Bin am verzweifeln, Entspannungsproblem?

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B0X
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Hallo Forum-Mitglieder.
Ich bin 24, weiblich und singe seit ich 19 bin genauer gesagt kämpfe ich seit der Zeit mit mir selbst!

Das Problem ist, dass ich wirklich für mein Leben gerne singe (ich denke nur deshalb habe ich es trotz allem bis heute nicht aufgegeben) Aber auf Grund eines erblich bedingten neurologischen Sache, habe ich ein Problem mit schnellerer Reizüberflutung als bei normalen Menschen. Gesangsstunden zu nehmen habe ich mittlerweile aufgegeben, ich hatte mal 2 Jahre lang welchen, aber es reichen schon belanglose Kleinigkeiten die einem Normalerweise gar nicht auffallen, dass ich mich unwohl fühle oder die für mich einfach eine Störung oder Ablenkung bedeuten, sodass ich Probleme habe mich aufs wesentliche zu konzentrieren.

Das zieht dann nach sich, dass ich das was mir der Lehrer im Unterricht beibringt gar nicht alles geistig aufnehme bzw. realisiere, sondern die Hälfte an mir vorbei geht. Außerdem ist das größte Problem, dass ich ohne im Kopf frei zu sein und ohne locker zu sein auch gar nicht richtig singen kann, zumindest nicht so wie ich es eigentlich könnte. In den 5 Jahren kann ich mich an 3-4 Male erinnern, wo ich es zufällig geschafft hatte locker und entspannt zu sein und konnte dann auch echt schön singen. Zumindest hat es mir selbst gefallen und sich auch super toll angefühlt. Aber alle anderen zig Male in den ganzen Jahren waren nur vergebliches Bemühen und Geld verschwenden für Gesangsstunden, von denen ich mir 3/4 davon hätte sparen können. Das einzige was mir die Gesangsstunden gebracht hatten, war das ganze theoretische Wissen was ich beigebracht bekam.

Gerade weil ich so wahnsinnig gerne singe, versuche ich es immer wieder, trotz der Probleme und Schwierigkeiten die ich habe. Es ist echt bescheiden, wenn man eigentlich genau weiß, dass man von Natur aus eine brauchbare Gesangsstimme mit bringt und auch Feingefühl für die Töne hat und das alles eigentlich eine gute Basis wäre, um mittels Gesangslehrer und Üben gute Fortschritte machen zu können. Aber nein, dann muss mir so ein Mist einen Strich durch die Rechnung machen. Singen kann man ja lernen, aber ich bin bald am Verzweifeln weil ich nicht weiß, wie ich mein eigentliches Problem in den Griff bekommen soll.

Es handelt sich ja nicht um eine Krankheit, die man mittels Medikamente beseitigen könnte und es ist auch kein psychologisches Problem dass man behandeln könnte. Ich wünschte mir, ich wäre nur eine von jenen, denen es an Offenheit und Selbstbewusstsein/Selbstvertrauen fehlen würde, daran zu arbeiten erscheint jedenfalls mir einfacher als mein Problem. Aber das kann auch wahrnehmungsabhängig sein. Jedenfalls bin ich auf der Suche nach Ratschlägen, irgendwelchen Tipps, brainstorms was auch immer euch einfällt, was ich machen könnte.

Ich WILL singen und ich will richtig singen, weil ich weiß dass ich es kann und weil ich schon erlebt habe, wie geil sich das anfühlt. Wäre es mir nicht so verdammt wichtig, hätte ich es schon längst an den Nagel gehängt und wäre jetzt wohl auch nicht hier. Wahrscheinlich brauche ich einfach nur irgend einen Trick, mit dem ich mich in Momenten des Singens selbst überlisten kann, sodass mein Problem zwar immer noch da ist aber in den Momenten keine Auswirkung hat. Ich hoffe sehr, dass ihr mir auf Grund eurer Erfahrung irgendwas vorschlagen könnt.

Vielen herzlichen Dank, auch für das Lesen meines etwas lang gewordenen Texts. Liebe Grüße, B0X.

**Das mit der neurologischen Ursache weiß ich erst seit Mitte Februar 2014. Die ganzen Jahre davor hatte ich mich was meinen Gesang betrifft ständig abgemüht, ohne zu wissen weshalb es einfach nicht richtig klappen wollte.
 
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Herzlich Willkommen B0X,

puuhhhh, das ist aber ein komplexes Problem, das du da hast. Glaube kaum, dass es hier irgendwelche Leidensgenossen gibt, die was berichten könnten. Wenn dann nur in Communities mit Leuten, die die gleiche Erkrankung haben.

Kann dazu auch nichts kompetentes beitragen außer Brainstorming. Vielleicht wär das ja was für dich, wenn der Gesangsunterricht bei dir zu Hause stattfinden würde? Wenn du deine Geschichte erzählst, wär vielleicht jemand dazu bereit für den Unterricht zu dir zu fahren. Und vielleicht sollte der Unterricht kürzer (30 min) sein und wenn das geht vielleicht dann öfter. Vielleicht wär auch ein GL was für dich, der mit Alexander Technik arbeitet? Oder ein Gesangslehrer mit Logopädieausbildung?
 
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Mein Tipp: Wenn du für dein Leben gern singst, tu es einfach. Man darf auch singen, ohne es gelernt zu haben. Sehr viele Menschen machen das. Sogar sehr erfolgreiche Sänger. MAn muss nicht zwangsläufig Techniken erlernen.

Wenn ich Spaß daran habe, durch die Natur zu joggen, mach ich das doch auch. Dazu brauche ich keinen bezahlten Trainer. Ich muss ja keine Olympiade gewinnen.
 
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Ich würde auch sagen: sing doch einfach. Wenn man gerne singt und es einem gut tut, dann kann man auch spontan drauflos singen - Gesangsunterricht ist nicht zwingend notwendig. Eine fundierte Ausbildung bräuchtest du ohnehin nur, wenn du Berufssängerin werden wolltest - und auch da nur im Bereich Klassik und Musical. In allen anderen Genres gibt es genügend talentierte Autodidakten, die nur wenig bzw. nie Unterricht hatten und trotzdem klasse singen.
 
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Ich schließe mich Bell und Antipasti an: Wenn du gerne singst und, wie du sagst, auch eine schöne Stimme und Talent mitbringst, dann tu es! Gesangsunterricht ist keine Bedingung oder Grundvoraussetzung dafür und auch gar nicht für jeden das Richtige. :)
 
Ich bin nicht sicher, ob ich das Problem richtig verstanden habe. Dein Problem behindert dich im Unterricht, soweit klar. Wie ist es denn in anderen Situationen? Kannst du zu Hause für dich allein gut singen? Hast du auch Konzentrationsschwierigkeiten beim Einkaufen oder was auch immer? Oder nur beim Singen?
Wenn das Problem nur im Gesangsunterricht auftritt ist die Lösung sehr simpel - siehe oben: laß den Unterricht einfach sein.
Ich verstehe es aber eher so, daß dein Problem eben auch sonst auftritt. Du singst seit 5 Jahren und 2 Jahre davon hattest du Unterricht. Wie lief es denn in den restlichen 3 Jahren? Trotz deines 'langen Textes' ;) fehlen mir da noch ein paar wichtige Angaben...

Zum Brainstorming-Teil: Als allererstes fällt mir ein, daß die Diagnose evtl. nicht zutreffend ist? Vor ein paar Wochen hast du erfahren, daß du ein neurologisches Problem hast (was denn für eins? Wie lange hast du bzw. wie lange beeinträchtigt es dich denn schon? Wenn das nicht zu persönlich ist…). Mein erster Gedanke ging in Richtung der Kinder, die leider viel zu oft in die ADHS-Schublade gestopft werden. Nun weiß ich natürlich nicht, wie lange und ausgiebig der Ursachenfindungsprozeß bei dir gewesen ist. Aber wenn du einfach mal beim Hausarzt warst und der gesagt hat "Joa, das is was neurologisches. Kann man nix machen", dann würde ich das nicht direkt für bare Münze nehmen. Insofern wäre der erste Schritt, die Ursache zu verifizieren. Selbst wenn die Ursache so stimmt, kann ich mir nicht vorstellen, daß es dazu keinerlei Lösungsansätze oder zumindest Ideen gibt, wie man damit umgehen kann.
Als nächstes stört mich die Einstellung "och menno, ich könnte soooo gut sein, wenn da nicht mein doofes Problem wäre". Ich will dir nicht zu nahe treten, aber du wolltest Brainstorming haben :evil:. Diese Einstellung ist sehr weit verbreitet, fast jeder meint, der nächste Weltmeister in irgendwas sein zu können, wenn nur nicht diese eine blöde Sache wäre. "Ich könnte Millionär sein, wenn ich nur die 53.728,- hätte, um meine ach so geniale Idee umzusetzen!", "Wenn ich an den Chef von ____________ rankäme, würde der mich sofort als Geschäftsführer einstellen." "Ich wäre der nächste Jackpot Gewinner, aber diese elende Wahrscheinlichkeit macht mir immer wieder einen Strich durch die Rechnung!" Stellenweise klingt es einfach wie eine Ausrede, sorry. Kein Mensch ist perfekt, jeder hat irgendwas. Den einen dient es als Ausrede, den anderen als Motivation und wieder andere scheren sich nicht drum.

Genug gestänkert, erster Gedanke zur Lösung: Konzentrationssport. Es gibt Sportarten, bei denen man lernt, die Energie, die der Körper für Nervosität und Unruhe aufwendet, in Ruhe umzuwandeln. Sportschießen z.B., aber auch diverse Kampfsportarten, vom Klettern hab ich es auch schon gehört. Schach oder Snooker meinetwegen auch….wenn du dafür nicht zu hippelig bist... Sowas könnte helfen. Verschiedene Kreativitätstechniken wären evtl. auch etwas. Warum nicht die Aufregung, Reizüberflutung, herumspringende Aufmerksamkeit in sinnvolle Bahnen lenken? Dann fiele mir noch der Zeitpunkt ein, evtl. wäre es sinnvoll, einfach zu einer Zeit zu singen, wenn du allgemein ruhiger bist. Vielleicht weil du langsam müde wirst, oder weil sich das Hirn bereits zur Genüge ausgetobt hat. Vielleicht brauchst du auch nur mehr Abwechslung, d.h. kurze Trainingseinheiten, evtl. nur Minuten, und dafür mehrere verschiedene Sachen machen. Wenn deine Aufmerksamkeit ständig wechselt, wechsle mit: 5 Min. singen, 5 Min. japanisch lernen, 5 Min. Gesichter zeichnen, 5 Min. Quantenelektrodynamik, 5 Min. Einkaufszettel schreiben, 5 Min. singen….. Wenn du für ein paar Minuten wirklich an etwas arbeitest, erreichst du mehr als in einer Stunde larifarimäßig an irgendwas rumzuträllern.

Mal so aus dem Stegreif...
 
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Da kann es je nachdem schon ausreichen, wenn ich mich auf Grund der Raumtemperatur nicht wohl fühle oder die Lichtverhältnisse zu unwohlfühlen beitragen. Und das kann im Alltag auch wirklich so nervig wie es wahrscheinlich klingt.
Wie sich mein Gesang bei mir selbst anfühlt, spielt da für mich auch eine sehr große Rolle. Einfach so zu singen ist zwar ohne Frage möglich, aber es bringt mir nichts da ich das was eigentlich in mir steckt nur dann ausführen kann, wenn ich im Kopf und im Körper locker bin. Und da möchte ich gerne irgend eine Möglichkeit finden, wie ich da vielleicht im Kopf umschalten kann, dass ich zumindest dann wenn es ums Singen geht, umschalten kann.

Ich bin ja keine Diva, sondern ich kanns leider weder ändern noch etwas dafür. Mir selbst ist das wirklich total peinlich, weil ich mir dabei vorkomme wie die Prinzessin auf der Erbse, für die erst noch der rote Teppich ausgerollt werden muss, damit die Madame in der Lage ist einfach nur zu singen. Oder zumindest denke ich, dass es so rüber kommt wenn ich davon erzähle.

Wie ist es denn in anderen Situationen? Kannst du zu Hause für dich allein gut singen? Hast du auch Konzentrationsschwierigkeiten beim Einkaufen oder was auch immer? Oder nur beim Singen?

Es tritt auch egal wo auf, es begleitet mich meinen ganzen Alltag hindurch. An Gesangsplätzen habe ich schon vieles ausprobiert, im Schlafzimmer wo ich mich eigentlich wohl fühle, im Badezimmer beim Duschen, beim Spazierengehen, während dem Auto fahren. Aber die paar wenigen Male in denen es gut geklappt hatte, waren dabei ortsunabhängig. Es muss in dem Moment einfach alles drum herum stimmen, andernfalls brauche ich theoretisch gar nicht erst mit singen anzufangen weil dann eigentlich schon klar ist, dass es nichts wird.

Du singst seit 5 Jahren und 2 Jahre davon hattest du Unterricht. Wie lief es denn in den restlichen 3 Jahren?

In den 5 Jahren hatte ich die letzten 2 Jahre Unterricht. Einerseits kann ich schon sagen, dass es in manchen Punkten besser lief, die sich mit Beginn des Unterrichts eher zu einem Knoten entwickelt haben. Bei anderen Punkten jedoch muss ich klar sagen, dass mir der Unterricht eine Hilfe war, gerade was eben die richtige Technik betrifft.
Die 3 Jahre vor dem Unterricht verliefen (abgesehen der fehlenden technischen Kenntnisse) nach meiner Empfindung entspannter. Vielleicht gerade weil ich noch keine Prägung hatte? Ich hatte mich da noch vollkommen auf meine Wahrnehmung verlassen, eigentlich mein jetziges Problem damals als Vorteil genutzt.

Vor ein paar Wochen hast du erfahren, daß du ein neurologisches Problem hast was denn für eins? Wie lange hast du bzw. wie lange beeinträchtigt es dich denn schon?

Bei dieser neurologischen Veränderung ist es so, dass der Gehirnteil der für die Wahrnehmung zuständig ist, anders ausgebildet ist wie normalerweise. Die dadurch stärkere Wahrnehmung führt wie gesagt zur schnelleren Reizüberflutung, führt aber auch dazu dass ich winzige Kleinigkeiten viel eher wahrnehme. Je nach Situation kann es hinderlich sein, oder auch Vorteilhaft sein. Zurückblickend besteht es seit meiner Geburt, es ist aber nicht so, dass es mich wesentlich behindert, ich bin trotzdem ganz normal.

Selbst wenn die Ursache so stimmt, kann ich mir nicht vorstellen, daß es dazu keinerlei Lösungsansätze oder zumindest Ideen gibt, wie man damit umgehen kann.

Es gibt durchaus Tipps für den Alltag, aber leider kein Patentrezept wie damit in Zusammenhang mit Gesang umzugehen ist. Das einzige was hilft ist, sich genügend Entspannung und Ausgleich zu nehmen und darauf zu achten, sich nicht selbst unnötig belastenden Situationen auszusetzen. Bei der Arbeit leide ich aber genauso darunter, weil ich da ja nicht einfach abhauen kann und mir eine Entspannungspause nehmen wenn ich sie bräuchte. Aber man lernt es mit der Zeit zu akzeptieren, würde ich jetzt mal so salopp sagen.

Stellenweise klingt es einfach wie eine Ausrede, sorry. Kein Mensch ist perfekt, jeder hat irgendwas. Den einen dient es als Ausrede, den anderen als Motivation und wieder andere scheren sich nicht drum.

Kein Problem, wie du sagst ich habe ja schließlich um Rückmeldung gebeten. Aus meiner Sicht liegt es tatsächlich an winzigen Störfaktoren, aber mache ich wirklich den Eindruck es als Ausrede zu nutzen oder bemühe ich mich nicht gerade darum, eine Möglichkeit zu finden trotz dieses Problems meine eigentliche Leistung erbringen zu können? ;-) Nur von diesen 3-4 Malen in denen gerade zufällig alles passte, weiß ich überhaupt was ich gesanglich wirklich kann. Und es hatte mich auch selbst erstaunt das von mir zu hören, muss ich zugeben.

Es gibt Sportarten, bei denen man lernt, die Energie, die der Körper für Nervosität und Unruhe aufwendet, in Ruhe umzuwandeln. Sportschießen z.B., aber auch diverse Kampfsportarten, vom Klettern hab ich es auch schon gehört. Schach oder Snooker meinetwegen auch….wenn du dafür nicht zu hippelig bist...

Öhm ich bin die Ruhe in Person, nahezu. Es geht bei mir nicht in Richtung ADHS, auch wenn sich das wahrscheinlich ähnlich anhörte in meiner Beschreibung. Aber den Vorschlag dazu zu singen wenn ich müde bin werde ich ausprobieren, das klingt gut. Vielleicht bin ich dann so gechillt, dass mich eventuelle Störfaktoren nicht mehr stören bzw. mein Gehirn sie nicht mehr in dem Maße wahrnimmt.
Ich bin einfach der Ansicht, dass es zu nahezu jedem Problem auch eine Lösung gibt und ich schätze mein Problem wirklich nicht vollkommen unlösbar ein.

Aber schon mal sehr großen Dank an die vielen Vorschläge! Liebe Grüße B0X.
 
Aus meiner Sicht liegt es tatsächlich an winzigen Störfaktoren, aber mache ich wirklich den Eindruck es als Ausrede zu nutzen oder bemühe ich mich nicht gerade darum, eine Möglichkeit zu finden trotz dieses Problems meine eigentliche Leistung erbringen zu können?

Woran misst du die "eigentliche Leistung"?

Die "eigentliche" Leistung ist das, was jeder Sänger im "worst case" zustande bringt - also in seiner schlechtesten Form. Die Bestform ist eher der Glücks- und Ausnahmefall. Man sollte sie nie als Messwert nehmen.

Irgendwas ist immer:

Wenn ich mich live auf der Bühne aus den Boxen zu leise höre, singe ich schlecht, weil ich mich eben nicht genug höre. Werde ich lauter gestellt, singe ich schwächer, weil ich sonst Angst habe, zu laut zu sein. Dagegen kann nicht mal ein Arzt was unternehmen.

Ich muss also mit dem nicht optimalen Zustand leben und damit, nicht so gut zu klingen, wie ich es eigentlich glaube zu tun. Da muss man durch :nix:
 
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Achso, ich dachte du hättest ein rein neurologisches Problem, z.B. dass du Probleme mit den Muskeln bekommst, du vegetative Symptome bekommst. Schließlich hattest du betont, dass es kein psychologisches Problem ist. Aufmerksamkeitsdefizit und sich unwohl fühlen klingt schon mehr nach einem neuropsychologischen Problem (wenn auch aufgrund struktureller Veränderungen und nicht rein physiologischer). Sicher, dass du da nach so kurzer Zeit (Februar ist immerhin mal ein paar Wochen her) schon austherapiert bist? Denke ich nicht. Mit sowas umzugehen und Kompensationstechniken zuverlässig anzuwenden ist ein deutlich längerer Prozess. Wahrscheinlich musst du tatsächlich erst mal akzeptieren, dass du nun mal ein Handicap hast und geduldiger mit dir sein. Bevor du wieder an Gesangsunterricht denkst, wäre es doch ratsamer erst mal im Alltag zurecht zu kommen und dich nicht damit frustrierst dass du im Unterricht nichts aufnehmen kannst. Es geht dann halt einfach erst mal nicht, aber später vielleicht mal wenn du besser zurecht kommst. Geh es langsamer an und koste jeden Wohlfühlmoment aus und freu dich jedes Mal drauf, wenn das Verlangen zu singen bei dir ausbricht, als den Momenten ständig nachzutrauern und dich selbst mit hochgesteckten Leistungsansprüchen zu quälen. Ansonsten schaust du mal, was für konkrete Situationen für dich am besten anfühlen und nutze sie, anstatt die Situationen zu suchen, die dich aus der Ruhe bringen.
 
Woran misst du die "eigentliche Leistung"?

Die eigentliche Leistung (ich wusste nicht, dass das das Gegenteil bedeutet^^") misse ich an den Momenten, in denen zufällig alles zusammen gepasst hat und ich dann überhaupt erst auch technisch korrekt gesungen habe. Wenn bei mir ein Störfaktor vorliegt, komme ich gar nicht erst dazu, gesangstechnisch alles passend auszuführen, da fängt es ja schon an.

Ich denke, dass die Leistung wie ich sie bringe (was nun auch keine Naturtalent-Profileistung ist) wenn drum herum alles stimmt, eigentlich meine normale Leistung ist, wie sie ein nicht völlig unmusikalischer Sänger/in mit ein klein Wenig Erfahrung und Feingefühl normaler Weise bringen würde. Was ich wiederum an meinem Gesang festmache, wie er vor Beginn der Unterrichtszeit war.
Damit will ich keinesfalls sagen, dass ich damals ohne technische Kenntnisse und ohne Unterricht wahnsinnig besser gesungen hätte als aktuell. Man merkt schon, dass der Unterricht nicht völlig sinnlos war aber damals stand mir eben einfach nicht mein Problem im Weg, sondern ich war in der Lage zumindest nicht so eingeschränkt oder blockiert zu sein beim Singen.

Und damit möchte ich auch nicht behaupten, dass der Unterricht daran Schuld wäre. Wer weiß, vielleicht kam die aktuelle Problematik ja durch etwas anderes zustande und, wenn ich keinen Unterricht genommen hätte, würde ich mich sicher ärgern, dass ich das Problem nicht hätte, wenn ich Unterricht genommen hätte. Diese Hürde war vor der Unterrichtszeit jedenfalls nicht da, was für mich heißt dass es wahrscheinlich (hoffentlich) auch eine Möglichkeit geben müsste, diese Hürde wieder nicht zu einer Hürde sondern sogar so wie früher zu einem Vorteil für meinen Gesang werden zu lassen.

Sicher, dass du da nach so kurzer Zeit (Februar ist immerhin mal ein paar Wochen her) schon austherapiert bist?

Es gibt dazu leider keine Therapie, es ist eine angeborene Veränderung dieses für die Wahrnehmung zuständigen Gehirnbereichs. Das bekommt man weder mit Medikamenten, noch mit Psychotherapie oder ähnlichem weg. Es gibt nur Tipps, wie man sich manche Alltagssituationen angenehmer gestalten kann, was aber wiederum auch nicht jedem betroffenen etwas nützen muss. In Deutschland sind etwa 15% davon betroffen, die Meisten jedoch ohne dass sie davon wissen, denn man zeigt ja keine Verhaltensauffälligkeiten oder ähnliches und hat auch keine gesundheitlich Defizite worüber man es früher merken könnte.

Dazu kommt, dass die Forschung zu dieser Veränderung in Deutschland noch sehr sehr in den Kinderschuhen steckt. Die meisten Neurologen, Psychologen etc. in Deutschland haben nicht einmal eine Ahnung davon, dass es dies gibt. Natürlich zeigt man einige Verhaltensunterschiede im Vergleich zu nicht betroffenen, jedoch werden diese sehr oft anderweitig abgetan (die schnellere Reizüberflutung führt beispielsweise zu häufigerem gestresst sein bzw. verminderter Stressresistenz, früherer Ermüdung, verminderter körperlichen Leistungsfähigkeit usw. was sehr häufig schlicht als Faulheit abgetan wird, oder einfach als Burnout)

Seit ich 10 bin und diese Unterschiede zu normalen Menschen festgestellt habe, war ich am rätseln und Suchen was mit mir los sei. Aber egal zu welchem Mediziner ich ging, alle stellten fest dass ich körperlich und psychisch gesund sei. Dass ich nun vor kurzem die Diagnose ergeben hat, ist wahrscheinlich nur reinem Zufall zu verdanken sonst wüsste ich bis heute immer noch nicht was mit mir los ist, würde aber trotzdem weiter an den Auswirkungen zu knabbern haben.

Wahrscheinlich musst du tatsächlich erst mal akzeptieren, dass du nun mal ein Handicap hast und geduldiger mit dir sein.

Da ich dieses Handicap seit meiner Geburt habe, muss ich zugeben, dass ich mich über all die Jahre auch an manches gewöhnt habe, akzeptiert dass es eben so ist wie es ist. Der einzige Unterschied zu jetzt ist, dass ich jetzt einen Begriff dafür habe, aber dass ich eben nicht ganz normal bin weiß ich schon lange. Ich hatte mir auch all die Jahre zuvor mehr oder weniger zwangsläufig Dinge überlegt, die mir den Alltag erleichtern. Man merkt ja mit der Zeit selbst, was einem gut tut und was eher nicht. Nun einen Begriff dafür zu haben und dadurch qualitativere Tipps bekommen zu können, stellt lediglich eine positive Ergänzung dar.

Bevor du wieder an Gesangsunterricht denkst, wäre es doch ratsamer erst mal im Alltag zurecht zu kommen und dich nicht damit frustrierst dass du im Unterricht nichts aufnehmen kannst.

Mit Gesangsunterricht habe ich sowieso erst mal für die nächste Zeit abgeschlossen, das steht noch in unbekannten Sternen ab wann ich wieder mit Unterricht beginnen werde. Aber was für mich von großer Bedeutung ist, dass ich auf alle Fälle wieder für mich selbst singen kann, bzw. ich nicht mehr blockiert bin überhaupt die Technik richtig anwenden zu können.

Liebe Grüße B0X
 
Sie das mal nicht so absolut. Heilung gibt es vielleicht keine, aber eine (symptomatische) Therapie bestimmt. Man hat halt gerade keine festgelegte Leitlinie dafür, aber das heißt noch lange nicht, dass man überhaupt nichts machen kann. Das haben alle seltenen Erkrankungen an sich. Man muss selbst wie ein Detektiv suchen, mit Leidensgenossen in Kontakt treten und sich nen passenden Therapeuten suchen, der sich voll dahinter klemmt und nichts unversucht lässt. Es reicht ja auch aus, wenn die Symptome zwar nicht weg, aber so gelindert werden, dass du im Alltag zurecht kommst. Und gerade was Aufmerksamkeitsstörung und Unwohlsein angeht, gibt es ja zig (mal mehr mal weniger hilfreiche) Möglichkeiten die man ausprobieren könnte und vielleicht ist ja doch irgendwas dabei, das dir zumindest ein bißchen hilft. Ich sag dazu nur biopsychosozialer Ansatz. Nur vor Betrügern muss man halt aufpassen (Scientology etc., keine Diskussion dazu!!!!), so wie sonst überall auch.
Ansonsten ist es für dich vielleicht tatsächlich am besten, wenn du versuchst einfach zu singen und mit dir zufrieden bist und du mit dir und deiner Stimme leben lernst und deine eigenen Leistungsansprüche mal überdenkst. Wer braucht schon zig Oktaven und hundert Klangfarben in allen Tonlagen, wenn man auch mit dem was man schon hat Kunst machen kann. Es gibt zum Glück viele legendäre Sänger, die den Status nicht unbedingt ihrer "Technik" zu verdanken haben.
 
Die eigentliche Leistung (ich wusste nicht, dass das das Gegenteil bedeutet^^") misse ich an den Momenten, in denen zufällig alles zusammen gepasst hat und ich dann überhaupt erst auch technisch korrekt gesungen habe. Wenn bei mir ein Störfaktor vorliegt, komme ich gar nicht erst dazu, gesangstechnisch alles passend auszuführen, da fängt es ja schon an.

Das klingt für mich ehrlich gesagt nach einem Problem, was wir schon oft mit anderen diskutiert hatten.

Solange du dich auf irgendeine Technik konzentrierst, wirst du auch nicht vernünftig singen können. Vor allem dann nicht, wenn ein Störfakter das auch noch verhindert.

Vergiss mal jede Technik und denke eher in diese Richtung:

Die Beine sind zum Gehen und Laufen da
Die Lungen zum Atmen
Die Ohren zum Hören
Die Stimme zum Sprechen, Rufen, Schreien ... und zum Singen

Du kannst gehen und laufen, du kannst atmen, du kannst hören, du kannst sprechen - der neurologische Störfaktor hat dich nicht daran gehindert, das alles zu lernen. Warum solltest du also nicht singen können?

bzw. ich nicht mehr blockiert bin überhaupt die Technik richtig anwenden zu können

Allein dieser Satz löst in mir Blockaden aus, obwohl ich mir keiner neurologischen Störung bewusst bin. Was soll denn das sein "die richtige Technik". Wenn ich ständig an die "richtige Technik" denken müsste, würde ich auch nicht singen können.

Meine Ansicht nach bist einfach nicht der Typ für technisch aufgebauten Gesangsunterricht. Ob nun aufgrund deiner neurologischen Störung oder aus anderen Gründen, ist eigentlich völlig egal. Versuch es auf andere Art. Und denk vor allem nicht an Technik.
 
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Das klingt für mich ehrlich gesagt nach einem Problem, was wir schon oft mit anderen diskutiert hatten.

Solange du dich auf irgendeine Technik konzentrierst, wirst du auch nicht vernünftig singen können. Vor allem dann nicht, wenn ein Störfakter das auch noch verhindert.

Vergiss mal jede Technik und denke eher in diese Richtung:

Die Beine sind zum Gehen und Laufen da
Die Lungen zum Atmen
Die Ohren zum Hören
Die Stimme zum Sprechen, Rufen, Schreien und Singen

Du kannst gehen und laufen, du kannst atmen, du kannst hören, du kannst sprechen - der neurologische Störfaktor hat dich nicht daran gehindert, das alles zu lernen. Warum solltest du also nicht singen können?

Meine Ansicht nach bist einfach nicht der Lerntyp für technikorientierten Gesangsunterricht. Ob nun aufgrund deiner neurologischen Störung oder aus anderen Gründen, ist eigentlich völlig egal. Versuch es auf andere Art. Und denk vor allem nicht an Technik.

Sehe ich genauso...zu viel Denken hemmt beim Singen teilweiße, das weiß ich nur zu sehr aus Erfahrung.
 
Hey Box,

Ich bin mir recht sicher, dass Hypnose dir helfen kann. Ich hatte zwar noch keinen Fall wie dich, aber das Filtern von Sinnesreizen wendet man zum Beispiel bei Neurodermitis-Patienten an um sie (zumindest temporär) von ihrem Juckreiz zu befreien.

Das menschliche Gehirn nimmt ohnehin ständig tausende Reize aus der Umgebung auf von denen nur einige ausgewählte dein Wachbewusstsein erreichen. Ohne diese Fähigkeit zur Filterung und Aufmerksamkeitsbündelung wären wir garnicht Lebensfähig. Du müsstest diese Fähigkeit auch haben, wenngleich sie in deinem Falle aus deutlich mehr Reizen filtern muss.
Aber:
Wenn du in der Lage bist, einem Film (oder einem anderen, entsprechend starken Stimulus) zu folgen, solltest du auch, rein biologisch, in der Lage sein dem Gesangsunterricht zu folgen. Der Schlüssel dazu liegt, wie Vali schon sagte, im erlernen von Bewältigungstechniken die dir ermöglichen dein Bewusstsein so zu steuern, dass du deine Lebensqualität steigern kannst.

Eine Hypnosebehandlung könnte dir mit Hilfe von verschiedenen Techniken helfen, deine Reize besser zu selektieren. :)
 
Hey Box,

Ich bin mir recht sicher, dass Hypnose dir helfen kann. Ich hatte zwar noch keinen Fall wie dich, aber das Filtern von Sinnesreizen wendet man zum Beispiel bei Neurodermitis-Patienten an um sie (zumindest temporär) von ihrem Juckreiz zu befreien.

Hypnose wurde bei mir nicht angewandt, das war Autogenes Training.

Aber vielleicht könnte das auch helfen?
 
Allein dieser Satz löst in mir Blockaden aus, obwohl ich mir keiner neurologischen Störung bewusst bin. Was soll denn das sein "die richtige Technik". Wenn ich ständig an die "richtige Technik" denken müsste, würde ich auch nicht singen können.

Meine Ansicht nach bist einfach nicht der Typ für technisch aufgebauten Gesangsunterricht. Ob nun aufgrund deiner neurologischen Störung oder aus anderen Gründen, ist eigentlich völlig egal. Versuch es auf andere Art. Und denk vor allem nicht an Technik.

Das würde ich doppelt und dreifach unterschreiben.
Man kann übrigens nicht ständig "gesangstechnisch alles korrekt ausführen". Das könnte auch schnell verkrampft und seelenlos wirken. Gerade unser Genre lebt doch von Unkorrektheiten ;)

Mein Tipp wäre: schmeiß den ganze Krampf über Bord. Und singe vielleicht mal eine Zeitlang Blues. Das kann jeder, der Gefühle hat. Und eine korrekte Technik ist gerade bei Blues völlig egal. Nur so ´ne Idee, damit du den Kopf wieder frei kriegst!
 
Mal ganz pragmatisch:

Wenn Du Dich nicht entspannen kannst, dann musst Du halt unentspannt singen.
Du scheinst Dich mehr an den Gedanken zu klammern, erstmal enstpannen zu müssen, machst Dir dadurch zusätzlich Stress und überhöhst die Vorstellung vom entspannten Singen. ("Ich kann nur richtig singen, wenn ich entspannt bin und das und das passt. Also muss ich erstmal Entspannung erreichen. "Gerade verschwende ich das Unterrichtsgeld." "Eigentlich könnte ich viel besser sein, aber gerade kann ich es nicht zeigen, wegen der und der Sache. " )
Es stimmt natürlich, dass Entspannung ein Idealzustand ist, aber nicht in dem Maße, dass man anders nicht singen könnte.
(Wobei ich das für Deinen Fall natürlich nicht zu 100 % beurteilen kann, aber Du allein für Dich eben vielleicht auch nicht. )
Du verbindest Singen mit einem gewissen Gefühl und wenn das Gefühl nicht da ist, dann macht es Dir keinen Spass und der Gesang scheint ebenfalls zu leiden.
Dass das frustrierend ist, kann ich mir vorstellen und dass Stimmung und Gesang zusammenhängen ist auch keine Frage.
Aber vielleicht legst Du zuviel Wert auf dieses here, perfekte Ganze. Viele Sänger müssen auch singen, wenn sie mal nicht so gut drauf sind und nicht alles passt. Auch wenn Du sensibler auf Störfaktoren reagierst, würde ich eher daran arbeiten, eben trotzdem ordentlich performen zu können, als nach irgendwelchen Krücken zu suchen, die eben auch nicht immer funktionieren müssen oder greifbar sind. Und wenn das klappt, dann ist das schonmal eine Sorge weniger.

Das klingt jetzt alles frustrierender als es gemeint war.
Eigentlich sollte das nur heissen, dass Du die Zügel mal aus der Hand nehmen sollst, wenn Du die Pferde eh nicht steuern kannst und kein Abgrund oder gefährliche Hindernisse im Weg sind. Vielleicht genießt Du dann sogar irgendwann die Fahrt und die Pferde kennen den Weg nach Hause schon. Aber ich will das Bild jetzt nicht überstrapazieren. ;)
 
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Hallo BOX,

habe deine Posts gelesen. Allerdings nicht jede einzelne (mit Sicherheit hilfreiche!) Antwort der anderen User. Ich hoffe mein Tipp kommt jetzt nicht doppelt.

Probier doch mal Workshops aus, in denen für jeden Teilnehmer kleine aktive Parts (bis 20 Minuten) stattfinden und in denen auch viel in der Gruppe gearbeitet wird. Das erleichtert die Konzentration, da man nicht ständig über sich selbst reflektieren muss, sondern auch einfach mal durch zusehen etwas dazulernt. Und wenn man dann mal einen Moment lang unaufmerksam ist, macht das auch nichts. Wenn die Atmosphäre in der Gruppe gut ist, baut man auch weniger unerwünschte Spannungen in sich auf. Solange du einfach nur Unterstützung in deiner sängerischen Entwicklung möchtest und nicht unbedingt ein Klangideal erfüllen musst (wie in der Klassik, oder manchmal auch im Musical), wäre das doch vielleicht eine Überlegung wert. :)

Liebe Grüße!
 
In erster Linie halte ich es mit antipasti und Bell*. Du sagst, 3-4 mal hat alles perfekt so geklappt wie du es dir vorstellst. Ich bin nicht sicher ob das bei mir bisher soo viel häufiger der Fall war :eek:. Ganz ehrlich, es ist nie alles perfekt - bei niemandem. Und selbst wenn man mal meint, Perfektion erreicht zu haben…..kommt das beim Publikum evtl. ganz anders an.

In Ermangelung eines positiveren Begriffes kommst du quasi einem Pedanten nahe ("...eine Person, welche Kleinigkeiten als wichtige Dinge ansiehet und vertheidiget. …" - Quelle: Wikipedia). Die Ursache lassen wir mal dahingestellt, denn du kannst nach eigenen Angaben ja ohnehin nichts dagegen tun. Auch scheinen mir hier ein paar komische Ansichten über das Gehirn herumzugeistern. Natürlich ist es noch nicht vollständig erforscht, und der aktuelle Stand mag schon wieder ein anderer sein, aber nach meinem Kenntnisstand gibt es nicht das eine Areal für die Wahrnehmung. Und ich glaube auch nicht, daß du mehr wahrnimmst als andere, sondern eher, daß weniger herausgefiltert wird. Oder daß selbst das normal ist, aber die Bewertung der dich erreichenden Reize anders vollzogen wird. Wie dem auch sei, Hirnforschung wird uns hier kaum weiterbringen. Zurück zum Pedanten - es gibt sehr viele davon, und es gibt etliche Möglichkeiten damit umzugehen. Ein Beispiel, das ich in diesem Zusammenhang immer gern verwende, ist das "Handwerkersyndrom". Ein Handwerker arbeitet den ganzen Tag sehr effizient, schließt ein Projekt nach dem anderen ab, ratzfatz. Aber in seinem eigenen Haus bastelt er seit Jahren herum und nix wird fertig! Warum? Weil er es bei sich selbst am allerperfektesten machen möchte und deshalb einfach nicht vorankommt. Ich selbst kenne davon min. 4 konkrete Fälle. Eine Frau aus meinem Bekanntenkreis hat ihrem Mann sogar verboten, ein eigenes Haus zu kaufen, weil sie nicht den Rest ihres Lebens in einer Baustelle fristen will. Und ein befreundeter Fliesenleger legt sich seit über 10 Jahren eine Tropfsteinhöhle in seiner Diele an - kein Witz. Und da wir hier im Musiker-Board sind, kommen gleich Tausende Beispiele von Leuten dazu, die seit Äonen dabei sind, ihr meisterhaftes Album zu produzieren. "Sobald ich das neue Motherboard für meinen PC habe, geht's aber los"….."Ich brauch nur noch ein Netzteil, damit das Motherboard auch angeschlossen werden kann…"….."Nur noch ein neues Interface, sonst geht halt nix, das alte ist viel zu schlecht…"…"Ich hab schon fast das Geld für den Spitzenkompressor zusammen, ohne den brauchen wir gar net anfangen, aber dann geht die Post ab, aber sowas von, hohoho, da wird man noch lange von reden wie das hier bald abgeht"…. Das geht unendlich so weiter, ich weiß es genau, weil ich das alles auch schon durchlebt hab - und es gibt nur einen einzigen Ausweg: drauf sche!$$en !!! Man muß lernen, in einer Welt zu leben, die eben nicht perfekt ist. Wenn bei der einen Tasse im Küchenschrank der Henkel nach rechts zeigt und mich das stört (ich kenn mich aus…), dann dreh ich sie eben um - darüber kann man sich aufregen (und man kann sich auch darüber aufregen, daß einen das aufregt :hat:), muß man aber nicht. Diese Art von Gelassenheit läßt sich erlernen und trainieren. In meinem persönlichen Fall habe ich die Deadline als Wundermittel entdeckt. Zu einem festgelegten Zeitpunkt ist das Projekt fertig und bleibt dann so - egal wie. Seit ich 14 bin schreibe ich eigene Songs und versuche sie aufzunehmen. 20 Jahre danach hatte ich genau so viel beendet: 0. Bilanz der letzten 5 Jahre dagegen: 7 veröffentlichte Soloalben + 5 weitere Alben mit einer Handvoll anderer Leute per Online-Kooperation. Warum? Weil ich endlich begriffen habe, daß Perfektion ein Phantom ist. Das ist hart, und es war bei jedem dieser Alben (und jedem einzelnen Song!) hart, einen Schlußstrich zu ziehen. Und es wird vermutlich immer hart bleiben, weil ein Werk eben niemals wirklich fertig ist. Wenn van Gogh heute noch leben würde, würde er wahrscheinlich denken: "AAAARGH, hätte ich bei den Sonnenblumen nur noch diesen einen elenden Strich gemacht!!"

Was du also lernen mußt ist Akzeptanz. Die Dinge sind so wie sie sind. Das mag für dich etwas schwieriger sein als für andere, aber nicht unmöglich. Denn wie du selbst sagst, bist du im Alltag ja ganz normal. Also wendest du es ja schon an! Nur eben nicht beim Singen und evtl. bei anderen Sachen. Tätest du das nicht, könntest du nicht mal über die Straße gehen ;).

Übrigens ist am Pedantsein nicht alles schlecht, man arbeitet z.B. gründlicher und korrekter als die Normalen. Wenn jemand in seinem Computerprojekt nichts mehr findet, weil er es verdummbeutelt hat, alle Einzelteile richtig zu benennen, kann ich nur müde lächeln. Und meine Steuererklärung dauert ca. 12 Minuten :rock:
 
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Schön beschrieben, sing-it.de,

ich kenn das natürlich auch. Mir hat die 90er-Jahre Trash-LoFi-Bewegung ein wenig drüber hinweg geholfen. Als ich plötzlich merkte: Hey, was die machen, klingt zwar scheiße, aber macht scheinbar Höllenspaß. Danach habe ich auch Mut zur Lücke gelernt. Defizite schaffen Platz für Kreativität. Wenn ich kein teures Soundmodule für echt klingende Streicher habe - spiele ich sie halt auf der Nasenflöte :)

In meinem persönlichen Fall habe ich die Deadline als Wundermittel entdeckt. Zu einem festgelegten Zeitpunkt ist das Projekt fertig und bleibt dann so - egal wie

Ja - oder eben einen Gig klarmachen, auch wenn man noch gar kein fertiges Programm hat. So hab ich es immer gern gemacht und mache es noch immer :)

Diese Möglichkeiten haben aber reine "Daheim-Sänger" gar nicht, weil es ja eigentlich gar kein Ziel gibt, außer "schön zu singen" - und das nur mit sich selbst als Publikum und Kritiker. Also streng genommen ein unerreichbares Ziel. :(


Und meine Steuererklärung dauert ca. 12 Minuten

Respekt - ich brauche noch immer fast einen Tag - zum Sortieren der Quittungen.
 
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