Mein Lehrer steht mehr auf Klassik. Und seine "Nachfolge Hefte" sind ebenfalls Klassik.
Das ist im deutschsprachigen Raum häufig. Und es ist nicht gut so. Weil damit die Geige als Volksinstrument verloren geht. Alle Schüler werden auf den "Idealklang" der Klassik getrimmt, Notenlesen wird hoch bewertet, Musizieren nach Gehör wird nicht vermittelt. Schülern leben mit dem Druck der (nicht) zu erreichenden Perfektion, ein hohes Frustrationspotential baut sich auf. Die Mehrzahl der Schüler gibt auf, oftmals so frustiert, dass die Geige ein Leben lang nicht mehr angefasst wird.
Es spricht auch viel dafür, mit klassischer Musik die Spieltechnik zu erlernen, zahlreiche Schulen und darauf abgestimmte Stücke greifen nahtlos ineinander. Das ist auch toll.
Aber sich auch "lebendiger" Musik zu öffnen, zur Gitarre am Lagerfeuer zu fiedeln, Ausflüge in den Jazz, in die Rockmusik oder in Richtung Weltmusik zu machen, das finde ich darf man von einem Lehrer erwarten. Und mir persönlich fällt kein plausibler Grund ein, warum das nicht von Anfang an geschehen kann.
Schülern bleibt oft nichts anderes übrig, als sich das selbst zu erspielen. Und das macht viel Spaß, selbst wenn es am Anfang oft nicht mehr ist, als die Grundtöne der Akkorde zu finden und mit zu spielen. Oder die Basslinie, die Melodie, oder eine Terz über die Melodie legen, oder frei eine weitere Stimme entwickeln, Fills in die Pausen spielen - frei solieren. Das ist alles keine Zauberei, sondern letztlich genau so eine Frage der Übung, wie ein sauber gespielter Mozart.
@Der-Geigenspieler - folge den Übungen deines Lehrers UND spiele nebenher "frei". Lass dich niemals von Phrasen wie "so verdirbst du dir den Ton, den Strich, die Haltung, die Milch im Kühlschrank" davon abhalten.