Und deshalb ist Analyse bei mir eben auch reine Kopfsache, in klassischer Musik gibt es so eine Doppeldeutigkeit, wo man nach Gehör entscheiden kann/sollte, eigentlich nie.
Dann ist das doch für dich nur
trockene Theorie..
Die Mehrdeutigkeiten entstehen dadurch, daß du nicht diatonisch bleibst und auch keine neue Tonart etablierst. Vielleicht würde ich anders hören, wenn die Akkordfolge hier nicht aufhören würde.
Ausschaggebend für
mich war letztendlich dein Schlußakkord. Auf mich wirkt er wie eine Rückführung nach Gm. (Dominante von Gm)
Meine Schritt-für-Schritt Analyse lief so ungefähr ab:
1. Durchgang: Der Wechsel zwischen Bb und Ab legt erst einmal Eb-Dur nahe. Das erwartete Eb kommt aber nicht. Dadurch ist Eb-Dur quasi noch mit einem Fragezeichen behaftet.
Stattdessen kommt jetzt Gm, Gegenklang von Eb. Bis hier spricht noch nichts gegen Eb-Dur, außer eben daß Eb noch nicht vorkam.
C ist nichtdiatonisch - eine Zwischendominante, die eine Erwartungshaltung nach Fm aufbaut. Auch bis hier spricht noch nichts gegen Eb-Dur als Grundtonart.
Statt der erwarteten Auflösung kommt D. Dieser Akkord ist die Dominante von Gm, den wir vor kurzem gehört hatten. Er könnte zwar auch eine Zwischendominante sein, als Schlußakkord ist das aber eher unwahrscheinlich. Das D gibt aber dem Gm mehr Gewicht und läßt Gm als zentralen Klang vermuten.
2. Durchgang: Spiele ich die Akkordfolge jetzt noch einmal, höre ich Bb als Parallelklang zu Gm. Vielleicht ist ja Bb die Tonika. Und schon steht die ganze Akkordfolge in einem anderen Licht:
Wenn Bb die Tonika ist, könnte man Ab als MI-Funktion sehen. In der Klassik ist wohl eher die Bezeichnung SS (Doppelsubdominante) geläufiger. Bezogen auf die nachfolgende Auflösung nach Gm könnte man ihn auch als Neapolitaner betrachten.
Jetzt kommt das C. Je nachdem, ob man eher Bb-Dur oder G-moll als tonales Zentrum empfindet, kann man das C als Doppeldominante oder als Dursubdominante hören. Für mich ist es ersteres.
So fügen sich die Akkorde für
mich stimmig zusammen. Wenn
ich weitere Stimmen hinzufügen würde, gänge das in Richtung erstes MP3.
EDIT:
Edit: Noch eine Frage:
Weshalb hat Ab als modaler Austauschakkord SDM-Funktion? Ab ist doch in Bb-Moll Dominantparallele.
Ich habe mich schon korrigiert. Ab ist in Bb-Dur
nicht eindeutig als SDM-Funktion zuzuordnen. Nur wenn hier noch die kleine Septime hinzugefügt wird, ist es eine SDM-Funktion. Ab7 vertritt dann Ebm6:

Diese beiden Akkorde unterscheiden sich nur im Grundton. Terz und Sexte vom Ebm6 sind Septime und Terz vom Ab7.
Markant für die SDM-Funktionen ist das Intervall b6. Jeder Akkord der Moll-Tonart, der dieses Intervall enthält, hat SDM-Funktion, er kann die Mollsubdominante vertreten.
In Bb-Dur haben demzufolge Cm7b5, Ebm6 / Ebm7, Gbmaj7, Ab7 SDM-Funktion. Sie alle enthalten den Ton
gb (= b6).
Gruß