Diskant-Registerrahmen: Sinn, Zweck, Nutzen und Schwächen

  • Ersteller Akkordeonengel
  • Erstellt am
Akkordeonengel
Akkordeonengel
Helpful & Friendly User
HFU
Zuletzt hier
11.12.24
Registriert
18.01.16
Beiträge
1.199
Kekse
24.330
Ort
Westslowakei
Guten Abend!

Aufgrund meiner Nachlässigkeit hatte ich einen kleinen Unfall, der mich viel gelehrt hat und ich möchte meine Erfahrungen teilen:

Allgemeine Einführung:
Eine bedeutende Anzahl von Modellen aus der Fabrik in Klingenthal weisen ein technisches Merkmal auf: Im Gegensatz zu den meisten italienischen, russischen und tschechischen Herstellern verfügen ihre Diskant-Register über eine aufgesetzte Abdeckung (sog. Registerrahmen; meist aus Kunststoff), die mit Miniaturschrauben befestigt wird. Wenn Sie also z.B. zufällig auf ein Cantus V-Modell stoßen, sieht es so aus:
20230717_165602.jpg

Schwächen
Eine beträchtliche Anzahl von "Akko-Maniacs“ (meistens Meisters, die im Internet Werbung machen und Referenzen ihrer Reparaturen veröffentlichen) , die ihre Fotos im Internet veröffentlichen, posten auch der Diskant mit abgenommener Abdeckung, was in etwa so aussieht:
20230302_164532.jpg

Hier kommt das Problem. Wenn man unvorsichtig ist und die Diskantabdeckung mit Gewalt zu hochschiebt, kann der Druck das Kunststoffmaterial zerbrechen, aus dem der Registerrahmen besteht. Dann sieht es so aus:
20230717_164322.jpg

Dann muss man ein Ersatzteil bestellen (ich verstehe jetzt, warum die noch produziert werden) den beschädigten Rahmen ausbauen und durch einen neuen ersetzen. Es sieht aus wie das:
20230717_164559.jpg 20230717_164821.jpg 20230717_164846.jpg 20230717_165133.jpg

Registerrahmen und Cassotto:
Bei hochwertigen Konzertinstrumenten mit Cassotto (wie z.B. die Cantus-V) hat diese Lösung ein tolles positives Klang-Ergebnis. Beide Cassotto-Register (8' und 16') klingen äußerst edel und kultiviert. Beim Spielen habe ich etwas äußerst Interessantes entdeckt: Die Cassotto-Register klingen für den Spieler deutlich leiser als im Raum vor dem Spieler (d.h. falsche Verzerrung). Ich habe dies anhand meiner Aufnahmen sowie durch Anhören anderer Spieler mit dem gleichen Modell überprüft. Ich denke, dass hier neben dem Cassotto selbst auch die Schalldichtheit der Abdeckungen im Raum vor der Cassottoschaft-Mündung eine entscheidende Rolle spielt. Zudem kennen Spieler dieser Modelle das bei anderen deutschen und italienischen Herstellern so häufige Problem der unterschiedlichen Klangintensität von Cassotto-Ganztönen und -Halbtönen nicht.
20230717_165900.jpg

Diesmal hat mich mein Fehler nicht so viel gekostet. Alles Schlechte ist für etwas gut und ich bin dankbar, dass ich wieder was lernen und verstehen konnte...

Liebe Grüße aus der Slowakei sendet Vladimir
 
  • Interessant
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Registerrahmen und Cassotto:
Bei hochwertigen Konzertinstrumenten mit Cassotto (wie z.B. die Cantus-V) hat diese Lösung ein tolles positives Klang-Ergebnis. Beide Cassotto-Register (8' und 16') klingen äußerst edel und kultiviert.
Das ist aus meiner Sicht überhaupt ein wensentliches Merkmal, das sehr häufig übersehen oder unterschätzt wird. Vor allem zusammen mit einem Teil das man nur sieht, wenn man das Diskantverdeck abgenommen hat: Die Aufbauleiste auf der die Registerdrücker aufgebaut sind!

Denn die Aufbauleiste liegt genau vor dem Ausgang des Cassottoschachts!

Boah! Wie kann man nur ! So ein Unfug! .. hört man dann reihenweise, wenn man auf dieses Detail aufmerksam macht.

.. und dann kommen die ganz alten Hasen, die auf die "guten alten " Instrumente schwören - in der Ecke , in der ich aufgewachsen bin waren das die bekannten Morinomodelle und da ganz vorneweg die M-Serie. Da habe ich schon reihenweise auch aus fachlich gebildetem Mund gehört: Der alte Morino wusste wie man das bauen muss: Die Registerdrücker flach über der Tastatur, dann kann der Ton vom Cassottoschacht frei abstrahlen und wird nicht gleich abgedämpft wie bei den Nachbauversuchen der N-Serie oder der S-Serie, wo sie die Registerdrücker direkt vor den Schallkanal gebaut haben.

Hier bei der VIM - freier Schallkanal des Cassottoschachts:

Tastaturseite.JPG

und hier abgedeckter Kanal der Morino VS:
Morino Verdeckschalter.JPG

Ha jawoll, ganz klar ... leuchtet ein!.. war schon n schlauer Kopf der Herr Morino!:great:

... aber...

dann kam der Herr Gola um die Ecke und baut nicht nur die Register vor den Cassottoschacht, sondern baut da auch gleich noch nen kompletten Kasten davor!:nix:

Gola 414 - Diskantjalousie.JPG

.. Und spätestens jetzt kommen dann die Leute meistens ins grübeln, denn soviel haben so gut wie alle schon mal gehört, dass der Herr Gola sehr viel Wert auf guten Klang gelegt hat... aber warum hat der dann den Cassottoschacht und nicht nur den so abgedeckt???


Beide Cassotto-Register (8' und 16') klingen äußerst edel und kultiviert.

...eben deshalb!

Der Klang bei der Morino VM war und ist noch relativ kernig und für ein Cassotto nicht übermäßig sonor, sondern eher noch rauh und tendentiell "offen " vom Klang. Und das liegt neben den sehr weit nach vorne eingebauten Stimmsöcken auch am freien Schallkanal des Cassottoschachts. (eben weil nichts dem Klang da im Wege steht)

Alles gut - für etliche Musik z.B. Krainermusik ist das ein hervorragender Sound

Aber wenn man, sagen wir mal, mehr in Richtung "gediegene Musik" mit "sonorem" Klang kommen will, dann erreicht man das besser wenn man die Stimmstöcke weiter in den Cassottoschacht hineinbaut und dann die Austrittsöffnung abblendet... oder ganz extrem ne Jalousie davor baut!

Und das ist deshab auch konsequent bei der Cantus so umgesetzt worden:

Geschlossene Basshaube für warmen brummigen grundtönigen Bass und abgedeckter Cassottoschacht um hier ebenfalls einen eher sonoren Cassottoklang zu erhalten , der dann zusammen mit dem Bassklang ein in sich sehr gut abgewogenes Klangbild ergibt!

... womit man mal wieder sieht: die waren auch nicht auf den Kopf gefallen in Klingenthal! Die wussten schon auch was sie wann , wie und warum mal so und mal so gebaut haben!:cool:

Zeigt sich immer wieder: Die Cantus ist ein sehr gelungenes Instrument - steht zu unrecht im Schatten der Supita und braucht sich da gar nicht verstecken. Eine Cantus ist und bleibt ein wirklich gutes Instrument mit ganz eigenem - aber sehr angenehmen Charakter!
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Bei vielen italienischen Akkordeons gibt es auch keine zusätzlichen Registerrahmen, wodurch ein nicht unerheblicher Teil des Klanges schon austritt, bevor er durch das Diskantverdeck geformt wird.

Beim Sirius (und auch Bayan 58 und Nova) gibt es sogar noch eine zusätzliche Reihe von Löchern direkt hinter der 5. Knopfreihe, welche ich bei meinem Instrument zugeklebt habe, damit der Cassotto nicht direkt nach außen abstrahlt. Zwischen Verdeck und Platte war ohnehin schon ein Filzstreifen, welchen ich einfach nur durch einen breiteren ersetzt habe.


242796457_1056559098418921_7311970073765297855_n.jpg

IMG-20220419-WA0049.jpg
 
  • Interessant
Reaktionen: 1 Benutzer

Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben