Gojira / The Way of All Flesh / 2008/ CD

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BASSisT86
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Gojira - das japanische Wort für Godzilla. Dass es auch eine französische Metalband gibt, die diesen Namen trägt, wissen recht wenige. Das mag vor allem daran liegen, dass die Band alles Andere als eingängig ist. Sie ist beim ersten Hören extremst brachial, brutal und kompromisslos, selbst für Metal. Aber Gojira ist einer der wenigen Bands, (neben Mastodon, Disillusion, Between the buried and me, Opeth und Meshuggah,) die den Metal mit ihrer Musik transzendieren und denen man dankbar dafür sein kann. Ihr neuestes Album "The Way of all Flesh" beweist genau das.

The Way of All Flesh



Tracklist:
1.Oroborus
2.Toxic Garbage Island
3.A Sight to Behold
4.Yama's Messengers
5.The Silver Chord
6.Adoration for None
7.All the Tears
8.The Art of Dying
9.Esoteric Surgery
10.Vacuity
11.Wolf Down the Earth
12.The Way of All Flesh

Spielzeit: 75:17



Gojira sind seit dem letzten Album eine Herzensangelegenheit für mich. Deswegen war klar, dass ich mir ihr neuestes Werk gleich bei Erscheinen kaufen würde. Und es hat sich, nach anfänglich leichter Skepsis wegen des unglaublichen Vorgängers, doch gelohnt.

Mit dem dritten Studioalbum wirken Gojira reifer und zielstrebiger als auf den bereits genialen Vorgängern. Und auch hier zeigt sich vor allem textlich die übliche aber löbliche Orientierung: Spiritualität, Umweltbewusstsein und Nachdenklichkeit spielen bei Gojira eine große Rolle. Ob Indianerkultur, sterbende Wale oder, wie auf diesem Album, die Auseinandersetzung mit der eigenen Endlichkeit. Genau das erwartet man nicht unbedingt von einer Metalband, wird in der Subkultur doch nicht selten eine hedonistische, exzessive, materialistisch-körperbetonte Lebensweise hervorgehoben. Man merkt die Andersartigkeit Gojiras in jedem einzelnen Song dieser Platte. Es wird eine Vielfalt geboten, von verzerrten industrial-beinflussten Basseffekten, zu Blackmetal-Blastbeats und Death-, Doom- ,Postmetal-Riffs. Joe Duplantier, Sänger und Leadgitarrist (und nebenbei Bassist bei "Cavalera Conspiracy"), wechselt zwischen rauhem Thrashgegröhl, Blackmetal-"Screams" und Sprechgesang. Und diese Vielfalt bringt genau das, was sie soll: so viele Facetten, dass es nie langweilig wird. Auffallend ist vor allem die technische Versiertheit der Musiker, die alle dazu fähig sind, Menschen mit ihrem Können zu beeindrucken und genau dies auch effektiv und wohldosiert einzusetzen wissen.

Ich möchte an dieser Stelle nicht auf jeden einzelnen Song eingehen, weil sich Song-für-Song Beschreibungen recht schnell eintönig lesen und einen unwissenden Leser/Hörer überfordern, weil er die Songs nicht vorliegen hat. Aber stellvertretend möchte ich den für das Album representativsten und für mich genialsten Song hervorheben:

"The Art of Dying" (9:53)
Didgeridoo und afrikanische Rhythmen leiten den Song ein. Es ist das Intro für eine übles Killer-Riffgewitter, dass einen in Ehrfurcht zergehen lässt: die Inkarnation des Metals und doch so erfrischend. Mein Kumpel, ein Jazzstudent flippte fast aus, als er diese abgedrehten Takte und Rythmen wahrnahm, sein "Analystengehirn" schien zu kochen, nicht hinterherzukommen. Auch als Normalsterblicher wird man gefangen von dieser bedrohlichen, alles mitreißenden Lawine. Dann, plötzlich, lichtet sich der Schatten, und auf der gnadenlosen Double-Base-Untermalung erscheint eine Melodie, die erstaunlich zart, schön und eingängig ist und trotzdem mit jedem Mal genialer und tiefer schwingt, als würde sie direkt ins Unterbewusstsein einbrechen. Duplantier gröhlt: "I won't bring no material in the after life. Take no possessions, I would rather travel light." Die Stimmung ändert sich. Das Schlagzeug schnappt sich den Blackmetal und Duplantier wechselt in grauenhafte, brutale "Screams": "I'm of this kind that kills all day. But I don't know yet how to die." An dieser Stelle zeigt sich die intellektuelle Stärke von Gojira. Nachdenklichkeit, Texte die auf den zweiten Blick mehr sind, als sie auf den Ersten erscheinen. Nicht platt, sondern tief. Dann diese Düsternis. Es geht darum, die Gnadenlosigkeit des Lebens zu akzeptieren, über sie zu reflektieren, sie zu sehen und mit ihr zu arbeiten. Ein Motiv, so typisch für Gojira, wie ihre gnadenlosen Riffs.
Zum Schluss fließt die Musik dahin, wird leiser, als würde sie weiterziehen an ferne, vergessene Orte. Dann, als Ruhepause vor dem nächsten Song, erklingt ein Interlude, welches von Fates Warning hätte sein könnten. Verträumt, traurig, melancholisch.
Dieses Stück enthält die gesamte Bandbreite von Gojira. Ein Meisterwerk, das einen nie sättigt, weil es so befriedigend ist.

Das Album "The Way of all Flesh" ist ein klangliches Erlebnis, das bei mehrmaligem Hören immer besser wird, durch seine Facetten, durch seine Durchdachtheit und durch, hinter brutalen Riffs versteckten, zarten Melodien. Auch wenn sich die Schönheit dieser Platte nicht sofort beim ersten Mal zeigt, so wird das Warten doch belohnt. Denn es ist geradezu erstaunlich, wie aus dem düsteren unzugänglichen Kokon durch Geduld ein wunderschön, melancholischer Schmetterling schlüpft, der jedes aufgeschlossene Metal(l)herz mitreißen wird.

Subjektive Bewertung: 10/10


Anmerkung: Ich weiß, dass ich hier mit Superlativen um mich werfe: die Bewertung ist subjektiv, das sollte klar sein. Dennoch würde ich jedem aufgeschlossenen Hörer empfehlen, wenigstens mal reinzuhören. Und noch viel mehr würde ich empfehlen sich intensiv mit dieser Platte auseinanderzusetzen. Sie hat es verdient.

Wer einmal reinhören möchte, kann sich in folgendem Link die offizielle Single durchhören und vor allem das gelungene, für Metal untypische Video anschauen. Viel Spaß!

Video zu "Vacuity":
http://www.youtube.com/watch?v=_Gv7fo6mefo

Myspace:
http://www.myspace.com/gojira
 
Eigenschaft
 
Interessante Band wollt mich da auf jeden Fall reinhören finds aber bisher noch recht extrem.

Mal schauen :)
 
Jau, habe ich auch schon länger auf meiner "Muss ich unbedingt mal anchecken"-Liste, aber bisher kams nie dazu. Das Review hilft allerdings ;)
 
Hab die "From Mars to Sirius", und warte seit Monaten gespannt auf die neue...
muss sie mir so bald wie möglich holen!
Gutes Review!

Gojira sind genial! Und man merkt dass du Fan bist *g*
 
Gutes Review und auch tolle Scheibe!
 
Das Review ist diesem wirklich großartigem Album gerecht geworden, gut gemacht !
 
hab grad gänsehaut beim zitierten Text bekommen, finde den song "love" schon so extrem geil & werd mir das neue album ma anhören/kaufen.
 
Ja Gojira is echt extrem, aber ich muss zugeben es hat was. Ich weiß nicht warum aber gerade der Song "A sight to behold" hats mir angetan, obwohl er eigentlich total krank is, auch die inhaltlich find ich die scheibe sehr gelungen. Man muss sich auf jedenfall mal eine Weile mit der Scheibe beschäftigen bevor man sein Urteil fällt.
 

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