Ibanez AF85 - Umbau von ACH- auf Gibson 57 Classic-Pickups

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Ich möchte nun an dieser Stelle mit meiner Ibanez AF85 zum Schluss kommen, indem ich über den Tausch der Stock-Pickups gegen Gibson 57 Classic berichte. Eigentlich gehört das in den Schluß meines Reviews, aber hier in "Pickups & Wiring" ist das nun mal der richtige Ort.

Zusammengefasste Vorgeschichte

Rückwirkend betrachtet, habe ich das Musiker-Board mit dieser AF85 regelrecht geflutet mit meinen Einträgen. Mehr als mit einer Strat. Eine kurze Zusammenfassung aller Beiträge sei hier noch einmal gestattet, bevor ich mich dem Umbau-Thema und dessen Ergebnis widme.

Es begann in "Reviews":

• (02/22) Review zur Gitarre.
• (07/22) Einbau neuer Tone-Potis - Beitrag #12 im Review.

Weiter in "Zubehör und Pflege":

• (09/23) Ich suchte nach einen Koffer.

Nun folgten Artikel in "Modifikation, Technik, Gitarrenbau":

• (12/23) Bundierer gesucht - Die Ibanez brauchte neue Bünde.
• (12/23) Poliersystem gesucht - Das Bundieren hatte der Gitarre diverse Kratzer verpasst, die ich zusammen mit noch bestehenden generell wegarbeiten wollte.
• (02/24) Reparatur Teil I - Peinlicherweise entdeckte ich erst jetzt, dass der Ibanez ganz grundsätzlich was fehlt (Herstellung und Einbau des fehlenden Balkens nebst Neuverleimen des verbauten Balkens)
• (03/24) Reparatur Teil II - Weitere Arbeiten, d.h. Maschinenpolieren, Nacharbeiten an Bund und Bridge, Oktavjustieren, Einstellen der Saitenhöhe und Wiederinbetriebnahme.

Im Teil II notierte ich den zu dieser Zeit bestehenden Stand und Status meiner AF85. Der Schlusssatz lautete: "Ich denke, ich habe jetzt eine Gitarre, die besser ist, als vorher." Das stimmt. Die Gitarre ist mir sozusagen ans Herz gewachsen und es vergeht selten ein Tag, wo ich sie nicht spiele.

Im Review war kürzlich einer meiner Schlussätze, dass mir nicht nur aufgrund all der vielen Arbeiten, sondern auch wegen der zwischenzeitlich zugelegten AF71F die AF85 immer wertvoller, "klangbewusster" wurde und wird. Folgerichtig war für mich somit der Entschluss da, der Gitarre konsequent zwei Gibson 57 Classic - Pickups zu verpassen.

Und hier setze ich nun mit dem folgenden Beitrag an.

Schnell noch ein Foto gemacht, um als Merkhilfe zu sehen, wie Bridge und Rahmen montiert sind, bevor alles rausflog.

Pic_#1.jpg



Elektrik alt

Baut man alles aus, so schaut's wohlsortiert, d.h. entsprechend der Lage im Korpus der Gitarre so aus:

Pic_#2.jpg


Rechts liegt der Neck-Pickup, links liegt der Bridge-Pickup. Das sieht im Prinzip nicht anders aus, als auf diesem Bild hier zu sehen ist, welches ich aus dem www gemopst und inhaltlich etwas an die AF85 angepasst habe:

Ibanez_AF85_Wiring.jpg

(Quelle: www)

Woraus sich dieser Schematic ableitet:

Ibanez_AF85_Schematic.jpg


Der Anschluß zum Trapez und somit zur Saitenmasse liegt am Gehäuse des Tone-Potis für den Neck-Pickup. Im Schaltbild habe ich diesen Draht und auch die Abschirmungen nicht gezeichnet.

Interessant sind die beiden Pickups, die in der Gitarre verbaut sind. Sie sind nicht belabelt und rückseitig ist lediglich ein F für Front und ein R für Rear eingestanzt:

Pic_#3.jpg


Schaut man ins Ibanez-Fandom, so findet man bei der AF85 VLS, dass deren Pickup für den Neck ein ACH1 sein soll und der für die Bridge soll ein ACH2 sein. Das Fandom gibt ansonsten dazu nicht viel mehr her. Im Web findet man speziell zu den Pickups wahrscheinlich auch nicht soviel darüber, allerdings habe ich jetzt dazu nicht groß weiter geforscht. Ich gehe einfach mal davon aus, dass die mir vorliegenden Pickups tatsächlich ACH-Pickups sind und niemand vor mir in der Gitarre mit den Pickups herumgebastelt hat.

Interessant sind die gemessenen Gleichstromwiderstände:

Neck-Pickup: 8,46 KOhm
Bridge-Pickup: 16,37 KOhm.

Huch, der Widerstand des Bridge-Pickups erscheint recht hoch. Ich habe mehrfach gemessen, er bleibt so. Und im Web gibt es irgendwo ein Forum, wo ein User ebenfalls einen so hohen Wert mißt. Und dann eine so geringe Ausgangsspannung des Pickups? Aber ja, Trugschluß: Die Spule kann noch so hochohmig gewickelt sein: Wenn kein kräftiges Magnetfeld da ist, in dem sich schwingende Saiten und Spule(n) befinden, dann wird auch keine hohe Spannung induziert. Der DC-Widerstand allein sagt nichts aus über die Höhe der erzeugten Wechselspannung.

(Wird fortgesetzt)
 
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Der DC-Widerstand allein sagt nichts aus über die Höhe der erzeugten Wechselspannung.

Was wiederum zu unserem Bridge-Pickup von Gibson passt (siehe unten). Hier sind die beiden Gibson 57 Classics:

Pic_#4.jpg


Das N für Neck und B für Bridge habe ich mit Bleistift draufgemalt, um die beiden Pickups für den Einbau voneinander unterscheiden zu können. Die nach Aussage des Verkäufers und augenscheinlich 2012 gefertigten Pickups haben folgende Gleichstromwiderstände:

Neck-Pickup: 8,00 KOhm
Bridge-Pickup: 8,28 KOhm.

Ich greife vor: Er erzeugt zumindest nach Gehör (!) trotz seines geringeren DC-Widerstandes keine geringere Ausgangsspannung als der ACH2. Offenbar liegt hier ein stärkeres Magnetfeld vor.


Elektrik neu

Die Anschlußkabel der beiden Gibsons habe ich entsprechend gekürzt und anschließend ist alles genau so durch die Schläuche gefummelt, wie es vorher war: Das geschirmte Anschlußkabel des Neck-Pickups läuft durch das obere Stück Schlauch zum oberen Volume-Poti, während das des Bridge-Pickups drei Schlauchstücke durchlaufen muss, bis es unten rechts am Volume-Poti landet. Ist alles wieder schön mit den Volume-Potis verlötet, sieht's so aus...

Pic_#5.jpg


...so dass das ganze Gedöns wieder wohlsortiert z.T. mittels Zugfäden in den Korpus reingefummelt werden kann.

Wo und wie welcher Zugfaden benötigt wird, erspare ich mir hier an dieser Stelle und verweise auf den Hinweis mit den neuen Tone-Potis im Review und auf den Reparaturthread Teil II, wo ich das alles ausführlich beschrieben habe. Hier nur nochmal soviel: Die Klinkenbuchse und die beiden Tone-Potis brauchen ihren Zugfaden. Die Volumepotis und der Toggle Switch brauchen keinen Zugfaden. Der Korpus ist schön dick, da komme selbst ich mit meinen relativ großen Händen gut damit klar. Raus- und wieder reingefummelt habe ich alles durch das Korpusloch des Bridge-Pickups. Wieder im Korpus sollte man alles ein wenig vorsortieren, so dass die Zugfäden dann leichtes Spiel haben.

Man muss darauf achten, dass die drei Zugfäden sich nicht verheddern, d.h. sie müssen in der richtigen Reihenfolge liegen: Der Zugfaden für die Klinkenbuchse muss zuunterst über den Zugfäden der beiden Tonepotis liegen. Und die beiden Zugfäden der Tonepotis dürfen nicht miteinander verdrillt sein. Eigentlich ist das alles ganz einfach.

Ist alles wieder provisorisch an seinem Platz, dann wird am Kontrollverstärker getestet, ob alles so regelt und tut, wie es soll (Klopfen mit einem Schraubenzieher auf die Pickups, Betätigen des Toggles und der Regler, mein kleines "Ritual"):

Pic_#6.jpg


Sind keine Korrekturen mehr nötig, dann wird die Verkabelung unter der Korpusdecke mittels der Lasche, die dicht am Toggle Switch sitzt, wieder fixiert...

Pic_#7.jpg


...alles wird fest verschraubt und das Trapez wird wieder unter Beachtung der Masseverbindung montiert. Bridge und Saiten dürfen wieder rauf.

Stimmts?

Pic_#8.jpg


Stümmt! :)

Man erkennt es auf dem Foto: Noch sind die Pickups nicht justiert. Der Neck-Pickup steht noch ganz schön schief zu den Saiten.

Ist das alles nach Gehör justiert (was eine ganz schöne Weile dauert), dann geht es an die Beurteilung des Klanges.


Kling & Klang

Kurz und schmerzlos: sooo dolle anders klingt das gar nicht. :D

Janee, doch. Etwas genauer möchte ich das schon formulieren. In der Tat: Ich spiele die AF85 gerne an meinem Excelsior mit seinen beiden 6V6 und hier genügt es tatsächlich, die Höhen ein gutes Stück zurück zu drehen und schon klingt die Gitarre, als hätte sie noch ihre alten Pickups drin. Ja, insgesamt kommt alles einen Ticken brillanter, "feingeistiger" und nicht mehr ganz so "schwer und träge". Das klingt insgesamt in die Richtung der Super-58 meiner AS93 gehend. Nur die Drehung am Toneregler des Excelsiors macht viel aus, den Klang hier wieder so anzugleichen, wie er vorher mit den ACH-Pickups war?

Da muss mein Bassman '59 LTD ran und auch hier gilt es zu beachten, dass ich mit dem Pickup-Tausch frische Saiten des gleichen Typs aufgezogen habe!

Jetzt ist das "Feingeistige" im Ton, die artikuliertere Wiedergabe deutlich zu hören, die Nuancen beim Ändern der Anschlagstärke oder der Plektrumhaltung oder des Spielens mit der runden oder spitzen Plektrumkante. Auch dieses "Nöck" beim Betrieb beider Pickups ist schön ausgeprägt. Das ist jetzt in der Wiedergabe ein anderes Kaliber! Bestätigung: Das geht in die Richtung der Super-58 meiner AS93. Vorher war der Ton voller, runder, "schwerer", jetzt ist er klarer und feiner, nicht mehr so voll.

Warum?

Das alles ist wirklich schnell relativiert mit der Höheneinstellung am Amp und vor allem mit der Pickup-Justage. Die Gibson-Pickups, bei gleicher Höhe wie die ACH-Pickups vorher justiert, klingen jetzt insbesondere im Baßbereich auf den tiefen Saiten dünner. Will man das ändern, so muss man sie eben einfach weiter rausdrehen und schon meine ich keinen Unterschied mehr zu hören im Vergleich zu den ACH-Pickups. Und der Output des Bridge-Pickups ist nach Gehör nicht geringer oder stärker als vorher - je nach Justage.

Von der Warte aus: Angesichts dessen, dass ich mit der Gitarre einen cleanen, schönen Tone haben möchte, sind die ACH-Pickups, die vorher in der AF85 drin waren, gar nicht mal so schlecht! Jetzt habe ich Gibsons verbaut. Das ist hier zum einen in die Richtung Psychoakustik gehend: "Boa ey, jetzt sind Gibsons drin". Andererseits: Ja, man hat jetzt deutlich mehr Höhenreserven und Klangmöglichkeiten. Und man kann nun hörbar nuancierter, z.B. mit der Variation des Anschlages, musizieren. Die 57 Classics reagieren da feinfühliger drauf als die ACHs, das ist richtig (inbegriffen der Möglichkeit, durch Anpassen der Pickup-Höhe den Ton wieder in Richtung der ACH-Pickups "anzufetten").


Rückblende

2017 verbaute ich Gibson 57 Classic in meiner indonesischen Epiphone, die ich seinerzeit noch hatte.

Da war ich hin und weg angesichts des Klangergebnisses. OK, die damaligen Epiphone-Pickups waren mir immer zu dumpf und zu leblos und sicherlich hat der Gesamtkontext der Epiphone dazu beigetragen, dass der Umbau auf die Gibson-Pickups zwangsläufig bessere Ergebnisse brachte.

Zum jetzigen Zeitpunkt zusammengefasst, schrieb ich 2017 auf eine Anfrage:

"Man muss sich im Klaren sein, was eine Gitarre klanglich bringt bezüglich ihres Aufbaus. Und dann muss man schauen, was man mit ihr spielen möchte. Jazziges, "Feingeistiges" oder gezerrten Bratrock. Die 57' Classics sind, denke ich, beste Wahl, den Klang einer Dot in Richtung Höhen und Luftigkeit...aufzuwerten..."

Bei der Dot damals hat das bestens funktioniert. Der Klanggewinn bei der AF85 ist aus meiner Sicht vergleichsweise nicht so enorm groß, wie es seinerzeit bei der indonesischen Dot der Fall war. Sofern so ein Vergleich gestattet ist.


Fazit

Bei der mir vorliegenden Ibanez AF85 ist ein Gewinn an tonaler Bandbreite da. Die Soundmöglichkeiten werden durch die Gibson-Pickups hörbar erweitert, einschließlich der Möglichkeit, den Klang der ACH-Pickups mehr oder weniger 1:1 zu reproduzieren. Lässt man sich hingegen nur auf die bereits verbauten ACH-Pickups ein, so geht auch das aus meiner Sicht bereits voll in Ordnung. Dann sind die Gibson 57 Classic gar nicht nötig.

Oder einfach so geschrieben: Die ACH1- und ACH2-Pickups in der Ibanez AF85 liefern hier bereits!

:hat:
 
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Der von dir mit B gekennzeichnete Bridge Pickup ist schon durch das + hinter 57 als solcher zu erkennen. Das ist die etwas heißer gewickelte Variante des normalen 57 Bridge Pickup.
 
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Ich habe mir in meine Guild X175 NS den Hals P90 Franz gegen einen Gibson Classic 57 austauschen lassen und bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
Die Gitarre klingt schon ein gutes Stück mehr in Richtung Jazzgitarre. Weicher und lebendiger. Keine Ahnung warum der P90 nicht richtig wach wurde.

Weil das so viel brachte habe ich das bei meiner Heritage Prospect auch machen lassen. Hier waren vorher Schaller Golden 50s verbaut, die ja auch nicht so unbeliebt sind.
Auch hier gefallen mir die Gibson Classic 57 besser, weil brillanter und eben "klassischer" Humbucker Sound.
 

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