Ist ein Mix jemals fertig? Oder objektiv "perfekt"?

  • Ersteller ars ultima
  • Erstellt am
ars ultima
ars ultima
HCA Recording
HCA
Zuletzt hier
24.03.18
Registriert
19.03.05
Beiträge
16.528
Kekse
36.403
Ort
Düsseldorf
Wie schön, dass es jetzt eine Recording-Plauderecke gibt, da hab ich mal ein passendes Thema für (auch wenn es vielleicht zu einem Hörproben-Thread wird, das Thema ist aber bewusst allgemeiner formuliert). Auch wenn ich Träger eines Recording-HCAs bin, so bin ich doch in erster Linie Theoretiker, habe einen Überblick über den Geräte-Markt und helfe gerne Anfängern. Was aber die Praxis betrifft muss ich auch noch viel lernen. Wir hatten jetzt im Oktober wieder zwei Songs aufgenommen, die jetzt quasi fertig sind ("Lethargy" und "Inferiority Complex", runterladbar auf www.containerrock.de)
So richtig fertig sind sie aber nicht. Klar, ich bin halt Anfänger, und dadurch bekomme ich das noch lange nicht perfekt hin. Aber selbst wenn ich darin jetzt immer besser werde und auch das Rohmaterial besser ist, so weiß ich nicht, ob ich jemals zufrieden sein werde. Ich muss mir da einfach eine Deadline setzten, wo ich dann sage "so, egal, besser geht es jetzt nicht". Und jedes Mal, wenn ich dann die Songs höre, denke ich mir "hmm, dieses und jenes hätte ich doch anderes machen sollen...". Gut, man kann jetzt sagen, dass das gesunder Perfektionismus sei. Ich finde das aber ziemlich unbefriedigend. Das ärgerlich daran ist auch, dass es meist gar nicht so Feinheiten sind wie der Gitarrensound, sondern das grundlegende Lautstärkeverhältnis der einzelnen Instrumente. Man tüftelt also ewig mit Kompressoren, EQ und Effekten rum, und der erste Kommentar, denn man dann von Bekannten, die den Song hören, gesagt bekommt, lautet "Der Gesang ist viel zu leise". Aha. OK, jetzt wo du es sagst, hast schon recht.
Wahrscheinlich hat es auch was damit zu tun, dass man die eigenen Songs abmischt. Wir sind technisch nicht so gut, vor allem fehlt uns ein richtiger Sänger. Und wenn ich dann "Lethargy" abmische, meinen eigenen Gesang höre, der nicht so der Bringer ist, dann mach ich den wohl eher zu leise, weil er aus meiner Sicht das Gesamtbild stört. Wenn ich im Vergleich professionelle CDs höre, dann ist dort der Gesang wirklich viel mehr im Vordergrund. Andererseits sind auch professionelle CDs sehr unterschiedlich - aber man akzeptiert sie so, wie sie sind, und stellt sich gar nicht die Frage, ob im Mix irgendwas stört. Wenn mein Song im Radio laufen würde, würden die Leute dann auch sagen "dieses und jenes ist zu laut/leise"? Wenn ich ihnen als Hobbymusiker meine Sachen vorspiele dagegen, wollen sie konstruktiv kritisch sein, und achten auf so etwas? Bei so mancher professioneller CD, die eigentlich toll und passend klingt, so wie sie ist, stelle ich sch manchmal fest, dass ich Dinge anderes gemacht hätte. Zum Beispiel die Snare lauter. Oder bei den alten Opeth-Alben nicht so viel Hall auf den Clean-Gesang. Das heißt nicht, dass es dann besser geklungen hätte. Aber ich hätte es wohl so gemacht.
Im Endeffekt ist eben vieles doch Geschmackssache. Geht es also nur darum, einen eigenen Sound zu finden? Bei dem dann z.B. der Gesang doch leiser sein darf, als bei anderen CDs, solange es insgesamt doch stimmig ist? Schafft Ihr es, eine gewisse Objektivität beim Abmischen zu erlangen? Und seid ihr am Ende wirklich zufrieden, und denkt euch bei jedem Hören "Yes, das ist es , ich würde es genauso wieder machen"? Vielleicht kommt das ja mit der Zeit...

Ach so, konkreter zu den Songs: "Inferiority Complex" kann ich nicht mehr ändern, die Projektdatei ist kaputt...Bei "Lethargy" ist wohl der Gesang wirklich zu leise. Auf meiner Abhöre habe ich das persönlich aber eben nicht so empfunden. Und der Bass ist zu laut und dröhnt Untenrum vor sich hin, ich hatte nicht mehr die Zeit, den Song auf einer Abhöre die weiter nach unten reicht zu hören. Aber Bass ist eh so ein Problem. Gitarren klingen alleine oft scheiße, im Gesamtmix dann doch OK. Der Bass dagegen klingt allein gut, im Mix setzt er sich aber nicht durch. Man hört ihn also gar nicht. Folglich mache ich ihn lauter. Im Endeffekt ist er dann aber einfach zu laut. Gibt es da konkrete Tipps? Ich hab schon einiges probiert (Anhebung bei 800 Hz etc.) aber irgendwie bekomme ich das nicht in den Griff. Und teilweise habe ich an manchen Stellen das Gefühl, dass unsere alten Aufnahmen manchmal besser klingen - bei den neuen habe ich mich vielleicht in die technischen Möglichkeiten von Kompressor, Expander, EQ, FX verrannt...
 
Eigenschaft
 
Ich denke dieses Problem kennt jeder. Man wird beim eigenen Material oft zum Perfektionisten. Deswegen ist es wichtig mit einer Deadline zu arbeiten, die man sich selbst setzt. Das hatten wir bei unserem jetzigen Album natürlich auch mal wieder. Ich hatte aber die Aufgabe das ganze bis zum 1ten Dezember fertig zu machen, das ging und ich bin auch fertig geworden. Allerdings gabs Dinge, die mir nicht gefielen. Aber ich glaube nicht, das andere Hörer diese Dinge stören.

Die Qualität deiner Aufnahmen ist doch in Ordnung. Nur Lethargy ist wie du schon gesagt hast ziemlich ungemixt.

Ich musste eben sehr lachen. Wir hatten nämlich auch ein Lied das "Inferiority Complex" hieß. Ging zwar in eine ganz andere Richtung, aber ich glaub mein Drummer fand das Wort so geil!:)
 
Wenn ich mir den Text hier so durchlese muss ich immer wieder schmunzeln, weil ich dachte, dass es nur mir so gehen würde. Im Endeffekt kann man nie damit zufrieden sein ... es gibt zwar einen Punkt, wo man sagt "ja, so gefällt`s mir bis jetzt am besten" aber wirklich ausgewogen, nun, ich weiß nicht. Das Problem ist eben immer der Gesamtmix - ein Ganzes daraus zu machen. Gitarren u. Bass sollten zu einem Ganzen Brett verschmelzen und sollten Dampf geben - tun sie aber meist nicht, wenn man versucht aus beiden Instrumenten ein individuelles Bild zu formen, weil sich dann der Bass von den Gitarren zu sehr abhebt oder umgekehrt ... nun, ich denke das Problem ist, dass jeder Song und jede Musikrichtung zu verschieden ist um SEIN ganz eigenes Rezept zu finden ... ist doch wie mit dem kochen - einmal mehr, einmal weniger - die Würze macht`s dann letztendlich aus - zu viel ist nicht gut und zu wenig schmeckt einfach lasch. Mir geht es da ganz ähnlich wie dir - ich habe mir in gut 1 1/2 Jahren so viel Theorie reingestopft, dass ich gar nicht weiß wo oben und wo unten ist und was die Praxis angeht bin ich auch noch Newbie. Vor allem kommt es natürlich auf die Möglichkeiten an - je mehr man von Kompressoren usw. zu verstehen beginnt, desto mehr will man damit experimentieren und versalzt sich dadurch auch mal die Suppe. Ich hab` die beiden Songs von dir noch nicht gehört, werde ich aber am Abend machen. Was jedoch immer ganz gut kommt, wenn ich mir einen Song anhöre, den ich in meinen Anfängen aufgenommen u. gemischt habe (und letztendlich auch damit "zufrieden" war) anhöre, und mir dann denke "mann, wie gibt`s das denn, dass du das damals gut fandst" ... ich will damit sagen, dass es einfach sehr oft viel bringt, wenn man von anderen Leuten auf etwas hingewiesen wird - wie du ja schon so schön beim Gesang beschrieben hast - nachdem dich jemand darauf angesprochen hat bist du selbst erst auf die Idee gekommen, dass er zu leise sein könnte - genau so ging`s mir auch - deshalb finde ich konstruktive Kritik mit das wichtigste das man überhaupt bekommen kann!

Das Posting wird editiert nachdem ich mir die beiden Songs angehört habe!

Grüße

Manuel
 
Wir hatten nämlich auch ein Lied das "Inferiority Complex" hieß. Ging zwar in eine ganz andere Richtung, aber ich glaub mein Drummer fand das Wort so geil!
Hehe, der Text zu "Inferiority Complex" stammt von unserem Drummer...:)
 
Ja, mir geht's da genauso... ich glaube (wie schon erwähnt), dass es JEDEM so geht?!?!
Es ist auch schwierig, wenn man Tagelang mixt und macht, dann noch den nötigen Objektivismus (WORTSCHÖPFUNG! :D) und Abstand zu seinem Mix zu haben. Man wird einfach "Betriebsblind".
Ich mache das dann imemr so, dass ich zuerst mal alles zusammen schustere, entrausche, (mehr oder weniger) grob mixe, EQs, Kompressoren, Effekte usw. einstelle und dann erstmal liegen lasse. Dann höre ich mir das nach'ner Zeit an, spiele es evlt. auch ein paar Leuten vor. Dann wird noch ein paar mal verschlimmbessert oder auch wirklich verbessert und wieder gewartet und vorgespielt bis ich dann selber sagen würde, dass es zwar eigentlich scheiße und nicht nicht zufriedenstellend ist, aber ich jetzt an dem Material nichts mehr verbessern kann, sondern allenfalls verbasteln!!

Der wichtige Punkt daran ist dann wohl sich selbst zu fragen: Was war gut? Was war scheiße? Wie kann ich das besser machen? Und dann entwickelt man sich auch weiter!! ;)

Und Sound ist prinzipiell sowieso und immer streitbar!!
 
Sich immer wieder neu ranzusetzetn, ist wikrlich wichtig. Zumindest könnte ich nichts am Stück fertig mixen. Ein zwei Tage Pause ist nie verkehrt. Gut ist es auch, den Song mal auf CD zu brennen, irgendwo mithinzunehmen und in unterschiedlichen Hörsituationen (z.B. bei Freunden im Auto) einzulegen.
 
Ja und Nein......:)

Ja er ist bei mir fertig, wenn es sich um eine reine Studioversion handelt, d.h. jedes Instrument/Sound von mir kommt - dann kann ich so gut wie alles beeinflussen und es nach meinen Vorstellungen "bauen".

Nein er wird nicht fertig, wenn ich mitschneide, bzw. nur ein Musiker unter anderen bin, dann entdecke ich (nach Zeitabständen) immer etwas, was man anders/besser machen könnte.....


......aber das ist gerade auch die Herausforderung - einen Mix nach einem Jahr erneut anzufassen - hier sieht man dann sehr deutlich, wie man sich weiterentwickelt hat - oder auch - wo sich doch immer noch - kleine Fehler einschleichen.

Aber eigentlich könnte die Frage auch von einem Psycho Doc gestellt worden sein :confused:

Topo :cool:
 
also ich bin der meinung dass es keinen perfekten take gibt (und wenn man ihn dann doch hat merkt man das man den record knopf vergessen hat zu druecken :mad: ).
und dass es daher auch keinen perfekten mix geben kann.

aber meistens gibt es immer etwas zuveraendern und das problem beim homerecording ist das man weiss das man es veraendern kann und diese dann auch tut.

man sollte alles so gut wie moeglich machen und irgendwann kommt oder sollte der punkt kommen wo man sich selbst sagt "so ... fertisch".

beim mixen hab ich da jetzt keine grossen probleme zu diesem punkt zu kommen.
beim mastering werkel ich oft so lange rum um dann alles wieder zuverwerfen und neuanzufangen.

beim mixen ist oft hilfreich nicht zu lange am stueck zu arbeiten.
gute aufnahmen machen das mixen oft "ueberfluessig".
was auch noch hilft ist einen mix fertig zustellen dann alle regler auf 0db, eqs zu flaten und alle effekte raus und nochmal neu zumixen.
p.s. wenn ein mix ohne effekt, eqs und zeug schlecht kling wird er mit nicht besser klingen dann hilft oft nur rearranging (mussen da an die stelle wirklich die 4 gitarrenspuren hin? usw...)

ein guter tipp beim mastering ist oft pausen einlegen und sich in denen eine "referenz CD" anzuhoeren dann merkt man schon wo es am eigenen master noch hackt.
 
hallo,

also bei mir ist es so, dass ich versuche, die grundlegende stimmung, die der song haben soll einzufangen. wenn mir das gelingt - was definitiv öfter der fall sein könnte -, dann bin ich auch bereit, zu sagen, dieses oder jenes ist zwar nicht so gut, aber insgesamt stimmig.

in diesem zusammenhang fällt mir ein, dass peter gabriel zu seinem song "the drop" mal gesagt hat, dass er ihn bei der aufnahme eher ins unreine gesungen hat und später wohl des öfteren versucht hat ihn erneut "besse" einzusingen, es ihm aber nicht gelungen ist, die stimmung nachzuempfinden und deshalb die "rohversion" aufs album ("up") genommen hat... und die ist sowas von geil:great:. man hört schon das da das eine oder das andere gerade im gesang nicht "perfekt" ist, etwas brüchig, etwas verhalten, etc. aber der gesamteindruck ist wahnsinn - meiner meinung nach.

aber das ist wie bereits erwähnt halt meistens geschmackssache, bzw. wie perfektionistisch man eben ist.
 
Ich habe auf die Frage keine Antwort, aber ich kann etwas erzählen, was vielleicht hilft.

The Sisters of Mercy haben ein Album aufgenommen, "Vision thing". Heutzutage ein "must have", ein wahrer Klassiker.

Der Chef, Andrew Eldritch, hat dann einfach die Monitormischungen genommen und veröffentlicht.

Das Album hat ziemlich viele Leute ZIEMLICH geil gemacht. Mich eingeschlossen. ;)
 
Was verstehst Du denn unter "Monitormischungen" ?

Topo :cool:
 
topo schrieb:
Was verstehst Du denn unter "Monitormischungen" ?

Topo :cool:

Ich habe das auch nur so gelesen, ich vermute, daß damit die Kopfhörermischungen für die Aufnahmen gemeint sind.
 
Ich freu mich auf jeden Fall das hier jemand "Sisters of Mercy" kennt !!!!!!:great:


Womit wir dann zeitlich auch bei "Los Ninos Del Parque" sind !

Topo :cool:
 
Monitormischung klingt bei mir son bisschen nach Monitormix ... also die unbearbeitete Fassung die man sich während der Aufnahmen als einspielender Musiker 10.000 Mal anhören darf ...

Ein Mix wird nie pervekt. Zumindest nicht für alle. Man selbst kann schon mal davon überzeugt sein und denken "Mensch, das ist ja sowas von Geil was ich da gemacht habe, aber SOWAS VON GEIL !"... Sonst geht man im unmut unter, wenn das nicht ab und zu mal vorkommt. Aber dann kam son Möchtegern-Studioking und hat das schöne Wort "Remix" erfunden. Da wird die Arbeit die man selber vielleicht sehr gut fand für andere Menschen umgearbeitet. Denn es kann ja nicht immer jedem gefallen !
 
Also perfekt ist ein Mix ja wohl nie, sonst könnte man ja nur bei jeder nächsten Aufnahme frustriert alle Kabel aus dem Mixer reissen, weil's nicht mehr so "perfekt" wird wie beim letzten Mal !

Bei mir ist ein Mix "erledigt" wenn ich ihn auf CD gebrannt habe!
Danach gehts ohne Wenn und Aber einfach an das nächste Stück, welches dann sicher durch die neugewonnenen Erfahrungen NOCH besser wird:) !

Ich meine damit, man entwickelt sich ja immer weiter lernt immer dazu und hört die Dinge mit der Zeit anders.
Perfekte Aufnahmen sodaß man sagen könnte besser geht nicht dazu fällt mir ein: Nobody's perfect!!

LG,

Poker
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben