Weshalb eine Hohner Amica Forte IV 96 (Sicht eines älteren Einsteigers)

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Marcel53
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Hallo zusammen

Ich erkundigte mich in diesem Forum vor einigen Monaten zur Hohner XS und bekam erschöpfend Auskunft. Insgesamt rieten die meisten von der XS für einen erwachsenen Anfänger ab. Jedoch empfahl «Be-3» eine Hohner Student. Kurz darauf erwarb ich im Netz auf gut Glück das Modell V. Es ging mir darum, zu testen, ob ich trotz fortgeschrittenem Alter und 0 Ahnung von Musik beim Üben bleibe. Das läuft bisher sehr gut, d.h. ich bin seit ca. 3 Monaten täglich mit dem «Haas» dran.

Die Student V hat – wie man mir in obgenanntem Thread zu Recht prophezeite – enge Grenzen, u.a. weil es schon von der Grösse her nicht für Erwachsene bestimmt ist. Ausserdem ist man bei diesem kleinen Instrument schon viel am Luftpumpen. Bevor ich mich nun für einen Ersatz entschied, las ich alles Mögliche in diesem Forum. Die Quintessenz war, dass ich mehr und mehr skeptisch gegenüber Gebrauchtinstrumenten wurde, Wohlklang hin oder her. Da war von Tastengeklapper die Rede, es finden sich wegen Verwendung von Silikonöl austrocknende Gummiführungsteile, sich auflösender Schaumgummi, altersbedingte Probleme mit dem Wachs etc. etc.. Man muss also Risiken eingehen, je älter das Akkordeon, desto mehr. Ich bin aber kein Handwerker, ich will ein problemloses, langlebiges Instrument und rein von der Wahrscheinlichkeit her ist das am ehesten beim Neukauf zu erwarten.

Selbstverständlich kann es bei beiden Gruppen Ausreisser geben, schlecht gefertigte Neufabrikate ebenso wie tadellose Occasionen im Alter von 50 Jahren und mehr. Ich denke aber, dass letzteres nur für Akkordeons gilt, die in einer anerkannten Fachwerkstätte generalüberholt wurden, siehe weiter unten. Und apropos möglicherweise schlechte Qualität bei Neuinstrumenten. Die Chance dazu dürfte bei Billigfabrikaten erhöht sein.

Schlussendlich wurde es eine Hohner Amica Forte IV 96. Für Interessierte nachstehend meine Kaufüberlegungen. Sie sind weder objektiv noch diplomatisch ausgewogen formuliert:

  • Warum Hohner. Ich wohne am Bodensee, damit am Rand des Hohner-Landes. Wenn etwas kaputtgeht oder eine Überholung ansteht, habe ich in vernünftiger Fahrdistanz Service- und Reparaturmöglichkeiten. Bei italienischen Instrumenten ist das schwieriger. Sie sind bei vergleichbarer Ausstattung auch einiges teurer als Akkordeons des deutschen Unternehmens (ja, ich weiss, Produktion und Eigentum liegen in Taiwan, trotzdem). Ausserdem sind meine Erfahrungen mit der Student V recht gut; ich mag den Klang und finde sie mit Erwachsenengurten auch einigermassen handlich. Aber eben die Balggrösse und die letztlich doch suboptimale Ergonomie.

  • Ich bin voreingenommen zugunsten deutscher und italienischer Instrumente. Die Marke Weltmeister schloss ich indes zum vornherein aus, weil der Name zu fett und zu gross am Instrument prangt und es etwas merkwürdig aussieht, wenn ein Anfänger oder mittelmässiger Spieler den Namen Weltmeister vor sich herträgt. Auch mit «Alpenklang» kann ich, wenn auch aus anderen Gründen, nichts anfangen.

  • Die Italiener sind wie erwähnt bei ähnlicher Ausstattung teurer als Hohner. Bei vielen (Cantonelli, Pigini) gefällt mir zudem das girlandenüberzogene Verdeck nicht. Für meinen Geschmack wirkt das zu verspielt und überladen.

  • Beim Modell Forte, der aktuellen Amica-Version, ist das Design modern, eher kühl und farblich zurückhaltend. Das Ensemble mit weisser Schrift auf schwarzem Harz und silberfarbenen Balgecken/Druckknöpfen wirkt auf mich elegant. Das rundgelochte, funktionelle Verdeck gefällt mir besser als jene bei den ganz alten bis mittelalten Instrumenten. Ich finde die Forte schnörkellos gebaut, klipp und klar auf Spielen ausgerichtet, ohne optischen Firlefanz. Ich gebe zu, dass ich ein Akkordeon nicht nur mit den Ohren, sondern auch mit den Augen beurteile.

  • Zum technischen Fortschritt: Mir leuchtet nicht ein, dass es in den vergangenen Jahrzehnten bei Akkordeons nicht auch Fortschritt im Sinne von Verbesserung gegeben haben soll, sowohl bei den Materialien als auch bei der Technik. Der angeblich wohltönendere Klang der Alten ist und bleibt Geschmacksfrage. Generell kann ich mit dem Slogan «Früher war alles besser» nicht viel anfangen. Mir erschien z.B. die Tastatur der Amica IV 96 (ohne «Forte») leichtgängiger als bei der Student V, auch wenn hier Äpfel mit Birnen verglichen werden. Überzeugend formuliert und begründet ist das Gemeinte aber auf der Website:

    http://pigini.bplaced.net/Gebrauchte_Akkordeons_PIGINI_EXCELSIOR_Morino_Gola.htm

    Selbst wenn man berücksichtigt, dass sich der Mann der Konkurrenz Pigini zurechnet, kommt man ins Grübeln. Weshalb sollen die Argumente nur für Morinos und Golas gelten, nicht aber für Tangos, Atlantics, Lucias etc. - kurz für alle Oldtimer.


  • In einem Fachgeschäft testete ich – da die Forte nicht am Lager war - eine gebrauchte Hohner Amica IV 96, 1. Design. Sie passte von der Grösse und lag mir gut an. Das Gewicht ist gegenüber der Student V deutlich höher, aber unter meiner selbstgesetzten Grenze von 10 kg. Der Klang gefiel mir und ich ging davon aus, dass der Nachfolger Forte diesbezüglich kaum abfallen würde. Die Occasionspreise sind bei früheren Amica-Versionen zwar angemessen. Aber, um zu wiederholen, man kennt die Vorgeschichte des Instruments nicht und weiss auch bei so relativ jungen Akkordeons (immerhin +- 30 Jahre) nie, wie es im Inneren in den Details aussieht. Zudem haben Gebrauchte Lackabriebe bei der Aufsetzstelle und allgemein farbliche Mattigkeit am Oberflächenlack und den Knöpfen/Tasten. Doch ist das natürlich eingepreist, sonst wäre es keine Occasion.

  • Wenn schon, dann wäre unter den gebrauchten Akkordeons rein von der Kompaktheit und vom Gewicht her auch eine Lucia IV P in Frage gekommen. In diesem Forum wird ihr Klang als gut bewertet und ebenso die Bauqualität. In generalüberholtem Zustand – nur so würde ich den Oldtimer überhaupt näher anschauen - wird sie zur Zeit von einem Fachgeschäft auf ebay für Euro 1'799.00 offeriert. Da ist mir die Preisdifferenz zu einer neuen Amica Forte aber zu gering im Vergleich zu möglichen Nachteilen (Tastengeklapper, schwergängige Registerschaltung, altersbedingte Schadensanfälligkeit, Wiederverkaufsmöglichkeit und -wert, Abriebe).

  • Die Frage der Anzahl Bässe ist im Forum hinsichtlich Vor- und Nachteilen von allen Seiten beleuchtet worden. Ich entschied mich für 96 Bässe und vier Register, a) weil ich alle für mich bestenfalls erreichbaren Eventualitäten abgedeckt haben möchte und b) ein allfälliger Weiterverkauf auf dem Markt (geschätzt) leichter fallen wird.

  • Auf YouTube hörte ich beim Kanal Liberty Bellows diverse Akkordeons durch. Ich verglich nur Instrumente, die in diesem umfangreichen Kanal gespielt wurden, da ich von einer gleichbleibenden Aufnahmesituation ausging. Die vielen verschiedenen Klangvarianten über die Register der Amica Forte IV 96 hörte ich gerne. Ich bin ausserdem anspruchsloser als jemand, der schon jahrzehntelang spielt und auf den Klangunterschiede viel feiner wirken. Das verhält sich ähnlich wie bei Wein, Pfeifentabak, Whisky etc., es gibt nun einmal Kenner, die äusserst empfindlich auf Geschmacks- oder Klangnuancen reagieren. Daneben existiert der Normalverbraucher, der je nach Ansicht grosszügiger oder banausenhafter empfindet.

  • Schlussendlich: in diesem Forum gibt es eher wenig zur Amica Forte zu lesen, aber einige Experten äusserten sich dennoch durchaus lobend (Wil Riker: Ich finde das Modell richtig Klasse. Sehr ergonomisch und klanglich erstaunlich gut. Maxito: Ich habe eins von ein paar Tagen auspobieren können und muss sagen, dass ich ziemlich überrascht war, von dem was ich vorgefunden habe! …..).
Schliesslich kaufte ich die Hohne Amica Forte IV 96 ungesehen und ungespielt über das Internet. Ich möchte keine Schleichwerbung machen, sondern nur erwähnen, dass der Musikversand Kirstein faire Preise bietet und die Logistik auch bei Auslandversand schnell und problemlos funktioniert. Das Paket kam gut befestigt auf einer eigenen Palette.

Mein Eindruck nach einigem Gebrauch: Genau das, was ich gesucht habe. Wohlklingend mit sehr vielen Variationsmöglichkeiten über die Register auf der Diskant- und Bassseite (kann allerdings zur Spielerei einladen). Alles ist sehr leichtgängig zu bedienen. Die Traggurte sind ok, wirken aber irgendwie billig. Die werde ich bei Gelegenheit ersetzen. Ferner las ich, dass die Forte einen «warmen» Ton habe wegen einer technischen Neuentwicklung. Das kann sein, aber solche Feinheiten gehen an mir vorbei. Für mich ist es schlicht ein schönes Instrument, das gut tönt. Die Abmessungen der Amica passen zu meinen 170 cm. Das Gewicht von knapp unter 10 kg ist auch bei fortgeschrittenem Alter problemlos, wobei ich voraussetze, dass man gesund ist und seinen Körper nicht vorzeitig verfallen lässt, also nicht nur Musik macht, sondern auch Kraft und Ausdauer trainiert. Zuletzt meine ich, dass der Preis im Verhältnis zum dem, was man bekommt, sehr in Ordnung geht. Kurz: ich kann die Amica Forte empfehlen.
 
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Hallo, Du bringst mich ans Grübeln...
Ich lerne/spiele seit 4 Jahren auf meiner kleinen Hohner Student, 40 Bässe.
Damit habe ich (inzwischen 63 Jahre) alle Hände voll zu tun, denn ich bin weder besonders musikalisch noch habe ich ein gutes "Bewegungsgedächtnis". Dafür machts aber reichlich Spaß.
Mein Lehrer hat mir schon öfter ein größeres Instrument ans Herz gelegt, aber die großen Instrumente wirkten auf mich immer abschreckend.
Oh je...

Ich wünsche Dir weiterhin viel Freude mit Deiner Neuerwerbung.
LG Chris
 
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Selten so etwas gutes gelesen !!!!
 
Mein Eindruck nach einigem Gebrauch: Genau das, was ich gesucht habe.
Es freut mich, dass du "dein" Instrument gefunden hast !:great: Und es freut mich dass du keinem Mainstream oder sonstigen Wellen gefolgt bist, die gerade "en vogue " sind, sondern dass du dir deine eigenen Gedanken gemacht hast, was du willst und brauchst und dann auf die Suche gegangen bist.
... Und es freut mich dass du "dein" Instrument in einer modernen Konzeption gefunden hast und dazu rundum stehst!

Das rundgelochte, funktionelle Verdeck gefällt mir besser als jene bei den ganz alten bis mittelalten Instrumenten. Ich finde die Forte schnörkellos gebaut, klipp und klar auf Spielen ausgerichtet, ohne optischen Firlefanz.

Das Design der Amica Forte hat mir, obgleich selber ja eher "Oldtimer" spielend, von Anfang an gefallen. Geradlinig, ohne barocke Schnörkel , aber auch nicht einfach nur ein funktionales Lochblech mit rechteckigen Ausstanzungen, sondern durchaus ein modernes Design, das geradlinig und schnörkellos daherkommt und trotzdem Charakter hat.


Überzeugend formuliert und begründet ist das Gemeinte aber auf der Website:

http://pigini.bplaced.net/Gebrauchte_Akkordeons_PIGINI_EXCELSIOR_Morino_Gola.htm

Selbst wenn man berücksichtigt, dass sich der Mann der Konkurrenz Pigini zurechnet, kommt man ins Grübeln

Ja, dieser Aufsatz ist irgendwie schon gut gemacht... zumindest aus Sicht des Erstellers. Denn er funktioniert und kanalisiert in die gewünschte Richtung.

Inhaltlich sollte man den aber nicht allzu hoch bewerten, denn er enthält viele sachliche Fehler und Behauptungen, die so ganz einfach nicht stimmen. Aber letztlich egal, denn es stellt in allererster Linie die persönliche und teilweise sehr subjektive Meinung des Autors dar... und wie gesagt.. er erzielt ja sehr wohl die ihm zugedachte Wirkung... Und Werbung muss nicht objektiv sein:engel:


Dir auf jeden Fall weiterhin viel Spaß mit deiner "Forte"
 
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Wil Riker: Ich finde das Modell richtig Klasse. Sehr ergonomisch und klanglich erstaunlich gut.

Freut mich ebenfalls, dass Du ein passendes Akkordeon für Dich gefunden hast, @Marcel53. Ich freue mich immer, wenn ich mal die Forte IV 96 Silent Key hier bedienen darf (ist nicht mein Instrument :engel:). Die Konstruktion, um dem Klang so zu formen, ist interessant ;). Und egal, ob das Instrument nun in Deutschland, Italien oder China (teil-) gefertigt wird: Die Verarbeitung ist tadellos (hat auch der Meister meines/unseres Vertrauens bestätigt, der noch aus der „guten alten“ Trossinger Ära stammt). Insbesondere das interessante Verdeck sowie die Silent Key Tastatur gefallen mir sehr gut :great:.
 
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Danke für die Antworten und die Kekse (muss bei Gelegenheit schauen, was das ist).

@chris2.0: Ich werde 69 und habe dieselbe Ausgangslage was das Talent betrifft. Deshalb wollte ich weder Geige noch Gitarre oder dgl. spielen. Drücke ich beim Akkordeon auf C, dann kommt ein C, bei den Saiteninstrumenten ist die Suche nach dem C ergebnisoffen, lange Zeit bleibt das ein Vielleicht. Noch dazu quält man die Fingerkuppen.

Die grossen Akkordeons waren auch für mich lange Zeit abschreckend. Dann legte mir YT aus welchen Gründen auch immer ein Video mit der Hohner XS vor und ich dachte, ah, es gibt ja auch kleine, handliche, mit wenigen Knöpfen. Inzwischen bin ich wie gesagt die Stufe zum mittelgrossen Instrument gegangen. Ich bin froh darüber. Man gewöhnt sich sehr rasch an die Abmessungen und das Mehrgewicht. Im Vergleich zur Student hängt sie auch nicht mit vollem Gewicht am Oberkörper, sondern kommt auf dem Knie zu liegen. Der Bassriemen ist breiter, bequemer und hat mittels Einstellrädchen mehr Spielraum als der dünne der Student, unter dem ich mich immer hindurchzwängen musste und der mir von Anfang an nicht so passte. Die Forte ist auch im Stehen gut bedienbar. Die ca. 10 kg sehen auf dem Papier schwerer aus als sie sich anfühlen, und im Stehen übe ich ohnehin nur als gelegentliche Alternative.
 
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Hallo Marcel53,

vielen Dank für diesen ausführlichen, schön geschriebenen Beitrag. Besonders gut finde ich, dass Du den Mehrwert aufzeigst, den Dir ein fabrikneues Instrumentes bietet. Eine Garantie auf ein Neuistrument zu haben ist halt auch was wert. Ich hatte eben diese Amica Forte IV/96 - Silent Key- probegespielt und war sehr angetan von der Bespielbarkeit und dem Sound im Diskant. Leider hat der Hohner-typische Bassklang dann einen Kauf verhindert. Das ist war wie so oft einfach Geschmacksache.
Auf jeden Fall wünsche ich weiterhin sehr viel Spaß mit Deinem neuen Instrument.

Gruß, Jochen
 
Leider hat der Hohner-typische Bassklang dann einen Kauf verhindert
Kannst du genauer beschreiben, was dich stört. Anders gefragt, was ist der Hohner-typische Bassklang, im Unterschied zu anderen Herstellern?
In meinem Umfeld gibt es gerade zwei Aspiranten für ein neues Instrument, die für jeden Rat dankbar sind.
 
Hallo Diatoner,
sehe gerade erst deine Rückfrage :whistle2:
Was genau sich hinter dem Hohner-typischen Bassklang verbirgt kann ich auch nicht erklären - ich mag halt den Klang bei italienischen Instrumenten mehr. Auch bei hohner unterscheiden sich ja die Instrumente im Klang, ist doch logisch, aber speziell bei diesem Modell hat mir halt der Bass gar nicht getaugt...
Gruß, Jochen
 
@) Marcel
ich mußte schmunzeln, als ich Deinen Thread zum erstenmal las:
auch ich bin nahe dem Verfallsdatum (73) und 167cm, das Design der Amica hat mich fasziniert ( „Design folgt Funktion“,Bauhaus) und der italienische spätromantische überladene Schnörkel abgestossen. Jahrelange hab ich nur eine Hohnica (34T) aus den 80ern und China gespielt und jahrzehntelang auch nur an Weihnachten als „Stubenmusigaudi“, also ohne jegliche Ambitionen. Deshalb waren 3300€ schon ein Risiko, denn ob ich jemals wenigstens auf den Stand meiner frühen Jugend kommen würde, war sehr ungewiss. Und die Motivation ein weiteres Risiko.

Inzwischen hab ich die Amica IV forte 96 etwas mehr als 2 Jahre und spüre die Grenzen.
Nein, nicht unbedingt meiner Spielfertigkeit sondern der Amica. 120 Bässe wären nicht besser gewesen, aber die 3 Bassregister… Das hohe unangenehm, das tiefe allein erzeugt einen Balgwiderstand, der mir zu unangenehm ist, und das Bass-Tutti verbraucht soviel Luft, dass nach jedem Takt oder spätestens 1,5 Takt ein Balgwechsel nötig ist. Sinnvolle Phrasierung ist da nur bei genauer Planung und Einübung der Balgbewegung möglich.
Aufnahmen mit iphone oder ipad … Da wird der Sound richtig unschön „blärrend“.

Als ein Akkordeonist mit seinem Zupan für 7000 zu Besuch kam, war mir klar, warum mir 2 Ensembles von vorneherein den Beitritt mit meiner Amica verweigert hatten ( nein, nicht wegen Spieltechnik) Der Klang ein Traum, Luftverbrauch und Balgwiderstand trennen Welten von meiner Amica.
Ich habe dann angefangen, mich mit dieser Preiskategrie ab 7000 zu befassen und bin jetzt auf dem Kenntnisstand, dass italienische Handarbeit mit Recht ihren Preis hat. Dass der jedoch über 4000€ (und mehr) für HA1-Zungen und Holztasten beträgt, will mir nicht in den Kopf. Ich habe zugesehen, wie ein anerkannter Fachmann eine Stimmzunge ersetzen musste, weil ab Werk bei meiner Amica 1Ton beim Zug zu zögerlich ansprach. Da am Metall rumkratzen bis das Stimmgerät die richtige Frequenz anzeigt, braucht Nerven und Erfahrung. Und dennoch … Als (auch noch) Saiten-Instrumentalist sehe ich da bei jahrelanger Lagerung ausgesuchter Hölzer und Verarbeitung ganz andere Dimensionen, und trotzdem liegen die Preise von Top-Meistergitarren unter denen der ital. Premium-Akkordeone.
Ich hab mich deshalb schweren Herzens dazu entschlossen, die Amica zu behalten und nur an meiner Spieltechnik zu feilen. ( Für 4000€ hätte ich lieber den Trossinger 2Jahreskurs gebucht.) Die japanischen Zen-Bogenschützen wollen nicht den bestmöglichen Bogen bauen sondern sich auf IHREN Bogen und dessen Besonderheiten ( und Defizite) so einstellen, dass sie damit das Bestmögliche erreichen. Eine gute Einstellung, finde ich. Egal, was ich über meine Amica noch (Übles) zu hören kriege, von Spielern und Händlern.
Meine ganz subjektive Meinung, die ich hier schreibe, kein Anspruch auf Fachkompetenz und Allgemeingültigkeit.
Marcel, würdest DU vielleicht mal hier schreiben, wie DEIN Verhältnis zur Amica sich in der Zwischenzeit entwickelt hat? Erwartungen erfüllt?
 
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Ich bin ausserdem anspruchsloser als jemand, der schon jahrzehntelang spielt und auf den Klangunterschiede viel feiner wirken. Das verhält sich ähnlich wie bei Wein, Pfeifentabak, Whisky etc., es gibt nun einmal Kenner, die äusserst empfindlich auf Geschmacks- oder Klangnuancen reagieren. Daneben existiert der Normalverbraucher, der je nach Ansicht grosszügiger oder banausenhafter empfindet.
Das ändert sich schnell auch schon aus Neugier.
Aber wenn die dann befriedigt ist kann es auch sein daß man dann irgendwann wieder Gefallen findet an einem einfacheren Instrument.
Etwa weil es klein und leicht ist und für den Normalverbrauch natürlich (oder auch mehr) dazu auch ausreichend.
5 kg hab ich eher mal zufällig dabei für einen spontanen Einsatz als eine Morino Artiste mit MIII.
Und dann ist das in dem Moment mehr.
 
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Hallo zusammen. Vielen Dank für das Interesse am Frühlingsbeitrag, der sich auf den Kauf einer Hohner Amica Forte bezog. Zur Frage von Epifan: Ich bin immer noch überzeugt von der Amica und will nichts anderes. Aber ich startete vor rund einem Jahr auch bei 0 und bin trotz regelmässigem Üben immer noch im Stadium des Anfängers. Ich arbeite mich ganz langsam durch den Haas („Spiel Akkordeon“), aktuell auf S. 98, und mache zusätzlich seit ca. 4 Monaten Querausflüge. D.h., wenn mir ein Stück wie das Guggisberg-Lied oder The House of the rising sun gefällt, schau ich im Internet nach Noten und spiel es nach, samt Mitsingen. Alles ausschliesslich zum eigenen Vergnügen und geübt bei geschlossener Tür und geschlossenen Fenstern. Ein einziges Ziel habe ich: Ich würde es gerne bis zum „King of the Fairies“ schaffen.


Deine Ausgangslage ist völlig anders und, wie ich lese, auch die Absichten. Ich z.B. denke nicht im Traum an den Eintritt in ein Ensemble, vor allem nicht in ein Akkordeon-Orchester. Also für meine Bedürfnisse ist die Amica Forte immer noch sehr in Ordnung, der Klang gefällt mir, und von den drei Bassregistern brauch ich eh nur das mit den 3 Punkten. Wegen deinem Beitrag spielte ich heute auch noch auf den anderen zwei und fand sie genau so leicht zu bedienen wie den Standard und auch gegen die Töne kann ich gar nichts sagen, tönt tipptopp - sagt die Banause :).

Ich habe keine Möglichkeit und kein Interesse, ein Super-Akkordeon zu spielen oder zu hören. Die Gefahr ist nämlich gleich wie bspw. beim Fernglas: Einmal durch einen hochpreisigen Swarovski oder Zeiss gesehen und man ist nie mehr zufrieden mit der Mittelklasse. Ah ja, in der Zwischenzeit verkaufte ich die Student, weil die mir im Vergleich zur Forte aus verschiedenen Gründen nicht mehr passte. Als Zweitinstrument, einfach zur Abwechslung im Spielen, schaffte ich mir auf dem Gebrauchtmarkt eine schwarz-goldene Hohner Concerto III an. An der mess ich dann die Forte und kehre jedesmal mit aufrichtiger Freude zu ihr zurück. Ich bin sicher, wenn ich eine Zupan in Händen gehabt hätte, würde ich dieses private Vergnügen nicht mehr haben und es ginge mir wie mit dem Feldstecher: keine Ruhe mehr, bis ich auch so ein Wunderinstrument hätte.



An alle: einen guten Rutsch ins 2023 und ein wunderbares Neues Jahr.
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Ahh, was mir untergegangen ist und was ich noch nachhole: Danke für den Hinweis auf die Einstellung der japanischen Zen-Bogenschützen. Absolut treffend!
 
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