Filmmusik

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peasant
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Hallo :)
Ich probiere mich zur Zeit an Filmmusik (einen Film gibt es natürlich nicht, aber ich tue so als gäbe es einen),
aber ich fühle mich da absolut hilflos. Es ist nicht so, dass ich keine Songs schreiben kann, alles was in Richtung Metal, Rock, Ambient oder auch einfache Klaviermusik geht bereitet mir keine Sorgen... Aber wie gesagt, bei Filmmusik haperts gewaltig. Ich bin durchaus in der Lage Melodien zu schreiben die in einen Film passen könnten, aber das schaff ich nur bei langsamen Motiven, bei schnelleren Sachen fällt mir quasi gar nichts ein. Und Übergänge wollen mir überhaupt nicht gelingen. Am Ende steh ich da mit 20 kleinen Motiven die alle nicht zueinander passen wollen.
Ich schreibe meistens auf dem Klavier meine Motive, bzw auf dem E-Piano inklusive VST-Instrumente.
Gibt es zu dem Thema Tipps, Lehrbücher oder sogar Kurse? Oder gibt es keine andere Alternative, als rumzuprobieren?
Eine Antwort würde mich sehr freuen :)
(Suchfunktion hab ich bedient, aber nichts gefunden...)
 
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Hallo Peasant!
Ich habe mich vor kurzem auch zum ersten Mal im Komponieren von Filmmusik versucht.
Was ich dir unabhängig vom Musikstil oder der Art des Films den du dir vorstellst raten kann:
Geh zuerst mal viel lockerer an die Sache ran. Du kannst darauf vertrauen, dass der Film einen eigenen Rhythmus hat, der dir oft entgegenkommt. Das heisst, setz dich zum Beispiel einfach mal ans Klavier, spiel etwas beliebiges, was dir grad so in den Sinn kommt und nimm es auf. Wenn du nun einen Film hättest und deine Musik dazu laufen lassen würdest, würdest du sehen, dass es teilweise total unerwartet perfekt passen kann. Es ist wie eine chemische Reaktion, die niemand voraussagen kann.
Darum ist es leider schwierig, das ganze ohne vorhandenen Film zu machen. Nimm doch deine Lieblings DVD und stell sie stumm ;) Du willst es ja nicht veröffentlichen.
Ich hoffe ich konnte dir helfen!
 
Filmmusik ist ja nicht unbedingt eine Fortführung von Songwriting oder Motivfindung. Es gibt natürlich Filme, die (streckenweise) mit bekannten Songs unterlegt sind, und es gibt Filme, die sehr (leit-)motivisch unterlegt sind, z. B. Star Wars. Die Sache ist die, dass es die Filmmusik einfach nicht gibt. Im einen Film ist die Musik an Spielort bzw. -zeit angelehnt, im nächsten an die Dynamik (z. B. Roadmovie und Indie-Rock) usw. Es macht Sinn, sich einige Faktoren, die den Film ausmachen, vor Augen zu führen, wie eben Zeit, Charaktere, Dynamik, Ort des Geschehens und darüber hinaus den Überblick über das Gesamtgeschehen. Wann macht es Sinn, Handlungen oder Ereignisse zu antizipieren, und wann macht es Sinn, sie zu unterstreichen. Die Abwesenheit von Musik bei bestimmten Szenen kann genau so stark sein, wie der Einsatz von Musik an einer anderen Stelle.
Es gibt nicht das eine Rezept für Filmmusik. Die meiste Filmmusik ist so geschrieben, dass sie sich nicht in den Vordergrund drängt. Wenn du also findest, dass deine Komposition nach Filmmusik klingt, versuche herauszufinden, zu welchen Szenen sie passen würde. Sind es die Passagen, in denen ein Kameraflug über offene Landschaften oder das Meer zu sehen sind: Großartig! Aber was ist mit den Szenen, in denen gesprochen wird, in denen alles mögliche passiert, aber kaum Platz ist für die Musik, im Vordergrund zu stehen? Hier muss oft "kontrapunktisch" (nicht kontrapunktierend) vorgegangen werden; Weniger ist mehr, Klangfarben einzelner Instrumente (Intimität) vor Orchester... wäre allerdings wieder eine Chance, motivisch zu arbeiten! Ahhh, the joys of possibility, they seem endless, don't they?
 
Ich glaube dein Problem gründet darin, dass es den Fim nicht gibt, den du vertonen willst. Nimm dir doch einen "Referenzfilm" und vertone ihn neu.
Ich halte zB. das Neuvertonen von alten Tom und Jerry Filmen (Mickymousing) für einen guten Einstieg, weil dieses Genre ohne Sprache auskommt und die Symbolik überzeichnet ist, aber eine einfache Grundstruktur hat, die leicht zu erkennen ist.
 
Das Mickeymousing ist bestimmt eine Möglichkeit, aber es ist auch wahnsinnig aufwändig. Die Akzente müssen genau getimed sein, und dafür hast du ständige Rhythmus- und - vor Allem - Tempowechsel zu machen, damit die Musik die Geräusche überhaupt so genau imitieren kann, wie es benötigt wird. Dazu muss man mit Logic/Cubase o.Ä. schon einige Erfahrung haben, denn sonst endet das meist im totalen Chaos. Wenn man frei an die Sache herangeht und die erste Spur nicht nach Click einspielt, bekommt man nachher nämlich ganz viel Spaß, wenn man weitere Instrumente hinzufügen oder Takte einfügen oder kopieren möchte. Ich würde auch sagen, dass es auf jeden Fall eine gute Lehrstunde ist, das einmal zu machen, aber es ist eben auch ein großer technischer Arbeitsaufwand, der für den ersten Einstieg vielleicht etwas hoch ist.
 
In letzter Zeit hab ich von der Producer Seite mir ein paar Sound Cores angehört, v.a. wo über gängige Mittel (Orchester) hinausgegangen wird. Also auch Synths, Sampling etc. verwendet wird

Für schnelle Sachen ist das Klavier m.M. einfach nicht das richtige Instrument, das könnte ein Problem sein. Zumindest hör ich es da nicht oft im Einsatz. Zieh dir mal Matrix - Reloaded Score CD2 rein, da bekommst du einiges an Inspiration. Oder Apocalypse Now.



Mir scheint auch, dass wir durch die westliche Kinokultur mit viele Instrumente affektiv Assoziationen haben, während in einem Song durch völlig frei Gestaltung von Rhythmus & Harmonik die Klangfarbewahl natürlich auch wichtig aber nicht so affektiv gebunden ist. Die E Guitar kann in Balladen wie November Rain, aber auch eben in Heavy Metal zum Einsatz kommen. Geigen in Filmen verbinde ich aber eigentlich immer mit traurigen oder spannungserzeugenden Passagen im Film. Geige hat für mich einen wesentlich affektiveren Charakter als viele andere neutrale Instrumente.

Als Anschauungsmaterial kann ich vielleicht noch "musik im Kopf" von Manfred Spitzer empfehlen, da gibts auch ein Kapitel zu Musik und Emotionen, das Buch ist ansich sowieso sein Geld wert. Hier war vor kurzem auch ein Thread zu Gänsehautmusik mit viel Hörmaterial.
https://www.musiker-board.de/musika...hne-traurig-sein-bei-musik-3.html#post5065532
Auch würd ich dir mal empfehlen ein Paar Nationalhymnen oder Einlaufmusik von Sportbewerben zu analysieren die auf Affekte ausgerichtet sind. Da kann man sich einiges abschauen

Ich denk ganz abstrakt nur am Klavier oder wie Mozart auf Papier zu komponieren ist nicht allen Menschen gegeben bzw. verlangt viel Erfahrung. Musiker wie z.B. Vangelis arbeiten auch so nicht wie ich mal las, der geht z.B. direkt an seine Synths und entwickelt das praktisch Live, aber dazu muss man sein Werkzeug in und auswendig kennen.
 
Hi,
ich habe die Erfahrung gemacht, das viel Filmmusik (eher in die "epische" richtung, Herr der Ringe, Chroniken von Narnia etc.) ganz einfach aus ein paar tönen und den einfachachsten Kadenzen (ohne jetzt versimpeln zu wollen) im Grunde besteht und ganz einfach z.B. zu Hause auf dem Klavier nachzuspielen ist. DIe Kunst ist es nun, diesen relativ simplen Grundbau auf ein Orchester zu übertragen (Akkorde auf mehrere Streicher aufteilen, Hörnern die Titelmelodie, Paukenschläge etc.) und eine Stimmung zu erzeugen.

Auf der Herr der Ringe DvD (ich glaube collectors edition) z.B ist ein langes und ausführliches Special der Musikkomponisten, die zeigen, wie ihre Musik zum Film entstanden ist, sowas könnte für dich interessant sein...:)
 
DIe Kunst ist es nun, diesen relativ simplen Grundbau auf ein Orchester zu übertragen (Akkorde auf mehrere Streicher aufteilen, Hörnern die Titelmelodie, Paukenschläge etc.) und eine Stimmung zu erzeugen.
Was ist denn daran Kunst? Hörner in die Titelmelodie - immer wenn der Krieger Held eine Ansprache an sein Volk hält kommen die Hörner, immer wenn ne Elfe krepiert kommen die Oboen und immer wenn ein Orc furzt kommen die Pauken.
 
Es ist ja nicht so, als wäre es egal, was die Instrumente spielen.
 
schau dir mal an, wie aufwändig die Herr der Ringe Musik gemacht ist, das können nur wenige...

ps.: (Mozart wurde auch teilweise durch simpelste akkordbrechungen bekannt...)
 
schau dir mal an, wie aufwändig die Herr der Ringe Musik gemacht ist, das können nur wenige...

Inwiefern? Um ehrlich zu sein, halte ich die Musik in "Der Herr der Ringe" sogar für ziemlich gewöhnlich und langweilig. Klar ist sie gut orchestriert, wozu eben auch ein gewisses Handwerk gehört. Aber rein vom Kompositorischen her ist das doch plumpe Akkordmalerei. Der Star Wars-Soundtrack im Gegenzug präsentiert sich bei manchen Stücken als ein ganz anderes Kaliber, insbesondere in Sachen Polyphonie und Bewegtheit.

Ansonsten: wer meint, Filmmusik machen zu müssen, der sollte sich vor allem viel im Partiturspiel und Orchestrieren üben. Leider wird diese Hürde heutzutage oft als unnötig erachtet, man will lieber das schnelle Ergebnis, ohne viel mit Klavierspiel und Noten belästigt zu werden, und dementsprechend klingt dann auch das fertige Produkt.
 
Dabei lässt du jetzt aber gerade auch unter den Tisch fallen, wie sehr Regisseure teilweise in die Musik reinquatschen. Das ist nicht so, dass sie sagen "Das macht jetzt der Howard Shore und in 2 Monaten ist das fertig". Der sitzt dann immer wieder beim Howard in der Stube und sagt "Ja, also weißt du, da die eine Stelle, das ist mir noch etwas zu lieblich, kannst du da nicht mal mit den Geigen noch mal so..." "Du meinst die Celli?" "Ja, dass die Celli noch mal was ganz tiefes blasen, so Pöööööt! Das wäre glaub' ich das Beste..." Und dann nimmt der Howard einfach wie besprochen die Posaunen und lässt sie ein bisschen in der Tiefe drohen.

Ich muss auch sagen, dass ich kein wirklicher Fan der LOTR-Musik bin. Aber Star Wars ist jetzt auch einfach mal DIE Filmmusik, da kommt vom Kompositorischen sowieso kaum was dran. Aber! Es ist längst nicht so, als wäre orchestrale Filmmusik für jeden Film passend. Deswegen finde ich deine letzte Aussage nicht ganz zutreffend. Ich sage auch nicht, dass es schadet, diese Fertigkeiten zu besitzen oder sich angeeignet zu haben. Aber was zählt ist eben letztlich das Ergebnis, und das klingt nicht bei jedem schlecht, nur weil er nicht eine Partitur vom Blatt spielen kann. Umgekehrt gilt aber wohl auch, dass diese Fähigkeit allein noch keinen Komponisten macht.
 

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