Musiktheorie und Notenkenntnisse notwendig zum Musizieren?

  • Ersteller Gast290603
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Aber ganz bestimmt haben solche Leute sich ja auch ihr System im Kopf gebaut. Also ihre Art von Theorie, die dann halt nicht allgemeingültig ist, aber für das Instrument und die jeweilige Art von Musik super funktioniert. Und mein Eindruck ist irgendwie auch, dass das zu 90% auf der Gitarre so ist und dann vielleicht noch 9% Klavierspieler.
Funktioniert vielleicht nicht super, aber sehe ich auch so. Ich kann meine Landkarte auf dem Griffbrett so einigermassen lesen, manche besser als ich, andere garnicht.
Frei nach dem Motto: Die Wahrheit liegt auf dem Platz.
Oliver wird altersmilde ;-)
Ich behaupte mal, dass überproportional viele Musiker, die viel Noten lesen und häufig vom Blatt spielen, oft – sehr oft – Probleme haben, etwas frei zu spielen.
...und das trifft meine Erfahrung. Hab immer mal wieder versucht, mit Musikern mit Konservatorium-Ausbildung irgendwie zu musizieren. Das hat fast nie funktioniert, nicht weil sie mit mir als Amateur nicht spielen wollten, sondern, weil sie es nicht konnten. Sie hätten es gerne gemacht. Könnte ich straight nach ihren Noten spielen, kein Problem. Aber 1. ich kann das nunmal nicht, und 2. es groovt nicht. Sobald die einen Ton nicht treffen, fällt der Vorhang.
Schade ist es nur, wenn klassische Musiker gern improvisieren können würden,
Manche leiden darunter, anderen ist es egal. Sie kleben an den Noten wie mit Sekundenkleber, Defizite haben alle, sie mit Noten, ich ohne. Ohne Wertung.
Je mehr ich übe, desto begabter werde ich.
Schwer zuzugeben, aber da hast du recht.
Nach diesen Noten kann ich es auch ein halbes Jahr später nachspielen, aber wie notiere ich das, wenn ich keine Noten lesen/schreiben kann?
Was weg ist, ist weg. Die Möglichkeiten sind ja da, wenn du willst.
Nun, ich backe ganz kleine Brötchen.
Komm...
Meine Frau und meine Tochter haben mir ihre "alten" Smartphones (jünger als 4 Jahre) angeboten und zurückgelegt, falls ich mich anders entscheide, aber noch geht es ohne.
Hör auf die beiden, du hast genug freie Zeit s.u.!
ich dachte bei meiner Reaktion auf meine Gleichaltrigen, die vielleicht keine Noten lesen können und als Rentner (viel freie Zeit) endlich ein Instrument erlernen wollen.
Du bist ja nicht 92, sondern erst...
s.o.
 
Hab immer mal wieder versucht, mit Musikern mit Konservatorium-Ausbildung irgendwie zu musizieren. Das hat fast nie funktioniert, nicht weil sie mit mir als Amateur nicht spielen wollten, sondern, weil sie es nicht konnten.
Ihr musiziert in verschiedenen Welten, die sich nur wenig überschneiden. Dh. einer von Euch muss die Grenze überqueren und in die Welt des jeweils anderen gegen, dh. beides lernen.

Für reine Klassiker ist der Aufwand ähnlich groß wie für Dich Noten und Blattspielen zu lernen ... möglich ist es aber beides, wenn man die Motivation mitbringt. Heutzutage viel einfacher als vor 20 Jahren.
 
Ein Hallo in die Runde,

ich habe die Frage, ob sich ein Instrument ohne Notenkenntnisse und Musiktheorie erlernen lässt, interessiert verfolgt. Insofern war es mir egal, ob (einigen Aussagen hier zufolge) das Thema schon mehrmals diskutiert wurde. Im Grunde findet man ja zu fast jedem Thema schon einen Thread. Aber die Kommunity ist halt auch jedes Mal eine etwas andere, Gedanken werden neu geformt, Diskussionen nehmen eine andere Richtung etc.

Wenn man sich die Entstehungsgeschichte der Musik anschaut, ist – soweit sich das heute nachvollziehen lässt - lange Zeit Musik gemacht worden, ohne dass man sie hätte aufschreiben können. Irgendwer hat sie sich ausgedacht, und sie wurde durch Hören und Reproduzieren überliefert. Es gibt da viele Parallelen zu Sprache und Schrift. Die Notwendigkeit der Notation ergab sich erst mit der Mehrstimmigkeit, der Entwicklung von mehrstimmigen Instrumenten, und dem gemeinsamen Musizieren. Was für ein Abenteuer! Welche Töne passen zusammen, welche Rhythmik hat das Ganze, welches Tempo, Dynamik, Ausdruck… das alles hat sich nach und nach entwickelt. Schlaue Köpfe haben dann darüber nachgedacht, wie man von einem Akkord in den nächsten kommt, und Regeln dafür aufgestellt. Aber sind musikalische Satzregeln in Stein gemeißelt? Ich sag‘ mal ganz frech: nö – das wäre ja ein Hemmschuh in der Entwicklung. Was in unseren Ohren schön klingt, verändert sich ja unaufhörlich.

Die Begabung und das Verständnis für Musik – kurz Musikalität genannt, ist m.E. nicht mal davon abhängig, ob jemand ein Instrument erlernt oder nicht (obwohl es große Verschwendung wäre, wenn er es nicht tut). In meinem Chor gibt es zwei, drei Stimmen, die wirklich außergewöhnlich sind, astrein jeden Ton treffen, und über einen natürlichen Resonanzkörper verfügen, ohne sich jemals mit Stimmbildung beschäftigt zu haben. Sie können keine Noten lesen, besitzen aber ein phänomenales musikalisches Gedächtnis, insbesondere dann, wenn sie nicht im Sopran die Melodiestimme singen.

Hier wurde viel über Musiktheorie gesprochen, und viele verstehen darunter etwas anderes: Notenlesen, Fingersätze, Akkordsymbole, Harmonielehre, Kompositionslehre u.s.w.. Egal, was man sich darunter vorstellt: letztendlich erklärt, beschreibt und analysiert sie „nur“. Um ein Instrument zu erlernen, ist nichts davon nötig. Aber möchte man dieses Können anderen vermitteln, und sei es nur, um mit ihnen zusammen musizieren zu können, braucht es eine gemeinsame Sprache. Wer da nicht auf Altbewährtes zurückgreift, verwendet viel Zeit für die Verständigung.

Ute
 
Grund: Grammatik
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Hi Ute
Seh ich genauso wie Du. Es gibt hier im Forum halt einige Musiktheorie-Taliban ;), die diese Meinung aus was für Gründen auch immer, nicht so stehen lassen können
 
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Hab immer mal wieder versucht, mit Musikern mit Konservatorium-Ausbildung irgendwie zu musizieren.
Vor Jahrzehnten durfte ich einmal als Bassist im Trio mit einer "eingesprungenen" Hochschulstudentin des klassischen Klavierspiels auf einer Hochzeit spielen. Je später der Abend, desto mehr Runden wurden gespielt. Als es schon ganz schön spät war und wir keine vorbereiteten Stücke mehr hatten, zog sie ein Real Book aus der Tasche und fegte noch durch einige Standards - glückliche Fügung.

Das ist nur möglich, wenn man viele der Stücke im Grunde kennt, etwas aus den Lead Sheets machen kann und dank guter Ausbildung auch eine gute Spieltechnik zur Verfügung steht, wodurch das dann einfach "läuft".

Seh ich genauso wie Du. Es gibt hier im Forum halt einige Musiktheorie-Taliban...
Vor gut fünf Jahren gab es einen, der allerdings innerhalb eines Jahres trotz allem Wissen und aller Fähigkeiten an seinem schlechten Benehmen gescheitert ist.
Ansonsten lässt sich in praktisch jedem Thema nachlesen, dass gerade die einschlägig kompetesten Leute hier Fragen so beantworten, dass es eben nicht "von oben herab" erscheint.

Gruß Claus
 
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Ansonsten lässt sich in praktisch jedem Thema nachlesen, dass gerade die einschlägig kompetesten Leute hier Fragen so beantworten, dass es eben nicht "von oben herab" erscheint.
Bitte nicht in den falschen Hals bekommen.
Ich schätze sehr wohl die Kompetenz in diesem Unterforum.
 
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In meinem Chor gibt es zwei, drei Stimmen, die wirklich außergewöhnlich sind, astrein jeden Ton treffen, und über einen natürlichen Resonanzkörper verfügen, ohne sich jemals mit Stimmbildung beschäftigt zu haben. Sie können keine Noten lesen, besitzen aber ein phänomenales musikalisches Gedächtnis, insbesondere dann, wenn sie nicht im Sopran die Melodiestimme singen.
Natürlich, so was gibt es. Dass in Deinem Chor gleich mehrere solche Leute sind, ist schön für Euren Chor, aber eher ungewöhnlich, finde ich.

Ich kenne auch so eine Sängerin, ganz großes Naturtalent, die dann später aber noch studiert hat und inzwischen International bekannt ist, ohne die Theorie wäre die mMn nicht so weit gekommen.

So ein außergewöhnliches Talent haben wir Normalbürger aber meistens nicht, und da kommt man eben mit einer soliden Ausbildung trotzdem weit. Wenn man dagegen die Supertalente als Normalfall sieht und deshalb denkt, dass es keine Musiktheorie braucht, bleibt Otto Normal meistens irgendwo unter seinen Möglichkeiten.

Den Talibanvergleich kann ich nicht nachvollziehen, mit fällt da hier im Forum keiner ein, der sich so benimmt (ich selbst hoffentlich auch nicht).
 
So ein außergewöhnliches Talent haben wir Normalbürger aber meistens nicht,
Es wird wohl auch welche geben, die es haben, es aber nicht weiterentwickeln. Ich denke da an einen Professor, den ich kannte und seine Frau, eine Pianistin mit beginnender Karriere. Als sie in Japan geheiratet hatten (er Deutscher, sie Japanerin), hat er ihr verboten, weiter aufzutreten. So kam es. Sie hat ihm dann 7 Kinder "geschenkt".

Ich habe dieses Talent auch nicht. Aber wie bei den meisten hier, hätten wir mehr geübt, wären wir weitergekommen.
1. das Leben ist zu kurz, daher...
2. ...diese verdammte Notwendigkeit, Prioritäten setzen müssen.
Den Talibanvergleich kann ich nicht nachvollziehen, mit fällt da hier im Forum keiner ein, der sich so benimmt (ich selbst hoffentlich auch nicht).
Du schon mal garnicht, dazu bist du nicht hart genug und überdies zu sozial ;-)
 
Den Talibanvergleich kann ich nicht nachvollziehen, mit fällt da hier im Forum keiner ein, der sich so benimmt (ich selbst hoffentlich auch nicht).
Ich glaube, zu wissen worauf Claus anspielt und wenn ich Recht habe, habt ihr euch wohl um so ein Jährchen verpasst. Wobei ich gerade im MuTh Forum die Beiträge dieses Users sehr geschätzt hab - aber der Kollege ist zusätzlich gefühlt in jedem Unter Sub über jede Formulierung drüber gefahren :rolleyes:
 
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und das trifft meine Erfahrung. Hab immer mal wieder versucht, mit Musikern mit Konservatorium-Ausbildung irgendwie zu musizieren. Das hat fast nie funktioniert, nicht weil sie mit mir als Amateur nicht spielen wollten, sondern, weil sie es nicht konnten. Sie hätten es gerne gemacht.
Und auch hier würde ich interessiert die Frage stellen, was Ursache und was Wirkung ist?

In der Klassik wurde früher viel improvisiert und sogar „gebattelt“. Die meisten der hier partizipierenden Instrumentalisten und Komponisten waren exzellente Musik-Theoretiker.

Also kann jetzt ein studierter Musiker nicht frei spielen, weil ihn Noten oder Theorie daran hindern? Oder lag ihm vielleicht der freie Ansatz nicht, und er hat deshalb den stärker formalisierten Weg gewählt?

Ich konnte mal ganz gut Geige und Saxophon vom Blatt spielen. Theorie hat sich mir nie wirklich erschlossen. Inzwischen habe ich am Klavier größte Schwierigkeiten mit den Noten, weil mich der für mich neue Bass-Schlüssel verwirrt.

Kann ich jetzt besser frei spielen? Nein! Würde ich es gerne können? Ja! Meine Schlussfolgerung. Noten und Theorie nicht zu beherrschen ist jedenfalls kein Garant dafür, ein guter oder besserer Musiker zu sein, oder frei spielen zu können…

Gruß,
glombi
 
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Und auch hier würde ich interessiert die Frage stellen, was Ursache und was Wirkung ist?

In der Regel bist Du gut darin, was Du tust, was vermittelt wird, womit Du Dich beschäftigft.

Umgekehrt wird ein Klassiker halt sagen, mit den Amateuren mit beschränkten Notenkenntnissen habe ich versucht Mozart zu spielen, aber die hatten Probleme die Noten zu entziffern und überhaupt kein Gefühl dafür,wie man Mozart spielt. Und wenn beide sich in einem klassische karnatischen Ensemble wieer finden,dann haben sie beide keine Chance.


Ich kenne Leute, die kommen vom klassischen Klavier incl. Konservatoriumsausbildung mit Konzertdiplom. Und hat dann zusätzlich gelernt, wie man in einer Big Band spielt.
Ich kenne einen Klassiklehrer, der Improvisation anbietet, aber 'die meisten wollen nicht'.
Ich kenne einen Saxophonlehrer, der hat bis dato rein nach Noten spielenden Querflötenschülern Improvisation nahe gebracht und sie waren erstaunt, was sie können.

Letztendlich spielen wir ein Musikinstrument und wollen Musik machen.
Und auf dem Wege dahin können wir überlegen, was wir tun oder unterlassen.
Das ist abhängig von Zielen, Musikstil usw.

Fallen mir noch drei blöde Sprüche ein:
- Wer will,findet Wege; wer nicht will, findet Ausreden.
- "Madam, nobody comes to concerts to hear me read music." -- Errol Garner
- Manchmal ist der Weg das Ziel. Manchmal ist das Ziel im Weg.

Ich kann ohne Noten spielen, aber ohne Notenkenntnisse könnte ich nicht spielen, was ich spiele.

Grüße
OmegaMinus
 
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Also kann jetzt ein studierter Musiker nicht frei spielen, weil ihn Noten oder Theorie daran hindern? Oder lag ihm vielleicht der freie Ansatz nicht, und er hat deshalb den stärker formalisierten Weg gewählt?
Ich komme ja von der Klassik.
In der Musikschule, so mit 16 - 17 Jahren, hatte ich das Glück, einmal pro Woche Liedspiel und Improvisation bei einem älteren Herrn zu haben, der sonst an der Hochschule unterrichtet hat.
Da spielten wir erst Choräle und Volkslieder. Die Choräle mit Generalbass, selbst ausschreiben, irgendwann versucht vom Blatt zu spielen. Volkslieder mit "Funktionellem Tonsatz", also den funktionalen Ansatz, nicht die Stufentheorie. Dann auch mal einen Chorsatz schreiben für Choral oder Volkslied. Später dann auch Variationen über Volkslieder oder kleine Themen, auch mal ein Kontrapunktversuch.

Das war aber alles "klassische Musik", also nix mit Jazz Blues oder ähnlichem. Davon hatte ich damals und auch noch über viele Jahre danach keinen Plan.
Ich kann daher aus eigener Erfahrung sagen, dass man auch als klassischer Musiker improvisieren lehren und lernen kann.

Als ich dann bisschen studiert habe, gab es auch einen Kurs Improvisation, der war aber komplett zeitgenössisch angelegt, also ohne jede Theorie. Ich vermute mal, inzwischen sieht es da besser aus. Zu meiner Zeit gab es auch eine komplette Trennung zwischen Klassikern und "U-Musikern", eine klassische Klavierstudentin ist fast aus dem Vorspiel geflogen, als sie Gershwin Prelude 2 gespielt hat.

Also, was ich damit sagen will: Es gibt viele Wege zum "freien Spiel", sei es Volkslied, Blues, Bluegrass oder Free Jazz.
Für mich geht es mit Theorie besser, und ich würde mich ohne komplett "nackig" fühlen. Ich will wissen, wie und warum etwas funktioniert und hatte auch nie Probleme, mir sowas anzueignen.

Aber ich weiß, dass es Leute gibt, denen ist das irgendwie zuwider. Was auch immer dahintersteckt, sie wollen oder können da einfach nicht ran - viele können aber trotzdem gute Musik machen.
Wichtig finde ich nur, dass sie sich weiterbilden, wenn sie an irgendwelche Grenzen stoßen. Bzw schade drum, wenn sie es nicht tun, weil sie mit vielleicht 20 - 30 Stunden Unterricht und Üben sich eine neue Welt erschließen.

Wer ohne zufrieden ist mit dem was er/sie macht - alles gut.
Wer Lücken hat, kann sie schließen oder nicht, das hat dann entsprechende Konsequenzen.

Und ich spreche natürlich von Ottonormalbürger. Mozart, Erroll Garner oder Joey Alexander funktionieren einfach anders, das kann man bewundern, aber daran braucht man sich imo nicht zu orientieren.
 
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Also kann jetzt ein studierter Musiker nicht frei spielen, weil ihn Noten oder Theorie daran hindern? Oder lag ihm vielleicht der freie Ansatz nicht, und er hat deshalb den stärker formalisierten Weg gewählt?
Ich weiß nicht wie du freies Spiel definierst. Im Sinne von über einen Blues/Standard improvisieren oder frei frei. Ersteres ist formaler als man denkt. Die Idee vom genialen musikalischen Zufall im Augenblick benötigt viel Vorbereitung. Ich denke in der Instrumentalpädagogik hat sich viel in den letzten Jahrzehnten gewandelt. Mein Gefühl ist, dass es da eine lange Phase gab, in der Improvisation stiefmütterlich behandelt wurde. Wahrscheinlich liegt da eine große Ursache.
 
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Also kann jetzt ein studierter Musiker nicht frei spielen, weil ihn Noten oder Theorie daran hindern? Oder lag ihm vielleicht der freie Ansatz nicht, und er hat deshalb den stärker formalisierten Weg gewählt?
oder ist das einfach eine andere Disziplin?
 
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Also kann jetzt ein studierter Musiker nicht frei spielen, weil ihn Noten oder Theorie daran hindern?
Wie sollte so eine "Hinderung" denn in der Praxis funktionieren, wenn ein Musiker willens und fähig zum Improvisieren ist?

Der (Rahmen-)Lehrplan des Verbands der öffentlichen Musikschulen zeigt, dass die Ausbildung in Improvisation "eigentlich" dazugehört, sogar schon seit Jahrzehnten. Die Realität hängt wahrscheinlich vor allem von der Einstellung der konkreten Lehrer und Schüler ab.

Die Entwicklung der Auftrennung in der musikalischen Ausbildung nahm meines Erachtens mit der steigenden Popularität des Klaviers in der Hausmusik des 19. Jahrhundert ihren Anfang.
Die damalige Ausbildung nahm natürlich Rücksicht auf den Wunsch der zahlenden Auftraggeber (Eltern), vorzeigbare Resultate der Schüler/innen anhand hübscher Spielstücke zu liefern. Diese Spielstücke lassen sich bis heute astrein nach Noten unterrichten. Dazu ggf. noch ein paar passende Czerny-Übungen für die Technik und es läuft mit dem Unterricht am Klavier.
Die Anleitung zur Improvisation und die Unterrichtung der Musiktheorie wurden einhergehend zum zeitraubenden Aufwand, der zugleich für die meisten Schüler-/innen ganz gut bis einverständlich wegfallen konnte.

Wer in der Jugend nach ca. 8 Jahren Musikschulausbildung darauf kommt, ein Hochschulstudium Musik anzustreben, wird aber auch heute feststellen können, dass bei der Orgel die Improvisation in der Kirchenmusik dann doch eine Rolle spielt. Die Anästze zur Improvisation in der klassischen Musik kommen mir anhand der minmalien Auswahl dazu in meiner Sammlung wenig handfest vor, zum Gebiet "Neue Musik" kann ich nichts sagen.

Die Abspaltung der Teilgebiete Improvisation und Musiktheorie hat sich in der musikalischen Ausbildung offenbar ganz gut gehalten.
Zumindest funktionierte das solang, bis ab Mitte des 20. Jahrhunderts "unausgebildete" Popularmusik allgegenwärtig wurde (Elvis und die Folgen).
Damit wurde die Improvisation zum Bestandteil der Aufführung von Musikstücken und letztlich ein breiter angestrebter Ausbildungswunsch.
Praktisch unabhngig davon gab es die seit den '20er Jahren bis ungefähr Mitte der '70er rasante Entwicklung des Jazz, der dabei allerdings auch seine Rolle als sehr populärer Muskstil eingebüßt hat.

Gruß Claus
 
Wie sollte so eine "Hinderung" denn in der Praxis funktionieren, wenn ein Musiker willens und fähig zum Improvisieren ist?
Keine Ahnung. Aber es wird ja hier gerne behauptet, dass Theoriekenntnisse die Kreativität/Musikalität behindern würden. Die Erklärung hierfür wollte ich ja mit meinem Post provozieren...
 
Ein Beispiel wurde oben von ci-siamo genannt, dass "gut ausgebildete" Musiker eben nicht improvisieren oder ein "mal eben" nur mündliches oder nur vorgespieltes Arrangement spielen konnten.

Das glaube ich schon, nur sehe ich den Grund für die Lücke nicht einfach in der Ausbildung, auch wenn die schon aus finanz- wie auch zeitökonomischen Gründen tradtionell aufgesplittet ist.
Einblick hatte ich da vor allem bei meinen privat bekannten Musiklehrern der Musikschule. Unterricht und Ensembles mit Inhalten zur Improvisation waren dort Zusatzangebote, das Gleiche galt für fortgeschrittene Inhalte der Musiktheorie.

Letztlich hängt das Ergebnis beim jeweiligen Musiker meines Erachtens aber an den eigenen Entscheidungen nach musikalischen Interessen, der Zeit für "Nebenthemen" und an der musikalischen Spezialisierung, die bei hohen Begabungen schon früh beginnen kann.
Wie unter solchen verschiedenen Voraussetzungen ein konkreter Versuch des gemeinsamen Spielens entstehen kann, das wäre für mich dann schon die größere Überraschung.

Gruß Claus
 
Wo das herkommt verstehe ich auch nicht.

Ich war so ein reiner Notenspieler auf der Posaune - lernt man halt Ton für Ton bzw. eben besser: Note für Note und dann kann man erstmal auch genau das: Nach Noten spielen.
Und wenn man es von Anfang an so lernt ist man es eben gewohnt, nach Noten zu spielen - am frei Spielen hindern tun die einen in keiner Weise. Was einen aber sehr wohl daran hindert ist der Umstand, dass man das nie probiert, geschweige denn geübt hat- "nach Noten spielen" ändert ja nichts daran, dass man primär natürlich eines mit dem Instrument tut: Üben. Da ist mein Ziel dann, schei*e, ich will bei der nächsten Probe auf keinen Fall der sein, der während alle anderen brav zuhören müssen vom Kapellmeister seine Stimme erklärt bekommt, gerade wenn man da irgendwie via Verein oder auch Musikschulorchester unterwegs ist gibt es da ja jemanden, der sich regelmäßig das nächste Programm überlegt und einen mit Nachschub versorgt.

Ich bin mir sehr, sehr sicher, dass es da eben viele Musiker gibt, die ein Leben lang in so einem Setup komplett glücklich sind- aber eben auch vollkommen damit ausgelastet sind, sich das jeweils aktuelle Programm drauf zu schaffen. War zumindest bei mir so, zuerst spiel ich die 3,4 aktuellen Stücke, die schon gut gehen, dann übe ich an den 3 Baustellen bei den 2 nervigeren und dann spiel ich noch ein paar Sachen für die Laune, die ich einfach gerne spiele - und je näher ein Auftritt kommt, umso mehr spielt man das konkrete Programm davon im Kreis. Danach noch "frei spielen Üben?" Auf die Idee wäre ich nie gekommen. Wozu? Ich hab die Noten vom Lehrer, Musikverein, Musikschulorchester und Bläserquintett abzuarbeiten, das reicht doch 😅 Das kam dann erst mit der Gitarre:m_git1:


Und siehe da: Ich behaupte sogar das Gegenteil, Theorie und Notenkenntnisse sind förderlich.
Ich war zwar anfangs komplett überfordert weil ich es eben von allen anderen Instrumenten (Trompete/Bariton/Posaune) gewohnt war, jeder Note ein klares "Machst du so" zuzuordnen, was auf der Gitarre doppelt nicht geht, weil einerseits Töne mehrfach vorkommen UND man sie ja mit 4 verschiedenen Fingern und manchmal auch leer greifen kann. Aber, auch wenn ich Gitarre bis heute nicht nach Noten spielen kann, alleine der Versuch, die Notenkenntnisse "aufs Griffbrett zu denken" macht halt all diese "CAGED" "Patterns" "Sonstigen Griffpositionswolken" ziemlich obsolet. Ich weiß ja, wo welche Töne sitzen und aus welchen Tönen F-Dur besteht - Ende (dann "bauen" sich die Griffbilder im Kopf eh von selbst). Als ich dann Intervalle "wirklich" gelernt hab konnte ich, wenn mir irgendein Schnipsel aus einem Stück von vor 5J eingefallen ist mir denken "Ahh, das ging ja daa-daaa-daaa..... hmm, große Sekunde rauf, kl Terz rauf, Quinte wieder runter?" und nachschauen.


Aber, das waren eben 15 Jahre Unterricht und Blattspiel, schwer vergleichbar mit Gitarristen, der nach 10J Autodidaktismus meint "so, und jetzt will ich mir die Theorie zu dem, was ich da mache mal anschauen".
Trotzdem, wenn man dann auch Improvisieren lernen will ist derlei Vorbau eher förderlich, nicht hinderlich, aber machen muss man es. Nur, weil es viele wirklich gute Musiker gibt, die dir gerade heraus sagen "nimm mir das Blatt weg und ich spiel genau gar nichts mehr" bedeutet das bei weitem nicht, dass deren Ausbildung oder gar ihr Wissen sie am freien Spielen hindert. Sie tun es halt einfach nur nie.

LG
 
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Aber es wird ja hier gerne behauptet, dass Theoriekenntnisse die Kreativität/Musikalität behindern würden
Echt? Das habe ich nirgends rausgelesen.
Das Gegenteil wurde mehrfach in diesem thread geschrieben.
 
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Um auf die Eingangsfrage nochmals einzugehen:
Sind Musiktheorie und Notenkenntnisse notwendig zum Musizieren?
Musiktheorie und Notenkenntnisse sind nicht für alle Musiker zwingend notwendig

Denn die Fragen, die sich hier jeder Einzelne stellen sollte, sind:
- Was ist mein Ziel bzw. was sind meine Ziele?
- Wie viel garantierte Zeit habe ich pro Woche für mein Hobby?

Dementsprechend muss der jeweilige Lern- oder Übungsplan darauf ausgerichtet werden.

Nehmen wir zum Beispiel an, jemand hat viermal pro Woche jeweils 30 Minuten Zeit. Dann muss diese Person ihren Plan anders gestalten, wenn sie etwa in der Musikschule Flöte spielt und vom Blatt lesen muss, als jemand, der 30 Coversongs live performt.

Je mehr Zeit zur Verfügung steht, desto mehr sekundäre Bausteine können erlernt werden.
 

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