Kann das Heraushören erlernt werden?

(...) dass ich die sus 4 und 2 Akkrode gut trennen kann, weil wir das beim Bach einfach so oft gesungen haben.

Wenn ich Akkorde heraushöre, achte ich zuerst immer auf die Terz, dann auf das Vorhandensein und die Art der Septime. Eine fehlende Terz bzw. ein Quart- oder Sekundvorhalt würde mir daher auch als erstes auffallen, obwohl ich nie "beim Bach gesungen habe". ;)

Gruss, Dietlaib
 
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Wie ich schon schrieb:
Und der von dir genannte Merksatz bezüglich Moll und Dur hat dazu geführt, dass ich mich Jahrzehnte darüber gewundert habe. Moll ist eben für mich nicht traurig, sondern einfach anders als Dur (so wie blau anders ist als rot, ohne das irgendwie traurig oder heiter zu nennen--jaaa, ich weiß, auch Farben machen Stimmungen, aber der Durchschnittsbürger erkennt nicht eine Farbe, weil er beim Anblick eine Stimmung spürt, sondern weil er sie einfach erkennt.) und dieser Weg in die Irre (plus andere, mit der sich dann einstellenden Verklemmung) hat mich sehr viel Frust gekostet.

Genau das ist der störende Begleiter bei der Analyse von Musik.
Denn jeder fühlt anders und eine Komposition wird nicht von jedem Hörer emotional gleich bewertet.

Der Mythos Moll traurig und Dur fröhlich hat wenig mit raushören zutun sondern wieder
mit Gewohnheiten der jeweiligen Epoche, in denen der Hörer meist etwas persönliches mit verbindet.

Ein gutes Beispiel ist Mozarts Sinfonie in G-Moll, die man bis heute die Todestonart nennt.
Der Irrtum besteht allerdings darin, dies mit Trauer gleichzusetzen.

Historisch bedingt hat das aber wieder mit Gewohnheiten aus der Romantik zutun, die Musik verändert hat
und somit auch die Art und Weise sie zu transportieren.

Mozart wollte es im übrigen nie traurig klingen lassen, sondern schmerzlich, und das ist ein großer Unterschied.
 
Wenn ich Akkorde heraushöre, achte ich zuerst immer auf die Terz, dann auf das Vorhandensein und die Art der Septime. Eine fehlende Terz bzw. ein Quart- oder Sekundvorhalt würde mir daher auch als erstes auffallen, obwohl ich nie "beim Bach gesungen habe". ;)
Hi,

na das ist eben ein anderer persönlicher Ansatz. Bei mir ist das Problem, dass mein Kopf oft "komplementiert". Dass heißt ich höre die Terz obwohl sie gar nicht da ist. Oder (schlimmer) Quinten und so weiter. So ist es auch ein Problem wenn man ganz genau sein will und sich nur aufs Gefühl verlassen will. Wo ist gefühlt der Unterschied zwischen einem Verminderten und einem Voll-Verminderten... die Wirkung/das Feeling ist eigentlich sehr ähnlich. Das sind so die Schwierigkeiten in den (zugegebenermaßen) höheren Gefilden. Ganz abgesehen von Umkehrungen - was eher für Arrangeure und Komponisten und Studenten wichtig wird - aber das Gehirn gut trainiert.

Mozart wollte es im übrigen nie traurig klingen lassen, sondern schmerzlich, und das ist ein großer Unterschied.
Ja beim türkischen Marsch zum Beispiel kann man auch nicht grade von traurig oder dramatisch reden.

Es ist aber auch ein ganz gewaltiger Unterschied im Anspruch ob wir den Grundcharakter ("das Stück steht in moll") hören, oder genau die Akkordfolge in moll und Dur aufsplitten.
 
Der Mythos Moll traurig und Dur fröhlich hat wenig mit raushören zutun sondern ...

Ich gebe allen recht, die die Meinung vertreten, das sei ein Mythos.

Aber irgendwie hat es schon was mit Heraushören zu tun, ... bzw. KANN damit zu tun haben. Und zwar, wenn man schon in einem fortgeschrittenen Stadium seiner persönlichen Gehörschulung angekommen ist. Dann hat man nämlich gelernt, nicht wirklich jeden Ton einzeln aus einem Akkord heraushören zu müssen, um den Akkord zu identifizieren, sondern man verläßt sich auf die Klangwirkung des Akkordes im GANZEN. Und wenn man so gepolt ist (was ich nicht bin), daß diese Klangwirkung eben die Assoziation "Traurigkeit" oder "Fröhlichkeit" bei einem hervorruft, dann kann das eine ziemlich verläßliche Basis sein ...

Thomas
 
Aber wie kann die Klangwirkung denn verlässlich sein, wenn es mit emotionaler Wahrnehmung des Hörers zutun hat? Eine solche Wirkung trifft ja nur auf den Einzelnen zu und hat somit keine Allgemeingültigkeit.
Ich stimme aber zu, dass Frequenzverhältnisse als "emotionale Auslöser" bei einem Einzelnen auch durchaus eine Hilfe sein können.
 
Eine solche Wirkung trifft ja nur auf den Einzelnen zu und hat somit keine Allgemeingültigkeit.

Darin besteht ja oft der Irrtum, dass man denkt, die eigene Logik ist allgemeingültig.

Ja, es ist eben nicht allgemeingültig, sondern individuell. Das meinte ich sogar, als ich von erblicher Veranlagung der Informationsverarbeitung schrieb. Manch einer hört leichter einzelne Töne, ein anderer den Gesamteindruck, andere wechseln mühelos dazwischen hin und her. Aber das ist natürlich unwesentlich, sofern jeder mit Spaß und Interesse seinen Zugang dazu finden will und sucht, es einfach versucht, und dann auch findet. Nur wird es bei jedem anders zugehen beim Heraushören von Akkorden oder Melodien. Hier sind ja ganz verschiedene Dinge geschrieben worden: Einer lernt Harmonien über mehrsätzigen Gesang, ein Anderer nicht. Der nächste freut sich, sus-Akkorde zu unterschieden und der nächste weiß, dass er in Gedanken Akkorde ergänzt und hört, was nicht da ist (das mache ich auch). Da gibt es die ganze Vielfalt und ich wette, es gibt Musiker , die das alles und noch viel mehr können.

[Und wer das nicht kann, der kann dafür etwas Anderes. ;-) ]
 
Aber wie kann die Klangwirkung denn verlässlich sein, wenn es mit emotionaler Wahrnehmung des Hörers zutun hat?

Schon, solange bei einem Menschen bestimmte Klänge immer dieselbe Wirkung hervorrufen. Dann ist das eine verläßliche Grundlage.
Keiner hat gesagt (ich zumindest nicht), daß es eine allgemeingültige Klang>Emotions>Relation gibt, die für alle Menschen gleichermaßen gelten muß.

Thomas
 
Zum Thema Dur und Moll.
Im Flamenco begleitet man die Sänger aus dem Stehgreif, man muss also hören welcher Ton gesungen wird und dann den entsprechenden Akkord spielen.
Anfangs habe ich das tatsächlich mit diversen Gefühlszuständen gemacht und es hat wunderbar geklappt. Singt der Sänger lauter, leidener dann wird es wohl Moll sein, singt er entspannter, leichter wohl Dur. Damit konnte ich das Ganze sehr gut eingrenzen. Natürlich ist auch das klassische Heraushören ein Teil dessen (es gibt ja nicht nur einen Moll-Akord)
Wie auch immer. Worauf ich hinaus will, ist für mich eine der wichtigsten Komponenten beim Musik machen; die Interaktion.
 
@neviani
ja aber ein gefühlszustand beschreibt doch die Tonart des gesamten Stückes und nicht jeden einzelnen Chord. In Moll Stücken kommen oft Dur Chords vor und anders herum. Im Flamenco mag es sich vielleicht viel Stärker auf einen Chord der Tonika konzentrieren aber generell ist es die Kunst direkt auch in die Mitte zu hören, ob dieser Chord da 2. Hälfte 5. Takt nun moll oder vermindert ist...
 
Schon, solange bei einem Menschen bestimmte Klänge immer dieselbe Wirkung hervorrufen. Dann ist das eine verläßliche Grundlage.
Keiner hat gesagt (ich zumindest nicht), daß es eine allgemeingültige Klang>Emotions>Relation gibt, die für alle Menschen gleichermaßen gelten muß.

Thomas

Wenn jemand rein emotional so verlässlich auf Frequenzverhältnisse anspringt, wie Du denkst, kann er das ja zusätzlich als Hilfsmittel nutzen.
Aber es ging ja um die Frage ob das heraushören erlernt werden kann und hier halte ich es für sinnvoller, sich die Grundlagen auf einem Weg anzulernen, der es jedem möglich macht.
 
Vermutlich können manche Gitarristen ohne Tuner nicht einmal ihre Gitarre richtig stimmen.
Das sind dann vermutlich auch jene, die mit Hilfe von Tabs und Videos ein paar Licks erlernen, diese dann irgendwann fehlerfrei spielen können und damit glauben, gute Musiker zu sein.

Das Haus ist so gut wie sein Fundament, dazu gehört auch Theorie und Gehörbildung.
Früher gab es keine Computer, da war man noch auf seine Ohren angewiesen.
Trotzdem gab es im Amateurbereich sehr gute Bands.

Ob man sich zum Musiker mit soliden Fähigkeiten oder zum menschlichen Musikautomaten entwickeln will, muß jeder für sich selbst entscheiden.

Es gibt durchaus Musiker, die keine Noten bzw. Akkorde etc. kennen, aber diese Leute haben Talent und ein gutes musikalisches Gehör.
Selbst diese Naturtalente beherrschen irgendwann, bedingt durch ihre Praxis, die Grundlagen der Musiktheorie, welche sich ständig weiter Entwickelt.
 
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Wenn jemand rein emotional so verlässlich auf Frequenzverhältnisse anspringt, wie Du denkst, kann er das ja zusätzlich als Hilfsmittel nutzen.
Aber es ging ja um die Frage ob das heraushören erlernt werden kann und hier halte ich es für sinnvoller, sich die Grundlagen auf einem Weg anzulernen, der es jedem möglich macht.

Nichts anderes wollte ich ausdrücken.

Nur muß man ohnehin eine Menge an (Hör-)Arbeit bereits investiert haben und schon reichlich fortgeschritten sein, um überhaupt zu bemerken, daß diese Schiene AUCH funktioniert ... Daher: Kein Widerspruch zu Dir.
 

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