• Bitte beachten! Dies ist ein Forum, in dem es keine professionelle und auch keine verbindliche Rechtsberatung gibt. Es werden lediglich persönliche Meinungen und Erfahrungen wiedergegeben. Diskussionen bitte möglichst mit allgemeinen Beispielen und nicht mit speziellen Fällen führen.

Berufs-Musiker verdienen zu wenig, Pay gap bei Frauen -24%

Sehr spannend. :)


Das monatliche Nettoeinkommen der Berufsmusiker*innen in Deutschland liegt im Schnitt bei 2.660 Euro, allerdings verdient jede*r Fünfte weniger als 1.500 Euro pro Monat.

Durchgängig zeigen die Ergebnisse, dass es einen engen Zusammenhang zwischen der Art der Erwerbstätigkeit und der Einkommenssituation gibt: Wer als Berufsmusizierender in einem sozialversicherungspflichtigen Angestelltenverhältnis steht, verdient durchschnittlich 2.940 Euro netto pro Monat; wer freiberuflich tätig ist, dagegen nur 2.460 Euro.


In Anbetracht, dass abhänging von der Quelle das durchschnittliche Bruttoeinkommen 2021 in Deutschland bei 4.100 € lag (https://de.statista.com/themen/293/durchschnittseinkommen/) ist das ein durchaus attraktives Nettogehalt, welches in der verlinkten Studie für Berufsmusiker ausgewiesen wird.

Mit Blick in meine berufliche Praxis:
In der Firma (~250 Personen) in der ich beschäftigt bin werden ca. 50% der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die Lagertätigkeiten ausführen, die auf Mindestlohnbasis, bzw. leicht darüber entlohnt werden. Da ist keine hohe Qualifikation nötig, aber trotzdem Engagement und Belastbarkeit. Um die 2.660 € (oder mehr) netto im Monat zu haben, da ist man bei uns in der Firma bei den Top 10% und hat auch entsprechende Verantwortung für Geld, Mensch oder Material.

Gut, interessant wäre jetzt noch ob die Musiker/Innen alle verheiratet sind und 3/5 als Steuerklasse haben, aber ich gehe mal davon aus, dass das ein bunter Mix aus 1, 3 und 4 sein wird.





 
Berufsmusiker haben idR einen Studienabschluß ?
Laut STERN: Menschen mit Hochschulabschluss verdienen laut dem Gehaltsreport 2023 ein Mediangehalt von 58.602 Euro. Im Vergleich dazu kommen Beschäftigte ohne Studienabschluss auf ein Mediangehalt von 41.509 Euro.27.02.2023

Damit verdienen Musiker soviel wie anderswo Menschen ohne Studienabschluß...
 
Sorry, hier Nervensäge ehemaliger Wissenschaftler (mehrere Jahre Statistiken in Grundlagenforschungsprojekt und so). Man beachte, dass der Durchschnitt auf Ausreisser empfindlich reagiert. Beispiel: Angenommen, wir haben eine Schulklasse mit 5 Schülern. In einer Klassenarbeit schreiben vier Schüler eine glatte 1. Ein Schüler eine Glatte 6. Der Klassendurchschnitt ist dann Note 2. Wenn man nun sagt „Diese Klasse ist gut, im Durchschnitt Note 2“, dann hat man 80% der Schüler quasi schlechter gesehen als sie sind.

Also ran ans Original: https://miz.org/de/media/249832/download?attachment

Zurück zum Einkommen der Musiker: Hätte Helene Fischer mit ihren Jahreseinnahmen von 10 Millionen Euro an der Studie teilgenommen,…? Im Text der Studie (Seite 28) steht nun, dass über 10k€ alles als eine gesammelte Klasse anzukreuzen war im Fragebogen, um solche Effekte zu verhindern. Aber das ist auch eine mögliche Verfälschung.

So oder so, ohne die Verteilung der Einkommen zu kennen, ist eine Durchschnittsaussage kaum etwas wert. Diese wird aber im Text nur angerissen: Jeder fünfte hat weniger als 1500€ netto. In der Studie etwas genauer, zum Beispiel: „Während 15 Prozent der männlichen Berufsmusiker über ein monatliches Nettoeinkommen von weniger als 1.500 Euro verfügen, sind es bei den Berufsmusikerinnen 28 Prozent.“

1500€ sind meiner Meinung nach aber für jemanden, der studiert hat, eher ziemlich wenig. Nur 29% der Befragten sind Autodidakten, 53% haben Musik studiert... hier wären die Zusammenhänge mit dem Einkommen spannend.

Im Fragebogen wurde zwar nach Arbeitszeit in der Musik gefragt, eine Auswertung kann ich auf die Schnelle nicht finden. Somit ist unklar, ob der Gender Pay Gap daher kommt, dass Frauen sich (durchaus ungerechterweise) immer noch mehr in der Familienarbeit einbringen als Männer und daher weniger Erwerbsarbeit machen, oder ob Frauen auf die Stunde schlechter bezahlt sind.

Leider gibt es im Original keine Angabe von Standard-Abweichungen würde diese Studie in keinem ernsthaften Fachbereich wissenschaftlich Publiziert werden können. Es fehlen Aussagen zur Aussagekraft der Zahlen, und damit ist die Faktenlage dünn. Die Verteilungen werden immer nur im Text skizziert, immerhin, aber das ist mir zu wenig:

„Bei der Interpretation von Durchschnittswerten sollte berücksichtigt werden, dass damit
keine Aussagen über die Ränder getroffen werden. Bei den Berufsmusizierenden verfügen
immerhin 19 Prozent nur über ein monatliches Nettoeinkommen von weniger als 1.500 Euro.

Umgekehrt verfügen 4 Prozent der Berufsmusizierenden über ein monatliches Nettoein-
kommen von mehr als 6.000 Euro, gut 1 Prozent sogar über mehr als 10.000 Euro.“
(Hervorhebung von mir.)

Ich gehe davon aus, dass das Allensbach-Institut als durchführende Organisation solche Dinge weiß und kann, aber die denken sich halt, dass es keiner lesen will oder sowieso keiner versteht.
 
  • Gefällt mir
  • Interessant
Reaktionen: 12 Benutzer
P
  • Gelöscht von peter55
  • Grund: OT
Ich gehe davon aus, dass das Allensbach-Institut als durchführende Organisation solche Dinge weiß und kann, aber die denken sich halt, dass es keiner lesen will oder sowieso keiner versteht.
Solange es dem gewünschten Narrativ nicht entspricht, ist eine Erwähnung ja auch nicht wirklich "verkaufsfördernd".
 
Ich würde Allensbach hier nicht sofort unterstellen, ein gekauftes Narrativ zu bedienen. Man muss sich einfach mal überlegen, dass die allermeisten Journalisten eben keine Wissenschaftsjournalisten sind, d.h. wenn diese die Zielgruppe sind, dann können die mit den Aussagen zur Aussagekraft nix anfangen und verdrehen eh nur alles wieder. Denn das gemeine Publikum wird diese Studie nicht lesen, die wird von Journalisten für uns in Kompaktform „übersetzt“. Schade ist, dass wirklich Interessierte die Studie nun nicht wirklich nachvollziehen können.

Die Aussage im Thread-Titel mit 24% Gender-Pay-Gap ist halt somit zwar nicht falsch, aber auch nicht so viel wert, da nicht im Detail nachvollziehbar. Das Interessante ist auch nicht die Zahl, das Interessante sind die Gründe. Denn bei den Gründen müsste eine Veränderung ansetzen, wenn man sie herbeiführen möchte.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Gender Pay Gap ist ein komplexes Thema, da stehen in dem Artikel schlicht auch nicht genug Informationen. Es wäre vor allem spannend den Pay Gap um Schwangerschaften und Elternzeiten bereinigt zu vergleichen, da ist z. B. in meinem Berufsbereich (IT) der Unterschied marginal. Ändert nichts dran, dass Kinderkriegen dann auf dem Einkommen und der Altersversorgung von Frauen ausgetragen wird, aber eine Vergleichbarkeit wird erst durch sowas hergestellt.
 
Ich fühle mich, nicht zuletzt aufgrund der personellen Besetzung hier, an den Thread "Frauen in der Musik und Quoten" (oder so ähnlich) erinnert. Hoffentlich wird das sachlicher als die drölfzig Seiten Diskussion damals. Und so sehr ich statistische Feinheiten schätze, so wenig glaube ich, dass man den Gender Pay Gap einfach nur überproportional abbildet. Es ist denke ich relativ klar, dass er im Musikbusiness ebenso existiert wie anderswo.
 
Es ist denke ich relativ klar, dass er im Musikbusiness ebenso existiert wie anderswo.
Ist es das wirklich? Bereinigt um Faktoren wie Schwangerschaft, Erziehungszeiten, Teilzeit (z.B. als "Zweitverdiener" einer Familie), Branche etc.bleibt meines Wissens vom Gender Paygap oft nicht so viel übrig. Und dann wäre die richtige Konsequenz nicht höhere Bezahlung für Frauen, sondern mehr Bereitschaft von Männern, anders als durch Karriere zum Familienwohl beizutragen. Ich kann zumindest aus meiner langen Berufserfahrung sagen, dass Frauen wirtschaftlich immer exakt gleich gestellt waren wie Männer gleicher Hierarchieebene, auf den Stundensatz bezogen.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Also mir geht es keinesfalls darum, einen Gender-Pay-Gap „wegzudiskutieren“. Es ist aber doch so: Wenn man eine Realität kritisieren will, oder gar verändern, dann muss man sie auch genau genug beschreiben. Eine wissenschaftlich-statistische Denke wäre, herausfinden zu wollen, wie die Lage in Wahrheit wahrscheinlich ist. Die grobe Zahl zum Gender-Pay-Gap taugt eher nur so als Hinweis, dass das Thema ernst ist.

Das ist, wie wenn ihr ein Konzert gebt und hinterher kommt einer zu euch und sagt: „Du spielst schlecht Gitarre!” – wenn ihr cool genug seid, fragt ihr zurück: „Was gefällt dir denn nicht?” und wenn dann kommt „Hach, spielst halt einfach schlecht, isso”, dann ist zwar die Laune recht mies hinterher, aber es gibt keine Chance auf Veränderung.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Nochmal zu den Meinungen, die sagen, die Musiker verdienen doch recht viel: Es ist nicht so einfach. Zitat aus der Studie:

„34 Prozent aller Berufsmusizierenden sind in der Künstlersozialkasse versichert.“

Das heißt andersherum, 66% sind es nicht. Die Lohnnebenkosten sind aber zwischen KSK-Versicherten und anderweitig versicherten Selbständigen (darunter auch MusikerInnen) doch recht unterschiedlich. Im Vergleich zum Standard-Arbeitnehmer muss man hier also schon den Begriff „Netto-Einkommen“ als zweifelhaft vergleichbar einstufen. Wer wie viel in die Altersvorsorge eingezahlt hat, wer eine freiwillige Sozialversicherung hat und wer nicht, erschließt sich mir hier noch nicht. Sozialversicherungspflichtig Angestellte, wie es so schön heißt, haben ja darüber keine Wahl. Aber die machen laut Studie nur 19% der Befragten aus, der 58% sind rein selbständig, der Rest in Mischformen.
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 3 Benutzer

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben