Flatwounds im Kopfhörer intonieren falsch - warum?

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Habe schon seit längerem ein wiederkehrendes "Hörproblem" wenn ich mit Kopfhörer übe und nun festgestellt, dass das nur bei den beiden Bässen die Flatwounds drauf haben der Fall ist uns nicht bei dem mit Roundwounds:
Die Intonation ist teilweise deutlich falsch, die G-Saite bspw. klingt leer gespielt über Kopfhörer gehört etwa einen Halbton höher als über die Anlage mit natürlichen dem Ton im Raum. Das Phänomen ist bei beiden Flatwound-Bässen gleich. Das Phänomen tritt mit allen möglichen Kopfhörern auf, aber in unterschiedlichen Ausprägungen. Ich hatte mal den Boss Waza Air - der einen echten Raumklang nachempfindet - zur Verfügung bei dem das Phänomen bei den Flatwounds deutlich verringert war, den ich leider wegen Connectivitätsproblemen mit meinem Cort Bass aber nicht behalten habe. Ich habe lange gedacht es läge ggf.irgendwie an meinen Hörnerven, da ich MS habe und den Bassisten die ich bisher gefragt habe das Problem gänzlich unbekannt war. Nun habe ich aber festgestellt, dass es bei dem Bass mit Roundwounds nicht auftritt, also scheidet die Erklärung mit den Hörnerven der Logik nach aus, oder? Die Flats sind beide alt, einmal Thomastik Jazz-Saiten (mehrere Jahre) und einmal Daddario Chromes (1 Jahr alt). Die Roundwounds sind DR Black Beauties (1/2 Jahr alt). Das Problem kenne ich grundsätzlich schon ganz lange, weshalb ich mit Kopfhörer ungern übe (hatte bis vor 1 Jahr immer nur Flatwounds gespielt!) Und ich habe schon x Kopfhörer durch deswegen (auch sehr teure getestet und keiner hat auch nur näherungsweise funktioniert außer der Waza Air).
Würde mich freuen wenn irgendwer eine Erklärung und vielleicht sogar eine Lösung hat (spiele sehr gerne Flatwound und auf dem dauergeliehenen Fretless ist das ja auch Alternativlos dem Griffbrett zuliebe).
 
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Hallo @kiagualuna ,

Deinen beschriebenen Effekt, der nur mit Kopfhörern auftritt, kenne ich nicht.
Und ich behaupte, daß es auch nicht an den Saiten liegt. Der Thread gehört dann vermutlich auch in eine andere Rubrik.

Was ich beitragen kann:
Das Ohr nimmt ganz tiefe Frequenzen anders wahr als die anderen (Keine stehenden Wellen im Innenohr, mal stark vereinfacht).
Dies gilt aber nur für ziemlich tiefe Frequenzen und gilt aber generell, also egal ob Kopfhörer oder Lautsprecher.
Das kann es also bei Dir nicht so offensichtlich sein. Eine G-Saite beim Bass bezeichne ich nicht als wirklich "tief".

Ich selbst kenne ein paar Songs, die mit tiefem, dumpfem Bass beginnen. Ich meine, die Tonhöhe klar erkennen zu können. Wenn dann aber Gitarre (o.ä.) dazu einsetzt, merke ich, daß ich teils einen Ganzton daneben liege. Sobald die anderen Instrumente mitspielen, paßt auch meine Basswahrnehmung wieder. Nur bei dumpfem Bass alleine habe ich eine "Unstetigkeitsstelle" in der Tonhöhenwahrnehmung. Einen Bass mit vielen Obertönen erkenne ich dagegen gleich korrekt.
Diese Unstetigkeitsstelle ist bei mir so grob abgeschätzt um die 100 Hertz. Es fällt auf bei der E-Saite und tiefer.
Auch bei einem dumpfen Sound hat man aber mindestens den ersten, und meist auch den zweiten Oberton stark mit dabei. Also die erste Oktave und die erste Duodezime. Das paßt dann ungefähr zu den 100 Hz (nie wirklich nachgemessen).

Diesen Effekt müßten andere wohl auch wahrnehmen, nur achtet man selten drauf. Zahlen dazu habe ich allerdings keine.

Was nun bei Dir passiert ist mir ziemlich unklar. Ich tippe mal spontan, daß Deine Wahrnehmung in den Tiefen etwas anders ist und eine Unstetigkeit der Tonhöhenwahrnehmung bei Dir in einem höheren Frequenzbereich beginnt als bei mir.
Und beim Kopfhörer wird es aus irgendwelchen physiologischen Gründen deutlicher.

Beim Gehör gibt es die Erscheinung der "Tiefen-Schwerhörigheit". Allerdings werden da typischerweise Töne unterhalb von 2000 Hertz als "tief" bezeichnet ;). Vielleicht spielt etwas aus diesem Umfeld mit rein. Ich habe keine Ahnung, inwieweit sich MS diesbezüglich auswirken kann.

Ich selbst spiele auch gerne Flatwounds, allerdings gerne mit vielen Mitten und wenig Tiefbass (Ich will die Anschlagsgeräusche haben).
Gehe ich recht in der Annahme, daß Du bei Flatwounds einen relativ dumpfen Sound hast ?
Dann würde der Unterschied zu den Roundwounds einfach vom unterschiedlichen Obertonspektrum kommen.
Roundwounds = heller, erleichtert die Tonhöhenwahrnehmung.

Wenn das so ist, ohne Deinen Sound zu kennen: Was passiert, wenn Du die Bässe ziemlich raus- und die Mitten dafür ziemlich reindrehst (auch wenn es dann nicht maximal schön tut ...) ?
Und ist die Hörabweichung bei tieferen Basstönen stärker als bei der G-Saite ?
 
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Interessante Frage und interessante Antwort,

aber ein Halbton Unterschied lässt sich schwer mit Obertönen erklären.

Ich kann im Augenblick nichts zur Klärung beitragen, bin aber gespannt ob jemand anders hier das schafft...

.
 
Jetzt hat es mich doch interessiert und habe ich mir ein kurzes Audioschnipsel gebaut für meine "Unstetigkeitsstelle".
Und mich würde interessieren, ob andere es genauso oder ähnlich hören.
Interessant wäre dann natürlich gerade auch eine Antwort von kiagualuna.

Aaalso: im folgenden MP3 sind drei Sinustöne, jeweils 4 Sekunden lang, jeweils eine Oktave höher.

Idee ist: Ton hören, leise diesen Ton mitsummen (in einer singbaren Oktave natürlich) und hören, ob der gesummte Ton zur nächsten Oktave paßt. Erwünscht wäre eine möglichst unbedarfte Herangehensweise. Wissenschaft geht natürlich anders ... ;)



Bei mir ist es so: Ich höre den ersten Ton (der ist ziemlich tief), versuche den Ton zu hören und zu summen.
Wenn dann der nächste Ton kommt, ist mein weiter gesummter Ton "zu hoch". Ich höre eine Schwebung zwischen meinem Ton und dem gehörten Ton aus den Lautsprechern. Das heißt, ich habe den Ton zuvor "zu hoch" wahrgenommen.
Ich habe es mit Boxen und Kopfhörer ein paarmal probiert. Meine Abweichung liegt manchmal bei einem knappen Halbton, manchmal nur ganz wenig. Der Effekt ist nicht immer gleich stark. Und wenn man es zu oft macht, kann man sich wohl an den Ton erinnern, und das Singergebnis wird "besser".
Mal sehen, ob es morgen früh dann wieder schlechter wird ;-).

Und mal schauen, ob sich daraus etwas zum Threadthema ergibt.
 
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Bei mir ist es so: Ich höre den ersten Ton (der ist ziemlich tief), versuche den Ton zu hören und zu summen.
Wenn dann der nächste Ton kommt, ist mein weiter gesummter Ton "zu hoch"

Ist bei mir nicht so. Alles in Butter.
Ich kann aber, als Bassist, tiefe Töne recht gut bestimmen. Hingegen hören sich sehr hohe Töne für mich gerne mal "alle gleich" an (Bluesharp Kanzelle 9 und 10. Man kennts).
Bei meiner Freundin, Violinistin, zeigt sich das Phänomen umgekehrt.
Das ist aber wohl nichts weiter als Gewöhnungssache und kein ernsthaftes Defizit.
Bei der G-Saite eines Basses dürfte allerdings keiner von uns beiden Probleme haben, geschweige denn das Halbton Problem, welches der TE erlebt...

Ich kann ansonsten auch nichts zum Thema beitragen. Finde @kiagualuna Problem höchst eigenartig aber interessant. Ich folge gespannt
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Und mich würde interessieren, ob andere es genauso oder ähnlich hören.[...]

Wenn dann der nächste Ton kommt, ist mein weiter gesummter Ton "zu hoch".
Quick & dirty getestet ist es bei mir nicht so. Der tiefe Ton kommt durch den Homeofficekopfhörer etwas mager, aber die Oktaven höre ich recht exakt und deutlich.
 
aber die Oktaven höre ich recht exakt und deutlich.
...lustig, ich hatte den Eindruck, beim ersten durchlauf lag alles falsch, beim zweiten alles korrekt. Gibt es da so eine Art Mikro-Schnell-Lernprozess beim Hören?
 
Bei mir ist es so: Ich höre den ersten Ton (der ist ziemlich tief), versuche den Ton zu hören und zu summen.
Bei mir ist es auch nicht so, ich höre die Oktaven hier sehr gut. Mitsummen ging auch.

Aber... das ist schon ein interessantes Phänomen, von dem ich bisher nichts wusste (so es denn existiert ;) ).

Ich hatte vor ein paar Tagen ein paar Gesangsspuren aufnehmen müssen, als Backing war nur Drums und angezerrter Bass.
Während des Einsingens war unter Kopfhörern auch alles gut, aber als ich es später im Kontext/über Monitore angehört habe, lag ich komplett zu hoch. Fast auf allen Zieltönen zwischen 10 und 30ct.
Das hatte ich noch nie :)
Wenn ich tonal daneben liege, bin ich eigentlich fast immer flat.
Ich verstehe das bis heute nicht bzw. kann deine Idee dazu jetzt schon ein Ansatz sein.
 
Danke an diejenigen, die sich den Testtrack angehört und geantwortet haben.
Da der TE sich nicht mehr gemeldet hat, hänge ich diesen Beitrag hier noch an. Weiteres wäre wohl wirklich etwas für einen anderen Thread.

Der Effekt, den ich bei mir bemerke, scheint wohl erst wirklich bei 50 Hz abwärts einzutreten.
Bei dieser Tiefe verschiebt sich nicht wirklich die Wahrnehmung, sondern die Bewertung wird unsicherer.
Das paßt durchaus zu meiner Wahrnehmung, die nicht immer gleich "falsch" ist.
Und auch zum Effekt:
beim ersten durchlauf lag alles falsch, beim zweiten alles korrekt

Das kann gut sein, weil nach dem ersten Durchlauf klar war, was eigentlich zu hören wäre. Dann kann sich das Gehirn bei der Wiederholung natürlich sicherer sein.

komplett zu hoch. Fast auf allen Zieltönen zwischen 10 und 30ct.
... kann deine Idee dazu jetzt schon ein Ansatz sein.

Das scheint wohl etwas anderes zu sein, da zu hoch. Beim Singen passieren aber sowieso gerne merkwürdige Dinge ... ;)

Wahrnehmung ganz tiefer Töne wurde schon erforscht, wenn auch wesentlich seltener als andere Frequenzbereiche.
Um 1900 herum gab es Wahrnehmungstests mit Absoluthörern. Da scheint auch schon bemerkt worden zu sein, daß die Genauigkeit der Erkennung in der Tiefe geringer wird. Da habe ich aber die Quellen noch nicht gefunden.

Von 2011 ist eine Publikation von Albrecht Schneider (Uni Hamburg) und Valeri Tsatsishvili, die explizite Intervallerkennungstests in der Tiefe gemacht haben. Dort war zu erkennen, daß unterhalb von 50 Hz die Erkennung unschärfer wird.
Das Buch habe ich vorliegen. Interessanterweise wurden dort keine reinen Sinustöne, sondern komplexe Töne mit 5 Harmonischen verwendet. Gerade damit würde ich erwarten, daß die Tonhöhe wegen Residualtonwahrnehmung leichter zu ermitteln wäre.
Ich werde mal in einer ruhigen Stunde versuchen, die beschriebenen Tests nachzuprogrammieren, soweit es geht.
(Perception of Musical Intervals at Very Low Frequencies, in: Albrecht Schneider et al.: Systematic Musicology: Empirical and Theroretical Studies, 2011)

Eine Abhandlung mit physiologischer Komponente habe ich hier gefunden:
Christoph Reuter, Zur Wahrnehmung tiefster Tonhöhen, In: Fuhrmann et al.: Kürzen. Gedenkschrift für Manfred Angerer. Wien, 2016

In meinem obigen Oktavbeispiel lag ich wohl einfach etwas zu hoch, um den Effekt bei allen zu erreichen.
Ich habe schon einen anderen Test gebastelt mit tieferen Intervallen. Den checke ich mal mit meinen Musikerkollegen um mich herum.
Durchaus interessantes Thema, finde ich, erklärt aber meines Erachtens nicht den Effekt aus dem Startpost ;)
 

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