LeGato
Mod Emeritus
Die letzte Demo/CD-Produktion ist schon wieder ein Weilchen her, Pressefoto und Bandinfo setzen auch schon langsam Staub an, und überhaupt wäre es jetzt mal Zeit für die nächste Stufe...? Dann wird es Zeit für eine eigene Live-DVD. Oder?
Prinzipiell keine schlechte Idee. Bei Veranstaltern und Agenturen ist eine DVD auf jeden Fall ein Pluspunkt, nach Gigs kann man mit dem Verkauf des eigenen Silberlings das Bandkonto aufbessern, und das Weihnachtsgeschenk für die liebe Verwandtschaft hat man auch schon im Sack. Vom Coolnessfaktor mal ganz abgesehen ...
Natürlich immer vorausgesetzt, und da liegt der Haken, dass sowohl Ton- als auch Bildqualität wenigstens gewisse Mindeststandards erfüllen. Oder auch deutlich drüberliegen. Veranstalter, Agenturen und auch ganz ordinäre Fans sind mittlerweile geradezu unverschämt verwöhnt. Wer also beim nächsten Gig einen guten Kumpel mit Papas neuer Digicam in die erste Reihe stellt, hat hinterher vielleicht eine lustige Erinnerung an einen netten Abend, aber nicht unbedingt ein Werbemedium, das einem neue Gigs beschaffen wird.
Kurz gesagt, eine vorzeigbare Live-DVD erfordert einiges an Planung im Vorfeld und eigentlich auch an Erfahrung - die man logischerweise nun mal erst hinterher hat.
Ich habe mit meiner Band mittlerweile einige Erfahrungen gesammelt, hauptsächlich bei der Produktion unserer eigenen Live-DVD, und teilweise beim Live-Mitschnitt eines unserer Auftritte durch ein hochprofessionelles NDR-Team auf der NDR-Bühne der Kieler Woche. Da ich im Nachhinein sehe, welche Fehler wir selbst gemacht haben, aber auch, was sich bewährt hat, habe ich beschlossen, meine/unsere Erfahrungen hier mal niederzuschreiben, vielleicht kann ja der eine oder andere etwas damit anfangen.
Ich füchte allerdings, dass dies ein ziemlich langer Artikel wird ... ich bitte hiermit schon einmal vorab um Entschuldigung!
Außerdem bitte ich dringend zu beachten: Ich bin kein Profi, in keinster Weise! Wenn ihr also jemanden in eurem Bekanntenkreis habt, der seine Brötchen hinter der Kamera oder in der Postproduktion verdient, holt euch seinen Rat! Umschmeichelt und verwöhnt ihn nach Kräften, und dann lauscht aufmerksam und ergriffen seinen Worten. Sie sind nicht mit Gold aufzuwiegen!
Grundüberlegung: Lohnt sich eine eigene Live-DVD?
Kommt drauf an, auf welchem Level ihr steht und was ihr erreichen wollt. Eine qualitativ vorzeigbare DVD bedeutet Aufwand und auch Kosten. Und mit Kosten meine ich echtes Geld, höchstwahrscheinlich einige tausend Euro!
Ich kann das entsetzte Keuchen und die "bist du wahnsinnig!"-Rufe förmlich bis hierher hören. Und wer so reagiert, hat wahrscheinlich auch recht: Bands, bei denen Etats jenseits von 2000 Euro nur Kopfschütteln auslösen, brauchen vermutlich auch keine Live-DVD. Das ist gar nicht so arrogant gemeint, wie es klingt. Aber eine Live-DVD sollte in erster Linie dazu da sein, gut bezahlte Gigs an Land zu ziehen (es sei denn, man spielt bei Metallica oder Robbie Williams). Dazu ist eine gewisse Investition notwendig. Und wenn eine Band die Befürchtung hat, diese Kosten nicht wieder hereinzubekommen, weil sie, nun ja, bisher hauptsächlich im Jugendzentrum nebenan gespielt hat, wäre diese Investition wirtschaftlicher Irrsinn.
Wer aber schon mit einigem Erfolg quer durch die Region oder auch durch Deutschland getourt ist und regelmäßig vernünftig bezahlte Gigs spielt, für den kann eine gute Live-DVD den Sprung auf das nächste Level bedeuten.
Bei uns hat das jedenfalls ganz gut funktioniert.
Planung Teil 1: Location
Ist doch klar: Alles muss so geil wie möglich aussehen, also filmen wir den Gig beim nächsten Altstadtfest. Geile Bühne, geiles Licht, viele Leute davor - ideal!
DENKSTE!
Gigs auf Altstadtfesten, Open Airs und anderen ähnlichen Veranstaltungen können sich leider schnell in einen videotechnischen Alptraum verwandeln! Es gibt gleich mehrere Gründe, weswegen man sich sehr gut überlegen sollte, ob man so einen Gig filmen möchte:
Tja, und nun?
Auch wenn's in punkto Bühnengröße vielleicht wehtut: Ein Indoor-Gig löst die meisten dieser Probleme auf einen Schlag: Weder Tageslicht noch Regen können einem einen Strich durch die Rechnung machen, und wenn man Glück hat, kann man schon am Tag vorher in die Location und in Ruhe alles aufbauen, was man so braucht.
Wir hatten das Glück, für einen Gig ganz in der Nähe unserer Heimatstadt gebucht zu sein, der in der Lagerhalle einer Kornbrennerei stattfand, Fassungsvermögen ca. 1200 Pax. Wir haben auf eigene Kosten Bühnengröße und Licht gegenüber dem Standard noch ein wenig aufstocken lassen, und unsere gesamte Technik für den Mitschnitt der Tonspuren konnten wir in einem Nebenraum am Tag vorher in aller Ruhe aufbauen und bis zum Gig stehenlassen.
Kontrollierte Bedingungen also, die der Qualität unserer DVD ganz eindeutig zugute gekommen sind. Auch wenn's vielleicht nicht ganz so groß war wie die Hauptbühne der Kieler Woche ...
Planung Teil 2: Kameras und Kameraleute
Ja, richtig gelesen: Kameras, Plural! Eine reicht nämlich definitv nicht! Zwei auch nicht. Für später verwertbares Material benötigt man mindestens drei Kameras, gerne mehr. Im Idealfall liefert dann eine Kamera das Gesamtbild der Bühne (Totale), eine hält den jeweiligen Hauptakteur (Sänger/in, Gitarrist/in beim Solo etc.) fest, und eine zeigt, was der Rest der Band gerade so treibt.
Für einen dynamischen und vorzeigbaren späteren Schnitt sind diese drei Perspektivangebote das absolute Minimum, wenn sich eure Zuschauer nicht ein heimliches Gähnen verkneifen sollen. Ihr könnt noch so viel Action auf der Bühne machen - wenn das Ganze von einer einzigen Kameraposition aus ohne Schnitte gezeigt wird, macht sich schnell gepflegte Langeweile breit.
Das heißt nicht, dass man mit drei Kameras garantiert genügend Material zum Auswählen hat. Im ungünstigsten Fall liefert Kamera 1 nämlich ein unscharfes Bild des Bassisten, den der Kameramann irrtümlich für den gerade solierenden Gitarristen hält, während Kamera 2 sich im Ausschnitt der Sängerin verliert. Bei Kamera 3 werden gerade die Akkus gewechselt. Viel Spaß beim Schneiden!
Wir sind uns also einig, dass wir mindestens 3 Kameras brauchen. Was für welche, und wer soll die bedienen? Kann man da nicht einfach drei gut instruierte Kumpels mit Camcordern hinstellen? Na klar, oder ihr macht es selbst und lasst eure Kumpels den Gig spielen. Die Qualität wird in beiden Fällen in etwa die Gleiche sein.
Eine Kamera zu bedienen ist ziemlich gut mit dem Spielen eines Instrumentes vergleichbar. Um ein vorzeigbares Resultat zu erzielen, muss man üben. Und zwar nicht zu knapp. Im Idealfall einige Jahre. Mit anderen Worten: Holt euch Leute, die das schon mal gemacht haben. Die besten, die ihr kriegen könnt, am Besten Profis. Vielleicht findet ihr ja ein paar interessierte Studenten einer Filmhochschule, die noch ein Projekt für eine Abschlussarbeit o.ä. brauchen. Oder Freelancer, die ein solches Projekt gerne im Portfolio hätten. Kreativ sein, rumhorchen, rumfragen - und auf keinen Fall an diesem Ende sparen! Mit der Qualität eurer Kameraleute steht und fällt die Qualität eurer DVD.
Wir z.B. hatten durch Zufall Kontakt zu einem professionellen Dokumentarfilmer, der dann für uns noch weitere Kameraleute gebucht hat.
Profis hinter der Kamera haben noch einen weiteren Vorteil: Sie haben entweder eigenes Profiequipment oder zumindest Zugang zu solchem. Die Wahl und Beschaffung des Materials solltet ihr denen überlassen, die täglich damit arbeiten. Und schon seid ihr wenigstens eine Sorge los.
Die Profis können sich dann auch um die Synchronisation der Kameras per gemeinsamem Timecode kümmern. Den braucht ihr nämlich später in der Postproduction für den lippensynchronen Schnitt. Ohne wird's haarig, also möglichst früh schon mal auf diesen Punkt hinweisen.
Neben der zeitlichen Synchronisation der Kameras wäre es auch mehr als wünschenswert, wenn sich die Kameraleute bezüglich ihrer Motive während der Show abstimmen würden. Dazu gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
Möglichkeit 1:
Es gibt einen zentralen Regisseur, der die Show stets im Blick hat und den einzelnen Kameras ihre Motive zuteilt, idealerweise per "Knopf im Ohr". Das kann notfalls einer der Kameraleute sein, besser wäre ein separater Regisseur ohne weitere Aufgaben. Wenn der dann z.B. vom Besuch eines vorherigen Gigs die Show schon in etwa kennt - perfekt!
Möglichkeit 2:
Wenn ein Extra-Regisseur zu aufwändig ist, sollten sich die Kameraleute bereits im Vorfeld abstimmen, wer wann was filmt. Idealerweise sollten sie dazu mal einen eurer Gigs besuchen, damit sie sehen, was auf sie zukommt. Außerdem sollte jemand aus der Band eine Art "Drehbuch" zu jedem Song und jedem Showelement schreiben, so dass sich die Kameraleute schon auf eure Show vorbereiten und die Kameras entsprechend platzieren können.
Wer jetzt glaubt, dass dieser Aufwand übertrieben ist, sollte sich schon mal mit dem Gedanken abfinden, dass die ersten 30 Sekunden des Schlagzeugsolos leider nicht zu sehen sind, weil die Kameraleute davon völlig überrascht wurden ...
Zu dieser Vorbereitung gehört auch, dass die Kameraleute sich so abstimmen, dass sie sich nicht ständig gegenseitig filmen. Mit ein wenig Geschick und Planung im Vorfeld lässt sich nämlich das Bild vom im Hintergrund kauernden Kameramann auf ein Minimum reduzieren.
Heißer Tipp an dieser Stelle, abgekupfert von den NDR-Kamerateams: Kameraleute tragen bitte dunkle (= schwarze) Klamotten, helle Haare werden durch eine dunkle Mütze abgedeckt. So bleiben sie weitgehend unauffällig, wenn sie denn doch mal durchs Motiv huschen. Nichts ist störender als ein im Bild stehender Kameramann im weiß-rot-grünen Hawaiihemd!
Planung Teil 3: Bühne und Bühnenlicht
Dass auf der Bühne möglichst Ordnung herrschen sollte, versteht sich ja eigentlich von selbst. Also Kabel ordentlich und möglichst unsichtbar verlegen, Schlagzeug, Musiker und Amps so arrangieren, dass sich ein geschlossenes harmonisches Bühnenbild ergibt. Alles weitere bleibt eurer Kreativität überlassen.
Ein Tipp aus eigener bitterer Erfahrung: Wählt einen Bühnenhintergrund aus schwarzer Gaze! Wir hatten nämlich mal die glorreiche Idee, passend zu unserer Show einen silberglitzernden Stoff als Hintergrund zu wählen. Das hatte gleich zwei negative Effekte:
Das Ende vom Lied war, dass ein äußerst genervter Bühnentechniker zwei Stunden vor Showbeginn noch mal ins Rigg kraxelte, um unseren Silbervorhang gegen schwarze Bühnengaze zu tauschen ...
Was das Bühnenlicht angeht, würde ich dringend dazu raten, Lichttechniker und Kameraleute im Vorfeld des Gigs zu einem gemeinsamen Gespräch zusammenzubringen. Kameras "sehen" die Welt völlig anders als das menschliche Auge und stellen besondere Anforderungen an das Bühnenlicht. Insbesondere benötigen sie eine hellere Grundausleuchtung, als sie bei normalen Gigs üblich ist. Da das nicht jeder Lichttechniker weiß, kann einem ein klärendes Gespräch zwischen Licht- und Kameratechnik rechtzeitig vor dem Gig buchstäblich den Arsch retten.
Dieses Gespräch findet idealerweise schon am späteren Venue statt, so dass sich alle Beteiligten schon mal mit den Räumlichkeiten vertraut machen können. Bei dieser Gelegenheit können die Kameraleute auch schon mal Perspektiven festlegen, die AUF KEINEN FALL gefilmt werden sollten.
Uns hätte ein solches Gespräch einiges an Problemen erspart, denn zum einen wussten vor dem Gig weder wir noch der Lichttechniker von den besonderen Lichtanforderungen, so dass die Aufnahmen insgesamt eigentlich zu dunkel sind. Zum anderen hätten wir klären können, dass Aufnahmen von der Bühne ins Publikum nur dann verwertbar sind, wenn man direkt in die Menschenmenge hält, so dass man die weißen beleuchteten Wände der Location nicht im Hintergrund sieht. So aber sehen fast alle Publikumsaufnahmen nach Tanztee im Autohaus aus, obwohl der Raum mit ca. 1200 kräftig feiernden Personen rappelvoll war. Wir haben daher schweren Herzens fast alle Schwenks durchs Publikum in den Mülleimer befürdert.
Ein echter Gewinn für jede Show und auch für die Kamerabilder ist übrigens ein Follow Spot, der die jeweiligen Hauptakteure gesondert ausleuchtet.
Planung Teil 4: Tontechnik
Schlechte Nachrichten: Gegenüber einem normalen Gig verdoppelt sich der Aufwand für die Tontechnik. Um später eine vernünftige Tonspur zu bekommen, gibt es eigentlich nur eine einzige Methode: Jedes Signal wird auf einer eigenen Spur mitgeschnitten! Die Idee, einfach das PA-Signal mitzuscheiden, solltet ihr lieber gleich wieder streichen! Die Anforderungen an PA-Sound und Fernsehton sind einfach zu verschieden.
Das bedeutet, dass die Signale, die zur PA gehen, gesplittet und zum Aufnahmegerät (normalerweise ein leistungsfähiger Rechner) geroutet werden müssen. Das bedeutet außerdem, dass ihr neben dem FOH-Mischer auch einen fähigen Mann für die Aufnahmen braucht. Und es bedeutet, dass ihr viel Zeit zum Aufbau und Einpegeln des Aufnahmeplatzes braucht. Womit auch klar wäre, warum es z.B. bei Stadtfesten einfach unmöglich ist, den Gig vernünftig mitzuschneiden ...
Zusätzlich zu den üblichen Signalen benötigt ihr übrigens dringend noch mindestens zwei Mikrofone, die den Raumschall und besonders die Reaktionen des Publikums aufnehmen (sogenannte Ambience-Mikros). Ohne das Signal dieser Mikros klingt das Ganze nicht wirklich nach Live-Gig, sondern eher nach eigentümlicher Studio-Produktion. Auch diese Ambience-Signale kommen natürlich auf eigene Spuren.
Das Ganze wird dann in der Post Production genau wie eine Studioaufnahme ganz normal abgemischt und gemastert.
Planung Teil 5: Die Band bereitet sich vor
Songs und Showelemente sollten natürlich im Schlaf sitzen, ist ja klar. Außerdem sollten alle Beteiligten nüchtern und ausgeschlafen sein. Sonst wird einem u.U. drastisch vor Augen geführt, dass man leider nur glaubt, unter Alkoholeinfluss besser zu spielen. Und einen zweiten Versuch gibt's nicht!
Aus eigener leidvoller Erfahrung würde ich davon abraten, extra für den Gig zusätzliches Equipment anzuschleppen. Was schiefgehen kann, wird schiefgehen! Und Fehlersuche bei fremdem Equipment ist mehr als heikel. Bei uns hat ein z.B. übersehener Stand-by-Schalter an einem geliehenen Amp dazu geführt, dass wir einen kompletten Song nicht verwenden konnten. Merde!
Falls ihr noch kein festes Bühnenoutfit habt, würde ich tendenziell eher zu hellen Klamotten raten. Dunkle T-Shirts, Anzüge o.ä. wirken vor schwarzem Hintergrund wie ein schwarzes Loch, das aus Kamerasicht sämtliches Licht einfach aufsaugt. Mein weißes Kostüm mit Zebrabesatz z.B. ist auf sämtlichen Bühnen hervorragend zu sehen, während der schwarze Anzug unseres Schlagzeugers eher die Wirkung einer Tarnkappe entfaltet.
Ansonsten: Seid locker, lächelt und habt Spaß!
Achtung, Aufnahme!
Ihr habt geplant, geredet und organisiert, und endlich ist der Tag des Mitschnitts gekommen. Jetzt solltet ihr ihn auch optimal nutzen!
Konkret heißt das: Wenn es irgendwie machbar ist, bestellt Bühnentechniker, Kameraleute, Tontechniker und sonstiges Personal am Besten schon für den Vormittag ein, denn dann könnt ihr schon mal einen Probelauf machen. Und bei dieser Gelegenheit können die Kameraleute schon mal jede Menge Nahaufnahmen von Gesichtern, Instrumenten, Händen, Füßen etc. machen. Dafür braucht man kein Publikum vor der Bühne, und ihr habt schon mal einen Haufen Extramaterial, den ihr später beim Schnitt bitter nötig brauchen werdet. Je mehr Videoaufnahmen ihr vor dem eigentlichen Gig machen könnt, desto besser! Nutzt diese Gelegenheit!
Hier zeigt sich dann auch wieder der Vorteil einer Indoor-Location: Lichttechnisch macht es keinen Unterschied, ob ihr tagsüber oder nachts dreht.
Für den Rest des Tages solltet ihr euch entspannen. Was ihr bis jetzt nicht organisiert habt, werdet ihr auch in letzter Sekunde nicht mehr schaffen. Also locker bleiben, chillen und abends dann einen entspannten Gig spielen.
Nachdrehs
"Hä, was? Was denn nachdrehen? Wir haben den Gig doch komplett mitgeschnitten!"
Jau, damit habt ihr jetzt jede Menge Rohmaterial für den eigentlichen Gig. Aber wie wär's denn z.B. mit einem stilvollen Intro für die DVD? Oder einigen (in diesem Fall gefakten) Backstageszenen? Oder einfach Material für einige DVD-Extras?
Bei unserer DVD hatten wir das Problem, dass wir nur einen Teil der Show verwenden konnten und auch wollten, so dass wir die "echten" Übergänge von Song zu Song vom Abend nicht verwenden konnten. Wir haben dieses Problem gelöst, indem wir einen der Kameramänner noch für einen weiteren Tag gebucht haben, an dem wir "Geschichten aus der Backstage-Area" gedreht haben, die wir dann zwischen die Songs geschnitten haben.
Außerdem haben wir an diesem Tag noch das Material für das Intro gedreht. Zu diesem Zweck hatten wir uns eine Stretch-Limo für eine Stunden gemietet, mit der wir dann am "Venue" vorfuhren, um dann kamerawirksam in voller Bühnenmontur auszusteigen. Unser Manager fungiert dabei mit schwarzem Anzug, Sonnenbrille und Knopf im Ohr als unser Bodyguard - ein herrlich schräges und prahlerisches Intro, passend zum Konzept unserer Band. Und mittlerweile eine meiner Lieblingsszenen der DVD.
Ihr müsst natürlich keine Stretchlimo mieten oder mit Bodyguard zur Bühne gehen - was ihr macht, bleibt natürlich eurer Kreativität überlassen und sollte auch einigermaßen zur Band passen. Aber bedenkt, dass ihr hier die Chance habt, noch ein bisschen mehr aus eurer Produktion herauszuholen. Nutzt die Gelegenheit!
Außerdem werden bei diesen Drehs etliche Versuche in hysterischem Gelächter enden. Diese Outtakes lassen sich ganz hervorragend als Bonusmaterial für die DVD recyclen. Extramaterial zum Nulltarif!
Postproduction
Damit ist in erster Linie das Mischen und Mastern der Tonspuren und der Schnitt des Videomaterials gemeint. Wie ihr das genau macht, bleibt natürlich euch überlassen und hängt auch sehr von der Qualität eures Rohmaterials ab. Je besser ihr vorher geplant habt, desto mehr Möglichkeiten habt ihr jetzt.
Dabei muss jeder für sich eine Gewissensfrage klären, nämlich die Frage, wie sehr man z.B. Patzer der Band in der Postproduction "repariert" oder mit Effekten überdeckt oder wie viel man ganz allgemein trickst.
Meine ganz persönliche Meinung dazu ist: So wenig wie möglich, so viel wie nötig. Klar passieren live Patzer. Irgendwer verspielt sich, irgendein Sound stimmt nicht, der Sänger/die Sängerin haut daneben. Völlig normal, passiert jedem - und sollte trotzdem in Maßen nachbearbeitet werden!
Ich habe kein Problem damit, wenn schief gesungenen Passagen oder verunglückte Soli nachbearbeitet werden. Denn die Situation beim Angucken der DVD ist eine ganz andere als beim Livegig!
Wenn live was kurz mal daneben geht, ist es in der nächsten Sekunde auch schon wieder vorbei, und selbst die Wenigen, die es überhaupt mitbekommen haben, haben es in der nächsten Moment auch schon wieder vergessen.
Aber einen Fehler auf einer Aufnahme wird man sich wieder und wieder anhören. Und bei jedem neuen Anhören wird man mehr zusammenzucken. Zum einen, weil der Fehler in einer möglichst perfekt gemasterten Aufnahme einfach mehr auffällt als beim Gig. Und zum anderen, weil trotz aller Versuche, die Liveatmosphäre des Gigs auf die DVD zu retten, die Atmosphäre beim Angucken der DVD eine ganz andere ist. Der Betrachter ist allein oder mit nur wenigen Leuten zusammen, die Lautstärke ist eine ganz andere, der Alkoholpegel sowieso ...
Während also ein kleiner Fehler beim Gig selbst kaum bemerkt wird, bohrt er sich beim Ansehen einer DVD förmlich ins Ohr. Und daher ist meiner Meinung nach das "Glattbügeln" kleinerer Patzer durchaus ok.
Wenn allerdings ernsthaft etwas schiefgegangen ist, sollte man den Song einfach nicht mit auf die DVD bringen. Pech gehabt, nächstes Mal läuft's vielleicht besser ...
Ob ihr jetzt den Originalgig 1:1 übernehmt oder hier und da ein bisschen trickst, ist aber letzten Endes ganz allein eure Sache. Wichtig ist, dass ihr euch hinterher mit dem Ergebnis wohlfühlt, und dass eure Live-DVD zu euch passt und dem Betrachter ein realistisches Bild eurer Band vermittelt.
In diesem Sinne: Viel Spaß! Und wenn ihr eure DVD fertig habt: Ich nehme gern ein Ansichtsexemplar als Geschenk an
LeGato
Prinzipiell keine schlechte Idee. Bei Veranstaltern und Agenturen ist eine DVD auf jeden Fall ein Pluspunkt, nach Gigs kann man mit dem Verkauf des eigenen Silberlings das Bandkonto aufbessern, und das Weihnachtsgeschenk für die liebe Verwandtschaft hat man auch schon im Sack. Vom Coolnessfaktor mal ganz abgesehen ...
Natürlich immer vorausgesetzt, und da liegt der Haken, dass sowohl Ton- als auch Bildqualität wenigstens gewisse Mindeststandards erfüllen. Oder auch deutlich drüberliegen. Veranstalter, Agenturen und auch ganz ordinäre Fans sind mittlerweile geradezu unverschämt verwöhnt. Wer also beim nächsten Gig einen guten Kumpel mit Papas neuer Digicam in die erste Reihe stellt, hat hinterher vielleicht eine lustige Erinnerung an einen netten Abend, aber nicht unbedingt ein Werbemedium, das einem neue Gigs beschaffen wird.
Kurz gesagt, eine vorzeigbare Live-DVD erfordert einiges an Planung im Vorfeld und eigentlich auch an Erfahrung - die man logischerweise nun mal erst hinterher hat.
Ich habe mit meiner Band mittlerweile einige Erfahrungen gesammelt, hauptsächlich bei der Produktion unserer eigenen Live-DVD, und teilweise beim Live-Mitschnitt eines unserer Auftritte durch ein hochprofessionelles NDR-Team auf der NDR-Bühne der Kieler Woche. Da ich im Nachhinein sehe, welche Fehler wir selbst gemacht haben, aber auch, was sich bewährt hat, habe ich beschlossen, meine/unsere Erfahrungen hier mal niederzuschreiben, vielleicht kann ja der eine oder andere etwas damit anfangen.
Ich füchte allerdings, dass dies ein ziemlich langer Artikel wird ... ich bitte hiermit schon einmal vorab um Entschuldigung!
Außerdem bitte ich dringend zu beachten: Ich bin kein Profi, in keinster Weise! Wenn ihr also jemanden in eurem Bekanntenkreis habt, der seine Brötchen hinter der Kamera oder in der Postproduktion verdient, holt euch seinen Rat! Umschmeichelt und verwöhnt ihn nach Kräften, und dann lauscht aufmerksam und ergriffen seinen Worten. Sie sind nicht mit Gold aufzuwiegen!
Grundüberlegung: Lohnt sich eine eigene Live-DVD?
Kommt drauf an, auf welchem Level ihr steht und was ihr erreichen wollt. Eine qualitativ vorzeigbare DVD bedeutet Aufwand und auch Kosten. Und mit Kosten meine ich echtes Geld, höchstwahrscheinlich einige tausend Euro!
Ich kann das entsetzte Keuchen und die "bist du wahnsinnig!"-Rufe förmlich bis hierher hören. Und wer so reagiert, hat wahrscheinlich auch recht: Bands, bei denen Etats jenseits von 2000 Euro nur Kopfschütteln auslösen, brauchen vermutlich auch keine Live-DVD. Das ist gar nicht so arrogant gemeint, wie es klingt. Aber eine Live-DVD sollte in erster Linie dazu da sein, gut bezahlte Gigs an Land zu ziehen (es sei denn, man spielt bei Metallica oder Robbie Williams). Dazu ist eine gewisse Investition notwendig. Und wenn eine Band die Befürchtung hat, diese Kosten nicht wieder hereinzubekommen, weil sie, nun ja, bisher hauptsächlich im Jugendzentrum nebenan gespielt hat, wäre diese Investition wirtschaftlicher Irrsinn.
Wer aber schon mit einigem Erfolg quer durch die Region oder auch durch Deutschland getourt ist und regelmäßig vernünftig bezahlte Gigs spielt, für den kann eine gute Live-DVD den Sprung auf das nächste Level bedeuten.
Bei uns hat das jedenfalls ganz gut funktioniert.
Planung Teil 1: Location
Ist doch klar: Alles muss so geil wie möglich aussehen, also filmen wir den Gig beim nächsten Altstadtfest. Geile Bühne, geiles Licht, viele Leute davor - ideal!
DENKSTE!
Gigs auf Altstadtfesten, Open Airs und anderen ähnlichen Veranstaltungen können sich leider schnell in einen videotechnischen Alptraum verwandeln! Es gibt gleich mehrere Gründe, weswegen man sich sehr gut überlegen sollte, ob man so einen Gig filmen möchte:
- Zeitmangel: Bei Stadtfesten, Open Airs etc. herrscht auf den Bühnen permanente Hektik, Changeover-Zeiten von 30 Minuten sind eher die Regel als die Ausnahme, oft genug gibt es gerade mal einen Linecheck, alles, was an Problemen auftauchen kann (und wird), muss während der Show "on the fly" gelöst werden - oder eben auch nicht. Unter diesen Umständen habt ihr schlicht keine Chance, erträgliche Bedingungen für einen Mitschnitt zu schaffen.
- Tageslicht: Selbst wenn man auf einem Stadtfest als Hauptact gebucht ist, spielt man oft genug die halbe Show im prallen Sonnenlicht. Von der tollen Lightshow im Hintergrund bleibt dann leider genau gar nichts übrig, für die Kamera sieht das aus, als würdet ihr in einer großen Pappschachtel spielen.
- Wetter: Auch ein Gig auf der größten Bühne mit der geilsten Lightshow sieht einfach sch**** aus, wenn es dabei in Strömen regnet und sich auf dem Platz vor der Bühne gerade mal drei Leutchen unter einen einzigen Regenschirm drängeln ...
Tja, und nun?
Auch wenn's in punkto Bühnengröße vielleicht wehtut: Ein Indoor-Gig löst die meisten dieser Probleme auf einen Schlag: Weder Tageslicht noch Regen können einem einen Strich durch die Rechnung machen, und wenn man Glück hat, kann man schon am Tag vorher in die Location und in Ruhe alles aufbauen, was man so braucht.
Wir hatten das Glück, für einen Gig ganz in der Nähe unserer Heimatstadt gebucht zu sein, der in der Lagerhalle einer Kornbrennerei stattfand, Fassungsvermögen ca. 1200 Pax. Wir haben auf eigene Kosten Bühnengröße und Licht gegenüber dem Standard noch ein wenig aufstocken lassen, und unsere gesamte Technik für den Mitschnitt der Tonspuren konnten wir in einem Nebenraum am Tag vorher in aller Ruhe aufbauen und bis zum Gig stehenlassen.
Kontrollierte Bedingungen also, die der Qualität unserer DVD ganz eindeutig zugute gekommen sind. Auch wenn's vielleicht nicht ganz so groß war wie die Hauptbühne der Kieler Woche ...
Planung Teil 2: Kameras und Kameraleute
Ja, richtig gelesen: Kameras, Plural! Eine reicht nämlich definitv nicht! Zwei auch nicht. Für später verwertbares Material benötigt man mindestens drei Kameras, gerne mehr. Im Idealfall liefert dann eine Kamera das Gesamtbild der Bühne (Totale), eine hält den jeweiligen Hauptakteur (Sänger/in, Gitarrist/in beim Solo etc.) fest, und eine zeigt, was der Rest der Band gerade so treibt.
Für einen dynamischen und vorzeigbaren späteren Schnitt sind diese drei Perspektivangebote das absolute Minimum, wenn sich eure Zuschauer nicht ein heimliches Gähnen verkneifen sollen. Ihr könnt noch so viel Action auf der Bühne machen - wenn das Ganze von einer einzigen Kameraposition aus ohne Schnitte gezeigt wird, macht sich schnell gepflegte Langeweile breit.
Das heißt nicht, dass man mit drei Kameras garantiert genügend Material zum Auswählen hat. Im ungünstigsten Fall liefert Kamera 1 nämlich ein unscharfes Bild des Bassisten, den der Kameramann irrtümlich für den gerade solierenden Gitarristen hält, während Kamera 2 sich im Ausschnitt der Sängerin verliert. Bei Kamera 3 werden gerade die Akkus gewechselt. Viel Spaß beim Schneiden!
Wir sind uns also einig, dass wir mindestens 3 Kameras brauchen. Was für welche, und wer soll die bedienen? Kann man da nicht einfach drei gut instruierte Kumpels mit Camcordern hinstellen? Na klar, oder ihr macht es selbst und lasst eure Kumpels den Gig spielen. Die Qualität wird in beiden Fällen in etwa die Gleiche sein.
Eine Kamera zu bedienen ist ziemlich gut mit dem Spielen eines Instrumentes vergleichbar. Um ein vorzeigbares Resultat zu erzielen, muss man üben. Und zwar nicht zu knapp. Im Idealfall einige Jahre. Mit anderen Worten: Holt euch Leute, die das schon mal gemacht haben. Die besten, die ihr kriegen könnt, am Besten Profis. Vielleicht findet ihr ja ein paar interessierte Studenten einer Filmhochschule, die noch ein Projekt für eine Abschlussarbeit o.ä. brauchen. Oder Freelancer, die ein solches Projekt gerne im Portfolio hätten. Kreativ sein, rumhorchen, rumfragen - und auf keinen Fall an diesem Ende sparen! Mit der Qualität eurer Kameraleute steht und fällt die Qualität eurer DVD.
Wir z.B. hatten durch Zufall Kontakt zu einem professionellen Dokumentarfilmer, der dann für uns noch weitere Kameraleute gebucht hat.
Profis hinter der Kamera haben noch einen weiteren Vorteil: Sie haben entweder eigenes Profiequipment oder zumindest Zugang zu solchem. Die Wahl und Beschaffung des Materials solltet ihr denen überlassen, die täglich damit arbeiten. Und schon seid ihr wenigstens eine Sorge los.
Die Profis können sich dann auch um die Synchronisation der Kameras per gemeinsamem Timecode kümmern. Den braucht ihr nämlich später in der Postproduction für den lippensynchronen Schnitt. Ohne wird's haarig, also möglichst früh schon mal auf diesen Punkt hinweisen.
Neben der zeitlichen Synchronisation der Kameras wäre es auch mehr als wünschenswert, wenn sich die Kameraleute bezüglich ihrer Motive während der Show abstimmen würden. Dazu gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
Möglichkeit 1:
Es gibt einen zentralen Regisseur, der die Show stets im Blick hat und den einzelnen Kameras ihre Motive zuteilt, idealerweise per "Knopf im Ohr". Das kann notfalls einer der Kameraleute sein, besser wäre ein separater Regisseur ohne weitere Aufgaben. Wenn der dann z.B. vom Besuch eines vorherigen Gigs die Show schon in etwa kennt - perfekt!
Möglichkeit 2:
Wenn ein Extra-Regisseur zu aufwändig ist, sollten sich die Kameraleute bereits im Vorfeld abstimmen, wer wann was filmt. Idealerweise sollten sie dazu mal einen eurer Gigs besuchen, damit sie sehen, was auf sie zukommt. Außerdem sollte jemand aus der Band eine Art "Drehbuch" zu jedem Song und jedem Showelement schreiben, so dass sich die Kameraleute schon auf eure Show vorbereiten und die Kameras entsprechend platzieren können.
Wer jetzt glaubt, dass dieser Aufwand übertrieben ist, sollte sich schon mal mit dem Gedanken abfinden, dass die ersten 30 Sekunden des Schlagzeugsolos leider nicht zu sehen sind, weil die Kameraleute davon völlig überrascht wurden ...
Zu dieser Vorbereitung gehört auch, dass die Kameraleute sich so abstimmen, dass sie sich nicht ständig gegenseitig filmen. Mit ein wenig Geschick und Planung im Vorfeld lässt sich nämlich das Bild vom im Hintergrund kauernden Kameramann auf ein Minimum reduzieren.
Heißer Tipp an dieser Stelle, abgekupfert von den NDR-Kamerateams: Kameraleute tragen bitte dunkle (= schwarze) Klamotten, helle Haare werden durch eine dunkle Mütze abgedeckt. So bleiben sie weitgehend unauffällig, wenn sie denn doch mal durchs Motiv huschen. Nichts ist störender als ein im Bild stehender Kameramann im weiß-rot-grünen Hawaiihemd!
Planung Teil 3: Bühne und Bühnenlicht
Dass auf der Bühne möglichst Ordnung herrschen sollte, versteht sich ja eigentlich von selbst. Also Kabel ordentlich und möglichst unsichtbar verlegen, Schlagzeug, Musiker und Amps so arrangieren, dass sich ein geschlossenes harmonisches Bühnenbild ergibt. Alles weitere bleibt eurer Kreativität überlassen.
Ein Tipp aus eigener bitterer Erfahrung: Wählt einen Bühnenhintergrund aus schwarzer Gaze! Wir hatten nämlich mal die glorreiche Idee, passend zu unserer Show einen silberglitzernden Stoff als Hintergrund zu wählen. Das hatte gleich zwei negative Effekte:
- Durch das Glitzern wurde der Hintergrund so hell, dass man Musiker und Instrumente kaum noch davor erkennen konnte. Die Kameras drehten förmlich durch.
- Während das tiefe Schwarz von Bühnengaze dem Bühnenraum zusätzliche Tiefe verleiht, drängelte sich unser "Hintergrund" unangenehm in den Vordergrund. Die Bühne war optisch plötzlich nur noch halb so groß.
Das Ende vom Lied war, dass ein äußerst genervter Bühnentechniker zwei Stunden vor Showbeginn noch mal ins Rigg kraxelte, um unseren Silbervorhang gegen schwarze Bühnengaze zu tauschen ...
Was das Bühnenlicht angeht, würde ich dringend dazu raten, Lichttechniker und Kameraleute im Vorfeld des Gigs zu einem gemeinsamen Gespräch zusammenzubringen. Kameras "sehen" die Welt völlig anders als das menschliche Auge und stellen besondere Anforderungen an das Bühnenlicht. Insbesondere benötigen sie eine hellere Grundausleuchtung, als sie bei normalen Gigs üblich ist. Da das nicht jeder Lichttechniker weiß, kann einem ein klärendes Gespräch zwischen Licht- und Kameratechnik rechtzeitig vor dem Gig buchstäblich den Arsch retten.
Dieses Gespräch findet idealerweise schon am späteren Venue statt, so dass sich alle Beteiligten schon mal mit den Räumlichkeiten vertraut machen können. Bei dieser Gelegenheit können die Kameraleute auch schon mal Perspektiven festlegen, die AUF KEINEN FALL gefilmt werden sollten.
Uns hätte ein solches Gespräch einiges an Problemen erspart, denn zum einen wussten vor dem Gig weder wir noch der Lichttechniker von den besonderen Lichtanforderungen, so dass die Aufnahmen insgesamt eigentlich zu dunkel sind. Zum anderen hätten wir klären können, dass Aufnahmen von der Bühne ins Publikum nur dann verwertbar sind, wenn man direkt in die Menschenmenge hält, so dass man die weißen beleuchteten Wände der Location nicht im Hintergrund sieht. So aber sehen fast alle Publikumsaufnahmen nach Tanztee im Autohaus aus, obwohl der Raum mit ca. 1200 kräftig feiernden Personen rappelvoll war. Wir haben daher schweren Herzens fast alle Schwenks durchs Publikum in den Mülleimer befürdert.
Ein echter Gewinn für jede Show und auch für die Kamerabilder ist übrigens ein Follow Spot, der die jeweiligen Hauptakteure gesondert ausleuchtet.
Planung Teil 4: Tontechnik
Schlechte Nachrichten: Gegenüber einem normalen Gig verdoppelt sich der Aufwand für die Tontechnik. Um später eine vernünftige Tonspur zu bekommen, gibt es eigentlich nur eine einzige Methode: Jedes Signal wird auf einer eigenen Spur mitgeschnitten! Die Idee, einfach das PA-Signal mitzuscheiden, solltet ihr lieber gleich wieder streichen! Die Anforderungen an PA-Sound und Fernsehton sind einfach zu verschieden.
Das bedeutet, dass die Signale, die zur PA gehen, gesplittet und zum Aufnahmegerät (normalerweise ein leistungsfähiger Rechner) geroutet werden müssen. Das bedeutet außerdem, dass ihr neben dem FOH-Mischer auch einen fähigen Mann für die Aufnahmen braucht. Und es bedeutet, dass ihr viel Zeit zum Aufbau und Einpegeln des Aufnahmeplatzes braucht. Womit auch klar wäre, warum es z.B. bei Stadtfesten einfach unmöglich ist, den Gig vernünftig mitzuschneiden ...
Zusätzlich zu den üblichen Signalen benötigt ihr übrigens dringend noch mindestens zwei Mikrofone, die den Raumschall und besonders die Reaktionen des Publikums aufnehmen (sogenannte Ambience-Mikros). Ohne das Signal dieser Mikros klingt das Ganze nicht wirklich nach Live-Gig, sondern eher nach eigentümlicher Studio-Produktion. Auch diese Ambience-Signale kommen natürlich auf eigene Spuren.
Das Ganze wird dann in der Post Production genau wie eine Studioaufnahme ganz normal abgemischt und gemastert.
Planung Teil 5: Die Band bereitet sich vor
Songs und Showelemente sollten natürlich im Schlaf sitzen, ist ja klar. Außerdem sollten alle Beteiligten nüchtern und ausgeschlafen sein. Sonst wird einem u.U. drastisch vor Augen geführt, dass man leider nur glaubt, unter Alkoholeinfluss besser zu spielen. Und einen zweiten Versuch gibt's nicht!
Aus eigener leidvoller Erfahrung würde ich davon abraten, extra für den Gig zusätzliches Equipment anzuschleppen. Was schiefgehen kann, wird schiefgehen! Und Fehlersuche bei fremdem Equipment ist mehr als heikel. Bei uns hat ein z.B. übersehener Stand-by-Schalter an einem geliehenen Amp dazu geführt, dass wir einen kompletten Song nicht verwenden konnten. Merde!
Falls ihr noch kein festes Bühnenoutfit habt, würde ich tendenziell eher zu hellen Klamotten raten. Dunkle T-Shirts, Anzüge o.ä. wirken vor schwarzem Hintergrund wie ein schwarzes Loch, das aus Kamerasicht sämtliches Licht einfach aufsaugt. Mein weißes Kostüm mit Zebrabesatz z.B. ist auf sämtlichen Bühnen hervorragend zu sehen, während der schwarze Anzug unseres Schlagzeugers eher die Wirkung einer Tarnkappe entfaltet.
Ansonsten: Seid locker, lächelt und habt Spaß!
Achtung, Aufnahme!
Ihr habt geplant, geredet und organisiert, und endlich ist der Tag des Mitschnitts gekommen. Jetzt solltet ihr ihn auch optimal nutzen!
Konkret heißt das: Wenn es irgendwie machbar ist, bestellt Bühnentechniker, Kameraleute, Tontechniker und sonstiges Personal am Besten schon für den Vormittag ein, denn dann könnt ihr schon mal einen Probelauf machen. Und bei dieser Gelegenheit können die Kameraleute schon mal jede Menge Nahaufnahmen von Gesichtern, Instrumenten, Händen, Füßen etc. machen. Dafür braucht man kein Publikum vor der Bühne, und ihr habt schon mal einen Haufen Extramaterial, den ihr später beim Schnitt bitter nötig brauchen werdet. Je mehr Videoaufnahmen ihr vor dem eigentlichen Gig machen könnt, desto besser! Nutzt diese Gelegenheit!
Hier zeigt sich dann auch wieder der Vorteil einer Indoor-Location: Lichttechnisch macht es keinen Unterschied, ob ihr tagsüber oder nachts dreht.
Für den Rest des Tages solltet ihr euch entspannen. Was ihr bis jetzt nicht organisiert habt, werdet ihr auch in letzter Sekunde nicht mehr schaffen. Also locker bleiben, chillen und abends dann einen entspannten Gig spielen.
Nachdrehs
"Hä, was? Was denn nachdrehen? Wir haben den Gig doch komplett mitgeschnitten!"
Jau, damit habt ihr jetzt jede Menge Rohmaterial für den eigentlichen Gig. Aber wie wär's denn z.B. mit einem stilvollen Intro für die DVD? Oder einigen (in diesem Fall gefakten) Backstageszenen? Oder einfach Material für einige DVD-Extras?
Bei unserer DVD hatten wir das Problem, dass wir nur einen Teil der Show verwenden konnten und auch wollten, so dass wir die "echten" Übergänge von Song zu Song vom Abend nicht verwenden konnten. Wir haben dieses Problem gelöst, indem wir einen der Kameramänner noch für einen weiteren Tag gebucht haben, an dem wir "Geschichten aus der Backstage-Area" gedreht haben, die wir dann zwischen die Songs geschnitten haben.
Außerdem haben wir an diesem Tag noch das Material für das Intro gedreht. Zu diesem Zweck hatten wir uns eine Stretch-Limo für eine Stunden gemietet, mit der wir dann am "Venue" vorfuhren, um dann kamerawirksam in voller Bühnenmontur auszusteigen. Unser Manager fungiert dabei mit schwarzem Anzug, Sonnenbrille und Knopf im Ohr als unser Bodyguard - ein herrlich schräges und prahlerisches Intro, passend zum Konzept unserer Band. Und mittlerweile eine meiner Lieblingsszenen der DVD.
Ihr müsst natürlich keine Stretchlimo mieten oder mit Bodyguard zur Bühne gehen - was ihr macht, bleibt natürlich eurer Kreativität überlassen und sollte auch einigermaßen zur Band passen. Aber bedenkt, dass ihr hier die Chance habt, noch ein bisschen mehr aus eurer Produktion herauszuholen. Nutzt die Gelegenheit!
Außerdem werden bei diesen Drehs etliche Versuche in hysterischem Gelächter enden. Diese Outtakes lassen sich ganz hervorragend als Bonusmaterial für die DVD recyclen. Extramaterial zum Nulltarif!
Postproduction
Damit ist in erster Linie das Mischen und Mastern der Tonspuren und der Schnitt des Videomaterials gemeint. Wie ihr das genau macht, bleibt natürlich euch überlassen und hängt auch sehr von der Qualität eures Rohmaterials ab. Je besser ihr vorher geplant habt, desto mehr Möglichkeiten habt ihr jetzt.
Dabei muss jeder für sich eine Gewissensfrage klären, nämlich die Frage, wie sehr man z.B. Patzer der Band in der Postproduction "repariert" oder mit Effekten überdeckt oder wie viel man ganz allgemein trickst.
Meine ganz persönliche Meinung dazu ist: So wenig wie möglich, so viel wie nötig. Klar passieren live Patzer. Irgendwer verspielt sich, irgendein Sound stimmt nicht, der Sänger/die Sängerin haut daneben. Völlig normal, passiert jedem - und sollte trotzdem in Maßen nachbearbeitet werden!
Ich habe kein Problem damit, wenn schief gesungenen Passagen oder verunglückte Soli nachbearbeitet werden. Denn die Situation beim Angucken der DVD ist eine ganz andere als beim Livegig!
Wenn live was kurz mal daneben geht, ist es in der nächsten Sekunde auch schon wieder vorbei, und selbst die Wenigen, die es überhaupt mitbekommen haben, haben es in der nächsten Moment auch schon wieder vergessen.
Aber einen Fehler auf einer Aufnahme wird man sich wieder und wieder anhören. Und bei jedem neuen Anhören wird man mehr zusammenzucken. Zum einen, weil der Fehler in einer möglichst perfekt gemasterten Aufnahme einfach mehr auffällt als beim Gig. Und zum anderen, weil trotz aller Versuche, die Liveatmosphäre des Gigs auf die DVD zu retten, die Atmosphäre beim Angucken der DVD eine ganz andere ist. Der Betrachter ist allein oder mit nur wenigen Leuten zusammen, die Lautstärke ist eine ganz andere, der Alkoholpegel sowieso ...
Während also ein kleiner Fehler beim Gig selbst kaum bemerkt wird, bohrt er sich beim Ansehen einer DVD förmlich ins Ohr. Und daher ist meiner Meinung nach das "Glattbügeln" kleinerer Patzer durchaus ok.
Wenn allerdings ernsthaft etwas schiefgegangen ist, sollte man den Song einfach nicht mit auf die DVD bringen. Pech gehabt, nächstes Mal läuft's vielleicht besser ...
Ob ihr jetzt den Originalgig 1:1 übernehmt oder hier und da ein bisschen trickst, ist aber letzten Endes ganz allein eure Sache. Wichtig ist, dass ihr euch hinterher mit dem Ergebnis wohlfühlt, und dass eure Live-DVD zu euch passt und dem Betrachter ein realistisches Bild eurer Band vermittelt.
In diesem Sinne: Viel Spaß! Und wenn ihr eure DVD fertig habt: Ich nehme gern ein Ansichtsexemplar als Geschenk an
LeGato
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