Ist klassische Musik elitär?

  • Ersteller Effjott
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Oder Bachs musikalisches Opfer, seine Kunst der Fuge? Vielleicht Mahlers fünfte, oder gleich alle Sinfonien?
Ich glaub, manche denken nur, sie wär einfacher zu konsumieren, schauen aber letztendlich nur auf einen Schleier.

Ich kann Ligeti viel länger und konzentrierter Hören, als oben erwähnte Werke von Bach.
 
Ich sehe "populär - élitär" nicht als durch einen graben getrennte gegensätze, sondern sie bedingen einander, wobei die gedankenstränge sich je nach betrachtungsweise kreuzen und verwirren.
"Klassisches" hat eine breite basis, ist in seinen höhepunkten die spitze einer pyramide und wirkt wieder auf die "unteren regionen" zurück.
Alles, was heute populär ist, beruht auf der klassischen harmonielehre, während "avantgardisten" versuchen, sie zu überwinden, um an der spitze (das ist nicht wertend gemeint) in neuland vorzustoßen.
 
Ich glaub, manche denken nur, sie wär einfacher zu konsumieren, schauen aber letztendlich nur auf einen Schleier.
Meine Aussage dass viele klassische Stücke leicht konsumierbar waren ist eine Antwort auf die These gewesen dass man sich sehr lange damit beschäftigen muss bevor man es überhaupt hören kann, dass ein "untrainierter" Hörer keine Zugang finden kann.
Das ist aber mitnichten so, die meisten klassischen Stücke sind durchaus intuitiv erfassbar, haben einen emotionalen Zugang den selbst ein kleines Kind finden kann - auch wenn hier natürlich nicht jedes Detail in all seiner Tiefer gehört wird. Und ich weiß auch nicht warum das was schlechtes sein soll.

Ich höre ja auch gerne sperrige Musik die sich beim ersten Hören einfach nach nix anhört und erst nach einiger Zeit ihren Reiz entwickelt. Aber ich bin nicht der Meinung dass Musik so sein muss damit sie gut ist - im Gegenteil, Sachen die beim ersten Hören interessant ist und trotzdem noch viele weitere Ebenen die es zu erschließen gilt bietet sind meiner Meinung nach die eigentlichen Meisterwerke.

Günter Sch.;4908104 schrieb:
Alles, was heute populär ist, beruht auf der klassischen harmonielehre, während "avantgardisten" versuchen, sie zu überwinden, um an der spitze (das ist nicht wertend gemeint) in neuland vorzustoßen.
Ich muss ehrlich sagen dass ich mir hier nicht ganz sicher bin ob das wirklich so ist.
Klar, es sind immer gewisse Leute da die zu abgedrehte Musik machen damit es die breite Masse hört, die aber andere Musiker sehr stark beeinflussen. Aber diese Rolle würde ich in Bezug auf Popmusik eher Bands wie King Crimson zuschieben. Denn die Vertreter der "Neuen Musik" haben sich einfach so dermaßen weit in ihren Elfenbeinturm zurück gezogen dass einfach der Kontakt zu denen die sie weiterführen und beeinflussen könnten verloren gegangen ist.
Jemand wie Stockhausen war vielleicht noch eine Ausnahme da er über den Umweg über die Band Kraftwerk (und ein paar anderer) durchaus einen gewissen direkten Einfluss auf die Entwicklung populärer Musik gehabt haben, die heutigen neuen Musiker sind davon aber imo zu weit weg damit das noch von Belang wäre.
 
Oder Bachs musikalisches Opfer, seine Kunst der Fuge? Vielleicht Mahlers fünfte, oder gleich alle Sinfonien?
Ich glaub, manche denken nur, sie wär einfacher zu konsumieren, schauen aber letztendlich nur auf einen Schleier.

Ich kann Ligeti viel länger und konzentrierter Hören, als oben erwähnte Werke von Bach.

Das glaube ich Dir. Ich denke, dass das zum einen mit unseren allgemeinen Hörgewohnheiten zusammenhängt, und zum anderen, wie wir "gelernt" haben Musik wahrzunehmen. Und das ist bei allen Menschen unterschiedlich. Meine 3 Kinder sind mit sehr vielen unterschiedlichen Genres groß geworden. Es gab sozusagen von Anfang an keinen Unterschied zwischen Punk, Rock´n Roll, Jazz, Klassik, etc. Das eine ist Musik, und das andere ist halt andere Musik. Während meine Tochter gerne mit mir klassische Konzerte besucht, kann man meinen großen Sohn damit "jagen". Trotzdem toleriert und akzeptiert er dieses Genre, auch wenn es ihm nicht so gefällt. Aber alle drei haben die Fähigkeit erlangt sich jede Musik anzuhören, um dann für sich zu entscheiden, ob sie ihnen gefällt oder nicht. Mein Kleiner z.B. wollte schon mit 5 eine CD mit seinen Lieblingsliedern von F. Zappa. Er hört aber auch genauso gerne z.B. `House of fun´, oder`One step beyond´ von Madness. Ich habe mich oft gefragt, was meinen Kleinen gerade an diesen beiden so völlig unterschiedlichen Sachen fasziniert. Inzwischen meine ich herausgefunden zu haben, dass es bei ihm gerade die nicht so "gebräuchlichen" Melodielinien sind. Kurioserweise kann er sich die (gerade die von Zappa) merken und mitsingen.
Ich denke jeder Mensch entwickelt mit der Zeit Vorlieben für Intervalle, Harmonien und Rhythmus. Und jede Musik, die diese Vorlieben am meisten und am besten vereint, gefällt demjenigen Zuhörer dann auch am besten.

Günter Sch.;4908104 schrieb:
Ich sehe "populär - élitär" nicht als durch einen graben getrennte gegensätze, sondern sie bedingen einander, wobei die gedankenstränge sich je nach betrachtungsweise kreuzen und verwirren.
"Klassisches" hat eine breite basis, ist in seinen höhepunkten die spitze einer pyramide und wirkt wieder auf die "unteren regionen" zurück.
Alles, was heute populär ist, beruht auf der klassischen harmonielehre, während "avantgardisten" versuchen, sie zu überwinden, um an der spitze (das ist nicht wertend gemeint) in neuland vorzustoßen.

Hm. Populär? Elitär? :gruebel: `A day in the life´ von den Beatles ist sicherlich ein populäres Stück, trotz der sperrigen Stockhausenelemente. Weiß aber fast niemand, und somit ist´s für die meisten okay.
Und ich kann auch nicht dem zustimmen, dass alles was heute "populär" ist auf der klassischen Harmonielehre beruht. Es gibt wirklich sehr viele Gegenbeispiele, von Musik, die von Leuten geschrieben wurde, die von "Tuten und Blasen" keine Ahnung hatten. Nicht alle Popmuiker wie F. Zappa hatten eine musikalische Ausbildung. Hendrix, Lennon&McCartney, usw wussten nichts über Harmonielehre. Das ist ja auch kein Kriterieum für gute oder schlechte Musik. Sondern nur, ob jemand ausgebildet ist, oder nicht.

Zudem sind "populär" und "elitär" Begriffe, die wahrlich schwer zu defnieren sind. Sie helfen auch nicht. Im Gegenteil. Gerade der Begriff `elitär´ in Verbindung mit Klassik, hat sicherlich dazu geführt die Vorurteile gegenüber dieser Musik noch zu verschärfen. Und ich kann inzwischen alle Menschen nur bemitleiden, denen aufgrund von irgendwelchen Vorurteilen, oder dadurch, dass sie Pech hatten was die Heranfürhrung an die Musik anging, viele wunderbare, aufregende, inspirierende und entspannende Musik wahrscheinlich für immer verschlossen bleibt.
 
Wenn jemand auch keine ausbildung in harmonielehre hatte, so hatte er doch vorbilder, die darauf beruhen, und denen er folgt.
Besonders gitarristen neigen zu akkordisch/harmonischem denken, zu einer spielweise in "griffen" und allenfalls tabulaturen, aber wo kommen die her? Gitarrenmusik in notenschrift ist nicht gerade gut lesbar und dem instrument angepasst.
Auch der akkordeon-oder zitherspieler braucht nicht nachzudenken über harmonik, die ist in seinem instrument vorprogrammiert. Das erleichtert das spielen, beschränkt aber auf bestimmtes répertoire mit melodie und begleitung. Nur meister ihres fachs gehen darüber hinaus.

Wie sähe wintersport aus, gäbe es keine skilifte, und jeder müsste mühsam hochkraxeln, um dann wenige minuten lustvoll abwärts zu gleiten?
Im der gaststube am fuße des berges geht es gemütlich zu, da ist es wohlig warm, man ist unter vielen menschen und atmet den tabak- und bierdunst. Wer aber den berg besteigt, dem weht ein kalter wind entgegen, und je höher er kommt, umso mühsamer wird der anstieg und immer einsamer wird es um ihn. Gleichwohl entschädigen ihn eine unvergleichliche aussicht und ein unvergessliches erleben.

Solche gipfel gibt es viele, mögen sie Michelangelo, Goethe oder Beethoven heißen, manche sind gar doppelt, zeitgleich etwa auch Raffael, Schiller, und die frühen und späten "wiener" treten gar im dreierpack auf.
Dass sich mancher "neutöner" im nebel verirrt oder sich versteigt, liegt im wesen der sache.
Es steht jedem frei, die berge zu besteigen, es gibt auch manchen "skilift", aber sich draufsetzen und hochfahren, womöglich auch ein paar schritte tun, muss jeder selbst.
Das ist bei dem, was man allgemein "unterhaltung" nennt, ganz anders.
 
Zuletzt bearbeitet:
Günter Sch.;4908271 schrieb:
Das ist bei dem, was man allgemein "unterhaltung" nennt, ganz anders.
Mhh, was meinst du denn konkret mit dem "was man allgemein unterhaltung nennt"?

Ich hab da irgendwie immer ein Problem mit der Trennung, was Unterhaltung ist und was Kunst ist. Imo ist beides untrennbar miteinander verbunden.
 
Ich habe den ausdruck nicht erfunden und meide "definitionen" und wertungen.
Vilelleicht hilft folgendes:
Sie (hausfrau, kinderlos),
ER (aus kleinen verhältnissen, aber vielseitig interessiert und erfolgreich im beruf)

Wenn Er nach getaner arbeit abends zeitgeschehen, kommentare, weiterbildendes, gar was mit "kunst" zusammenhängendes sehen wollte, zappte Sie auf einen kanal, wo geboten wurde, "was eine frau so abends braucht" (die ehe währte dann auch nicht mehr lange).
Ich könnte mich des langen darüber ausbreiten, ich kenne die branche gut genug, die redakteure auch, denn sie haben das "U" erfunden.
Grob gesagt, unterhaltung stellt keine ansprüche, sondern kitzelt eben da, wo viele kitzlig sind. Die spezielle, scherzhafte antwort von musikern lautet: unterhaltungsmusik ist die, bei der man sich unterhalten kann.

"Hörmusik" gibt es in Mitteleuropa und nirgend wo anders, von exporten nach USA, Japan u.a. abgesehen, auch erst seit ca. 200 jahren, sonst ist musik an irgendwelche funktionen gebunden, z.b. tanz oder kult.
Früher ging die jugend mehrheitlich zum "schwoof" und nicht ins konzert, heute in die disco, fährt nach Wacken und nicht nach Donaueschingen.
Manches ist auch eine klassenfrage, wo man sagt "Quatsch bloß keene oper" , wird man nicht hingehen, und der junge mann, der von mir einen rat über instrumentalunterricht haben wollte "aber nischt von Jöhte" spielen wollte, wusste auch, was er meinte, und ich auch.
Es gibt verschiedene kategorien, und wenn wir sie nicht wahrhaben wollen und uns wie die aale winden, tun es andere.
 
Mit dem, "was man allgemein 'unterhaltung'" nennt, haben wir alle einmal angefangen. Mit Wiegenliedern, Kinderliedern, mit der Musik, die aus den Medien ertönt. Aus letzterer haben wir zunächst auch erst die einfacher strukturierte Musik "begriffen".

Jede Generation macht diesen Prozeß auf's Neue durch, vom Einfachen zum Komplexeren. Oftmals wird er heute mit Hilfe der "Lieblings-Stars" nachvollzogen, die oft selbst auch eine Entwicklung durchmachen. Reichen deren Möglichkeiten für die eigenen Bedürfnisse nicht mehr aus, so sieht man sich nach anderen Musikern um, entdeckt vielleicht auch andere Genres und man stellt möglicherweise fest, daß vieles, das man bewundert hat, in anderer Form schon längst dagewesen ist.

Manches "Alte" gewinnt überraschende Aktualität, bei manchem "Modernen" stellt heraus, daß es nur eine Modeerscheinung war oder so speziell, daß sich dieser Weg als Irrweg herausstellt, den schließlich keiner mehr gehen möchte.

Was einen selbst am meisten anspricht hängt von sehr vielen Faktoren ab: z.b. von der Kultur in die man geboren wird, der eigenen Lebenssituation in der man sich befindet, dem musikalischen Entwicklungsstand, dem Bezug zur Gegenwart, worin auch immer er bestehen mag.

Klassische Musik kann "elitär" sein, wenn sie einen sehr hohen musikalischen Entwicklungsstand voraussetzt oder auch nur sehr spezielle Vorkenntnisse.

Das kann für Bach gelten, den späten Beethoven und vielen die nach Ihnen kamen. Erst recht vielleicht für viele der zeitgenössischen Musiker, die heute mehr als früher ihre Musik nicht mehr direkt verkaufen müssen um davon zu leben.

In Klassischer Musik, wie sie heute rezipiert wird, überlebte andererseits auch viel Musik von ziemlich bleibendem Wert. Sie wird von Generation zu Generation immer wieder neu entdeckt, ja sogar kulturübergreifend.

Nicht zu reden von sehr populärer Klassischer Musik, die bis heute immer wieder auf's Neue begeistert und damit bewiesen hat, daß sie für musikalisch Interessierte nicht elitär ist, z.B.

Johann Pachelbel Canon in D Major
http://www.youtube.com/watch?v=8Af372EQLck&feature=related

Air - Johann Sebastian Bach
http://www.youtube.com/watch?v=cp9lxsLTxOg&feature=related

Die vier Jahreszeiten von Antonio Vivaldi
http://www.youtube.com/watch?v=5DWAdJKUlxo

Mozart "Eine kleine Nachtmusik" Allegro
http://www.youtube.com/watch?v=Qb_jQBgzU-I

Franz Schubert: Ave Maria
http://www.youtube.com/watch?v=aQVz6vuNq7s

Bolero "Maurice Ravel" hier die Interpretation des Balletttänzers Jorge Donn
http://www.youtube.com/watch?v=Lnut9tB78BE

Eric Satie - Gymnopedie No. 1
http://www.youtube.com/watch?v=Lvqoqjwfv-c

Carl Orff: Carmina Burana
http://www.youtube.com/watch?v=QEllLECo4OM

Viele Grüße

Klaus
 
"Unterhaltend" und "populär" war Klassik auch, und ist es heute noch. Das sind keine Kriterien. Klassik ist auch nicht "elitär". Das ist ein Etikett, was der Klassik von wem auch immer, aus welchen Gründen auch immer verpasst wurde und leider immer noch verpasst wird. Das führt dazu, dass die Genreschubladen mit Begriffen versehen werden, die zum einen weder was über die Musilk aussagen, und zum anderen die Gefahr bergen, dass diese Schublade für viele für immer verschlossen bleibt.

Die "Populäre Musik" hat nicht nur ihre Wurzeln in der Klassik. Z.B. die Wurzeln der Popmusik in den sechziger Jahren lagen im Rhythm & Blues. Deren Wurzel lag nicht in der Klassik. Dann kamen mitte der 60er Einflüsse aus östlicher Musik hinzu, die auch ihre Wurzeln nicht in der Klassik haben
In dieser Zeit ging es um nichts anderes als in den Jahrhunderten davor. Mut haben etwas neues zu erschaffen. Genauso wie Bach, Mozart, Beethoven etc auch gemacht haben. Auch was die äußere Wahrnehmung der Musiker angeht, hat sich nicht viel geändert. Über die Frisur von Beethoven hat man sich gewissermaßen genauso aufgeregt wie über die der Beatles. Und dann hat der Mann auch noch einen Chor in die Neunte gesetzt. Ganz unerhört!!! Die Neunte einer der "Hits" der Klassik (Romantik ;)) kennt heute nahezu fast jeder. Ein sehr "populäres" Stück. Damals waren viele Kritiker (selbst Kollege Verdi!) nicht so begeistert davon. Heute ist `Ode an die Freude´ die europäische Hymne.
Ein anderer heute fast tauber Zeitgenosse - Pete Townshend - schrieb die Rockoper `Tommy´. Vom Publikum geliebt, von vielen Kritikern genauso wenig begeistert aufgenommen, wie die Ankündigung Townshends dieses Werk mit der Gruppe The Who auf den Theaterbühnen Europas aufführen. Er setzte sich durch. Die Rockoper wurde ein Erfolg, ist untrennbar mit Woodstock verbunden, wurde verfilmt, feierte Erfolge am Broadway, usw.

Mehrere Gemeinsamkeiten verbinden diese beiden Komponisten. Nicht nur, dass sie beide mit einem immer mehr nachlassenem Gehör zu kämpfen hatten, sondern, dass beide mutig - allen bisherigen Hörgewohnheiten, Regeln und Vorurteilen zum Trotz - ihren Weg gegangen sind, und neues geschaffen haben. Es ist auch kurios, dass bei beiden - sowohl was die Neunte als auch Tommy angeht - sich die Kritiker mehr als nicht einig waren, und teilweise diese Werke sogar zerissen. Aber das ist ein anderes Thema ;)

@Günter Sch.
Du schreibst:
"Besonders gitarristen neigen zu akkordisch/harmonischem denken, zu einer spielweise in "griffen" und allenfalls tabulaturen, aber wo kommen die her? Gitarrenmusik in notenschrift ist nicht gerade gut lesbar und dem instrument angepasst."

Das "Gitarrenmusik" dem Instrument angepasst ist, ist richtig :D Aber die Notenschrift ist schon gut lesbar ;) Den Rest habe ich nicht verstanden. Warum neigen Gitarristen zu einer Spielweise mit "Griffen" :gruebel: und neigen zu akkordisch/harmonischen Denken :gruebel:
 
Wenn ich mich hier kurz einmischen darf ... ohne alle bisherigen Posts gelesen zu haben ... ich bin lediglich über die Eingangsfrage im Eröffnungspost gestolpert ... und meine Meinung dazu ist:

Die Klassische MUSIK ist ganz sicher nicht elitär. WENN jemand oder etwas elitär ist, dann der Anspruch der Ausführenden (Musiker, Sänger, Dirigenten) und ihr übertriebenes Getue um die klassische Musik. Das fängt schon dabei an, diese Musik auch als "ernste" zu bezeichnen ... das einzige, was dabei ernst ist, sind die Gesichter der Musiker, sogar während des Musizierens eines "Scherzos" ... man blicke einmal in diese Gesichter z. B. während einer TV-Übetragung eines Neujahrskonzertes oder etwas Vergleichbaren ... und dieses aufgesetzte elitäre Flair wirkt auf viele einfach einmal abschreckend, und nicht einladend ...

Meine rein persönliche Erahrung ist, daß man die klassische Musik von ihrem Sockel herunterholen muß, um erst einmal zu begreifen, wie TOLL sie sein kann. Ginge es jedoch nach ihrem "Image", wäre sie ja schon gar keine Musik im eigentlichen Sinn mehr, sondern einfach Ton gewordene, reine Kunst. Und an etwas, mit SO einem Image, wagt man sich nur zögernd kritisch oder interessiert heran ...

Ich meine, ein Mozart hat sich durchaus als Unterhaltungskünstler (Nur halt als einer mit Niveau !) gesehen, und hätte das auch nicht als Schimpfwort verstanden. Ganz zu schweigen von Zeiten, in denen Musiker (und Maler) noch als "Handwerker" galten ... übrigens eine Herangehensweise, der ich, je länger ich darüber nachdenke, immer mehr abgewinnen kann ...

Was übrig bleibt, ist eine Binsenwahrheit: Die Momente, in denen Musik zur Kunst wird, gibt es in nicht-Klassik genauso ... und wahrscheinlich nicht einmal seltener. Aber auch zum Erkennen dieser braucht es offene Ohren und ein Empfinden ohne Scheuklappen. Das IMAGE der alten Musik ist elitär, ... elitär wie Golfspielen. Dieser Sport hat auch nichts extravagantes im eigentlichen Sinn an sich ... hat aber (noch) dieses Image ... das natürlich von Vielen auch gerne gepflogen wird. Wie früher Tennis ...

Aber so lange das PUBLIKUM (!!) die Nase rümpft, wenn während eines klassischen Klavierabends der Pianist in einer Kadenz versucht, tatsächlich eigene Wege zu gehen (ob nun gelungen, oder nicht), und so lange die Kritik darin einen Tabubruch sieht (von wegen Werktreue und so weiter ...), so lange wird dieses Image weiter gefestigt. Ob nun absichtlich oder nicht ....

LG; Thomas
 
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Dass musiker beim spielen auch heiterer musik konzentriert und angespannt sind (bei einer Rossini-ouverture, auch der zur "Fledermaus", von Smetanas "Verkaufter Braut" ganz zu schweigen, muss man aufpassen wie ein schießhund), ist natürlich, aber man blicke in die gesichter der hörer! Da widerspiegelt sich selten der charakter des eben gehörten. Ich musste mir manchmal das lachen verkneifen bei einem Haydnschen scherz, sah aber ringsum nur ernste mienen.
Im kabarett reagieren auch nicht immer alle bei einer pointe, manche lachen nur, weil die anderen lachen.
 
"Hörmusik" gibt es in Mitteleuropa und nirgend wo anders, von exporten nach USA, Japan u.a. abgesehen, auch erst seit ca. 200 jahren, sonst ist musik an irgendwelche funktionen gebunden, z.b. tanz oder kult.

Oh, das wusste ich gar nicht. Ich dachte bisher etwa China und Indien hätten eine Kultur der Kunstmusik, deren Wurzeln teilweise bis an den Anfang des 1. Jahrtausend v. Chr. zurückreichen. Ich hätte schon vermutet, dass sich da auch reine "Hörmusik" entwickelt hat. Ich muss aber beim Thema "Aufführungspraxis nicht-abendländischer Kunstmusik" ehrlich gesagt passen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke, diese Vermutungen kommen daher, dass Musikunterricht teuer ist und nicht jede Gesellschaftsschicht sich diesen leisten kann. Mit dem Unterricht wächst dann eventuell die Begeisterung für die gespielten Stücke und man beschäftigt sich mehr mit der Thematik. So entstehen dann eben Bilder von intellektuellen Klassikhörern, die Zeitung lesen und im Hintergrund Anna Netrebko laufen haben...
 
Ich denke, diese Vermutungen kommen daher, dass Musikunterricht teuer ist und nicht jede Gesellschaftsschicht sich diesen leisten kann.
Nicht nur der Unterricht ist teuer. Das Instrument hat seinen Preis. Und schließlich muss man auch die Räumlichkeiten haben, um ein Instrument spielen zu können. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, als ich mir mit Anfang 20 keinen regelmäßigen Unterricht für meine Geige leisten konnte und das Problem mit Nachbarn, Mitbewohnern hatte, die sich über den "Lärm" beschwerten. Das gehe ich heute viel relaxter an, wo ich mich zurück ziehen kann und niemanden mehr auf den Senkel gehe.

Wer kein Instrument spielt und nicht von zu Hause aus schon auf klassische Musik gebracht wurde, braucht eine Anleitung oder Personen, mit denen man sich austauscht, um tief in die Musik einzutauchen. Andernfalls bleibt es wirklich bei der "kleinen Nachtmusik", "Moldau" etc. Das alleine schafft schon Insider-Kreise. Die üblichen Hörgewohnheiten sind nun mal auf das Radioprogramm geschult. Das ist gut zu verstehen, weil wir nun mal in dieser Welt leben. Umgekehrt hätte mich mal interessiert, wie Mozart auf den ein oder anderen Rock-Song von heute reagiert hätte. :)
 
Ich vermute, viel offener als auf Neue Musik. Obwohl ich Mozart für sehr intelligent halte, halte ich ihn nicht für einen Intellektuellen im Sinne Stockhausens, oder Berios, oder Nonos.

Vielleicht hätte er sich in der Filmmusik angesiedelt. Mozarts Musik, zusammen mit Beethoven gehört für mich überhaupt nicht zu "elitärer Musik", da sie auf geniale Weise genug für alle Hörerschichten bieten. Beethoven ist für mich dabei ein bisschen wie Hemmingway: Es gibt die Eisbergspitze, die jeder sieht und den riesigen Rest der Unterwasser auf Entdeckung wartet. Ähnlich bei Mozart, bloß dass der Eisberg da rosa und grün angemalt ist ;)
 
Ich denke nicht, je nach Situation können warscheinlich auch schon Babys klassische Musik hören, unabhängig vom Status der Familie, etc.. :)
 
Klassische Musik ist nicht elitär. Letztlich ist alles eine Frage des Geschmacks und der Gewöhung. Es gibt viele Menschen aus allen Schichten die klassichen Musik mögen und gerne hören. Allerdings scheint derzeit das Produkt POP-Musik anziehender für die Masse zu sein. Aber vielleicht liegt dies auch daran, dass sich die Klassik auch gerne als streng und elitär vermarktet. Und jetzt ist es so dass es vor allem ein Überangebot an Pop-Musik gibt und die Klassik schafft es nicht so richtig sich auf dem markt zu etablieren bzw. hat eine Nischenposition wie früher Apple zu windows-rechnern. Dies hat aber nicht unbedingt mit den tatsächlichen Vorlieben der Menschen zu tun. Schließlich gibt es auch immer mehr Trash-TV, was geguckt wird. Worans liegt keine Ahnung.
 
Klassische Musik ist tiefgehend - tiefergehender als andere Musik. Und wer sie hört, muss auch irgendwie mehr hinter dieser Musik hören wollen um diese Tiefe wenigstens etwas erspüren zu können.
 
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