Hallo liebe AkkordeonistInnen-Gemeinde,
nach fast einem 3/4 Jahr melde ich mich in diesem Thema wieder, um meine Entscheidung für ein neues Spitzenakkordeon bekanntzugeben (natürlich nur für die, die's interessiert).
Die Entscheidung zur Titel-Frage dieses Themas ist schon im letzten Herbst gefallen. Nachdem ich meine Imperator relativ gut verkaufen konnte - die Hohner Morino 96 war ich schon vorher zu sehr annehmbaren Konditionen los geworden - stand ich vor der Frage, welches Akkordeon soll es denn nun sein?
Ich war in der glücklichen Lage, mehrere Akkordeons in aller Ruhe zuhause mehrere Tage spielen zu können. Darunter waren u.a. die Fabrikate: Scandalli, Borsini, Bugari, Mengascini, Ballone Burini. Eine Gola hatte ich zum Vergleich bei einem Freund spielen können (die gab er natürlich nicht aus der Hand), die Supita stand als "Sparringspartner" immer zur Verfügung und die Morino kannte ich schon.
Ich möchte vorausschicken, dass so eine Entscheidung, wo es um fünfstellige Summen geht, 1. nie leicht fällt und 2. das ultimative Instrument sowieso nie unter den "Bewerbern" ist. Immer ist es ein Kompromiss zwischen schwer zu vereinbarenden Anforderungen unterschiedlicher Art. Es kommt eben nur darauf an, die größtmögliche Schnittmenge aller wünscheswerten Eigenschaften in einem Instrument zu finden.
Um nur einige Beispiele zu nennen: geringes Gewicht bzw. Abmessungen, voller, tragender Klang, möglichst viele Registriermöglichkeiten, flache und scharfe Tremoli - möglichst noch mit Musette-Tremolo, perfekte Tonansprache, volle und satte Bässe, a mano-Stimmzungen sind da schon selbstverständlich, leichtlaufende Tastatur und Register, und was der Wünsche noch mehr sind.
Nie wird man alles in einem Instrument in Perfektion vereint finden, das war auch mir klar.
Letzlich fiel die Entscheidung zugunsten der Beltuna und da auf das TOP-Modell "Leader V compakt"!
Was den Ausschlag für dieses Instrument gegeben hatte: der zu dem "normalen" Cassotto zusätzlich schaltbare Klangraum "Amplisound", der tatsächlich noch mal einen wesentlichen Gewinn an Tonqualität darstellt, und eine unerfreuliche Eigenheit, die bei der Beltuna nicht auftrat, aber selbst bei einem "Star" wie Bugari nicht zu überhören war: das "Flattern" bestimmter Diskant-Töne bei gleichzeitigem Spiel auf einem der tiefen (Grund-)Bassregister.
Das war bei allen anderen Fabrikaten zu beobachten und es scheint sich dabei um ein physikalisches Phänomen zu handeln, nämlich, dass die Luftschwingungen von der Basseite bei passender Frequenz sich auf die Diskanttöne auswirken und diese zum Mitschwingen bringen, wodurch ein flatternder Ton resultiert, den manche zwar für akkordeontypisch halten mögen, der mich aber schon immer gestört hat.
Bei der Beltuna trat dieser Effekt aber nicht auf und das war schon ein wesentlicher Pluspunkt. Der "Amplisound" genannte, zusätzlich schaltbare Schallraum hat mich auch klanglich fasziniert, gibt er doch dem Instrument eine unverwechselbare Note.
Die Kompaktversion der Beltuna Leader ist zudem handlich (wenn auch nicht leichter als andere "Normalgrößen), ist sehr gut verarbeitet, liegt aber preislich leider sogar über einer vergleichbaren Bugari oder Borsini. Das ist dann der Kompromiss, den man eingehen muss. Verglichen mit einer Gola, ist die Beltuna aber immer noch sehr preiswert, spielt aber dennoch in etwa der gleichen Liga.
Die Bässe sind immer wieder Diskussionsthema unter Akkordeonisten. Manche bevorzugen laute und satte Bässe, andere wiederum - und zu denen gehöre ich - meinen, dass der Bass nicht den Diskant erschlagen sollte, vor allem dann nicht, wenn man klassische Stücke im Grundton-Register (8") spielt. Da hat auch die Beltuna leider zu sehr dem ersten Lager Tribut gezollt. Ein Ausweg ergab sich aber durch die Tatsache, dass die Beltuna einen Bassregisterschalter hat, mit dem man die Bässe ganz abschalten kann, z.B. für eine spätere Midifizierung der Basseite. Auf diesen - für mich nicht nutzbaren - Schalter habe ich ein spezielles Bassregister ohne den tiefen "Wumm" legen lassen und komme damit meinen Vorstellungen von einem moderaten Bass, der sich nicht aufdrängt, erheblich näher.
Das ist wie gesagt Ansichts- und Geschmackssache, aber dass die Beltuna diesen Umbau ohe Verlust eines anderen Registers ermöglicht, war ebenfalls ein wichtiger Punkt.
Im 8"+4"-Register ist die Beltuna etwas weniger "weich" als z.B. die Bugari, man könnte auch sagen, die Beltuna neigt da zur Brillanz, während ich eher etwas gedämpftere Klänge mag. Auch da war zu entscheiden, ob das ein Ausschließungsgrund sein könnte. Ich habe mich entschlossen, mit diesem kleinen Manko zu leben. Für andere ist die Brillanz in diesem Register wahrscheinlich sogar ein Pluspunkt.
Alles in allem bin ich mit dem Instrument sehr zufrieden. Verarbeitung (da hatten die anderen Bewerber schon Minuspunkte eingesammelt), Amplisound, keine flatternden Diskanttöne, sehr gute Ansprache (Stimmzungenqualität!), Handlichkeit, das waren die auschlaggebenden Kriterien, die die Beltuna für mich zur ersten Wahl gemacht haben, auch wenn sie ca. 1000 Euro teurer war als die Mitbewerber.
Aber es ist nicht auszuschließen, dass ich irgendwann vielleicht noch mal ein zweites Akkordeon kaufe, mit wieder anderen Qualitäten, die wiederum die Mitbewerber hatten, vor allem im Klangbild, das teilweise nicht besser aber eben "anders" war als bei der Beltuna.
Wie ungewohnt der Klang der Beltuna in den Ohren manch anderer Mitspieler klingt, wenn die "Amplisound"-Variante hinzugeschaltet wird, habe ich bei der letzten Orchesterprobe gemerkt, als mich meine Nachbarin in unserer Stimmgruppe fragte, ob mein Instrument ein elektronisches sei. Der Klang sei so ganz anders als von Akkordeons gemeinhin gewohnt.
Wenn "Amplisound" abgeschaltet ist, klingt die Beltuna aber vergleichbar wie andere Spitzeninstrumente in dieser Liga.
Für klassische Stücke als Soloinstrument ist sie aber eine Besonderheit, und das gefällt mir. Dafür war ich auch bereit, einen höheren Preis zu zahlen.
Wer noch Fragen zur Beltuna hat, darf von mir auch gerne Antworten erwarten.
Noch etwas zur Supita:
Man kann über den Ton der Supita nicht meckern. Er kommt meinen musikalischen Intentionen teilweise sogar näher als die Beltuna. Der Klang ist sehr weich und ausgewogen. Leider hat auch die Supita die "Flatter-Krankheit", die ich aber auf der Musikmesse den Technikern zur Aufgabe gegeben habe. Die Diagnose ist klar, nur die richtige "Therapie" muß noch gefunden werden.
Ansonsten ist die Supita eine wirklich sehr empfehlenswerte Alternative zu vielen anderen - und viel teureren - Spitzeninstrumenten. Wer den Namen "Weltmeister" als zu aufringlich und angeberisch empfindet, kann ihn vielleicht ab Werk entfernen lassen, denkbar ist alles.
Die Akkordeons aus Klingenthal haben jedenfalls den DDR-Geruch längst abgelegt und sind technologisch auf der Höhe der Zeit. Zweifellos gehören sie zum deutschen Kulturgut, nicht nur weil sie - im Gegensatz zu Hohner - zu fast 100% "Made in Germany" sind, sondern auch, weil sie aus der ältesten Akkordeon-Manufaktur der Welt kommen.
Schöne Grüße
play_bach