Für Akustik-Einsteiger: Der Cutaway

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John Ocean
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Moin! :)

Da ich momentan recht gerne forsche und schreibe, aber auch um nicht letztendlich meine Karmapunkte aufzubessern (die sind unter aller Würde), gibts hier wieder einen kleinen Text zum Thema Cutaway bei Akustikgitarren.

Natürlich ist es jedem freigestellt, und auch angeboten, hier seine eigene Meinung kund zu tun. Vieles ist natürlich rein subjektiv, aber dennoch ganz nett zum diskutieren.

Also fangen wir an!

Der Cutaway - Was ist das eigentlich ?
Der Cutaway bezeichnet nichts anderes, als dass beim Gitarrenkorpus ein gewisser Bereich des Holzes "weggeschnitten" wurde. Dieser hat einzig und allein den Nutzen, dass man auch in den höheren Bünden spielen kann. Da sich der Korpusübergang bei den meisten Modellen (Western) am 14. Bund befindet, hat man so, je nach Ausführung, die Möglichkeit bis zum letzten Bund zu kommen. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen 3 verschiedenen Cutaway-Typen:

-Den Venezianischen Cutaway, bei dem die Zargen abgerundet verlaufen
z5tw1k89p1q.jpg


-Den Florentinischen Cutaway, bei dem die Zargen spitz zusammenlaufen
uiytx13syf19.jpg


-Den Maccaferri-Cutaway, bei dem die Zargen gerade und im rechten Winkel zum Hals verlaufen, um sich erst dann in die Ursprungsform des Korpus einzugliedern
t3ajxum52mhh.jpg


-Alle anderen Cutaway-Formen werden als freie Cutaways bezeichnet.

Nachfolgend ein paar Beispiele von bekannten Modellen, mit unterschiedlichen Cutaways.

Cort MR 710 F
Deadnought
Korpusübergang am 14. Bund
20 Bünde insgesamt
Mensur: ca. 640mm
h9mdh1qnbasd.jpg

Bei diesem Modell kann man gut erkennen, dass der Cutaway nicht so stark ausgeprägt ist. Ein einfaches bespielen der höheren Bünde ist zwar gegeben, aber Akkorde (Barres) sind nicht ganz so leicht zu spielen.

Yamaha APX 700
Stage-Form
Korpusübergang am 14. Bund
22 Bünde insgesamt
Mensur: ca. 650mm
24jolwttdj6j.jpg

Hier kann man sehr schön sehen, dass der Cutaway insgesamt etwas grad winkliger ausgefallen ist.
Ein bespielen aller Bünde wird somit zu einem Kinderspiel.

Breedlove AC 25 SM
Concert-Form
Korpusübergang am 14. Bund
20 Bünde insgesamt
Mensur: ca. 648 mm
luuwleilziti.jpg

Der wohl am stärksten ausgeprägteste Cutaway.
Ein sehr großer Winkel, der das bespielen aller Bünde einfach macht.

LAG Winter 400 NCE
Concert-Form
Korpusübergang am 12. Bund
18 Bünde insgesamt
zy622ouetg1y.jpg

Ein Cutaway bei einer Konzertgitarre.
Relativ selten, aber erfüllt seinen Zweck Problemlos.

Cutaway Ja - Nein ?
Das ist die wohl größte Frage, mit der man sich beschäftigen muss, wenn man den Einstieg wagen will.
Und gleich am Anfang sei gesagt: Es gibt kein richtig oder falsch.

Was bringt mir der Cutaway ?
Der Cutaway hat den einfachen Effekt, dass man in den höheren Bünden leichter spielen kann.

Was bedeutet ein Cutaway für den Klang ?
Nichts. Zumindest nichts, was das menschliche Ohr wahrnehmen könnte.
Einige sind der Meinung, der Cutaway würde der Gitarre den Bass stehlen..
Rein objektiv betrachtet, ist das aber nicht so.

Was bedeutet ein Cutaway für den Preis der Gitarre ?
Der Preis der Gitarre wird in den meisten Fällen nach oben hin steigen.
Die Höhe des Betrages varriert je nach Hersteller und Modell.

Warum muss ich für einen Cutaway mehr bezahlen - ist doch weniger Holz ?
Ganz einfach: Gitarren mit Cutaway haben zumeist einen Tonabnehmer.
Und ein richtig guter Tonabnehmer kostet richtig Geld.
Es gibt Modelle mit Cutaway, und ohne Tonabnehmer.. die sind allerdings sehr selten.
Des Weiteren ist die Produktion der Gitarre durch einen Cutaway aufwendiger.

Weitere Faktoren ?
Ja, die Optik.
Hier ist ganz klar zu sagen, wer es mag, der kauft es, wer es nicht mag, lässt es.
Enige schwören drauf, andere eben nicht.
Wirklich wichtig ist es nicht.

Zusätzlich wäre noch zu erwähnen, dass ein Cutaway von Vorteil ist, wenn man mit einem Kapodaster spielt.
Wenn man z. B. einen Sänger begleitet, wird man hin und wieder einen Kapo einsetzen, um die Tonart der Stimm- und Gemütslage des Sängers anzupassen.
Der Kapo wird auch dann oft genutzt, wenn zwei Gitarren zusammen spielen. Dann spielt eine in den ersten Bünden, die zweite in den höheren lagen, so entsteht kein Soundmatsch.
Beispiel.
Sobald man aber einen Kapo einsetzt, "verliert" man die Bünde unterhalb des Kapos und ist dann möglicherweise froh, oben noch einige vorzufinden. Das spricht für den Cutaway.

Ab wann ist solch ein Cutaway überhaupt nützlich ?
Eine Frage, welche nahezu jeden Anfänger beschäftigt.
Ein Cutaway an sich ist immer nützlich. Er erfüllt seinen Zweck.
Aber: Je nach Preislage der Gitarre, ist diese in den höheren Bünden einfach nicht mehr gut klingend.
Oft stimmt die Intonation nicht, oft schnarren die Saiten, oft klingen sie nur sehr kurz.
Eine Faustregel gibt es nicht. Zumindest keine Niedergeschriebene.
Wie sollte es die auch geben, immerhin ist die Qualität jedes Hersteller und Modells unterschiedlich.
Die wohl "beliebteste" Einstiegsklasse (hier im Board) liegt bei etwa 300 €.
Generell wird immer gefragt, warum dieser User einen Cutaway haben möchte, und den (gewissermaßen erzwungenen) Tonabnehmer.
Wirklich spielbar werden die Gitarren ab ca. 500 oder 600 €.
Natürlich kann nun jemand kommen, und sagen er hat eine 300 oder 400 € Gitarre und kann diese sauber und gut klingend in den oberen Bünden spielen..
Lasst es bitte bleiben.
Es gibt keine Faustregel, aber bei einer Übersicht würde es wahrscheinlich in dem oben genannten Preisbreich fallen.

Vor allem: Gut klingend ist subjektiv.

Brauch ich denn einen Cutaway überhaupt ?
Gute Frage - schwierige Frage.
Wenn man über den Kauf einer Gitarre mit Cutaway nachdenkt, so sollte man sich fragen, ob man Songs spielt, welche die höheren Bünde erfordern.
Bitte fragt euch nicht, ob ihr eine Gitarre mit Cutaway kaufen müsst, um einen Tonabnehmer zu bekommen.
Denn dies ist ganz einfach falsch.
Tonabnehmer lassen sich wunderbar im Nachhinein einbauen, und Ihr habt die Wahl welcher es speziell sein soll.
Es gibt Songs, die benötigen einen Cutaway.
Es gibt aber auch meist die Möglchkeit, diese einfach so zu spielen, und etwas unpraktisch zu greifen.
Es ist nicht optimal, aber anders als bei der Konzertgitarre kommt man gut und gerne auch noch in den 15. oder 16. Bund einer Westerngitarre.
Mir fallen jetzt pi mal Daumen 4 Songs ein, bei denen man einen Cutaway braucht.
Wenig - richtig wenig.

Was bedeutet ein Cutaway für die Qualität der Gitarre ?
Eine einfach Rechnung.
Man nehme den Preis der Gitarre und zieht von dieser den Preis des Tonabnehmers ab.
Denn dieser ist der eigentliche Kostenpunkt.
Was übrig bleibt, stellt meist den Rest der Gitarre da.
Und dieser Rest ist oftmals erschreckend.
Beispiel:
Wir haben eine Gitarre der Marke x mit Cutaway, Tonabnehmer und einer massiven Decke.
Die Gitarre kostet insgesamt 300 €.
Der Zonabnehmer alleine kostet 130 €.
Wir rechnen also:
300,00 €
-130,00 €
Macht logischerweise 170 €.
Bei einer 170 € Gitarre ist es oft einfach nicht mehr "schön", diese zu bespielen.
Schlechte Saitenlage, blecherner Klang, miese Verarbeitung - das ist es nicht Wert.

Natürlich varriieren diese Wert sehr stark.
Es gibt No-Name Tonabnehmer für 10 € und es gibt Tonabnehmer für mehrere Hundert €.
Man rechnet genrell aber immer, den Gesamtpreis minus den Tonabnehmer.
Was übrig bleibt, ist das pure Holz. (+Produktionskosten)

Wer braucht ihn - warum haben ihn einige Gitarren und andere nicht ?
Ganz einfach: Cutaway = Tonabnehmer = Verstärker = Bühne.
Eine schön klingende Gitarre braucht man nicht verstärken.
Zumindest keine, welche fürs Lagerfeuer, für Zuhause, oder für Aufnahmen gedacht ist.
Richtige "Rampensäue" spielen dann auch gerne kleine Soli in ihre Nummer ein.

Viele scheinen dabei die Grundidee hinter der Akustikgitarre zu vergessen:
Akustik = natürlich schöner Klang.
Wenig Effekte, nahezu nie Verzerrung, viel Akkord Strumming und Fingerstyle.

Aber Ulli Bögershausen hat auch einen Cutaway! :mad:
Ja, hat er.
Auch aus einem ganz einfachen Grund:
Seine Gitarre kosten erhebliche Summen, sind Handgefertigt, und dieser Mann besitzt die Fähigkeiten um in diesen Bünden zu spielen.

Schlusswort:
Wenn du dir eine Gitarre kaufst, werde dir klar darüber, was du damit machen willst.
Begutachte deinen Leistungstand, deinen Musikstil und deine otpischen Vorlieben.
Werde ich bald auf der Bühne stehen?
Was für Songs will ich eigentlich spielen?
Ist so ein Cutaway wirklich schön?
Viele Musiker verzichten gänzlich darauf, oder nutzen einen Cutaway nur einmal alle paar Wochen/Monate.
Tonabnehmer lassen sich immer ganz einfach nachrüsten, und können nach persönlichen Empfinden gewählt werden.

Und wenn du Einsteiger bist: Was spricht dagegen sich eine wirklich wertige Gitarre zum Einstieg zu kaufen, welche zwar weder Tonabnehmer noch Cutaway hat, dafür aber mehr Qualität im Holz und der Verarbeitung steckt? Man kann sich hinterher immer noch eine mit einem schönen Cutaway und einem gut klingenden Tonabnehmer kaufen, welche dann auch wirklich diese beiden Komponenten wert ist, und auch benötigt.

So, und für alle die mich lynchen wollen:
Es ist subjektiv! Es gibt hier garantiert einige Leute, die Gitarren im unteren Preisbreich haben und diese auch in den höheren Bünden spielen können. Aber generell ist sowas halt leider einfach nur eine Seltenheit.

Und nun dürft ihr.
Oder auch einfach so stehen lassen. ;)

lg John Ocean
 
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Guter beitrag. :great:

Ich möchte noch einen punkt anfügen: Spiel mit kapodaster. Wenn man z. b. einen sänger begleitet, wird man hin und wieder einen kapo einsetzen, um die tonart der stimm- und gemütslage des sängers anzupassen.

Der kapo wird auch dann oft genutzt, wenn zwei gitarren zusammen spielen. Dann spielt eine in den ersten bünden, die zweite in den höheren lagen, so entsteht kein soundmatsch (Bespiel).

Sobald man aber einen kapo einsetzt, "verliert" man die bünde unterhalb des kapos und ist dann möglicherweise froh, oben noch einige vorzufinden. Das spricht für den cut.

Gruss, Ben
 
Ergänzend könnte de noch was über venezianischen bzw. florentinischen Cutaway stehen...
 
Ergänzend könnte de noch was über venezianischen bzw. florentinischen Cutaway stehen...

Das hätte ich auch erstmal erwartet, als ich den Thread gesehen habe.

Nur so am Rande werfe ich dazu einfach mal Links zur Google-Bildersuche in den Raum:
Florentinisch:
http://images.google.de/images?hl=d...=1&q=florentinischer+cutaway&aq=f&oq=&start=0
Venezianisch:
http://images.google.de/images?sour...ezianischer cutaway&um=1&ie=UTF-8&sa=N&tab=wi

Und ich muss sagen, dass ich rein optisch sehr auf den florentinischen stehe, jetzt nicht unbedingt bei Dreadnoughts, aber z.B. bei Archtops:
http://www.autschbach.de/news-pics/Striebel_L_R_600.jpg
 
J
  • Gelöscht von peter55
  • Grund: Ergänzung auf Userwunsch in den Startpost editiert, erledigt

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