Frage zur Begleitung von "Fairplay"

slugs
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Hallo,

ich spiele seit einem Jahr in einem Saxophon Ensemble E-Gitarre als Begleitinstrument.
Jetzt passiert es mir öfters, dass ich Noten/Leadsheets erhalte, mit denen ich von der Rhythmik her nicht so ganz klar komme.
Beispielsweise folgendes Lied, an dem wir momentan üben (die Aufnahme stammt nicht von uns):

Die Stelle, ab der ich begleite beginnt bei 0:14. Auf dem Leadsheet stehen stets nur Viertelnoten. Die Saxophone spielen allerdings sehr viele vorgehaltene und punktierte Noten. Und wenn ich das in meiner Begleitung nicht nachahme und nur stur die Viertelnoten durchhaue, dann habe ich das Gefühl gegen die Band zu arbeiten.
Am schlimmsten ist es bei der Coda ab 5:13. Dort kann ich eigentlich gar nicht mehr begleiten, weil ich vom Rhythmus her total verwirrt bin. Auf dem Blatt stehen mal wieder nur Viertelnoten, aber für mein Spielgefühl klingt es einfach furchtbar und unpassend. Doch den Saxophonrhythmus kann ich (momentan) nicht nachahmen.

Jetzt meine Frage: Wie stark muss man denn bei solch einem Leadsheet, bei dem wirklich nur Viertelnoten stehen am Rhythmus kleben?

Vielen Dank schon mal und liebe Grüße
slugs
 
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Jazzcomping ist ein schönes und weites Thema. Ich fühl mich leider so schriftlich fast außerstande, da was Sinnvolles vorzuschlagen, man muss das vorspielen und hören.

Du musst oder solltest auf jeden Fall nicht immer genau dasselbe machen, was die Melodie vorgibt. Begleitung ist halt was anderes - du sollst grooven. Das können eine Zeitlang auch ruhig mal nur die Viertel sein... 2 und 4 betonen...

Auf der Aufnahme ist ja nur das Sax-Ensemble zu hören, leider kannst du dir also nicht abgucken wie andere Leute begleiten würden ;)
Hör dir Bigbands an, die ähnliche Musik machen. Mir ist spontan Duke Ellington eingefallen. Nimm ruhig die alten Meister, warum mit weniger zufrieden geben. Count Basie, ach was weiß ich, es gibt unzählige gute Sachen.
Achte auf Piano und Drums (die Snare), versuch nicht nur von der Gitarre auszugehen.


Dass du nicht nur die Viertel spielen kannst/sollst, sondern auch eine Achtel vorher - oder nachher - oder gar nicht - sind die Möglichkeiten, wie du dir ja schon denken konntest. Probier damit herum, versuch deine Rhythmik aufzubrechen und auszubauen, aber dabei immer songdienlich...

Vielleicht könntest du dir auf simple Weise klarmachen, wie der Rhythmus wirkt, mal ganz vereinfacht gesagt:

- die durchgehenden Viertel sind sehr plump, aber auch grundlegend und beruhigend. Die Basics, auf die man immer zurückfallen kann.

- Alles vorgezogen wirkt sozusagen beschleunigend (trotz gleichem Tempo), frisch, aufgeweckt, aber vielleicht auch stressig.

- Alles eine Achtel später - oder überhaupt mal Pause machen, nicht jeden Akkord zwingend spielen - wirkt relaxed und cool, aber wenns schlecht klappt hört es sich an als hättest du einfach was verpasst^^

So ein Gefühl tritt natürlich erst auf, wenn du die Art Begleitung eine kleine Weile durchziehst, nicht wenn du nach einem Takt schon wieder was anderes machst.
Die verschiedenen Wirkungen kannst du dann miteinander mischen und abwechseln, fein dosieren, wie eine Gewürzmischung...
 
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Gerade bei so einer Musik geht "four to the bar" immer, also stur jede Viertel anschlagen. Das hört sich im übrigen leichter an, als es in Wahrheit ist, wenn man es wirklich gut machen will ... Das schön reglmäßig und - vor allem - SWINGEND hinzukriegen, ist nicht leicht ! Die Akkorde müssen (natürlich) rhythmisch exakt gespielt werden, aber müssen auch genau die richtige Länge kriegen, um gut zu wirken. Nicht zu lang, aber auch nicht zu kurz. 2 + 4 ein wenig akzentuieren. Und jeder Schlag will genau richtig betont sein ... genau richtig abgedämpft ... richtige Voicing-Wahl ...

Dir als Gitarristen fällt dabei die Aufgabe zu, Metronom zu spielen und den "rhythmischen Topf" zu bilden, in dem die restliche (Musik-)Suppe gekocht wird. Nicht mehr und nicht weniger.

Und wenn es dann scheinbare rhythmische "Clashes" mit anderen Stimmen gibt, ist das weder verwunderlich noch besorgniserregend. Du tust ja nichts anderes, als den PULS der Musik widerzugeben. Und andere Stimmen haben eben teilweise Akzente, die abseits vom Puls liegen. Das ist eine gewisse Spannung, die man aushalten muß und überzeugt und überzeugend spielen muß, vor allem aber erst einmal FÜHLEN muß ...

Gutes Gelingen,
Thomas

Z. B. .. ab 0:30 hier .... der Meister dieser Spielart ..
http://www.youtube.com/watch?v=EkP2ieqt6Q0
 
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Danke, vielen Dank!
Eure Einsichten helfen mir sehr!

Und wenn es dann scheinbare rhythmische "Clashes" mit anderen Stimmen gibt, ist das weder verwunderlich noch besorgniserregend. (...) Das ist eine gewisse Spannung, die man aushalten muß und überzeugt und überzeugend spielen muß, vor allem aber erst einmal FÜHLEN muß ...

Für mich ist das ein zentraler Satz. Genau diese Spannung hätte ich mir von mir aus nicht zugetraut.
Ich werde mich eingehender mit dem Big Band Sound befassen und mir die Hörtipps anhören. Auch dir danke ich michum. Da sind gute Tipps drinnen, die ich teilweise zwar nicht zum ersten mal höre, aber über die Zeit wieder vergessen und nicht verinnerlicht habe!
 
Nachsatz:
Bei dieser Spielweise möglichst "dünne" Akkordvarianten/Voicings wählen !
 
Jo, also ich versuche mich momentan daran meistens nur die Saiten D-G-H für Voicings zu verwenden und bei Akkordwechseln die einzelnen Noten weiter als eine Sekunde zu verschieben. Wenn überhaupt! Manchmal kann man das Voicing auch ohne weiteres stehen lassen und der Bass macht den Rest.
 

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