Fragen über Fragen

  • Ersteller swordfish123
  • Erstellt am
S
swordfish123
Gesperrter Benutzer
Zuletzt hier
16.02.10
Registriert
18.12.09
Beiträge
32
Kekse
0
Ich habe noch einige Fragen bezüglich Harmonielehre, ich dachte ich fasse Sie mal in einem Thread zusammen:

1.Wird der Sixt ajoute Akkord immer auf der Subdominante gebildet? (ähnlich Neapolitaner?)
2.Geht ein Trugschluss immer in die Tonikaparalele? Wäre sowas hier kein Trugschluss? "Cmaj,Abmaj7,Cmaj"
3.Folgende Modulation:Gmaj(G-Dur=Ausgangstonart), Hmaj, Emaj (E-Dur=Zieltonart), wie würde die einzelnen Funktionen lauten? Tonika, Dominantparalele, Mediante?
4.Was ist der Unterschied zwischen einer Ausweichung und einer Modulation?
5.Was ist eine Scheinmodulation oder Modulationskette?
6.Wieso gibt es keinen offizielen deutschen Begriff für "modale Austauschakkorde"? Bezeichnet man das auch im deutschen offiziel als "modal interchange"?

cheers
 
Eigenschaft
 
2.Geht ein Trugschluss immer in die Tonikaparalele? Wäre sowas hier kein Trugschluss? "Cmaj,Abmaj7,Cmaj"
Ich fange mal mit dem Trugschluss an und würde ihn so definieren:

Der Trugschluss ist eine Akkordverbindung, die eine Erwartungshaltung auf die Tonika aufbaut, aber nicht einlöst.

Der klassische Trugschluss geht in die Tonikaparallele, doch auch anderer Verbindungen die o.g. Kriterium erfüllen, werden als Trugschlüsse bezeichnet.

Über den Trugschluss wurde früher schon ausführlich diskutiert und fugato fasste das Ergebnis hier zusammen.

Dein Beispiel wäre kein Trugschluss, weil hier eine Erwartungshaltung auf eine Tonika noch nicht aufgebaut wurde.

Grüße
Klaus
 
1.Wird der Sixt ajoute Akkord immer auf der Subdominante gebildet? (ähnlich Neapolitaner?)
Wie es in der klassischen Betrachtung/Harmonielehre ist, kann ich nicht eindeutig sagen, daher lasse ich das auch.

Im Jazz ist es imho so, dass die sexte die septe ersetzt und nicht nur auf der subdominante beschränkt ist. Es geht da eher um den Sound, als das man es über die Stimmführung rechtfertigen würde, ähnlich wie sus-voincings die ja im Jazz auch nicht als auflösungsbedürftig betrachtet werden sondern als eigenständiger Sound, und daher nicht nur auf die dominante beschränkt sind.

4.Was ist der Unterschied zwischen einer Ausweichung und einer Modulation?
Eine Modulation ist das verlassen der alten und betreten der neuen Tonart für einen längeren Zeitraum, realisierbar z.B. über Drechpunktakkorde (pivot chords). Eine Rückung wäre ein abrupter Wechsel des tonalen Zentrums, der unvorbereitet und eigentlich ohne Strigenz geschieht.

Eine Ausweichung geschieht kurzfristig und wird eher als eine Erweiterung des momentan herrschenden tonalen Zentrums wahrgenommen. Harmonik und Skalen werden dabei nicht im Kontext eines neuen sondern des momentanen Zentrums - oder vielleicht doch eher ambivalent - wahrgenommen.

5.Was ist eine Scheinmodulation oder Modulationskette?
Scheinmodulation ist imho folgendes. Es findet im Bogen etwas satt was man irgendwie als "verlassen" des Zentrums beobeachten kann - was aber so gleich wieder zurückkehrt. Allerdings ist es nicht so stark in seiner Wirkung und wird daher als Erweiterung des Zentrums wahrgenommen, was auch die Skalenwahl widerspiegelt. Für mich ein anderes Wort für Ausweichung.

Eine Modulationskette ist eine reihe von hintereinander folgenden Modulationen. Dabei wird mit der ersten Modulation ein neues Zentrum angesteuert und von da aus gleich weiter zum nächsten Moduliert usw. Persönliche Anm.: Die Verweildauer der neuen Zentren ist dabei aber imho eher kurz. Auch geht es imho oft um einen "Seuquenzgedanken" der über mehrere Zentren Wiederholt wird.

6.Wieso gibt es keinen offizielen deutschen Begriff für "modale Austauschakkorde"? Bezeichnet man das auch im deutschen offiziel als "modal interchange"?
Modaler Austauschakkord wäre der deutsche Begriff. MI ist ein Konzept aus der USA (Berklee) und es greift ja allerdings in jeden Bereich der stetig wachsende Anglizismus und macht auch in der Harmonielehre des deutschsprachigen Raums kein halt. Von daher kein Wunder wenn man dann von MI spricht.

Noch was persönliches zu MI: Ist imho ein Konzept an Ermangelung der Fähigkeit etwas (besser) bezeichnen und anders erklären zu können. Daher bedient man sich anderer Modalitäten und schaut wo der modale Austauschakkord überall vorkommt und wählt dann DIE JENIGE Modalität, wo es am wenigsten Abweichungen gegenüber der Modalität des tonalen Zentrums gibt - wäre dann das Klischee. Je weiter es Abweichungen gibt in den Modalitäten um so mehr drückt es gegen das Zentrum - weiter weg vom Kilschee. Damit lässt sich eine bestimmte MI herleiten und auch die passenden Skalen. Für mich als Erklärungsmodell eher unbefriedigend und unzureichend.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich fange mal mit dem Trugschluss an und würde ihn so definieren:

Der Trugschluss ist eine Akkordverbindung, die eine Erwartungshaltung auf die Tonika aufbaut, aber nicht einlöst.

Der klassische Trugschluss geht in die Tonikaparallele, doch auch anderer Verbindungen die o.g. Kriterium erfüllen, werden als Trugschlüsse bezeichnet.

Über den Trugschluss wurde früher schon ausführlich diskutiert und fugato fasste das Ergebnis hier zusammen.

Dein Beispiel wäre kein Trugschluss, weil hier eine Erwartungshaltung auf eine Tonika noch nicht aufgebaut wurde.

Grüße
Klaus

Achso ist das.

Also kann alles was zurück in die Tonika geht unmöglich ein Trugschluss sein? Wohin kann bei einem richtigen Trugschluss denn noch moduliert werden außer in die Tonikaparalele?

cheers
 
Also kann alles was zurück in die Tonika geht unmöglich ein Trugschluss sein?
Ja. Aber wenn du modulierst und dann zur "Ursprungstonika" zurückkehrst ohne eine Modulation ist es auch ein Trugschluss - Nur mal erwähnt um Missverständnisse vorzubeugen.

Wohin kann bei einem richtigen Trugschluss denn noch moduliert werden außer in die Tonikaparalele?
Modulieren kann man überall hin. Aber, Richtig in Sinne von Was?! Selbst der Absprung von der Primärdominante in einer tonal fremden Harmonie wäre ein Trugschluss. Z.B. von V7 nach Vbmaj7. Wenn Vbmaj7 aber danach gefestigt würde, wäre V7 dann aber SubV7 von Vbmaj7.
 
3.Folgende Modulation:Gmaj(G-Dur=Ausgangstonart), Hmaj, Emaj (E-Dur=Zieltonart), wie würde die einzelnen Funktionen lauten? Tonika, Dominantparalele, Mediante?
In der Tonart G-Dur:
Gmaj = T
Hmaj = TG oder DP (Variante des Tonika-Gegenklangs oder der Dominant-Parallele)
Emaj = TP (Variante der Tonikaparallele)

In der Tonart E-Dur:
Gmaj = tP (Parallele der Tonikavariante)
Hmaj = D
Emaj = T
 
Danke für deine Antworten, offminor.

Die Ausweichungen sind mir noch nicht so klar, hast du dafür ein Beispiel? (ich verstehe auch den Unterschied zwischen modalem Austausch und Ausweichungen immer noch nicht so wirklich, ist es der das eine Ausweichung immer vorbereitet bzw eingeleitet wird? )

Hier mal ein Beispiel: im Lied ab 4:27 wird um 4:46 plötzlich von A-Dur zu Akkorden aus u.a. C und Fis Dur gewechselt, was ist das hier genau? Rückung und dann modaler Austausch?

http://www.youtube.com/watch?v=pkK42WEF6cE
 
Wohin kann bei einem richtigen Trugschluss denn noch moduliert werden außer in die Tonikaparallele?
Bei einer echtenModulation wird die erreichte Tonart gefestigt/bestätigt, z.B. durch eine Kadenz (Verwendung der neuen Dominate und neuen Subdominate). Du meinst aber sicher folgendes:

Wohin kann die Dominate geführt werden, wenn zwar die Tonika erwartet wird, aber durch etwas anderes ersetzt/vertreten wird?

Wikipedia führt einige Beispiel auf, die wohl aus der europäischen Komposititonsgeschichte stammen.
In dem oben zitierten Thread wurde allerdings das Beispiel C - G -Cis in Frage gestellt.

Grüße
Klaus
 
swordfish123, ich werde versuchen in den kommenden Tagen, wenn die Zeit mich lässt, jeweils ein Beispiel fertig machen. Das wird dann auch ausführlicher, hoffentlich richtig und hoffentlich leichter zu verstehen, als die knapp bemessenen Wort in den vorherigen zwei Beiträgen. Ich werde selbstverständlich die Dinge nur aus meiner Sicht schildern, da es mehrere unterschiedliche Meinungen zum Thema gibt.

Nur soviel vorweg, Modal Interchange und Ausweichungen sind zwei unterschiedliche Dinge, aber ich glaube zu verstehen was du meinst und bin selbst auch darauf am Anfang gestoßen und recht verwirrt gewesen. Dazu aber dann später mehr.
 
swordfish123, ich werde versuchen in den kommenden Tagen, wenn die Zeit mich lässt, jeweils ein Beispiel fertig machen. Das wird dann auch ausführlicher, hoffentlich richtig und hoffentlich leichter zu verstehen, als die knapp bemessenen Wort in den vorherigen zwei Beiträgen. Ich werde selbstverständlich die Dinge nur aus meiner Sicht schildern, da es mehrere unterschiedliche Meinungen zum Thema gibt.

Nur soviel vorweg, Modal Interchange und Ausweichungen sind zwei unterschiedliche Dinge, aber ich glaube zu verstehen was du meinst und bin selbst auch darauf am Anfang gestoßen und recht verwirrt gewesen. Dazu aber dann später mehr.

Super, ich bin gespannt!
 
JA, der "Sixte ajoutee" ist eine Subdominante.
Für ganz Spitzfindige könnte man den Klang aber auch als Vorhalt zur Dominante ansehen. Jedenfalls folgt er in der Stimmführung dieser Anschauung.
z.B. die Töne f g h d auch [G7] werden durch f a c d vorenthalten - la und c lösen sich nach g ung h auf...
Das gilt natürlich nicht mehr im Jazz. Ein Akkord mit hinzugefügter Sext hat da grundsätzlich gar keine Strebewirkung oder muss dringen aufgelöst werden. In der Barockmusik ist der "Sixte ajoutee" (ich finde den Begriff eigentlich irreführend) ein Vorhalt, der der Subdominantwirkung sehr nahe steht.
 

Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben