Der Weg zur eigenen Live-DVD

LeGato
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Die letzte Demo/CD-Produktion ist schon wieder ein Weilchen her, Pressefoto und Bandinfo setzen auch schon langsam Staub an, und überhaupt wäre es jetzt mal Zeit für die nächste Stufe...? Dann wird es Zeit für eine eigene Live-DVD. Oder?

Prinzipiell keine schlechte Idee. Bei Veranstaltern und Agenturen ist eine DVD auf jeden Fall ein Pluspunkt, nach Gigs kann man mit dem Verkauf des eigenen Silberlings das Bandkonto aufbessern, und das Weihnachtsgeschenk für die liebe Verwandtschaft hat man auch schon im Sack. Vom Coolnessfaktor mal ganz abgesehen ...

Natürlich immer vorausgesetzt, und da liegt der Haken, dass sowohl Ton- als auch Bildqualität wenigstens gewisse Mindeststandards erfüllen. Oder auch deutlich drüberliegen. Veranstalter, Agenturen und auch ganz ordinäre Fans sind mittlerweile geradezu unverschämt verwöhnt. Wer also beim nächsten Gig einen guten Kumpel mit Papas neuer Digicam in die erste Reihe stellt, hat hinterher vielleicht eine lustige Erinnerung an einen netten Abend, aber nicht unbedingt ein Werbemedium, das einem neue Gigs beschaffen wird.

Kurz gesagt, eine vorzeigbare Live-DVD erfordert einiges an Planung im Vorfeld und eigentlich auch an Erfahrung - die man logischerweise nun mal erst hinterher hat.

Ich habe mit meiner Band mittlerweile einige Erfahrungen gesammelt, hauptsächlich bei der Produktion unserer eigenen Live-DVD, und teilweise beim Live-Mitschnitt eines unserer Auftritte durch ein hochprofessionelles NDR-Team auf der NDR-Bühne der Kieler Woche. Da ich im Nachhinein sehe, welche Fehler wir selbst gemacht haben, aber auch, was sich bewährt hat, habe ich beschlossen, meine/unsere Erfahrungen hier mal niederzuschreiben, vielleicht kann ja der eine oder andere etwas damit anfangen.

Ich füchte allerdings, dass dies ein ziemlich langer Artikel wird ... ich bitte hiermit schon einmal vorab um Entschuldigung!

Außerdem bitte ich dringend zu beachten: Ich bin kein Profi, in keinster Weise! Wenn ihr also jemanden in eurem Bekanntenkreis habt, der seine Brötchen hinter der Kamera oder in der Postproduktion verdient, holt euch seinen Rat! Umschmeichelt und verwöhnt ihn nach Kräften, und dann lauscht aufmerksam und ergriffen seinen Worten. Sie sind nicht mit Gold aufzuwiegen!



Grundüberlegung: Lohnt sich eine eigene Live-DVD?

Kommt drauf an, auf welchem Level ihr steht und was ihr erreichen wollt. Eine qualitativ vorzeigbare DVD bedeutet Aufwand und auch Kosten. Und mit Kosten meine ich echtes Geld, höchstwahrscheinlich einige tausend Euro!

Ich kann das entsetzte Keuchen und die "bist du wahnsinnig!"-Rufe förmlich bis hierher hören. Und wer so reagiert, hat wahrscheinlich auch recht: Bands, bei denen Etats jenseits von 2000 Euro nur Kopfschütteln auslösen, brauchen vermutlich auch keine Live-DVD. Das ist gar nicht so arrogant gemeint, wie es klingt. Aber eine Live-DVD sollte in erster Linie dazu da sein, gut bezahlte Gigs an Land zu ziehen (es sei denn, man spielt bei Metallica oder Robbie Williams). Dazu ist eine gewisse Investition notwendig. Und wenn eine Band die Befürchtung hat, diese Kosten nicht wieder hereinzubekommen, weil sie, nun ja, bisher hauptsächlich im Jugendzentrum nebenan gespielt hat, wäre diese Investition wirtschaftlicher Irrsinn.

Wer aber schon mit einigem Erfolg quer durch die Region oder auch durch Deutschland getourt ist und regelmäßig vernünftig bezahlte Gigs spielt, für den kann eine gute Live-DVD den Sprung auf das nächste Level bedeuten.

Bei uns hat das jedenfalls ganz gut funktioniert.



Planung Teil 1: Location

Ist doch klar: Alles muss so geil wie möglich aussehen, also filmen wir den Gig beim nächsten Altstadtfest. Geile Bühne, geiles Licht, viele Leute davor - ideal!

DENKSTE!

Gigs auf Altstadtfesten, Open Airs und anderen ähnlichen Veranstaltungen können sich leider schnell in einen videotechnischen Alptraum verwandeln! Es gibt gleich mehrere Gründe, weswegen man sich sehr gut überlegen sollte, ob man so einen Gig filmen möchte:
  • Zeitmangel: Bei Stadtfesten, Open Airs etc. herrscht auf den Bühnen permanente Hektik, Changeover-Zeiten von 30 Minuten sind eher die Regel als die Ausnahme, oft genug gibt es gerade mal einen Linecheck, alles, was an Problemen auftauchen kann (und wird), muss während der Show "on the fly" gelöst werden - oder eben auch nicht. Unter diesen Umständen habt ihr schlicht keine Chance, erträgliche Bedingungen für einen Mitschnitt zu schaffen.
  • Tageslicht: Selbst wenn man auf einem Stadtfest als Hauptact gebucht ist, spielt man oft genug die halbe Show im prallen Sonnenlicht. Von der tollen Lightshow im Hintergrund bleibt dann leider genau gar nichts übrig, für die Kamera sieht das aus, als würdet ihr in einer großen Pappschachtel spielen.
  • Wetter: Auch ein Gig auf der größten Bühne mit der geilsten Lightshow sieht einfach sch**** aus, wenn es dabei in Strömen regnet und sich auf dem Platz vor der Bühne gerade mal drei Leutchen unter einen einzigen Regenschirm drängeln ...

Tja, und nun?

Auch wenn's in punkto Bühnengröße vielleicht wehtut: Ein Indoor-Gig löst die meisten dieser Probleme auf einen Schlag: Weder Tageslicht noch Regen können einem einen Strich durch die Rechnung machen, und wenn man Glück hat, kann man schon am Tag vorher in die Location und in Ruhe alles aufbauen, was man so braucht.

Wir hatten das Glück, für einen Gig ganz in der Nähe unserer Heimatstadt gebucht zu sein, der in der Lagerhalle einer Kornbrennerei stattfand, Fassungsvermögen ca. 1200 Pax. Wir haben auf eigene Kosten Bühnengröße und Licht gegenüber dem Standard noch ein wenig aufstocken lassen, und unsere gesamte Technik für den Mitschnitt der Tonspuren konnten wir in einem Nebenraum am Tag vorher in aller Ruhe aufbauen und bis zum Gig stehenlassen.

Kontrollierte Bedingungen also, die der Qualität unserer DVD ganz eindeutig zugute gekommen sind. Auch wenn's vielleicht nicht ganz so groß war wie die Hauptbühne der Kieler Woche ...



Planung Teil 2: Kameras und Kameraleute

Ja, richtig gelesen: Kameras, Plural! Eine reicht nämlich definitv nicht! Zwei auch nicht. Für später verwertbares Material benötigt man mindestens drei Kameras, gerne mehr. Im Idealfall liefert dann eine Kamera das Gesamtbild der Bühne (Totale), eine hält den jeweiligen Hauptakteur (Sänger/in, Gitarrist/in beim Solo etc.) fest, und eine zeigt, was der Rest der Band gerade so treibt.

Für einen dynamischen und vorzeigbaren späteren Schnitt sind diese drei Perspektivangebote das absolute Minimum, wenn sich eure Zuschauer nicht ein heimliches Gähnen verkneifen sollen. Ihr könnt noch so viel Action auf der Bühne machen - wenn das Ganze von einer einzigen Kameraposition aus ohne Schnitte gezeigt wird, macht sich schnell gepflegte Langeweile breit.

Das heißt nicht, dass man mit drei Kameras garantiert genügend Material zum Auswählen hat. Im ungünstigsten Fall liefert Kamera 1 nämlich ein unscharfes Bild des Bassisten, den der Kameramann irrtümlich für den gerade solierenden Gitarristen hält, während Kamera 2 sich im Ausschnitt der Sängerin verliert. Bei Kamera 3 werden gerade die Akkus gewechselt. Viel Spaß beim Schneiden!

Wir sind uns also einig, dass wir mindestens 3 Kameras brauchen. Was für welche, und wer soll die bedienen? Kann man da nicht einfach drei gut instruierte Kumpels mit Camcordern hinstellen? Na klar, oder ihr macht es selbst und lasst eure Kumpels den Gig spielen. Die Qualität wird in beiden Fällen in etwa die Gleiche sein.

Eine Kamera zu bedienen ist ziemlich gut mit dem Spielen eines Instrumentes vergleichbar. Um ein vorzeigbares Resultat zu erzielen, muss man üben. Und zwar nicht zu knapp. Im Idealfall einige Jahre. Mit anderen Worten: Holt euch Leute, die das schon mal gemacht haben. Die besten, die ihr kriegen könnt, am Besten Profis. Vielleicht findet ihr ja ein paar interessierte Studenten einer Filmhochschule, die noch ein Projekt für eine Abschlussarbeit o.ä. brauchen. Oder Freelancer, die ein solches Projekt gerne im Portfolio hätten. Kreativ sein, rumhorchen, rumfragen - und auf keinen Fall an diesem Ende sparen! Mit der Qualität eurer Kameraleute steht und fällt die Qualität eurer DVD.

Wir z.B. hatten durch Zufall Kontakt zu einem professionellen Dokumentarfilmer, der dann für uns noch weitere Kameraleute gebucht hat.

Profis hinter der Kamera haben noch einen weiteren Vorteil: Sie haben entweder eigenes Profiequipment oder zumindest Zugang zu solchem. Die Wahl und Beschaffung des Materials solltet ihr denen überlassen, die täglich damit arbeiten. Und schon seid ihr wenigstens eine Sorge los.

Die Profis können sich dann auch um die Synchronisation der Kameras per gemeinsamem Timecode kümmern. Den braucht ihr nämlich später in der Postproduction für den lippensynchronen Schnitt. Ohne wird's haarig, also möglichst früh schon mal auf diesen Punkt hinweisen.

Neben der zeitlichen Synchronisation der Kameras wäre es auch mehr als wünschenswert, wenn sich die Kameraleute bezüglich ihrer Motive während der Show abstimmen würden. Dazu gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:

Möglichkeit 1:
Es gibt einen zentralen Regisseur, der die Show stets im Blick hat und den einzelnen Kameras ihre Motive zuteilt, idealerweise per "Knopf im Ohr". Das kann notfalls einer der Kameraleute sein, besser wäre ein separater Regisseur ohne weitere Aufgaben. Wenn der dann z.B. vom Besuch eines vorherigen Gigs die Show schon in etwa kennt - perfekt!

Möglichkeit 2:
Wenn ein Extra-Regisseur zu aufwändig ist, sollten sich die Kameraleute bereits im Vorfeld abstimmen, wer wann was filmt. Idealerweise sollten sie dazu mal einen eurer Gigs besuchen, damit sie sehen, was auf sie zukommt. Außerdem sollte jemand aus der Band eine Art "Drehbuch" zu jedem Song und jedem Showelement schreiben, so dass sich die Kameraleute schon auf eure Show vorbereiten und die Kameras entsprechend platzieren können.

Wer jetzt glaubt, dass dieser Aufwand übertrieben ist, sollte sich schon mal mit dem Gedanken abfinden, dass die ersten 30 Sekunden des Schlagzeugsolos leider nicht zu sehen sind, weil die Kameraleute davon völlig überrascht wurden ...

Zu dieser Vorbereitung gehört auch, dass die Kameraleute sich so abstimmen, dass sie sich nicht ständig gegenseitig filmen. Mit ein wenig Geschick und Planung im Vorfeld lässt sich nämlich das Bild vom im Hintergrund kauernden Kameramann auf ein Minimum reduzieren.

Heißer Tipp an dieser Stelle, abgekupfert von den NDR-Kamerateams: Kameraleute tragen bitte dunkle (= schwarze) Klamotten, helle Haare werden durch eine dunkle Mütze abgedeckt. So bleiben sie weitgehend unauffällig, wenn sie denn doch mal durchs Motiv huschen. Nichts ist störender als ein im Bild stehender Kameramann im weiß-rot-grünen Hawaiihemd!



Planung Teil 3: Bühne und Bühnenlicht

Dass auf der Bühne möglichst Ordnung herrschen sollte, versteht sich ja eigentlich von selbst. Also Kabel ordentlich und möglichst unsichtbar verlegen, Schlagzeug, Musiker und Amps so arrangieren, dass sich ein geschlossenes harmonisches Bühnenbild ergibt. Alles weitere bleibt eurer Kreativität überlassen.

Ein Tipp aus eigener bitterer Erfahrung: Wählt einen Bühnenhintergrund aus schwarzer Gaze! Wir hatten nämlich mal die glorreiche Idee, passend zu unserer Show einen silberglitzernden Stoff als Hintergrund zu wählen. Das hatte gleich zwei negative Effekte:
  • Durch das Glitzern wurde der Hintergrund so hell, dass man Musiker und Instrumente kaum noch davor erkennen konnte. Die Kameras drehten förmlich durch.
  • Während das tiefe Schwarz von Bühnengaze dem Bühnenraum zusätzliche Tiefe verleiht, drängelte sich unser "Hintergrund" unangenehm in den Vordergrund. Die Bühne war optisch plötzlich nur noch halb so groß.

Das Ende vom Lied war, dass ein äußerst genervter Bühnentechniker zwei Stunden vor Showbeginn noch mal ins Rigg kraxelte, um unseren Silbervorhang gegen schwarze Bühnengaze zu tauschen ...

Was das Bühnenlicht angeht, würde ich dringend dazu raten, Lichttechniker und Kameraleute im Vorfeld des Gigs zu einem gemeinsamen Gespräch zusammenzubringen. Kameras "sehen" die Welt völlig anders als das menschliche Auge und stellen besondere Anforderungen an das Bühnenlicht. Insbesondere benötigen sie eine hellere Grundausleuchtung, als sie bei normalen Gigs üblich ist. Da das nicht jeder Lichttechniker weiß, kann einem ein klärendes Gespräch zwischen Licht- und Kameratechnik rechtzeitig vor dem Gig buchstäblich den Arsch retten.

Dieses Gespräch findet idealerweise schon am späteren Venue statt, so dass sich alle Beteiligten schon mal mit den Räumlichkeiten vertraut machen können. Bei dieser Gelegenheit können die Kameraleute auch schon mal Perspektiven festlegen, die AUF KEINEN FALL gefilmt werden sollten.

Uns hätte ein solches Gespräch einiges an Problemen erspart, denn zum einen wussten vor dem Gig weder wir noch der Lichttechniker von den besonderen Lichtanforderungen, so dass die Aufnahmen insgesamt eigentlich zu dunkel sind. Zum anderen hätten wir klären können, dass Aufnahmen von der Bühne ins Publikum nur dann verwertbar sind, wenn man direkt in die Menschenmenge hält, so dass man die weißen beleuchteten Wände der Location nicht im Hintergrund sieht. So aber sehen fast alle Publikumsaufnahmen nach Tanztee im Autohaus aus, obwohl der Raum mit ca. 1200 kräftig feiernden Personen rappelvoll war. Wir haben daher schweren Herzens fast alle Schwenks durchs Publikum in den Mülleimer befürdert.

Ein echter Gewinn für jede Show und auch für die Kamerabilder ist übrigens ein Follow Spot, der die jeweiligen Hauptakteure gesondert ausleuchtet.



Planung Teil 4: Tontechnik

Schlechte Nachrichten: Gegenüber einem normalen Gig verdoppelt sich der Aufwand für die Tontechnik. Um später eine vernünftige Tonspur zu bekommen, gibt es eigentlich nur eine einzige Methode: Jedes Signal wird auf einer eigenen Spur mitgeschnitten! Die Idee, einfach das PA-Signal mitzuscheiden, solltet ihr lieber gleich wieder streichen! Die Anforderungen an PA-Sound und Fernsehton sind einfach zu verschieden.

Das bedeutet, dass die Signale, die zur PA gehen, gesplittet und zum Aufnahmegerät (normalerweise ein leistungsfähiger Rechner) geroutet werden müssen. Das bedeutet außerdem, dass ihr neben dem FOH-Mischer auch einen fähigen Mann für die Aufnahmen braucht. Und es bedeutet, dass ihr viel Zeit zum Aufbau und Einpegeln des Aufnahmeplatzes braucht. Womit auch klar wäre, warum es z.B. bei Stadtfesten einfach unmöglich ist, den Gig vernünftig mitzuschneiden ...

Zusätzlich zu den üblichen Signalen benötigt ihr übrigens dringend noch mindestens zwei Mikrofone, die den Raumschall und besonders die Reaktionen des Publikums aufnehmen (sogenannte Ambience-Mikros). Ohne das Signal dieser Mikros klingt das Ganze nicht wirklich nach Live-Gig, sondern eher nach eigentümlicher Studio-Produktion. Auch diese Ambience-Signale kommen natürlich auf eigene Spuren.

Das Ganze wird dann in der Post Production genau wie eine Studioaufnahme ganz normal abgemischt und gemastert.



Planung Teil 5: Die Band bereitet sich vor

Songs und Showelemente sollten natürlich im Schlaf sitzen, ist ja klar. Außerdem sollten alle Beteiligten nüchtern und ausgeschlafen sein. Sonst wird einem u.U. drastisch vor Augen geführt, dass man leider nur glaubt, unter Alkoholeinfluss besser zu spielen. Und einen zweiten Versuch gibt's nicht!

Aus eigener leidvoller Erfahrung würde ich davon abraten, extra für den Gig zusätzliches Equipment anzuschleppen. Was schiefgehen kann, wird schiefgehen! Und Fehlersuche bei fremdem Equipment ist mehr als heikel. Bei uns hat ein z.B. übersehener Stand-by-Schalter an einem geliehenen Amp dazu geführt, dass wir einen kompletten Song nicht verwenden konnten. Merde!

Falls ihr noch kein festes Bühnenoutfit habt, würde ich tendenziell eher zu hellen Klamotten raten. Dunkle T-Shirts, Anzüge o.ä. wirken vor schwarzem Hintergrund wie ein schwarzes Loch, das aus Kamerasicht sämtliches Licht einfach aufsaugt. Mein weißes Kostüm mit Zebrabesatz z.B. ist auf sämtlichen Bühnen hervorragend zu sehen, während der schwarze Anzug unseres Schlagzeugers eher die Wirkung einer Tarnkappe entfaltet.

Ansonsten: Seid locker, lächelt und habt Spaß!



Achtung, Aufnahme!

Ihr habt geplant, geredet und organisiert, und endlich ist der Tag des Mitschnitts gekommen. Jetzt solltet ihr ihn auch optimal nutzen!

Konkret heißt das: Wenn es irgendwie machbar ist, bestellt Bühnentechniker, Kameraleute, Tontechniker und sonstiges Personal am Besten schon für den Vormittag ein, denn dann könnt ihr schon mal einen Probelauf machen. Und bei dieser Gelegenheit können die Kameraleute schon mal jede Menge Nahaufnahmen von Gesichtern, Instrumenten, Händen, Füßen etc. machen. Dafür braucht man kein Publikum vor der Bühne, und ihr habt schon mal einen Haufen Extramaterial, den ihr später beim Schnitt bitter nötig brauchen werdet. Je mehr Videoaufnahmen ihr vor dem eigentlichen Gig machen könnt, desto besser! Nutzt diese Gelegenheit!

Hier zeigt sich dann auch wieder der Vorteil einer Indoor-Location: Lichttechnisch macht es keinen Unterschied, ob ihr tagsüber oder nachts dreht.

Für den Rest des Tages solltet ihr euch entspannen. Was ihr bis jetzt nicht organisiert habt, werdet ihr auch in letzter Sekunde nicht mehr schaffen. Also locker bleiben, chillen und abends dann einen entspannten Gig spielen.



Nachdrehs

"Hä, was? Was denn nachdrehen? Wir haben den Gig doch komplett mitgeschnitten!"

Jau, damit habt ihr jetzt jede Menge Rohmaterial für den eigentlichen Gig. Aber wie wär's denn z.B. mit einem stilvollen Intro für die DVD? Oder einigen (in diesem Fall gefakten) Backstageszenen? Oder einfach Material für einige DVD-Extras?

Bei unserer DVD hatten wir das Problem, dass wir nur einen Teil der Show verwenden konnten und auch wollten, so dass wir die "echten" Übergänge von Song zu Song vom Abend nicht verwenden konnten. Wir haben dieses Problem gelöst, indem wir einen der Kameramänner noch für einen weiteren Tag gebucht haben, an dem wir "Geschichten aus der Backstage-Area" gedreht haben, die wir dann zwischen die Songs geschnitten haben.

Außerdem haben wir an diesem Tag noch das Material für das Intro gedreht. Zu diesem Zweck hatten wir uns eine Stretch-Limo für eine Stunden gemietet, mit der wir dann am "Venue" vorfuhren, um dann kamerawirksam in voller Bühnenmontur auszusteigen. Unser Manager fungiert dabei mit schwarzem Anzug, Sonnenbrille und Knopf im Ohr als unser Bodyguard - ein herrlich schräges und prahlerisches Intro, passend zum Konzept unserer Band. Und mittlerweile eine meiner Lieblingsszenen der DVD.

Ihr müsst natürlich keine Stretchlimo mieten oder mit Bodyguard zur Bühne gehen - was ihr macht, bleibt natürlich eurer Kreativität überlassen und sollte auch einigermaßen zur Band passen. Aber bedenkt, dass ihr hier die Chance habt, noch ein bisschen mehr aus eurer Produktion herauszuholen. Nutzt die Gelegenheit!

Außerdem werden bei diesen Drehs etliche Versuche in hysterischem Gelächter enden. Diese Outtakes lassen sich ganz hervorragend als Bonusmaterial für die DVD recyclen. Extramaterial zum Nulltarif!



Postproduction

Damit ist in erster Linie das Mischen und Mastern der Tonspuren und der Schnitt des Videomaterials gemeint. Wie ihr das genau macht, bleibt natürlich euch überlassen und hängt auch sehr von der Qualität eures Rohmaterials ab. Je besser ihr vorher geplant habt, desto mehr Möglichkeiten habt ihr jetzt.

Dabei muss jeder für sich eine Gewissensfrage klären, nämlich die Frage, wie sehr man z.B. Patzer der Band in der Postproduction "repariert" oder mit Effekten überdeckt oder wie viel man ganz allgemein trickst.

Meine ganz persönliche Meinung dazu ist: So wenig wie möglich, so viel wie nötig. Klar passieren live Patzer. Irgendwer verspielt sich, irgendein Sound stimmt nicht, der Sänger/die Sängerin haut daneben. Völlig normal, passiert jedem - und sollte trotzdem in Maßen nachbearbeitet werden!

Ich habe kein Problem damit, wenn schief gesungenen Passagen oder verunglückte Soli nachbearbeitet werden. Denn die Situation beim Angucken der DVD ist eine ganz andere als beim Livegig!

Wenn live was kurz mal daneben geht, ist es in der nächsten Sekunde auch schon wieder vorbei, und selbst die Wenigen, die es überhaupt mitbekommen haben, haben es in der nächsten Moment auch schon wieder vergessen.

Aber einen Fehler auf einer Aufnahme wird man sich wieder und wieder anhören. Und bei jedem neuen Anhören wird man mehr zusammenzucken. Zum einen, weil der Fehler in einer möglichst perfekt gemasterten Aufnahme einfach mehr auffällt als beim Gig. Und zum anderen, weil trotz aller Versuche, die Liveatmosphäre des Gigs auf die DVD zu retten, die Atmosphäre beim Angucken der DVD eine ganz andere ist. Der Betrachter ist allein oder mit nur wenigen Leuten zusammen, die Lautstärke ist eine ganz andere, der Alkoholpegel sowieso ...

Während also ein kleiner Fehler beim Gig selbst kaum bemerkt wird, bohrt er sich beim Ansehen einer DVD förmlich ins Ohr. Und daher ist meiner Meinung nach das "Glattbügeln" kleinerer Patzer durchaus ok.

Wenn allerdings ernsthaft etwas schiefgegangen ist, sollte man den Song einfach nicht mit auf die DVD bringen. Pech gehabt, nächstes Mal läuft's vielleicht besser ...



Ob ihr jetzt den Originalgig 1:1 übernehmt oder hier und da ein bisschen trickst, ist aber letzten Endes ganz allein eure Sache. Wichtig ist, dass ihr euch hinterher mit dem Ergebnis wohlfühlt, und dass eure Live-DVD zu euch passt und dem Betrachter ein realistisches Bild eurer Band vermittelt.

In diesem Sinne: Viel Spaß! Und wenn ihr eure DVD fertig habt: Ich nehme gern ein Ansichtsexemplar als Geschenk an ;)

LeGato
 
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...du mussst erst einige andere....bevor du den....erneut bewerte.....


Trotzdem vielen Dank.
 
Aufwandsverringerung bei der tonaufnahme kann man betreiben, indem man z.B. mit einem HD-Recorder aus den Direkt-Outs aufnimmt, das Funktioniert recht gut mit anschließen, auf record drücken und fertig, ausgepegelt wird automatisch mit dem Auspegeln am Gain des FOH-Pultes.
Wichtig ist bei der ganzen Sache die Position desDirect-outs....
Ideal ist preEQ, Preinsert und Prefader, aber auch Post-EQ Prefader funktioniert durchaus.
Postfader ist wenig tauglich, wenn Post-Insert sollte man die Insert-Dynamics eher sparsam einsetzen.......

insgesamt geht das aber in der Regel schneller und Unproblematischer (und braucht deutlich weniger Platz und einen Techniker weniger) als wenn man "richtig" Splittet und mit nem Rechner aufnimmt....
 
Dank an LeGato für den informativen Beitrag.
Die Aussagen kann ich aus kürzlicher eigener Erfahrung bestätigen. Unser Projekt war der Live-Mitschnitt eines Musicals. Ursprünglich als Open Air im Rathaushof geplant, mussten wir kurzfristig in den Ratssaal umziehen.
Die Aufnahmen haben wir von Studenten im Abschluss-Semester einer nahe gelegenen FH machen lassen. Drei Kameras sind wirklich das Minimum. Als Vorbereitung habe ich den Kameraleuten eine DVD mit eigenem Livemitschnitt von einer früheren Aufführung und ein Drehbuch mit farbigen Hervorhebungen und speziellen Hinweisen zukommen lassen. Mit dem Aufnahmeleiter erfolgte vorher eine Ortsbesichtigung und zusätzlich ein zweistündiges Briefing mit dem gesamten Team. Neben den gerade agierenden Hauptdarstellern passieren ja in einem Musical auch im Hintergrund noch bemerkenswerte Dinge, die es einzufangen gilt und das geht nur, wenn die Kameraleute auch genau wissen, wann was passiert.
Tontechnisch waren 15 Schauspieler/Sänger und fünf Musiker abzunehmen. Die Schauspieler haben wir komplett mit Headsets ausgerüstet. Dabei war es schon recht schwierig einen Verleiher zu finden, der eine solche Menge anzubieten hat. Ganz wichtig: einen Techniker speziell zur Betreuung der Funkstrecken einsetzen. Des weiteren hatten wir einen Live-Mischer, einen Mann für die Aufnahme und einen Lichttechniker im Einsatz. Die Hauptakteure wurden jeweils mit einen Verfolger-Spot ausgeleuchtet.
Zu Kostimierung hat LeGato auch schon einiges gesagt. Bei uns ist es so, dass der Chor bzw. die nicht handelnden Personen ganz in Schwarz gekleidet sind, um sie quasi aus der Szene auszublenden. Dann gehören natürlich geputzte Schuhe, ordentliche Rasur und auch für die Herren der Schöpfung etwas Puder. Nahaufnahmen können wirklich brutal sein. Ich war froh, dass ich mir die Fingernägel richtig geputzt hatte, da bei einem Gitarrensolo die Finger groß im Bild sind.
Die Aufnahme erfolgte mit zwei Festplatten-Recordern auf insgesamt 38 Spuren. LeGatos Bemerkungen zu den Ambience-Mikros will ich nochmal unterstreichen. Wenn man die weglässt klingt es einfach Sch...
Zusätzlich wurde das Summensignal noch über die Führungskamera auf einem weiteren Recorder mitgeschnitten. Zu unserem Glück muss ich sagen, da zwischendurch Probleme mit den anderen Recordern auftraten. Bei einem Musical kann man leider nicht einfach was weglassen, sodass wir dann durch vorsichtige Anpassungen zeitweise die Summe eingesetzt haben.
Eine tontechnische Nachbearbeitung war nur in engen Grenzen möglich. Da die Signale auf der Bühne von sehr vielen Mikros aufgefangen werden hat man bei schiefen Tönen auch mit Autotune und Co. kaum eine Chance. Zum Glück hatten wir nur sehr wenige kleine Hänger. So haben wir nur einige Gitarrenpassagen gedoppelt und eine Szene nachsynchronisiert, da ein Hauptdarsteller sein Headset nicht richtig eingeschaltet hatte.
Den Filmschnitt sollte man auf jedem Fall einem Profi überlassen. Ein geschultes Auge hat halt einen anderen Blick auf Szene und Licht als man selbst. Den geschnittenen Film bin ich dann mit den Bearbeitern durchgegangen und habe nur noch wenige kleine Anpassungen vorgeschlagen.
Im Unterschied zu LeGatos Band decken wir mit dem Musical-Projekt gerade die Unkosten ab (ist halt ein Hobby), die Aufnahmen waren daher eine Zusatzinvestition, die wir aber über unsere Rücklagen abdecken konnten.
Es ist tatsächlich so, dass man Tausende (wenn bei uns auch nur wenige) investieren muss, billiger gehts halt nicht. Ich denke wir sind hier gerade am unteren Limit für eine vernünftige Qualität gefahren. Unbedingt einplanen muss man dazu noch die Kosten für die grafische Gestaltung und natürlich die Herstellung der DVD.
Wir stehen jetzt kurz vor Abschluss des Projektes, abschließend könnte ich dann auch noch eine Aussage zu den Gesamtkosten machen.
 
Klasse Geschrieben, inhaltlich top!
 
Vielen Dank, wirklich ein sehr interessanter und informativer Erfahrungsbericht.
 
Sehr schöner Thread. Schade, dass der mir jetzt nur per Zufall unter kam.
Wir haben vor 2 Monaten auch ein ähnliches Projekt durchgeführt. War alles etwas einfacher, weil Budget einfach keins da war und wir auch keine DVD wollten, sondern nur etwas besseres als die üblichen "Ich stell hier jetzt wen mit der Kamera ins Publikum und damit hat sichs"-Videos. Für Homepage und YouTube halt.

Die Unterschiede beziehen sich hier hauptsächlich auf Details in der Ausrüstung. So wurde mit Camcordern, Kumpels und Summenmitschnitt auf MD gearbeitet. Für eine wirklich amtliche DVD also nicht geeignet, aber das war ja wie gesasgt garnicht der Zweck.
Insgesamt waren 5 Kameras beteiligt. Eine im Raum auf Stativ, die zugleich mit internem Stereo-Mikro für die Ambience da war, für jedes Bandmitglied ein Verfolger und eine feste zusätzliche Drumcam, die es aber nicht ins Endprodukt geschafft hat.

Gerade mit der Belegung der Kameras habe ich viel Denkzeit verbracht, im Endeffekt war es aber so die richtige Entscheidung. Es gab ein paar Stellen, an denen einer der Cam-Leute zu wenig auf sein Zielobjekt fixiert war, aber ansonsten hatte ich beim Schneiden freie Wahl.

Vom Sound her waren wir mit eigenem Techniker unterwegs, waren letzten beim Soundcheck und die ersten auf der Bühne. Von daher konnte man das alles soweit abklären, dass nur geringe Korrekturen nötig waren. Beim Bearbeiten hab ich dann mit dem Mischungsverhältnis aus Soundboard und Ambience, Equalizer und anderem Kram das Beste rausgeholt. Außerdem wurden sämtliche Keyboardspuren (die sowieso vom Band kamen) nachträglich nochmal eingefügt, da sie beim Gig bewusst im Hintergrund gehalten waren.

Schneiden war soweit ok, ich hätte nur beim Abgreifen des Bildmaterials vom MiniDV die höchste verfügbare Bildgröße (700+ statt 300+ Pixel) nehmen sollen - was ich nicht tat, um Interlace-Streifen zu umgehen. Naja, beim nächsten Mal.

In der Summe ist die Sache ganz gut geworden und bringt auf jeden Fall mehr als immer diese "Bootlegs". Diverse Dinge würde ich bei einer neuen Quasi-No-Budget-Produktion anders machen, aber im Gesamten bin ich zufrieden.

Ich denke für kleine Bands ist das auf jeden Fall eine gute Alternative zu irgendwelchen kratzigen Handyvideos. Gerade bei den überschaubaren Kosten. 12 Euro für 5 neue MiniDV-Tapes und 25 für Magix Video Deluxe 07/08.
Machen wir bestimmt irgendwann nochmal- auch unter Zuhilfenahme der o.g.Tipps in Richtung Kleidung, Licht und derlei.

Eines der Endresultate mal hier zum Kosten:
http://www.youtube.com/watch?v=I61mqLQvI-U

(Es gibt noch zwei weitere unter diesem Account, da ist aber der Sound noch nicht fertig gewesen.)
 

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