Stimmung Rhodes 440 od. 442 Hz

  • Ersteller groovejazz
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...die nur noch von ein paar Alte-Musik-Freaks verwendet wird.
Auch vor dem 20. Jahrhundert gab es neben tiefen auch (sehr) hohe Stimmtöne und unwidersprochen ist das Hochschrauben des Stimmtons nicht, unter Hinweis auf Gesangsstimmen u.a. von Richard Strauss oder Waltraud Meier.
https://ursroesli.wordpress.com/2013/03/31/kammerton-a-und-die-sanger/

History of Musical Pitch, die 1880 erstmals veröffentliche und seitdem ergänzte Tabelle zeigt Stimmungen, die bei Bezug auf das eingestrichene a von 376,3 bis 570,7 Hz reichen. :eek:
http://www.dolmetsch.com/musictheory27.htm#chartofpitch

Gruß Claus
 
Ich traue keiner Statisk, die ich nicht selbst gefäscht habe. :D Ok, Scherz beiseite: Ob in solchen Untersuchungen diejenigen mit dem entwickelsten Gehör und den empfindlichsten Ohren Aussagen gemacht haben, ist ja nicht gesagt.
In zumindest einer Untersuchung haben gerade die Probanden mit der "besten" musikalischen Ausbildung eher keine Präferenz gehabt bzw. eher die tiefere Stimmung bevorzugt: https://mediatum.ub.tum.de/doc/1138343/1138343.pdf

Es gibt dutzende solcher Untersuchungen. Und am Ende kommen immer zwei Sachen raus: wenn überhaupt, wird der etwas höheren Stimmung etwas mehr Brillianz bescheinigt. Witzigerweise macht es aber im Extremfall beim Flügel keinen Unterschied, ob man das ganze Klavier einen Halbton(!) hochstimmt oder gleich einen Halbton höher spielt. Und zweitens: der Effekt ist weg, wenn man nicht unmittelbar hintereinander den direkten Vergleich hat.

Aus dem gleichen Grund (ebenfalls wissenschaftlich widerlegt) wird Kreuztonarten ein frischerer und b-Tonarten ein "molliger", düsterer oder wärmerer Charakter nachgesagt. Stimmt so nur im unmittelbaren Vergleich, und selbst dann wird z.B. Bb-Dur frischer und wärmer empfunden als A-Dur :D Soviel zu den Selbsttäuschungsfähigkeiten von uns Musikern ;)

Aus meiner Sicht kann so eine Untersuchung deshalb zwar eine allgemeine statistische Aussage machen, aber über das, was der Einzelne hört kann sie nichts aussagen (ich weiß: Totschlagargument, aber so sehe ich das).
Sprich: es ist Geschmackssache. Es ist ein rein subjektives Empfinden. Klar, dann kann man natürlich sagen, soll halt jeder stimmen, wie er möchte. Nur wenn mehrere Musiker zusammenspielen wollen, muss man sich auf irgendwas einigen.

Das verstehe ich so, daß sich die Inharmonizität - und damit der Klang der Saite - ändert, sobald ich einen dieser Parameter verändere. Daß die großen Klavierbauer in diesem Bereich keine Forschungen unternehmen, und ihre Instrumente entsprechend den Gepflogenheiten der Musiker nicht optimieren, glaube ich ehrlich gesagt nicht.

Natürlich ändert sich der Klang einer Saite, wenn ich einen der Parameter ändere. Aber es ist einfach nicht so, dass man diese Parameter auf eine bestimmte Stimmung hin optimieren könnte oder würde. Schon die Materialparameter des Drahtes auf der Rolle sind nicht so konstant (440 vs. 442 sind gerade einmal knapp 0,5%!), ein Eisenguss (Rahmen) erst recht nicht und von Naturmaterialien wie Holz oder Filz haben wir da noch gar nicht angefangen.

Die Mensur bei den großen Klavierbauern ist auch nicht mit der Mode der Stimmungen jeweils geändert worden. Also kurz: an der Konstruktion eines Flügels ist nichts dran, was eine der beiden hier diskutierten Stimmungen besonders oder besser machen würde.

Die Stimmkonferenz ist 78 Jahre her, und schon 20 Jahre nach der Stimmkonferenz haben die Orchester begonnen, davon abzuweichen.
Sagen wir so: vorher war es ein wahrer Wildwuchs. 20 Jahre nach der Stimmkonferenz haben im Wesentlichen erst mal 3 Orchester (Wien, New York und noch eins in den USA, ist mir gerade entfallen) damit angefangen. Dass inzwischen fast alle, sogar Schulorchester hochstimmen, ist erst seit Ende der 90er, eher noch später so.

Ich halte das eher für einen elitären Spleen einiger Dirigenten (im Ursprung) und die übliche Leichtgläubigkeit "da müsse ja was dran sein, wenn die das machen", die in Musikerkreisen sehr verbreitet ist - wenn es um die Breite geht. Man kennt das: Einfrieren ganzer Gitarren etc. - oder eben "welches Equipment muss ich spielen um zu klingen wie Kirk Hammet?". Wenn das Orchester Klein-Pöselsdorf gerne wie die Wiener Symphoniker klingen möchte, aber leider die Musiker das nicht hergeben, kann man ja zumindest mal die gleiche Stimmung verwenden. Muss ja dann besser werden.

Das verdeutlicht doch, daß die Beschlüsse der Konferenz nicht unbedingt den Bedürfnissen der Musiker entsprechen
Wie schon gesagt: Geschmackssache. Romantische Musik klingt in tieferen Stimmungen besser, und die allermeiste Musik, die von den Orchestern gespielt wird, wurde sogar in und für tiefere Stimmungen geschrieben. Keine Stimmung ist "besser" oder "schlechter" als die andere. Es gibt sehr viele Befindlichkeiten und noch mehr "Aberglauben". Bei der Festlegung eines festen Stimmtons geht es einzig und allein darum, dass Menschen aus verschiedenen Orten und mit unterschiedlichen Instrumenten gemeinsam Musik machen können. Entweder man hält sich dran, weil man abseits aller Geschmacksfragen darin einen Sinn sieht, oder man stellt die eigenen Befindlichkeiten über das "Gemeinwohl". Ob man das macht, weil einem die anderen egal sind oder sogar absichtlich, um möglichst "anders" und "elitär" zu sein, spielt keine Rolle.

In einem relativ abgeschlossenen Mikrokosmos wie einem Orchester ist das ja auch ok. Wer da spielt, muss sich halt an die "Hausnorm" halten. Aber bei Instrumenten, die immer wieder von unterschiedlichen Musikern in verschiedenen Ensembles genutzt werden, sollte man die internationale Festlegung verwenden, die GENAU DAFÜR da ist.

Bei der Hammond kommt dann noch erschwerend dazu, daß sie nicht gestretched gestimmt ist.
...wie die allermeisten anderen Instrumente auch nicht. Muss sie auch nicht, sie stimmt ja in sich (genau wie ein Flügel NUR mit Spreizung in sich stimmt). Das ist aber in der Praxis kein Problem, weil im Diskant und im Bass die Abweichungen nicht so sehr auffallen wie im Mitteltonbereich. Nun ist aber die Tatsache, dass Saiteninstrumente gespreizt gestimmt werden müssen und andere nicht, eine technische Notwendigkeit - wenn einige meinen, sich nicht an Vereinbarungen halten zu müssen (oder sich selbst zum Maßstab küren, nach dem sich alle zu richten haben) ist das ein vermeidbarer Ärger.

PS: gerade im Jazzclub bringt dieses pseudointellektuelle Hochstimmen gar nichts, weil ja nun Streichinstrumente (deren Wunsch nach mehr Höhen wir diesen "Stimmungskrieg" verdanken) dort so gut wie nie vorkommen. Der Kontrabass wird gezupft, und die Bläser haben ja eher das Problem, dass sie zwar durch Ausziehen der Stimmsäule tiefer gehen können, aber nach oben in ihrer Stimmbarkeit begrenzt sind...

PS 2: ich hätte auch kein Problem damit, wenn sich nach bald 100 Jahren alle auf 443 oder 444 als neuen Kammerton einigen würden. Hauptsache es halten sich dann wieder alle dran. Aber du kannst sicher sein, dass dann irgendein Avantgardist auf 450Hz geht, um sich von der Masse abzuheben. Nichts anderes ist das nämlich: "anders sein" wollen.
 
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Vorschlag zur Güte: Den Kammerton auf 880 festlegen und jedes Jahr verdoppeln. Klingt viiiel brillanter - da kann man jeden Experten fragen. Und singen dürfen nur noch Fledermäuse.
 
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ich bin auch klavierbauer/stimmer.
wenn die stimmung für ein jahr gedacht ist, probiere ich immer 442/442hz zu realisieren, dann ist ein absacken auf 440 nicht so dramatisch wie ein absacken auf 438.
man soll ja auch beim reifendruck eher etwas mehr reinpusten...
falls konzerte oder aufnahmen anvisiert werden, frage ich nach.
mit streichinstrumenten sind wohl 442 erwünscht, ich musste nach einer 440er stimmung nochmal komplett auf 442 hochziehen.
wenn das rhodes stimmstabil ist, würde ich es auf 440 stimmen, eine hammond oder andere stimmfixierte instrumente werden es danken.
alles andere ist ja beizustimmen.
lg peter
 
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In zumindest einer Untersuchung[...]
Meiner Meinung nach geht dese Untersuchung komplett an unserer Fragestellung vorbei: Zum einen haben die Wissenschaftler untersucht, ob eine mit DAT produzierte Aufnahme eines Flügels über Kopfhörer besser auf 432 oder auf 440 Hz klingt, aber nicht, ob ein Flügel auf 432 oder auf 440 Hz besser klingt. Zum anderen kann man mit 13 Versuchpersonen keine relevanten statistischen Aussagen treffen. Schließlich sollte man aus meiner Sicht für eine solche Untersuchung nicht einen passiven Zuhörer vor eine Welte-Mignon-Aufnahme setzten, sondern einen aktiven Pianisten an das jeweils anders gestimmte Instrument, um dann herauszufinden, ob er durch die eine oder die andere Stmmung eine größere Inspiration, eine gesteigerte Kreativität erfährt und dann noch intensiver in den musikalischen Ausdruck seines Vortrages eintauchen kann. Allerdings weiß ich nicht, wie man da mit wissenschaftlichen Meßmethoden herangehen könnte. Meiner Meinung nach hat die wissenschaftliche Methode genau da ihre Grenze, wo das künstlerische Moment beginnt.

Für den Bereich Klavierbau gilt für mich ähnliches: Der gute Klavierbauer ist ein Kunsthandwerker/Künstler, kein reiner Handwerker. Der schweizerische Klavierbauerverband schreibt da einen Satz, den ich vollumfänglich unterschreiben kann:
Ein Klavier nach Formel?

Seit Beginn des Klavierbaus versucht die Wissenschaft, das Geheimnis des perfekten Klanges zu entschlüsseln und in physikalische Formeln zu fassen. Formeln gibt es denn auch zuhauf, zum Beispiel zur Berechnung des optimalen Anschlagspunktes oder zur idealen Saitenverkürzung.

Diese Formeln können in der Praxis allerdings lediglich als Richtwerte dienen: Die Wirklichkeit hält sich
nur begrenzt an die Theorie, so dass bis heute für den Bau eines hochwertigen Instruments Erfahrung,
Geschick und Intuition des Klavierbauers eine überragende Rolle spielen. Von der sorgfältigen Auswahl
und Vorbereitung der Materialien über deren kunstfertige Verarbeitung bis hin zum letzten Stimmen des
Instruments sind Auge, Hand und Ohr des Klavierbauers durch nichts zu ersetzen.
Der Baßsaitenspinner bei Bösendorfer wird - wie ich glaube - die Baßsaiten für einen 440Hz Flügel aufgrund seiner jahrelangen Erfahrung, Geschicklichkeit und Intuition anders anders spinnen als die für einen 443er.

Zu guter Letzt: Meiner Meinung nach haben Normen im künstlerischen Bereich nichts verloren. Wenn die Künstler eine andere Stimmung brauchen als die durch DIN vorgegebene, dann ist es mMn ihre Pflicht, das auch zu ändern. Normen schränken Kunst ein! Wenn ein Anthroposoph 432Hz braucht, um seine Kreativität zu entfalten, dann muß er das tun, weil er sonst besch... spielt :D, wenn Karajan 445 Hz braucht, dann muß er das aus demselben Grunde auch tun. Wenn jemand da nicht mithalten kann oder will, dann sollte er nicht mit Karajan und nicht mit Anthroposophen spielen, sondern sich Leute suchen, die stimmungsmäßig zu ihm passen.

Für den musikalischen Dienstleistungsbereich gilt das nicht unbedingt, aber da ist es ja auch meistens egal, ob man einen Flügel oder ein Digi spielt.

Viele Grüße,
McCoy
 
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sondern einen aktiven Pianisten an das jeweils anders gestimmte Instrument, um dann herauszufinden, ob er durch die eine oder die andere Stmmung eine größere Inspiration, eine gesteigerte Kreativität erfährt und dann noch intensiver in den musikalischen Ausdruck seines Vortrages eintauchen kann.
Kann man machen. Dann darf man ihm aber nicht sagen, an welchem Instrument er sitzt bzw. wie es gestimmt ist. Allerdings: es ist relativ klar, woher diese Stimmorgie rührt. Und der Grund liegt nicht im Flügel. Jedes bisschen Intonation, Regulation und die Güte der Stimmung in sich macht zehnmal mehr aus am Klang und auch der Frage, wie gut man in ein Instrument "eintaucht" als die 2 Hz rauf oder runter.
Würden wir hier über 10, 20Hz reden oder einen Halbton, wäre ich ja evtl. bei dir. Nur reden wir hier über die Winzigkeit von 2Hz, die zwar als Differenz im Zusammenspiel deutlich als "verstimmt" wahrnehmbar ist, aber ansonsten wirklich beim Flügel keine Auswirkungen hat.

Für mich ist das ein rein psychologisches Moment. Wenn du dem Pianisten ein 440Hz-Klavier hinstellst und im sagst, es wäre höher gestimmt, wird er das auch toller finden. Jedenfalls jetzt im Moment, wo "höher" irgendwie hip ist. Es kommen auch wieder Zeiten, da ist dann eine niedrigere Stimmung besser.
Es ist aber noch was anderes interessant: die 442Hz zeichnen sich durch nichts bestimmtes aus, außer dass sie höher sind als 440Hz. Was immer da im direkten Vergleich besser empfunden wird, wäre bei 444Hz noch besser und bei 450Hz nochmal besser. Der Grund, warum man nicht noch viel höher geht ist einfach der, dass viele Instrumente eine gewisse Grenze haben, bis zu der gestimmt werden kann. Die Kreativen, wenn sie könnten, würden einfach immer höher gehen, würden aber nie da ankommen, wo sie vermeintlich hinwollen. Das ist exakt das selbe wie der "Loudness war" in der Popmusik: immer mehr Kompression, immer lauter, um sich vom Rest irgendwie abzuheben - die Musik wird dadurch aber nicht besser.

Der Baßsaitenspinner bei Bösendorfer wird - wie ich glaube - die Baßsaiten für einen 440Hz Flügel aufgrund seiner jahrelangen Erfahrung, Geschicklichkeit und Intuition anders anders spinnen als die für einen 443er.
Das ist deine Erwartungshaltung, weil du davon ausgehst, dass der Effekt - wenn überhaupt vorhanden - sehr deutlich ist. Da interpretierst du aber zuviel rein. Ich bin bereit, ein wirklich gutes Tröpfchen dagegen zu wetten, dass die Bassaiten nicht im entferntesten auf eine andere Stimmhöhe hin anders gewickelt werden. Ich habe in meinem Leben schon 3 Bassaiten für 2 Klaviere nachkaufen müssen. Die wurden sogar manuell auf Maß angefertigt. Ich bin aber nie gefragt worden, für welche Stimmung denn die Saite gewickelt werden soll.

Zu guter Letzt: Meiner Meinung nach haben Normen im künstlerischen Bereich nichts verloren. Wenn die Künstler eine andere Stimmung brauchen als die durch DIN vorgegebene, dann ist es mMn ihre Pflicht, das auch zu ändern.
Es sind ja nicht "die Künstler", die alle eine andere Stimmung brauchen, sondern der eine möchte so, der andere so. Das ist, wie ich oben schon schrieb, ja auch völlig ok. Wer seinen Flügel zuhause anders stimmen möchte, kann das tun. Wer als Singer/Songwriter seine Gitarre andersvstimmen möchte - gerne. Auch wenn ganze Orchester ihren eigenen Instrumentenpark gerne auf eine andere Hausstimmung setzen, ist das völig in Ordnung.

Normen mögen "in der Musik nichts verloren haben" - sie sind in der Musik und anderswo auch nicht dazu da, irgendwem Vorschriften zu machen, sondern haben genau einen Sinn: die Kompatibilität sicherzustellen. Nur mit einer Norm passt eine Schraube, die ich egal wo kaufe, in das Gewinde z.B. auch an meinem Rhodes. Und genauso stellt die Norm sicher, dass zumindest alle Instrumente auf einen Stimmton von 440Hz hin stimmbar sind. Nicht weil 440Hz besser wären, sondern weil das eine Vereinbarung für das GEMEINSAME musizieren ist. Und ein Standard, an den sich alle Instrumentenbauer weltweit halten.

Wenn du deine Aussage "keine Normen in der Musik" konsequent zu Ende denkst, darf auch jeder Noten und Akkorde so benennen, wie er will, jeder eine eigene Notenschrift entwickeln und sein Instrument auf jede beliebige Frequenz stimmen. Denk dir das RealBook weg und jede Konvention, wie man mal eben ein Leadsheet schreibt. Für Solokünstler alles toll. Aber zusammen?

Dann ist eben nicht mehr "welchen Song spielen wir? Autumn Leaves? OK, 1,2,3,4...", sondern dann müssen 5 Musiker erstmal ausdisktieren, welche Stimmung jeder verwenden möchte (dem Pianisten ist es eigentlich egal, der kann abervnicht ml eben umstimmen. Der Gitarrist schwört drauf, dass seine Gretsch nur auf 448Hz gut klingt, wo der Saxophonist aber nicht hinkommt. Außerdem müssten beim nächsten Song, wo der Gitarrist die Paula spielt wieder alle umstimmen...), wie man den Ton rechts von der obersten schwarzen Taste im Dreierblock nennt ("H", "nein, X!", "B!!"), was eigentlich ein Takt ist und was der Drummer mit "3+" meint... du siehst, worauf ich hinauswill... ;) und wenn ich "ausdiskutieren" sage, dann weißt du, was das bei Musikern bedeutet. Die spielen wochenlang keinen Ton, bis die sich geeinigt haben...

Du hast zwar recht: dort wo Regeln und Konventionen die Kunst einschränken muss man sie brechen dürfen. Allerdings macht (auch wenn viele das glauben) der Regelbruch an sich noch keine Kunst. ;)

Also: beim gemeinsamen Musizieren braucht es in meinen Augen schon wirklich gute Gründe, um von der sinnvollen Vereinbarung, welche Frequenz ein a hat, abzuweichen. Gerne auch musikalische... ich vermute aber ganz stark, dass die Leute, die auf 422 gestimnte Flügel in Jazzclubs stellen, keinen einzigen guten Grund haben, sondern nur "macht man das nicht heute so?"...
 
Es nervt schon "wie die Sau" diese Stimmerei. Wir haben eine Kleinkunstbühne mit einem hochwertigen Flügel auf der Bühne. Wenn nun eine Band auftritt die auch Hammond Orgel verwendet müsste 440Hz anliegen.
viele Künstler schreiben aber in ihrem Vertrag "Flügel, frisch gestimmt auf 440Hz!
Das heißt dann jedesmal umstimmen. Kostet ja auch Geld. Ich bin der Meinung, dass man eigentlich 440Hz stimmen sollte. Der Solist mit Klavierbegleitung wird es m.E. nach eh nicht bemerken und bei Bands (auch die Barrelhouse Jazz Band wünscht immer die 442Hz) dürfte es auch kein Pkroblem sien, das muss der Bläser doch ab können, oder liege ich da ganz falsch?
 
Natürlich müsste der Bläser das abkönnen. Das wird auch keiner merken ob 440 oder 442, solange da keiner ein Stimmgerät auspackt und nachmisst.

Es ist einfach eine Pseudodiskussion, die leider einige Punkte völlig außer acht lässt:
Eine Geige lässt sich in Sekunden um ein paar Hz rauf oder runterstimmen, das ist alles kein Thema. Da bei Streichern ohnehin "on the fly" durch die Greifhand intoniert wird, ist auch die Reinheit von Intervallen kein Problem.
Ein Klavier (heute meist temperiert/gleichschwebend gestimmt) kann man im Prinzip im Rahmen dessen, was die Belastbarkeit des Materials hergibt, auch auf jede Stimmhöhe setzen, ohne die Intervalle zu ändern. Durch die Inharmonizität/Spreizung der Saiten ist ein Klavier "in sich" sowieso "verstimmt".
Ein Blasinstrument (zumindest die mit Löchern/Klappen) hingegen ist auf eine bestimmte Stimmhöhe konstruiert worden (und zwar so ziemlich als einzige Instrumentengattung, von Vibraphon/Xylophon etc. mal abgesehen). Stimmen muss man durch verlängern oder verkürzen der Luftsäule (meist am Kopf). Wenn man das ändert, stimmen die Intervalle (Lochabstände) nicht mehr (so ähnlich wie bei einer Gitarre, die nicht bundrein ist). Es ist also durchaus nicht NUR Geschmackssache, welchen Stimmton man verwendet (deswegen spielen Barockorchester, die historische Instrumente verwenden, in der Konstruktionsstimmung der beteiligten Holzbläser). Nur kommen die Forderungen nach Änderung der Stimmung immer von denen, die damit am wenigsten Ärger haben: die (Orchester-)Streicher. Die drehen einmal am Wirbelchen und damit hat es sich - nach mir die Sintflut.

ich habe übrigens noch eine ganz andere Begründung dafür gelesen, warum Orchester hochstimmen (weiß nicht, ob es stimmt, aber plausibel ist es): Durch das Hochstimmen werden die Streicher (und nur die, vor allem Geigen und Bratschen) etwas lauter. Die Bläser nicht. Man kann also die Streicher im Kontext etwas hervorheben - oder böse gesagt: man kann bei gleicher Balance des Klangs ein paar Leute einsparen. Sollte da was dran sein, wäre das nun so gar nicht mehr künstlerisch, sondern rein finanziell motiviert...
 
Sorry, aber solche Aussagen wecken bei mir infach den Widerspruchsgeist:
Ein rein psychologischer Effekt.
Das ist mehreren Untersuchungen zufolge ein Mythos.
Ich halte das eher für einen elitären Spleen einiger Dirigenten
um möglichst "anders" und "elitär" zu sein,
dieses pseudointellektuelle Hochstimmen
Für mich ist das ein rein psychologisches Moment.
Es ist einfach eine Pseudodiskussion,
Du könntest in Deinen Beiträgen wenigstens klarstellen, daß das Deine Meinung ist. Du stellst es aber meistens so dar, als wäre es die reine Wahrheit.

Allerdings macht (auch wenn viele das glauben) der Regelbruch an sich noch keine Kunst.
Habe ich auch nie behauptet. Da sind wir einer Meinung.
Ich bin aber nie gefragt worden, für welche Stimmung denn die Saite gewickelt werden soll.
Hast Du einen Bösendorfer zu Hause? Genauso, wie ein Paul Badura-Skoda 300-600 verschiedene Anschlagsvariationen auf einem Bösendorfer spielen kann, weil er das seit Jahrzehnten auf einem Instrument übt, das das abbilden kann, kann meiner Überzeugung nach ein Saitenspinner bei Bösendorfer Klaviersaiten je nach Anforderung unterschiedlich wickeln, weil er das seit Jahrzehnten mit hochwertigestem Material übt.

Ich habe jedenfalls einen Klavierbauer kennengelernt, der am Klang eines Flügels erkennen konnte, ob die Hammerfilze von europäischen oder australischen Schafen stammen. Ich kenne einen Gitarrenbauer, der die Hälse seiner Gitarre für Kunden, die dicke Saiten spielen, anders baut als für Kunden, die dünne Saiten spielen. Gute Absoluthörer hören auf wenige Cent genau, sie hören auch einen Unterschied zwischen 440 Hz und 443 Hz ohne Referenzton. Man kann das als Voodoo, elitären Spleen, Mythos etc. abtun. Ich tue das nicht, weil ich weiß, daß sich die menschlichen Anlagen durch Übung weit steigern lassen, und dazu gehört auch das musikalische Gehör.

So, das war mein letztes Statement zu diesem Thema,
McCoy
 
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hui, da hab ich ja ne Debatte losgetreten...

mir gings eigentlich um pragmatische Sachen.

Erst mal bin ich froh, wenn in einem Club ein, wie auch immer, aber gestimmter Flügel steht!!! Das ist leider überhaupt keine Selbstverständlichkeit mehr. Das war auch der Grund mir ein ordentliches "lebendiges" und tragbares Instrument wie das VVP zuzulegen, da ich Trio-Gigs nicht mehr mir Digitalpiano spielen wollte. Dadurch kam dem Rhodesklang in meinen Kompositionen aber auch immer mehr Bedeutung zu. Flügel und Rhodes sind halt nicht gleichzusetzten. Man kann zwar, wenn man seine Spieltechnik anpasst, alles einigermassen auf dem einen oder dem anderen Instrument spielen aber manche Stücke sind prädestiniert fürs Rhodes andere wollen wirklich akustisch gespielt sein.

Ein Kammerton hatte ja schon seinen Sinn
Das ist doch ein Rückfall in mittelalterliche Kleinstaaterei...
Dann fixiert man halt von mir aus den Kammerton irgendwann auf 442. Oder stimmt einfach in einem Club, in dem der Flügel hauptsächlich für Jazz/Rock/Pop etc benutzt wird, auf 440hz und in Locations in denen hauptsächlich klassiche Musik gespielt wird auf 442 oder was auch immer, nur festlegen wäre gut!!! Der Bassist in meinem Trio spielt einen 7-Saiter Bass, diesen von Stück zu Stück bei Wechsel von Rhodes zum Flügel und zurück umzustimmen reißt zu große Moderationslücken. Bei Bläsern ist das weniger ein Problem.
Und Veranstalter wehren sich auch zurecht gegen teure und dem Instrument nicht zuträgliche Umstimmereien.

ansonsten sprichst du mir @McCoy bei fast allem aus der Seele.
 
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Du könntest in Deinen Beiträgen wenigstens klarstellen, daß das Deine Meinung ist. Du stellst es aber meistens so dar, als wäre es die reine Wahrheit.
Ich denke, es ist recht offenkundig, dass das meine Meinung ist.

Andererseits: Dass das Thema im Wesentlichen auf rein subjektiver Wahrnehmung und psychologischen Effekten Beruht, ist wissenschaftlich x-fach untersucht und bestätigt worden - umgekehrt hat aber nie ein Verfechter der höheren Stimmung den Beweis angetreten, dass "seine" Stimmung nun nachweisbar (dazu gehört auch, dass eine gewisse Menge von Testhörern das klar unterscheiden können!) besser wäre.
Es gibt dazu einen Haufen Literatur - sehr viel davon findet man als Zitate in den Büchern von John Powell ("How music works" und "Why we love music"), der auch zu der Thematik von Tonarten (und Stimmungen) und ihren psychologischen Auswirkungen einen sehr guten Artikel geschrieben hat: J. Powell, N. Dibben: "Key-Mood Association: A Self Perpetuating Myth", Musicae Scientiae Vol 9 (2) 2005.

Das einzige, was sich irgendwie fassen lässt, ist die relativ konsistente Wahrnehmung höher gestimmter Instrumente (vor allem Streicher) als brillianter und messbar als lauter. Das ist auch logisch, weil höhere Stimmung auch höhere Obertöne bedeutet und mehr Saitenspannung weniger Dämpfung bedeutet. Das ist aber ein Effekt, der nicht bei 442 oder 443 ein Optimum hat, sondern der immer weiter nach oben fortsetzbar ist: höher, schneller, weiter. Und wie gesagt, der gleiche Effekt stellt sich ein, wenn man die Stücke einfach höher spielt statt die Instrumente höher zu stimmen.

Was ich meine mit "Pseudodiskussion": Welche Stimmung die bessere ist, ist eine rein subjektive Angelegenheit - es lässt sich schlicht nicht eine "beste" Stimmung ausmachen. Entscheidend ist, dass eine gemeinsame Festlegung jenseits aller Geschmacksfragen sinnvoll ist - egal auf welchen Ton. Sich dieser Konsenslösung zu entziehen, heißt einfach den eigenen Geschmack über den anderer zu stellen.

Habe ich auch nie behauptet. Da sind wir einer Meinung.
Gut ;) das ist leider bei vielen Verfechtern vor allem der Kunstformen, die sich im Feuilleton wiederfinden, oft nicht so...

kann meiner Überzeugung nach ein Saitenspinner bei Bösendorfer Klaviersaiten je nach Anforderung unterschiedlich wickeln, weil er das seit Jahrzehnten mit hochwertigestem Material übt.
Ich zitiere mal einen sehr geschätzten Kollegen: "Du könntest in Deinen Beiträgen wenigstens klarstellen, daß das Deine Meinung ist. Du stellst es aber meistens so dar, als wäre es die reine Wahrheit." etwas überspitzt, ich weiß. Du schreibst ja "meiner Überzeugung nach". Dennoch: hast du irgendeinen Anhaltspunkt dafür, dass das so ist? Mal mit einem Saitenspinner gesprochen? Dir die Produktion mal angeschaut?

So viel gibt es da nicht (bei einer Klaviersaite), was sich auf einen bestimmten Punkt optimieren ließe. Die "hochwertigsten Materialien" (bei Holz ist das was anderes!) sind: Stahldraht und Kupferdraht. Schauen wir uns doch mal an, was die Saite können muss: Ein Klavier braucht eine gewisse Saitenspannung, um überhaupt die einem Klavier eigene Lautstärke zu erreichen. Wir erinnern uns: erst durch die Erfindung des Gußrahmens wurde der Bau von einem PianoFORTE erst möglich. Diese Saitenspannung erfordert eine stabile Seele, die zig kg Zugkraft aufnehmen kann -> Stahldraht (heutzutage könnte man wohl auch Carbonfasern nehmen, macht aber keiner. Soviel zur Forschung ;) ) Jetzt soll aber die Inharmonizität der Saite so gering wie möglich sein, damit die Spreizung gering bleibt. Das Ideal ist eine Saite ohne Eigensteifigkeit, also eine unendlich dünne Saite. Je dünner aber die Saite, umso eher reißt sie. Dieser Zielkonflikt definiert die Dicke des Kerndrahtes. Möglichst dünn, aber stabil genug.
Damit der Ton jetzt (insbesondere im Bass) lange genug schwingt, braucht die Saite Masse, müsste also dicker sein. Dann wird sie aber wieder steif - s.o. Deshalb greift man zu dem Trick, die Saite mit Kupfer zu umspinnen: man fügt damit Masse hinzu, ohne die Saite steifer zu machen (jedenfalls viel weniger als wenn man gleich einen Draht der Dicke nehmen würde, die eine Bassaite nachher hat). Da gibt es zwar einige Parameter, die man ändern kann, aber keiner davon ist präzise aufs Hz einer bestimmten Stimmung zugeordnet. Unterschiede von einigen 10Hz (bezogen aufs Kammer-a), also wenn wir in den Bereich Viertel- bis Halbton vordringen, da gibt es Unterschiede. Allerdings: da ändert sich hauptsächlich die Länge der Saite um ein paar cm.

Wenn du irgendwo eine anderlautende Aussage findest, lasse ich mich gern überzeugen.

Folgende kleine Denkaufgabe für die Zwischenzeit mag vielleicht verdeutlichen, warum du meiner Ansicht nach die "Wickelparameter" und ihren Einfluss maßlos überschätzt: Schau dir die Saiten eines Klaviers oder Flügels an. Die ersten paar (im Bass beginnend) sind doppelt umsponnen, dann plötzlich ein paar nur einfach umsponnen, dann nur noch blanker Draht, ein- zwei- oder dreichörig. Der Klangcharakter zwischen der letzten doppelt gewundenen Saite und der ersten einfach umwundenen unterscheidet sich bei einem gut intonierten Instrument nicht. Das ist wie aus einem Guß. Den größten Unterschied wirst du zwischen ein- und zweichöriger Bespannung feststellen - das hat aber nichts mit der Wicklung zu tun, sondern mit der minimalen Verstimmung bzw. Wechselwirkung zwischen den beiden Saiten des Chores.

Ich kenne einen Gitarrenbauer, der die Hälse seiner Gitarre für Kunden, die dicke Saiten spielen, anders baut als für Kunden, die dünne Saiten spielen.
Das ist klar, leuchtet auch ein. Die Halsvorspannung muss ja zum Gegenzug der Saiten passen, die Saitenlage passt sonst nicht mehr etc.pp.
Würde man beim Klavier eine andere Saitendicke aufziehen wollen, müßte man auch die Konstruktion ändern. Das ist aber was GANZ anderes als 2 oder 3 Hz rauf oder runter, sofern man nicht bei einem Instrument von 1900 mit 440Hz eh schon an der Grenze des Machbaren ist, weil das Klavier für 415Hz gebaut wurde.

Abschließend: die Diskussion, warum eine Stimmung besser oder schlechter wäre als eine andere, kann man endlos führen - vermutlich ohne Ergebnis.
Würdest du mir denn zustimmen, dass eine Festlegung auf einen (egal welchen) gemeinsamen Nenner sinnvoll ist, sobald mehrere Leute zusammen spielen?
 

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