[Bass] - Ibanez EWB20WNE-NT

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Review Akustikbass Ibanez EWB20WNE-NT

Das Review kommt mit etwas Verspätung, ich hatte es kurz nach dem Kauf begonnen, dann aber immer wieder verschoben. Im Bereich Akustikbässe tauchen ja an und ab immer wieder mal Fragen zum Kauf auf, so dass es denke ich kein Fehler ist, dieses Werk mal zu Ende zu führen. Vielleicht ist es ja auch kein Nachteil, wenn zwischen Kauf und Review etwas Zeit liegt, so hat sich die Meinung gefestigt und die erste Euphorie hat sich gelegt.

Vorgeschichte
Nur ein paar Worte dazu. Ich hatte eigentlich schon immer einen Akustikbass. Vor vielen Jahren legte ich mir einen Fenix B-10 zu, an sich ein Instrument mit dem ich sehr zufrieden war. Leider hatte der Fenix bei einem Autounfall schon einen Teil seines Lebens ausgehaucht, als ein kleiner Basscombo durch die Fichtendecke gebrochen ist – sogar durch den Gigbag hindurch. Die Reparatur hatte über mehrere Jahre gehalten, doch nach und nach verschlechterten immer mehr Risse sowohl Optik als auch Klang.
Ein Test im Musikgeschäft meines Vertrauens und Vergleich mit ein paar anderen Akustikbässen und die Entscheidung für den EWB war recht schnell gefallen.

Technische Daten
Die kann man sich natürlich auch auf der Ibanez-Seite besorgen aber trotzdem hier die grundlegenden Eckpunkte:

Mensur: 34 Zoll, 22 Bünde
Decke, Boden, Zargen: Kordia
Finish: Hochglanzlack
Hals: Mahagoni
Griffbrett, Steg: Palisander
Inlays: Seitliche Dots + Pearloid Inlay im 10-14 Bund
Rosette: Abalone
Mechniken: Geschlossene Chrom Die-Cast
PU/Elektronik: Fishman Sonicore mit Ibanez SST Preamp (+Tuner)

Preis 429€ und momentan bei Musik-Service für 399€ (!!)


Erster Eindruck
Im Musikgeschäft konnte ich den EWB an einem Roland D115 testen. Der klangliche Eindruck war im Vergleich mit allen anderen vorhandenen Akustik-Bässen (weitere Ibaneze, Stagg, Fender und einen an dessen Namen ich mich nicht erinnere) mit Abstand der für mein Empfinden der Beste - sehr voll, warm und trotzdem crisp. Sehr bequem zu bespielender Hals und vor allem optisch sehr ansprechend.
Die Verarbeitung konnte man auch bei näherem Hinsehen als perfekt bezeichnen.

Stück für Stück
Nach etwas mehr als einem Jahr und nach vielen Einsätzen bei Akustikgigs (allerdings immer verstärkt) nun die gesetzte Bewertung.

Holz
Alle Hölzer des EWBs sind dunkel und damit kann die Maserung - die tatsächlich auch vorhanden ist – nicht so hervortreten wie bei anderen Holzarten. Der Bass ist somit „fast“ schwarz und erschließt dem Betrachter seine eigentliche Schönheit nur aus der Nähe. Aufgelockert wird der Eindruck durch die cremefarbenen Bindings an Korpus und Hals, so dass die doch etwas düstere Fernwahrnehmung entschärft wird. Auf den Fotos erscheint die Farbe übrigens deutlich heller als in Realität.
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Die Wahl der Hölzer ist sicher auch Geschmackssache, nicht umsonst gibt es bei Ibanez inzwischen einen fast baugleichen EWB aus Padauk mit deutlich hellerem Erscheindungsbild und sehr prägnanter Maserung. Ich würde mich allerdings doch wieder für den Kordia entscheiden.

Korpus
Ich würde den Korpus des EWB als normal groß bezeichnen. Man hat zwar schon was auf dem Schoß aber es entsteht auch bei längeren Gigs nie das Gefühl, dass es zuviel wird. Im Vergleich mit dem Fender ist der EWB – und so sollte es auch sein - eher eine wohl gerundete Dame, als denn ein schlankes Modell. Mit der etwas scharfen Ecke an der unteren Korpuslinie hebt sich der EWB angenehm von der Masse ab, kann aber beim Verlagern während des Spielens durchaus mal unangenehm in den Oberschenkel drücken – man hat allerdings sehr schnell raus wie die Dame sitzen möchte.
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Ein gewisses störendes Element ist der Hochglanzlack. Durch das dunkle Outfit spiegelt der absolut hochwertige Lack jede Unreinheit gnadenlos wieder. Hält man den Korpus immer schön sauber, d.h. polieren wann immer es geht, dann dankt es der EWB mit einem makellosen Erscheinungsbild. Im anderen Fall muss man sich schon mal anhören warum man seinen Bass nicht putzt. Bei der helleren Padauk-Variante hat Ibanez einen matten Lack genommen – den würde ich mir für den Kordia auch wünschen.

Brücke
Im Vergleich mit vielen Akustikbässen ist die aus einem Stück gefertigte Palisanderbrücke deutlich solider. Positiv hervorzuheben sich auch die sehr stabilen Stegstöcke, die eine vernünftige und nicht filigrane Größe aufweisen.
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Verschiedene Saitenwechsel haben gezeigt, dass der Steg mit allen möglichen Saiten fertig wird und auch nach einem Jahr keine Abnutzung durch Saitendruck aufweist – dazu ist das verwendete Palisander auch zu hart.

Hals und Sattel
Der Hals aus Mahagoni ist sehr schlank – Jazzbasser werden sich sehr wohl damit fühlen. Die Hochglanzlackierung wurde auch hier sehr sorgfältig ausgeführt und stört mich persönlich nicht, könnte aber für den einen oder anderen Bassisten als Nachteil gesehen werden. In Summe ist der Hals dadurch sehr glatt und schnell, die Bindings an den Halsseiten tragen dazu noch zusätzlich bei. Ibanez hat auf Griffbrett-Dots verzichtet, wohl auch um optisch Platz für das schicke Inlay im 10-14.Bund zu machen.
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Handwerklich sehr sauber ausgeführt, ist das Pearloid-Inlay ein interessanter Blickfang und rundet das Erscheinungsbild des EWB hochwertig ab.
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Der Sattel macht dagegen, obwohl in der Funktion völlig in Ordnung, einen eher lieblosen Eindruck. Anstelle des Kunststoffes wäre Knochen oder Hartholz deutlich stimmiger gewesen.

Mechaniken und Kopfplatte
Die nach hinten geneigte Kopfplatte, selbstredend auch aus Mahagoni, weist erstaunlicherweise nur den Ibanez-Schriftzug auf und nicht wie bei anderen Ibanez-Akustikbässen das Wappenähnliche Logo – das wirkt schon fast etwas leer.
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Zu den 2+2 angeordneten Mechaniken kann man nicht viel sagen, solide geschlossene Ausführung im Stile Gotohs.

PU und Elektronik
Mit dem Fishman Sonicore hat Ibanez einen sehr hochwertigen Piezo eingesetzt. Das kann man auch deutlich hören, denn über den gesamten Frequenzbereich hat man nie den Eindruck es würde etwas unterschlagen. Der Sound bleibt lebendig in allen Tonlagen und wird durch den ebenfalls sehr hochwertigen Ibanez SST Preamp noch aufgewertet.
Die Regelmöglichkeiten für Bass, Mitten und Höhen greifen gut und erzeugen vernünftige, gut arbeitende Eingriffe in den Sound des Basses. Sehr gut gelungen ist auch der Shape-Regler mit vielfältigen Variationen des Frequenzganges.
Für die Unterdrückung von Rückkopplungen ist ein Tastschalter zur Invertierung der Phase eingebaut – das ist heute bei vielen Akustikbässen Standard und funktioniert beim EWB bis zu einem gewissen Grad ganz gut. Man sollte sich allerdings nicht die Illusion machen, dass damit Rückkopplungen gänzlich ausgeschaltet werden können. Dazu später noch etwas mehr.
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Das integrierte Stimmgerät kann einen externen Tuner durchaus ersetzen – allerdings nicht wen man mal auch z.B. 442Hz stimmen muss. Die Zuschaltung geschieht per Taster, der Bass ist dann sinnvollerweise stummgeschaltet. Vorsicht ist hier geboten, wenn man diese Funktion als Muting während Spielpausen nutzt – nach 2 Minuten wird das Stimmgerät abgeschaltet und das Bass-Signal liegt wieder an. Das kann, wenn man den Bass in dieser Zeit alleine lässt unangenehm werden.
An der Unterseite des Korpus ist ein gesonderter Einschub für die Batterie (9V Block), ebenso für die Klinkenbuchse und für einen XLR-Ausgang. Der symmetrische XLR ist praktisch als DI ausgelegt und absolut Mischpult-tauglich – das ist ein Gimmick welches nur in Highend- Instrumenten verbaut ist.

Saiten
Der EWB ist von Werk aus mit D’Addario EXPPBB Roundwound Bronzes mit EXP-Beschichtung bestückt (045-065-080-100). Ich denke hier wird sich Geschmack und Spielempfinden vieler Basser unterscheiden.
Ich persönlich empfinde die Saiten sehr angenehm in Klang und Griffigkeit. Mit der mächtigen SST-Klangregelung kann man mit den Werkssaiten durchaus auch die Möglichkeiten anderen Saitentypen z.B. Flats recht gut abdecken.
Ich hatte während des Jahres auch schon Flatwounds aufgezogen und auch diese klingen sehr schön warm und rund (auch ein bisschen muffig wie es gehört). Letztlich habe ich mich dann dauerhaft doch für die Bronzes entschieden, denn sie lassen mir die Möglichkeit eben auch mal schnell brilliante Höhen zuzugeben. Ob diese Flexibilität gebraucht wird muss jeder EWB-Besitzer selbst entscheiden.
Trotzdem sei hier angemerkt, das die Werksaiten zwar „nur“ Bronzes sind – sich aber qualitativ von den meisten Originalsaiten anderer Akustikbässe deutlich abheben.

Bespielbarkeit und Handling
Am Eindruck des ersten Tages hat sich nicht viel geändert. Sowohl Handling des Korpuses als auch Bespielbarkeit des Halses sind vorbildlich, allerdings wie erwähnt mit den Hinweisen auf der lackierten Hals. Die Saitenlage ist in Ordnung, aber wie bei allen Akustikbässen eher höher als im Vergleich mit E-Bässen. An sich könnte man hier noch durchaus eine Korrektur vornehmen - in den ersten Wochen habe ich mit dem Gedanken gespielt, dann aber doch nach einer gewissen Eingewöhnung wieder verworfen.
In Summe ist der EWB ein sehr angenehmer Bass, so er denn im Sitzen gespielt wird. Stehend mit Gurt wird der EWB schnell unhandlich, reiht sich damit aber nahtlos in die Phalanx der vergleichbaren Akustikbässe ein.


Sound
Der Sound des EWB ist sehr flexibel und mit den mitgelieferten Bronzes einstellbar von dunkel-muffig bis bissig-brilliant. Der Mahagonihals trägt sicher viel zum eigentlich immer vorhandenen Fundament bei und unterstützt den breiten klanglichen Eindruck auch bei extremeren EQ-Einstellungen. Man ist versucht zu sagen, dass der Grundcharakter des Basses immer zu hören ist, aber dazu ist die SSP-Klangregelung einfach zu mächtig. Bei entsprechender Einstellung kann man durchaus den Charakter völlig entstellen.
Trocken ohne Verstärkung ist der EWB problemlos in der einsamen Übe-Session zu gebrauchen und hat dann auch - zwar mässig laut – durchaus einen angenehmen Akustiksound. Die Idee am Lagerfeuer eine Akustikgitarre zu unterstützen sollte man getrost ad acta legen.
Wie jeder Akustikbass ist der EWB nicht gegen Rückkopplungen gefeit. Mit dem Phasen-Invertierer kann man durchaus schon hohe Lautstärken erreichen aber angeschlagene Töne im Bereich der vorhandenen Resonanzen führen dann letztendlich auch zu Heulanfällen. Ein Notchfilter würde den sehr guten SSP-Preamp abrunden und damit endgültig ein High-Class-Instrument aus dem EWB machen. Inzwischen habe ich einen Akustik-Bassamp mit Notchfilter und nur noch sehr selten Probleme mit Rückkopplungen. Für hartnäckige Fälle habe ich einen Feedbackbuster besorgt, den es aber leider nicht passend von Ibanez zu kaufen gibt.
Ich nutze einen Yamaha-Buster, den ich durch leichtes Zugeschneiden an das Schalloch des EWBs angepasst habe (~10€). Mit diesem Zusatz ist der EWB nun im Prinzip fast überall einsetzbar. Sehr positiv ist, dass durch das geschlossene Schalloch der Sound des EWB nur in Nuancen verändert wird.

Gigbag (oder doch Case)
Wer die Vorgeschichte gelesen hat, kann sich schon vorstellen, dass der Gigbag mich nicht gerade mit Begeisterung übermannt hat. Die erste Frage nach dem Kauf war, ob es für den EWB nicht auch einen Koffer gibt. Ob man das unbedingt braucht, angesichts dessen, das auch Kontrabässe und Celli mit dem 10fachen Wert in Gigbags transportiert werden? Nun muss jeder selbst wissen – ich habe mir jedenfalls einen Koffer besorgt Kostenpunkt ~95€ von Rockcase. Damit kann der EWB beim Transport schon mal etwas härter angefasst werden und etwaige fliegende Basscombos zerschellen daran…

Fazit
Ja ich würde ihn wieder kaufen. Die beschriebenen „kritischen“ Punkte sind für mein Empfinden jederzeit akzeptabel und die positiven Eindrücke überwiegen bei Weitem.
Handwerklich und Technisch spielt der EWB in einer hohen Liga und kann mit deutlich teureren Bässen durchaus mithalten - der von mit gestestete Fender kostete z.B. >1000€.
Optik und Handling sind natürlich Geschmackssache, aber aus diesem Grund schaut man sich einen Bass auch vor dem Kauf in Natura an, verliebt sich kopfüber, findet in den ersten Berührungen die vielen schönen Nuancen – oder aber auch nicht, und dafür haben andere Hersteller weitere schöne Töchter im Programm.

Den EWB finde ich sogar so gut, dass ich mich für unseren Band-Image-Prospekt mit ihm habe ablichten lassen:
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Das ist mal wieder ein sehr gutes Review und ich freue mich immer wieder, wenn sich in diesem Bereich ein Akustikbass zeigt. :great:

Dieses Bassmodell finde ich optisch sehr ansprechend und jedes Mal, wenn ich so einen Bass im Fachgeschäft in die Hand genommen habe, fand ich gut verarbeitete Modelle. Nur einmal war eine Niete dabei, das war das Modell in der Holzart Padauk.

Hätte ich nicht schon einen Akustikbass würde der schon in meine engere Wahl fallen weil er für das was er bietet doch recht günstig ist und vom Konzept her für den verstärkten Bühneneinsatz besser geeignet ist als manch andere, sogar teurere Bässe.


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Sehr schönes Review!
Und ein sehr schöner Bass. Mir gefällt das dunkle Holz sehr gut.
Ein Bild mit komplettem Bass wäre noch nett.
 
Hier eines von vorne und eines hinten - darunter übrigens der erwähnte Koffer:

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Wunderschön gemasert. Jetzt fehlt nur noch ein Soundsample. ;)


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