Zum JCM900 kann ich leider nichts sagen, da ich keinen besitze und mir nach ein, zweimal anspielen kein Urteil erlauben möchte. Zum AOR weiß ich allerdings ein paar Dinge:
Ich habe ein "8-knobber" 100W-Top aus der ersten Serie weiland hier über den Flohmarkt für imho schmales Geld erstanden. Wertigkeitseindruck und Zuverlässigkeit sind 1a, und das Innenleben ist recht übersichtlich. Ich habe in einem Aufwasch mit einem Röhrenwechsel beim
Fachmann den Bassboost etwas entschärfen lassen. Er meinte, das Layout unterscheide sich schon vom "Vorbild" JCM800, und die Platine selbst sei von etwas minderer Qualität als die in frühen JCM800ern verbauten. Das juckt mich in der Praxis nicht die Bohne, und servicetauglich ist das Gerät, also definitiv kein halber Computer, aber natürlich auch kein point-to-point aufm Turretboard.
Wie schon öfters erwähnt ist das Ding ein Einkanaler, darum hat man am meisten Spaß, wenn man das Volumepoti an der Gitarre nicht nur als weich drehenden On/Off-Schalter zu benutzen weiß. Die drei Boostfunktionen wirken sich (bei meinem Modell) sehr deutlich aus; vor allem ein Mittenboost erhöht den Zerrgrad nochmals und lässt das Ding räudiger klingen.
Den AOR-Modus benutze ich nicht, da der seltsamerweise auch bei moderatem Gain mit meinen muskulösen Humbuckern fürs Leben gern Feedback produziert. Was dem Amp hingegen sehr viel bringt, ist ein Booster. Ich habe es mit verschiedenen Teilen probiert, u.a. einem Rangemasterklon vom Musikding und einem TS-5, und bin dann schließlich bei einem Jeckyll&Hyde von Visual Sound hängen geblieben. Nun steht der Amp auf AC/DC (über den High-Input), von da aus wird es sehr angenehm dynamisch clean, entweder übers Volumepoti oder auch nur über den Anschlag. Für mein normales Rhythmuszeugs kommt dann die Tubescreamerklonseite des J&H dazu. Drive so gut wie null, Tone richtung 3 Uhr, Level fast ganz auf. Das klingt dann in meinen Ohren sehr
thrashig wie ja vom Threadersteller erwünscht, da der Booster schön in den Bässen aufräumt und es sich so bei so viel Gain wie gerade mal nötig herrlich tight riffen lässt. Soll's dann wüster werden, kann ich noch die Distortion-Seite des J&H benutzen oder beide Seiten sogar gleichzeitig anschalten, aber das ist dann viel zu viel des guten.
(Anmerkung: Die Hydeseite hat einen Tone- und einen EQ-Regler, die einiges bewirken. Ich benutze diese Seite für ein Drop-A-Tuning und kann so über die Tretmine soviel am EQ rumbiegen, daß mir eine Einstellung am AOR wirklich reicht.)
Noch eines sei erwähnt: Der AOR blüht wie so viele Amps bei saftiger Lautstärke
massiv auf. Ob das Endstufenzerre ist oder sich auch nur die Lautsprecher über Extracojones freuen weiß ich nicht, es lohnt sich allerdings wirklich, den Master mal gescheit aufzudrehen. Was hier auch schon einige erwähnt haben, ist, daß der AOR
sakrisch laut sein kann wenn man ihn lässt. Ich habe mit einem Weber Mass lite experimentiert und sehr gute Ergebnisse erziehlt, auch wenn es natürlich zusätzlich Verkabelung und Aufwand erfordert. Da diese Amps aber für Gewöhnlich spottbillig gehandelt werden, bleibt vielleicht noch etwas Geld für derlei Experimente übrig. Für mich hat sichs gelohnt.
(Auch wenn ich zur Zeit aus Gewichtsgründen mehr auf meinen PCL Stagemaster 60 abfahre...)
Zusammenfassend nochmal die Vorteile aus meiner Sicht:
- Preis-/Leistungsverhältnis unschlagbar
- hochwertige und stabile Bauweise
- "flexibel" durch zwei Inputs und drei Frequenzboosts
- spricht gut auf verschiedene Vorstufenröhrentypen an
- liebt Booster und Overdrivepedale
- reagiert sehr dynamisch auf Spielweise und Volumepoti
"Nachteile" könnten sein:
- kein Reverb an Bord (wenn man einen will)
- klingt bei wirklich gehörschädigender Lautstärke am besten (gefährlich!)
- die verbauten Push-Pull-Potis sind wohl rechte Exoten, was die Ersatzteilbeschaffung im Falle eines Falles erschweren könnte
- röhrenamptypisch sauschwer (sage ich auch nur, weil ich mittlerweile durch den PCL mal das andere Extrem erleben darf)
- ab Werk kann je nach Box der Bass ohne Boost zu wenig, mit Boost aber dann deutlich zu viel sein
Vielleicht hilft dir das bei deiner Entscheidung, wenn es auf einen blinden Gebrauchtkauf herauslaufen sollte. Da ich wie gesagt den Marshall nicht wirklich kenne, kann ich keine Empfehlung für oder wider den einen oder anderen im Vergleich aussprechen, ich weiß nur, daß der Laney für seinen Preis wirklich sehr, sehr viel bietet.
Greez, xileph