Gut, dann begründe ich meine Kritik am SM58 mal. Erstmal zur Historie: Das SM58 wurde vor ca. 50 Jahren entwickelt und war damals das erste richtig robuste Bühnemikro für Gesang. Davor hatte man es mit teuren und empfindlichen Wunderwerken der Feinmechanik zu tun, und bei den damals immer wilder werdenden Bühnenshows müssen manche Profibands die Gesangsmikros geradezu reihenweise "vernichtet" haben. Und dann kam plötzlich das SM58 auf den Plan, welches nicht nur einen Sturz auf den Bühnenboden klaglos überlebte, sondern mit seiner Mittenanhebung für mehr Durchsetzungskraft der Sänger gegenüber den immer größer und lauter werden Gitarrenstacks sorgte. Es hatten also alle was davon - Sänger hörten sich besser, PA-Companies mussten nicht mehr mit einem Koffer voller teurer Ersatzmikros auf Tour gehen.
Soweit ich irgendwo mal gelesen habe, haben die anderen großen Mikrofonhersteller Shure für das SM58 erstmal ausgelacht - das wäre ja überhaupt nicht linear usw. Aber ein Jahr später hatten alle ihren eigenen Klon im Sortiment. Und so wurde das SM58 zum Quasi-Standard - alle hatten was davon.
Allerdings ist die Entwicklung ja nicht stehen geblieben. Vor rund 30 Jahren fing mWn erstmal Electro Voice an, Neodymium als Magnetmaterial zu verwenden. Damit kann man kleinere, stärkere Magneten bauen, hat also mehr Freiheit beim Kapseldesign. Ich hatte damals einige Mikros aus der EV ND-Serie, und in meinen damaligen Vergleichstests haben sich die Leute meist für ein Mikro von EV entschieden. Ausserdem sind ja auch Lautsprechersysteme besser geworden, waren nicht mehr so mittig, und man konnte dann eben hören, dass das SM58 in den Höhen nicht eben viel überträgt wie modernere Mikros. Man kann es mit dem EQ zum Klingen bringen, aber dadurch erhöht man dann wieder die Feedbackanfälligkeit.
Shure hat auf den Fortschritt reagiert und mit dem Beta 58a vor ca. 25 oder 30 Jahren einen Nachfolger für das SM58 herausgebracht. Da aber Musiker (und insbesondere die Rockmusiker) kreuzkonservative Menschen sind, blieb es auch erstmal dabei, dass das SM58 nach wie vor einen Standard darstellt.
Weswegen ich das SM58 nicht besonders mag, ist sein zerklüfteter Mittenbereich. Mir hat mal jemand, der sich ganz gut mit sowas auskennt, gesagt, dass das an den verwendeten Übertragern liegt. Wenn man den herausnimmt, wird der Frequenzgang ruhiger (genau genommen hat er das über das SM57 gesagt, aber ich vermute, dass die beiden sich da gleichen). Allerdings würde man es dann mit Phantomspeisung grillen, weswegen man schon wissen muss, was man tut, wenn man sowas macht. Ist alles vom Hörensagen, also fragt mich da nicht weiter.
Zum klanglichen Vergleich: Ein Sennheiser e945 hebt durch den Nahbesprechungseffekt die Tiefen an, macht die Stimme also voller. Ausserdem hebt es die luftigen Präsenzen an und macht die Stimme dadurch eben luftiger, frischer. Aber der Mitteltonbereich ist so gut wie linear, d.h. man erkennt die Stimme immer sehr genau wieder. Einem Beta 58 muss man nur die Überhöhung bei ca. 2,5 kHz abgewöhnen, und es klingt viel linearer. Dann noch eine leichte Höhenanhebung dazu, und man hat mit ganz wenig Arbeit am EQ einen Bombensound für die meisten Stimmen, auf fast allen PA-Systemen.
So, und damit wir wieder zum Ausgangspunkt kommen, ich unterstelle dem TE mal, dass sie ihre SM58 per EQ klanglich etwas aufpeppen, und damit bewegt man sich in feedbackgefährdete Bereiche. Damit mag ich daneben liegen. Auch damit, dass ich kein Fan das SM58 bin, gehöre ich einer Minderheit an. Ist auch kein Problem, dass ich für meine Kritik am SM58 wiederum selbst kritisiert werde, daher immer fest druff!
Gruß,
Jo
PS: Und allen ein Gutes Neues Jahr mit mindestens 6 dB Gain before Feedback!