Sehe ich auch so, jedenfalls etwas komplexer: Die großen Händler haben auch eine große Auswahl und die Produktpolitik der Hersteller auf einem relativ gesättigten Markt kommt noch dazu: Welcher lokale Händler hat die Chance, sich alle möglichen Varianten des grundsätzlich gleichen Instruments hinzuhängen, die die Hersteller gerade anbieten? Ende der 70s hat man gerade mal allenfalls 4 Strat-Varianten unterschieden: m/n und r/n, Vibrato vs. hard tail... Heute bietet alleine 7ender mit Submarken und C/S eine solche Fülle an verschiedenen Modellen, von Farben ganz zu schwiegen, dass sich ein kleiner Händler keine Übersicht haben kann. Und neben der Strat gibt es noch Teles, die "odds", und dann noch PRS und Gibson und Gretsch und ... Kunden bekommen die Übersicht über die Vielfalt des Marktes über das Netz und möchten das dann auch erleben können. Auf der Webseite oder im Laden.
Richtig. Und deswegen sagte ich, dass die Schuld nur einer Seite zu geben zu kurzsichtig gedacht ist.
Einerseits sind wir als Kunden mit dem Kauf- und Rücksendeverhalten ein Teil des Problems, andererseits haben auch die Hersteller mit den Vertriebsstrukturen ihren Teil zur Situation beigetragen.
Es bringt zwar nichts, immer auf das „Früher“ zu verweisen, dennoch war die Situation früher anders, teils vielleicht auch für alle Beteiligten besser.
Ich hab’s schon öfter geschrieben, deswegen habe ich mich zunächst kurz gehalten.
Der Händler an meinem Ort hatte, als ich zu Beginn der 90er mit E-Gitarre angefangen habe (vorher gab es schon einige andere Instrumente), eine breite Auswahl an Modellen in allen Preisklassen. Vereinfacht gesagt gab es da die günstigen Einsteigermodelle, dann eben Fender, Ibanez, usw. bis zur Gibson LP Custom. Bei den Amps sah es ähnlich aus. Alles natürlich vereinfacht dargestellt.
Und man ging hin, spielte an, begeisterte sich für irgendwas, hat gefragt, ob er auch dieses oder jenes Modell oder Marke besorgen könnte - alles kein Thema. Weil es eben auch möglich war, eine (!) Gibson, eine Fender usw. in den Laden zu stellen, ohne gleich die ganze Palette für zigtausend Euro abnehmen zu müssen.
Irgendwie konnte jeder so vernünftig leben. Der Käufer mit den Angeboten und dem Service, der Händler mit dem, was er verkaufen konnte.
Die Auswirkungen des Internets auf den Käufer (Verfügbarkeit von allem, was es gibt, Rückgabe, usw.) müssen nicht gesondert aufgezeigt werden.
Der Glaube, dass die großen Onlinehändler immer den besten Preis haben, muss auch nicht zwingend richtig sein.
Bei mir ist es mittlerweile so, dass mein örtlicher Händler in der Regel die erste Anlaufstelle ist. Wenn ich weiß, dass er dies oder jenes nicht besorgen kann, wenn ich mir nicht sicher bin, ob dies oder das für mich passt, dann mach ich ihm nicht die Arbeit, irgendwas über Umwege zu besorgen, das er dann evtl. zurückgeben muss. Oder, wenn ich frage, ob er dies oder das besorgen kann, dann bekomme ich entweder ein „klar“, oder ein deutliches „Nein“, mit dem Hinweis, ich solle das woanders kaufen, es macht für ihn keinen Sinn.
Dieser Händler entwickelt sich vom Vollsortiment auch weg und spezialisiert sich auf bestimmte Instrumentengruppen, bzw. hat nur wenige Marken einer Gruppe, dafür aber Qualität.
Das ist sicherlich auch wieder unvollständig, aber soll eben zeigen, dass die „Schuld“ an der Situation nicht nur bei einer Partei liegt,