klassische four-chord-songs?

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Aloha,

die meisten von euch werden wahrscheinlich den 4-Chord-Song von The Axis of Awesome kennen. Gut, es gibt Tausende Popsongs, die man 4-Chord mäßig spielen kann, aber gibts auch klassische?

Bis jetzt ist mir nur die C-Dur Sonate von Mozart eingefallen.... Habt ihr noch welche? :gruebel:


lg
 
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Geht es dir wirklich um "Klassische Musik"? ... dann sollte man diesen Thread auch in die entsprechende Unterabteilung verschieben, bevor hier "klassische Pop- und Rocksongs" aufgelistet werden.
 
Aloha,

die meisten von euch werden wahrscheinlich den 4-Chord-Song von The Axis of Awesome kennen. Gut, es gibt Tausende Popsongs, die man 4-Chord mäßig spielen kann, aber gibts auch klassische?

Bis jetzt ist mir nur die C-Dur Sonate von Mozart eingefallen.... Habt ihr noch welche? :gruebel:


lg

Ich hatte ähnliche Einfälle und habe sie bezüglich der "chords" ein wenig näher untersucht. Einige Beispiel aus der sog. "populären Klassik":

1. Joseph Haydn - Sinfonie mit dem Paukenschlag - Sinfonie Nr. 94 G-Dur [2.Satz]
(Partitur)

Ein sehr eingängiges Thema, das man sofort nachsingen kann. Nur Tonika C und Dominante G werden zunächst verwendet, am Ende auch die Doppeldominante D.
Das Thema durchläuft verschiedene Variationen. Bei der zweiten Variation kann es allerdings der Meister nicht lassen ;) und variiert auch die Harmonien: Er geht nach Cm. Damit hätten wir bis jetzt vier Harmonien. Es folgt G, zählt nicht, hatten wir ja schon. Doch nun überschreiten wir die "4-Chords": Es folgen As, B und Es. In Takt 150 taucht sogar noch ein verminderter Septakkord auf (g b des e) über c. Haydn reichen also nicht einmal die "normalen" Dur- und Moll-Akkorde. Dabei begann das Stück so einfach... :nix:

2. Gehen wir ins noch populärere. Wie wäre es mit der "Eurovisions-Fanfare"?

Die ist von Charpentier (1643-1704) und eigenlich das Präludium des Te Deum in D-Dur.

Das Thema verwendet nur die Hauptfunktionen Tonika (T), Dominante (D) und Subdominante (S). In der sehr einfachen transponierten Klavierfassung (C-Dur) wären das C, G und F (hier die Noten).

Doch Charpentier fügt, als Gegensatz, in die Mitte des Stücks ein Zwischenspiel in Moll ein, mit den entsprechenden zusätzlichen Akkorden Am, Dm, E und D. Wieder nichts mit vier Akkorden... :nix:

3. Nehmen wir jetzt mal zur Abwechslung ein populäres Lied: "Der Lindenbaum" ("Am Brunnen vor dem Tore") (hier die Noten)

Das Lied hat Franz Schubert geschrieben.
Diese o.g. Noten zeigen nur die Hauptfunktionen (hier E, H und A). Ein einfaches Lied aus der klassischen Musik, genauer, aus der Romantik? Inzwischen eines der bekanntesten Volkslieder.

Die obige Fassung orientiert sich an der vereinfachten Version von Silcher.
Schauen wir sicherheitshalber in die Original-Noten von Schubert (5. Lied der Winterreise). Hier die Interpretation von Fischer-Dieskau.

Es zeigt sich, daß einzelne Strophen unterschiedlich komponiert sind, teilweise harmonisch gesehen, auch sogar in Bezug auf die Melodie:

Die dritte Strophe ist in Moll und hat eine ganz andere, viel passendere Melodie. In der fünften Strophe taucht in Takt 50-52 die Subdominant-Parallele (sP) von E-Moll auf: C-Dur
Wir haben insgesamt die Akkorde: E, H, A, Em, C, also wieder mehr als vier... :nix:

Die Verflachung durch Silcher wurde heftig kritisiert:

Durch das "harmlos-schöne Geglättete" verliere das Lied in Silchers Version "jene Tiefe, die es im Original besitzt".
"...die Version von Silcher mache aus dem Schubert-Lied, obwohl es "um Leben und Tod" gehe, eine "spießbürgerliche und reaktionäre Sonntagsnachmittagsidylle in der Kleinstadt".
"biedermeierlichen Scheinwirklichkeit ohne Realitätsbezug"
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Am_Brunnen_vor_dem_Tore
4. Gehen wir mal zu den Kinderliedern, z.B. zum "Wiegenlied" von Johannes Brahms. (Noten: vereinfacht, original)

Mit ihm hat der "klassische Komponist" Brahms einen Song geschrieben, der praktisch mit drei Begleitakkorden auskommt: T, D und S
Die Klavierbegleitung ist dennoch bemerkenswert: Die einschläfernde Wirkung wird unterstützt durch Synkopen, auf die sofort der Grundton folgt. Letzterer erscheint im Baß auf der betonten Zählzeit ausnahmslos in jedem Takt des Stückes, also bei jedem darüberliegenden Akkord.

Das Lied hat eine Weltreise angetreten und ging u.a. nach C.H.I.N.A, Korea, Peru, Neuseeland, U.S.A., Israel, Frankreich, Niederlande...

5. Wiegenlieder leiten uns wieder zu Mozart, nämlich dem Wiegenlied "Schlafe mein Prinzchen, schlaf ein" .
(z.B. Regensburger Domspatzen)

Ihm wurde dieses lange Zeit zugeschrieben (KV350), so auch hier.

Doch wahrscheinlich hat es sein Zeitgenosse Fleischmann geschrieben.
Es kommt jedenfalls mit den drei Akkorden T, D, und S aus.

6. Mozart hat sich ja mit Kinderliedern beschäftigt. Am bekanntesten sind wohl die 12 Variationen von "Ah, vous dirais-je, Maman" KV265 (Melodie: "Morgen kommt der Weihnachtsmann").
Das Lied selbst kommt ebenfalls mit T, D, und S aus. Mozart verwendet mehr, geht auch nach Moll.

7. Da wir wieder bei Mozart sind: Wie sieht es eigentlich mit der o.g. C-Dur Sonate (KV545) aus? Kommt sie wirklich mit nur drei oder vier Akkorden aus?
Nein, das ist Mozart zu wenig. In Takt 18-22 verwendet er folgende Akkorde:

| G C | D7 Hv | Em Am | D7 G | C

Vorläufiges Fazit: Klassische Komponisten kommen i.d.R. nicht mit vier oder weniger Akkorden aus. Wenn, dann eher in Liedern, die sehr "volksnah" sind oder gar kindgerecht. Manchmal wurden Kompositionen nachträglich durch andere Autoren vereinfacht oder es wurden nur Ausschnitte aus klassischen Kompositionen verwendet.

Viele Grüße

Klaus
 
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Den Kanon von Pachelbel hatte ich nicht erwähnt, weil er fünf Akkorde verwendet:

I V vi iii IV I IV V
(D A h fis G D G A)

Legt man bei der obigen Fragestellung eher Wert auf die Akkord- bzw. Baß-Wiederholungen und läßt mehr als vier Akkorde zu, so kann man alle Stücke mit Basso ostinato dazurechnen (z.B. Chaconne, Passacaglia).

Beispiele:
J.S.Bach - Passacaglia c- Moll
Henry Purcell - Chaconne in G minor

Von Wiederholungen lebt ja auch der Boléro von Ravel.
(Eine ausgezeichnete Orchestierierungsübung.)

Der Komponist sieht dieses Werk allerdings sehr kritisch:

Mein Meisterwerk? Der Boléro natürlich. Schade nur, dass er überhaupt keine Musik enthält.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Maurice_Ravel#Bol.C3.A9ro
Generell kann man wohl sagen, daß ständige harmonische Wiederholungen weniger in der Klassik zu finden sind und eher beliebt sind in: Volksmusik, Schlager, Pop, Rock und Jazz...

Nichts desto weniger können durch harmonische Wiederholungen auch tolle Werke entstehen. :)

Viele Grüße

Klaus
 
In gewisser Hinsicht erscheint es mir relativ zwecklos, klassische Musik mit Pop-artiger Musik harmonisch zu vergleichen, weil sie sich ganz anderer Sprachen bedienen. Auch WENN ein klassisches Stück aus nur 3 Akkorden besteht, so bietet doch die (gekonnte) Verwendung von Sextakkorden eine ganz andere klangliche Dimension und Variationsmöglichkeiten in den Stimmen, als es die "nur" grundständigen Akkorde tun ... und nutzt man diese Möglichkeiten aus, klingt ein 3-Akkorde-Stück auch schon gar nicht mehr nach einem 3-Akkorde-Stück, bzw. hat man schon Schwierigkeiten, überhaupt herauszuhören, daß es in Wahrheit nur 3 Akkorde sind ...

Thomas
 
Aloha zusammen,

erstmal vielen lieben Dank für eure ausführlichen Antworten!

Manch einer mag sich vielleicht gewundert haben, warum ich gerade Stücke mit VIER Akkorden suche. Hintergrund ist folgender:
Auf Basis des o.g. "Four Chord Song" habe ich vor, ein ähnliches Lied zu entwickeln. Allerdings in einem etwas gehobeneren Rahmen - ein Kammerkonzert meiner Schule. Bevor jetzt solche -> :eek: Blicke kommen, das ist als Auflockerungsstück gedacht :cool:

Gemischt mit Popsongs wäre es schön, wenn wir am Ende des Stücks zeigen könnten, dass nicht nur Pop, sondern auch so manches Klassisches Stück so aufgebaut ist...

Also falls ihr noch weiter Vorschläge habt... :rolleyes:

lg
 

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