Machwerke immer gedacht, die könne nix, bis ich dann irgendwannmal auf Aufnahmen wie die oben verlinkte gestossen bin, wo sie alleine am Klavier sitzt. Millionen Fliegen irren.
 
Ich habe bei Lady Gaga aufgrund solcher Machwerke immer gedacht, die könne nix, bis ich dann irgendwannmal auf Aufnahmen wie die oben verlinkte gestossen bin, wo sie alleine am Klavier sitzt. Millionen Fliegen irren.

Sie ist eine fantastische Musikerin, und gesanglich so gut, dass sie den Autotune-Firlefanz gar nicht braucht, aber wenn es ihr in einer Produktion gefällt, warum nicht - wie du schon schreibst, in der Liga hat man alle Freiheiten.

 
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Das ist eben schon next Level. Eine solche Rolle mit offensichtlichem Identifikationspotential spielen und dann auf diese Weise klarzustellen, dass man mit der Rolle doch nichts gemein hat. Ich habe bei Lady Gaga aufgrund solcher Machwerke immer gedacht, die könne nix, bis ich dann irgendwannmal auf Aufnahmen wie die oben verlinkte gestossen bin, wo sie alleine am Klavier sitzt. Millionen Fliegen irren.
...ich bin auch positiv überrascht, "ihre/ihr Musik/Stil" gibt mir allerdings trotzdem nix.

Gruß
SlapBummPop
 
Aus der Diskussion mit Metal-Musikern, die lediglich 8-10 Jahre jünger sind als ich weiß ich, dass die z.B. Slayers "Rain in Blood" oder "Seasons in the Abyss" als "rumpelig" empfinden: Das Tempo sei schwankend, die Bassdrum undefiniert, Lombardo trommle unpräzise, King und Hanneman spielten überhaupt nicht auf den Punkt zusammen - dabei setzten Slayer zu ihrer Zeit gerade in diesen Punkten Maßstäben. Aber klar - wenn man solche Aufnahmen mit aktuellen Produktionen vergleicht, wo die alles quantisiert wird oder die Drums von vorne herein programmiert werden, die Gitarren so oft gedoppelt werden, dass Du keine Abweichungen im Anschlag mehr raushören kannst, dann lassen sich diese "Vorwürfe" durchaus nachvollziehen. Insofern denke ich schon, dass eine entscheidende Rolle spielt, was der Konsument gewohnt ist.
Metal nimmt für mich da aber ein bisschen eine Spezialrolle an, da der Sound generell sehr uniform ist. Als ich angefangen hab Metal zu hören in den 90ern war für mich tatsächlich auch so Reign in Blood, Master of Puppets, Extreme Aggression etc die Trennline. Alben davor, also von Anfang der 80er haben mir soundtechnisch einfach missfallen... das galt aber irgendwie auch nur für Metal (und witzigerweise bis heute... ich hab nach wie vor kein Bedürfnis das aufzuholen).
Ich seh die Besonderheit des Genres darin, dass die Produktion der meisten Alben im Normalfall ziemlich schlicht ist. Es gibt da meistens einen Mix von einem Stapel an Songs die alle gleich aufgenommen sind... dazu gibt es meist einen gewissen Industriestandardsound, der sich höchstens vll alle 10-20 Jahre grundlegend verändert (Wendepunkte sind z.b das Aufkommen der PCs im Recordingprozess und nochmal später das Aufkommen von gewisser Software [ampsims, drumsampler etc]).
Von dem Standpunkt aus gewöhnt sich das Ohr natürlich extrem an einen gewissen Einheitssound. Ob man eine "echte" Performance zu schätzen weiß ist für mich aber auch eine Frage der Situation... höre ich eine Aufzeichnung oder bin ich körperlich anwesend.
Ich würde ja fast wetten, dass deine "reign in blood ist mir zu humpelig"-Musikerkollegen den Mund nicht wieder zubekommen würden, wenn man sie bei den Aufnahmen von Reign in Blood mal 5 Minuten neben Dave Lombardo stellen würde.


Andererseits: Was ist Madonna letztes Jahr für ihren ESC-Auftritt gedisst worden, weil vielleicht der Monitor-Mix nicht gut war und sie bei ein paar Tönen daneben lag - da zeigt sich für mich schon auch, dass das von Mainstream-Entertainment erzogene Publikum bzgl. der zu erwartenden Perfektion andere Maßstäbe an einen Künstler stellt, als jemand, der gewohnt ist, dass sich selbst ein Clapton oder Gilmour mal verspielt, Jimmy Page sowieso ...

Bei Madonna seh ich das Problem eher, dass ihre Musik eigentlich nie davon lebte, dass sie eine gute Sängerin ist... dazu war die Performance wirklich sehr schlecht. Fehler passiern, aber das war ja ein Komplettausfall. Den Auftritt hätte man vor 40 Jahren genau so gurkig gefunden wie heute oder in 20 Jahren.
(edit: madonna und quavo sind aber auch irgendwie ne ulkige konstellation... find ich ich gut :D )

Du siehst doch auch in den Casting-Shows, wie echt talentierte SängerInnen mit "objektiven Argumenten" ausgesiebt werden, weil sie bei einem Ton daneben lagen (in Wirklichkeit aber wohl einfach nicht dem Schönheitsideal der Jury/Industrie entsprechen). Ich finde schon, das so etwas bei jungen Menschen ganz falsche Vorstellungen davon weckt, was Musik eigentlich ausmachen sollte - und entsprechend prägt.
Es gehört ja auch durchaus mehr dazu als nur singen zu können, wenn man als Leadartist interessant sein soll... ich seh aber deinen Punkt, dass da teilweise die Vorstellungen teils doch sehr eng gestrickt sind und fadenscheinig ausgesucht wird.

Die Verwunderung über die "wirklichen" Fähigkeiten von Lady Gaga wurd ja hier nun auch mehrfach geäußert.

Man ist es einfach von Popstars ala Britney Spears, Jennifer Lopez, Enrique Iglesias etc gewohnt, dass diese Menschen nur als "Gesamtkunstwerk" inkl. Songs, Image, Tanz, Videos etc funktionieren und sich da niemand durch außergewöhnliche musikalische Fähigkeiten hervortut.

Von Lady Gaga würd ich mir jederzeit ein unplugged konzert angucken... von britney spears? muss nicht.

(Meine Beispiele sind vll alle etwas aus der Zeit gefallen :D stellt euch einfach vor ich hätte den Beitrag 15 Jahre eher geschrieben :D )
 
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Ich verwende sowas natürlich nicht, wenn ich für mich ganz privat, aufnahme. Ich übe einfach so lange bis es einigermaßen gut klingt.
Ja üben hilft.

Mir ist schon klar daß dieses Vorgehen (einfach üben) bei diesen Leuten, die sowas verwenden, nicht in Frage kommt, da zählt ja schließlich zwecks besserer Vermarktbarkeit nur die Uniformität (alle Stimmen hören sich fast gleich an) und die show, die man live macht.

Ich möchte aber darauf hinweisen daß dieses Ergebnis dieser Technik in meinen Augen armselig ist, weil eben so was Uniformes dabei raus kommt. Und weil die, die eigentlich absolut nichts drauf haben gesangsmäßig, auch nichts können müssen, schließlich macht es ja die Technik hinterher ...
 
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Bei Madonna seh ich das Problem eher, dass ihre Musik eigentlich nie davon lebte, dass sie eine gute Sängerin ist...

Ich denke, Madonnas Erfolg hängt schon mit ihrer Stimme zusammen - aber natürlich nicht mit ihren technischen Fähigkeiten, sondern mit deren Wiedererkennbarkeit. Madonna erkannte/erkennt man halt sofort (naja, gut ... ironischerweise hielt ich Lady Gagas "Pokerface" zuerst für eine neue Madonna-Single, bzw. Kollaboration, dermaßen Madonna-like klingt der Refrain, gerade auch von der Melodie her).

Das führt zu der Frage, was eine gute Sängerin/guten Sänger ausmacht. In der Unterhaltungsmusik (Pop, Rock) sind objektiv bewertbare technischen Fähigkeiten, die über Basics wie Intonation und Tempo hinausgehen, meiner Meinung nach nachrangig. Mir sind da Eigenständigkeit/Originalität, Kreativität, Wiedererkennbarkeit viel wichtiger. Aber genau hier hat eine Verschiebung stattgefunden: Castingshows vermitteln den Eindruck, dass ein "Star" zwar idealerweise olympische Höchstleistungen bzgl. der Technik bringen muss, eigene stimmliche Identität oder eigene Kreativität wiederum spielen keine Rolle. Im Ergebnis klingen die "jungen Talente", die sich dort durchsetzen, dann halt alle wie Klone dieses "sexy Pressgesangs" á la Sia, Rihanna, Demi Lovato, Ariana Grande, Camila Cabello und wie sie noch alle heißen. Das ist halt das, von dem die Industrie vermutet, dass es sich aktuell verkaufen lässt. Und der exzessive Einsatz von Autotune kommt dann als Gleichmacher noch on top.

Alle meine LieblingssängerInnen aus 5 Dekaden Pop/Rock wiederum haben gemeinsam, dass sie technisch wohl eher eingeschränkt sind - aber sie haben direkt identifizierbare Stimmen. Vermutlich ist das sogar eine direkte Folge ihrer "Einschränkungen". Man beschränkt sich auf das, was man kann und daraus entsteht dann etwas eigenes. (Ich halte das auch für übertragbar auf Instrumentalisten; Musiker, die "alles spielen können", haben selten einen eigenen Stil entwickeln können)

Madonnas Stimme - um bei dem Beispiel zu bleiben - hat Wiedererkennunsgwert und ich würde auch sagen, dass es typische Madonna-Melodien gibt, anhand derer man sie direkt erkennt - wobei dieser "Stil" möglicherweise auch Folge eines begrenzten Stimmumfangs ist? Mal davon abgesehen, dass Madonna ab Mitte der 80er massig Geld für Gesangs- und Tanztraining ausgegeben haben dürfte... Aber sie hat (dennoch) ihren Stil gefunden/bewahrt.

Was mir halt auf die Nüsse geht, ist, dass der Radio-Pop zur Zeit einfach so gleichförmig ist. Und daran hat Auto-Tune sicher einen Anteil. Eigentlich mag ich Pop-Musik, sogar sehr, wenn sie gut gemacht ist. Es gab auch mal Zeiten, wo Pop-Musik mutig war und Mainstream-Appeal und einen "Anspruch" unter einen Hut brachte. Davon hört man seit Jahren halt gar nichts mehr, zumindest nicht in Radio.

Insofern wäre es falsch, Autotune per se zu verteufeln, aber es steht halt schon symptomatisch für eine - aktuell anhaltende - Entwicklung in der Popmusik hin zu Uniformität und Beliebigkeit.


PS:

Metal nimmt für mich da aber ein bisschen eine Spezialrolle an, da der Sound generell sehr uniform ist. Als ich angefangen hab Metal zu hören in den 90ern war für mich tatsächlich auch so Reign in Blood, Master of Puppets, Extreme Aggression etc die Trennline. Alben davor, also von Anfang der 80er haben mir soundtechnisch einfach missfallen... das galt aber irgendwie auch nur für Metal (und witzigerweise bis heute... ich hab nach wie vor kein Bedürfnis das aufzuholen).
Exakt so war das bei mir ... Ich respektiere Maiden oder Priest, aber erst die aggressivere, "entschlackte" Herangehensweise des Thrash war es, die mich zum "Metaller" machte. Ich kann auch bis heute nix mit den Screams im klassischen Metal oder auch diesem LA-Poser-Zeug anfangen...

Ich seh die Besonderheit des Genres darin, dass die Produktion der meisten Alben im Normalfall ziemlich schlicht ist. Es gibt da meistens einen Mix von einem Stapel an Songs die alle gleich aufgenommen sind... dazu gibt es meist einen gewissen Industriestandardsound, der sich höchstens vll alle 10-20 Jahre grundlegend verändert

Sehe ich auch so. Ich bin auch eher mit der Art Rockmusik aufgewachsen, wo die Gitarristen (wie auch die ganze Band) eigentlich versuchten, jeden Song individuell zu instrumentieren. Aber mich hat - gerade als Kontrast dazu - damals auch geflsht, dass es bspw. Metallica schafften, mit dem von vorne bis hinten identischen (Album-)Sound abwechslungsreiche Alben zu produzieren. Und so mag ich das - bezogen auf Metal - auch bis heute. Sobald Metal-Bands anfangen, mit Sounds zu experimentieren und/oder Keyboards einzusetzen, bin ich raus ... Dann hole ich lieber den ganzen 70s-Kram á la Floyd oder Genesis raus, die hatten/haben - anders als "progressive" Metal-Bands - geniale Melodien und interessante Texte zu bieten ;-)
 

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