Gitarre "richtig" stimmen - wissenschaftlich gesehen

H
Hans_3
High Competence Award
HCA
Zuletzt hier
31.03.24
Registriert
09.11.03
Beiträge
16.668
Kekse
61.000
Zufällig bin ich heute auf eine Magisterarbeit gestoßen, die sich entsprechend ausführlich (116 Seiten) dem Stimmen von Gitarren widmet:

Ziel dieser Arbeit ist es, die Fehlerquellen beim Stimmen der Gitarre aufzuzeigen und zu bewerten. Dazu wird der Einfluss
von Instrumentenbau (bzw. des Saitenmaterials) und Spieltechnik auf Intonation und Stimmung untersucht. Ein Vergleich der unterschiedlichen
Stimmungsmethoden zeigen ihre Stärken bzw. Schwächen auf. Grundlegende Fragen zur Genauigkeit des Messgeräts
„menschliches Ohr“ wird einerseits theoretisch erörtert (Lautstärke, Dauer, Klangfarbe und Hüllkurve als Einflussfaktoren für die Tonhöhen
wahrnehmung, günstiger Hörbereich), andererseits auch praktisch an Studenten der Gitarrenklassen an der KUG getestet:
Die Frequenzunterscheidungsschwelle wird mit den für die Stimmung relevanten Flageolett-Tönen ermittelt werden. Abschließend wird versucht,
eine Anweisung zum Stimmen der Gitarre unter Berücksichtigung aller Fehlerfaktoren zu geben.


http://iem.kug.ac.at/fileadmin/media/iem/altdaten/projekte/acoustics/musik/fehler/winkler.pdf
 
Eigenschaft
 
Ohne jetzt die Magisterarbeit vollständig lesen zu wollen meine Frage:
Besonders die tiefe E-Saite neigt ja dazu, stimmtechnisch zuerst zu hoch auszuschlagen und sich dann nach und nach ein paar Cent tiefer einzuschwingen.

Stimme ich die E-Saite nun auf den "Erstausschlag" oder das "Ausschwingen"?
Der erste hörbare Ton wird ja durch den "Erstausschlag" geliefert. Ausklingende Töne dagegen sind dagegen prozentual eher die Ausnahme.
Aber auch ein ausklingender Ton kann natürlich unangenehm werden, wenn er dies hörbar unstimmig tut.

Momentan suche ich meist die Zwischenlösung, also ein nur etwas zu hoher "Erstausschlag" und ein etwas zu tiefes Ausschwingen.
 
Wie so oft bei der Gitarre ein Kompromiss den jeder für sich suchen muss. Die Lage des Problemschwerpunkts ist ja stark von individuellen Parametern wie Anschlagstärke und Musikstil. Wie auch Du suche ich den Mittelweg, aber mit Tendenz zum Erstauschlag. Ganz einfach, weil der Erstausschlag bei jeder gespielten Note dabei ist, das Ausklingen dagegen nicht.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Noch viel mehr als über die Saiten Schwingung selbst, müsste man IMO sich Gedanken machen ob man Leersaiten oder gegriffen stimmt.
Aber tröstlich ist ja, dass ein perfekt gestimmtes Instrument keine Schwebungen erzeugen und daher so tot wie ein Sinuswellengenerator klingen würde.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
keine Schwebungen erzeugen und daher so tot wie ein Sinuswellengenerator

Aber die natürlichen Obertöne bilden sich ja trotzdem, das hat ja mit Schwebungen nichts zu tun. Von daher würde sie nicht ganz so tot klingen :D
 
Noch viel mehr als über die Saiten Schwingung selbst, müsste man IMO sich Gedanken machen ob man Leersaiten oder gegriffen stimmt.
Aber tröstlich ist ja, dass ein perfekt gestimmtes Instrument keine Schwebungen erzeugen und daher so tot wie ein Sinuswellengenerator klingen würde.
Richtig. Ich beobachte z. B. regelmässig die Oktavreinheit meiner Gitarren und stelle fest, dass diese im 12. Bund tendenziell meist zu hoch schwingen (Anpassungen diesbezüglich an der Brücke halten seltsamerweise bei mir nicht sehr lang). Man müsste dies dann auch noch mit in den Stimmungungs-Kompromiss einbeziehen und wäre daraus resultierend geneigt, wieder eher etwas in Richtung der Stabilität des ausklingenden Tones zu Stimmen.
Lernwillig wie ich bin, bin ich also weiterhin interessiert an Euren Präferenzen beim Stimmen :whistle:
 
Wenn die Einstellungen bezüglich Oktavreinheit nicht nachhaltig sind, würde ich mal die Wahl meiner Saiten bzw. den Intervall der Saitenwechsel hinterfragen. Irgendwann kommt immer der Punkt, wo eine Saite nachlässt und die Einstellung der Oktavreinheit wird zum Glücksspiel.
Es sei denn die Raiter der Brücke verstellen sich von selbst. Was ich bisher noch nicht erlebt habe. Oder die Brücke wandert, was höchstens passiert, wenn die Verschraubung aus billigstem Material ist und sich verbiegt.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Selbst bei 6 individuellen Stegreitern ist die Octav-Reinheit (bzw. genauer die Bundreinheit) eh schon mal systembedingt Kompromiss behaftet. Der springende Punkt ist hier aber IMO die Alterung/Veränderung der Saiten im Laufe der Zeit.
Aber auch hier... selbst mit einer Tele mit drei Doppelreitern oder unkompensierten Einteiler Brücken kann man vernünftig Musik machen...
 
Es geht ja in dieser Arbeit auch viel um die Art zu stimmen. 5. Bund oder Obertöne...
Das erübrigt sich, wenn man ein Stimmgerät benutzt :D.
Wenn man dann noch bissel (unbeabsichtigt) bendet oder ungleichmäßig fest drückt ist es eh schon Wurscht.
 
Ich hab die Arbeit überflogen, finde sie nicht uninteressant. Ein wichtiges Fazit für mich ist daraus: die perfekt gestimmte Gitarre gibt es nicht, weil es ja immer ein Kompromiss ist.
Was die Stimmtechnik betrifft: da bin ich flexibel, mal nehm ich mein Stimmgerät, mal hol ich mir einen Referenzton von einem anderen Instrument, ganz gern verwend ich auch die Stimmgabel. Und ob Flageolett oder 5.Bund - auch das mach ich, wie es mir gerade gefällt (oder wie es akustisch passt).
Was aber für mich eine wichtige Aussage ist: die Gitarre ist an sich kein Instrument mit langem Sustain (ok, es gibt auch Santana), daher ist beim Stimmen wohl der Wert beim Anschlagen der Saite eher wichtig. Wobei ich auch die Saiten klingen lasse, während ich herumkurbel. Aber von dem her ist es, gerade bei einer verzerrten E-Gitarre fast belanglos, ob eine Saite bzw. die Oktavreinheit ein oder 2 cent abweichen, da oft die Töne nur kurz erklingen - und da soll es harmonisch klingen.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
daher ist beim Stimmen wohl der Wert beim Anschlagen der Saite eher wichtig.

Das ist nicht nur "eher", sondern ganz entscheiden. Was nützt dir ein stimmiger Ton nach 2 Sekunden, wenn du vor allem schnelle 8tel oder 16tel spielst und auf die Saite prügelst, weil du möglichst knackigen Attack brauchst? Dann hast du zwar Attack, aber im Gesamtkontext des Liedes klingst du immer schief.
 
Gibt es eigentlich Saiten, die im Bezug auf Okatav-Reinheit per se bereits negativ auffallen?
Ich spiele z. B. wegen meiner Schweißhände Elixir-Saiten die nicht jeder mag und bei denen man die seltsamsten Erfahrungen, sowohl positiv als auch negativ hört.

Aber es wäre schön, wenn sich valide Erfahrungswerte zu bestimmten Saitenmarken, Saitentypen oder Materialien finden lassen könnten.
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben