Anfänger-Fragen zu Übungsheften und Noten

  • Ersteller Maik123
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Maik beschreibt, dass er ein Stück sicher auswendig spielen kann, er beherrscht es und braucht keine Noten zum Spielen.
Aus seiner und unserer Sicht ist damit eigentlich das Lernziel erreicht, ein Stück am Klavier spielen zu können.
Das will er (deutlich) langsamer spielen, was bei sicherem Können auch kein Problem sein sollte.

Jetzt kommt die Gefahrenquelle: das langsame Spielen soll dafür genutzt werden, um sich gleichzeitig auf die Notenschrift konzentrieren zu können und (vermutlich) den Zusammenhang von Motorik und Notenbild wahrzunehmen.

Da der Organimus dieses neue Informationsangebot genauso verarbeitet wie jedes andere, kann aus dem (auch im sog. Muskelgedächtnis) memorierten flüssigen Spielen bei Konzentration auf die schlecht lesbaren - und hier überflüssigen - Noten auf diese Weise ein relativ weniger sicheres bis zögerlich stockendes Spielen werden.

Das Spielen eines auswendig beherrschten Stückes bringt nicht viel für das Notenlesen, außer vielleicht, man stellt sich das Spielen und die Notation allein im Geiste vor.
Umgekehrt werden im Fall von Stocken und Verspielern einst bereits in Unbewusste verschobene Abläufe der Feinmotorik wieder ins Kuzzeitgedächtnis geholt, um neu programmiert und damit zwangsläufig umgelernt zu werden.
Das geht nicht über "Ergänzen" vorhandener Synapsen, sondern durch Schwächung (teilweises Auflösen) vorhandener Verbindungen und das Bilden von neuen.

Wesentlich zielführender ist die Kombination von einfachstem Spielen mit neuem Material. Dazu benutzt man sinnvollerweise eine bewährte Methode, die für Autodidakten geeignet ist und etwas Grundwissen der Musiklehre und das Klavierspielen Hand in Hand vermittelt, wie das z.B. der Band von Heumann seit über 25 Jahren erfolgreich macht.

Gruß Claus
 
Das Spielen eines auswendig beherrschten Stückes bringt nicht viel für das Notenlesen, außer vielleicht, ...
... man nimmt sein Spiel auf und übt anschließend, die Noten beim Zuhören/Abhören mitzulesen. Dabei konzentriert man sich dann auf eine "Linie" und fährt mit einem Lesezeichen an den Noten entlang. Das unterstützt die Konzentration auf das Notenbild. Der Lerneffekt wäre eine Verknüpfung von Notenbild und Klangvorstellung.
... man tippt irgendwo auf die Zeitleiste des Voice-Recorders, hört sich einen Abschnitt an und sucht den in den Noten.
So würde ich beginnen, die Noten zu einem bekannten und gekonnten Stück zu lesen.

In meinen Augen ist es ein Fehler zu sagen: "Kann ich auswendig. Also was brauch ich die Noten noch?" Wenn man ein Stück längere Zeit nicht gespielt hat und Erinnerungslücken aufkommen, muss man sich mühsam durch die nie richtig gelernten Noten hangeln. @Claus Einwand kann ich gut nachvollziehen. Daher würde ich einen Weg suchen, bei dem das Lesetraining zuerst ohne Einbeziehung der Hände stattfindet. Erst wenn die Augen sicher im gewohntem Spieltempo dem Notentext folgen können, kommt das Koppeln von Spielen und Lesen.
Hier muss man sich aber wirklich fragen, was man erreichen will. Wenn man ein St,ück sicher auswendig spielen können möchte, muss man genau das auch immer wieder in der gewohnten Form tun, damit nicht plötzlich eine Abhängigkeit vom mitgelesenen Notentext entsteht.

Ein Fallbeispiel zum "Rückwärts Lernen"
Ich hatte mal eine Schülerin mit einer ganz eigenartigen Lernphase, in der sie plötzlich unfähig war, nach Noten zu spielen. Also haben wir das Pferd von hinten aufgezäumt. Ich habe ihr zuerst die Musik vorgespielt und sie las sie mit. So weit so üblich, um eine Klangvorstellung zu bekommen. Um kontrollieren zu können, ob sie wirklich "bei mir" war, wanderte sie mit einem dünnen Zeigestock auf den Noten mit. Das funktionierte in der Regel sehr gut. Dann habe ich gezeigt und erklärt, wie die Musik gespielt wird und sie hat es nachgemacht. Dabei sah sie zuerst auf die Hände. Wenn sie einen Abschnitt gelernt hatte, bat ich sie, diesen mit geschlossenen Augen zu spielen und der Bewegung der Hände nachzuspüren. Denn die Spielbewegung sehen und die Spielbewegung fühlen, führt zu völlig unterschiedlichen Wahrnehmungen. Man kann beim Spiel mit geschlossenen Augen versuchen, sich die Bewegung der Hände vorzustellen. Ob das klappt, kann ich natürlich nicht kontrollieren. Wenn das "Blindspiel" klappte, bat ich sie, die Augen zu öffnen und auf den leeren Notenständer oder an die Decke, die Wand ... zu sehen. Im nächsten Schritt stellte ich die Noten auf und sie guckte "irgendwie" auf das Notenheft. Sie war dabei aber noch auf die innere Vorstellung konzentriert. Im nächsten Schritt las sie mit, was sie spielte. Um die Augen zu führen, wanderte ich mit einem dünnen Zeigestock auf den Noten mit. Im nächsten Lernschritt musste sie ohne diese Stütze klar kommen.

Dieser Lernweg entstand, als mir klar wurde, dass das Lesen die Schülerin quasi vom Spielen ablenkte, anstatt das Spiel zu stützen. Was auch immer der Grund für diese Art von Störung war (im Grunde konnte sie ja Noten lesen), das war jedenfalls unser Weg, mit dem wir das Problem in den Griff bekamen und der dazu führte, dass sie eines Tages einfache neue Aufgaben ohne jede Erklärung von den Noten abspielte.

Gruß
Lisa
 
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Da der Organimus dieses neue Informationsangebot genauso verarbeitet wie jedes andere, kann aus dem (auch im sog. Muskelgedächtnis) memorierten flüssigen Spielen bei Konzentration auf die schlecht lesbaren - und hier überflüssigen - Noten auf diese Weise ein relativ weniger sicheres bis zögerlich stockendes Spielen werden.
Ja, ohne weiter darauf eingehen zu wollen wie ein Lerneffekt physiologisch entsteht (ein "Verlernen" in dem Sinne gibt es nicht), das war nicht das worauf ich hinauswollte.
Ich verstehe die Fragestellung des TE durchaus und es ist auch klar, dass das Spielen des auswendig gelernten Stückes anfangs stocken wird, wenn er dazu die Noten liest, wie soll es auch anders gehen ohne Vorkenntnisse. Aber das Stocken wird nicht zu einem Verlust von Informationen / gespeicherten Abläufen führen, sondern geht darauf zurück, dass die Konzentration geteilt wird zwischen etwas was man kann und etwas völlig neuem. Mit steigender Sicherheit im Notenlesen wird es auch kein Stocken mehr geben.

Ich halte es, wie gesagt, nicht für eine gute Methode für das Lernen der Notenschrift, aber sehe durchaus einen Benefit in der Aufarbeitung der Noten zu einem Stück, welches man bereits auswendig kann. Dazu hat @Lisa2 auch gute Gedanken eingebracht.

Um es nochmal präzise zu sagen, ich meine lediglich, dass mit der Aufarbeitung der Noten zum Stück kein Schaden entstehen wird. Dass es deutlich bessere Methoden zum Lernen gibt, wissen wir alle (auch ich, wie aus anderen Beiträgen ersichtlich sein dürfte).
Und streng genommen, würde ich auch jeden anderen Weg vorziehen und solche "Spielchen" dann angehen, wenn mehr Wissen vorhanden ist und es weniger mühsam (und evtl. frustrierend) ist.
Dennoch: "auswendig kennen/können" schön und gut aber mit einer soliden Basis macht es deutlich mehr sinn und ist langfristiger.
 

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