Kleine Röhrenkunde

Shedua
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Ausgehend vom Traynor Röhrenthread ... Hatte ich vorgeschlagen etwas Licht ins Dunkel bezüglich der Röhren zu bringen ...
Auf Anfrage deshalb :

Im Wesentlichen haben wir es bei der Vorverstärkerröhren nur mit 2 Typen zu tun :


  • ECC83/12AX7/7025/ 5751: Die Röhre ist quasi per Definition für hochverstärkende NF- Verstärkerschaltungen gemacht. Gedacht ist sie dafür, in maximal 2 Etappen ( also innerhalb einer Röhre ) kleinste Signalpegel auf ein Niveau zu bringen, mit welchem man mit einer weiteren (niederohmigen) Röhre wie der ECC82, welche nur noch wenig Spannungsverstärkung macht, Endstufenröhren mit prinzipbedingt größeren Gitterkapazitäten ansteuern kann.
  • ECC82/ 12AU7/6189: Das Röhre ist ganz klar als niederohmiger Treiber. Toleranzen in den Systemkapazitätenn spielen hier (eingedenk des geplanten Anwendungsfrequenzbereiches und der Niederohmigkeit) nicht die Rolle wie bei einer Röhre für Tuner wie der ECC81. Allerdings ist für NF-(Treiber)-Anwendungen im Interesse niedriger Verzerrungen eine nicht zu große Abhängigkeit des Durchgriffs und der Steilheit von der Anodenspannung von Vorteil - und in einer Treiberstufe haben wir (anders als in einem Tuner) leicht mal eine Anodenspannungsvariation von 50[Vss] oder mehr. Da die Rohre manchmal auch in Stereoschaltungen verwendet wird sollten die Abweichungen zwischen den beiden Triodensystemen gering sein.


  • Sozusagen außer Konkurenz ... ECC81/ 12AT7/6201: Diese Röhre war originär nie für NF-Zwecke vorgesehen, sondern als HF-Doppeltriode, in klassischen NF Verstärkern wird diese Röhre nicht eingesetzt, lediglich in neuerer Zeit wird diese Röhre ( wie auch die ECC88) in NF Schaltungen eingesetzt. Damit so eine HF-Röhre ohne Neuabgleich ausgetauscht werden kann, müssen die Kapazitäten eng toleriert sein und die Vorstufensektion muß in Interesse hoher Rauscharmut recht große Anodenströme reproduzierbar können .Andre Dinge wie Mikrofoniearmut etc. spielen keine große Rolle.

Die ECC83 war nie dafür gemacht, Endstufentrioden direkt anzusteuern, da hier die Lastkapazitäten viel zu hoch für die hochohmige Röhre sind. Aber sie macht viel Spannungsverstärkung in Vorstufen - und durch kann sie stark gegengekoppelt werden, wodurch Streuungen des Parameters µ auf die wirkliche Stufenverstärkung keine Auswirkung haben -was in Stereogeräten im Sinne des Gleichlaufs der beiden Kanäle wichtig ist.

Die "Profi"-Röhren wie eine E8xCC oder eine ECC80xS, die W- Typen ( wie die 12AX7W) und die amerikanischen Idustrieröhren ( vierstelliger Zahlencode wie die 7025) punkten nicht nur durch höhere Lebensdauer und ( teilweise ) Goldpins , sondern auch durch eingeengte Toleranzen .

Zusätzlich werden diese Röhren nach einem "Burn-In" dann auf eine Vielzahl von Parametern nachgemessen und selektiert,

Dazu kommt in vielen Fällen auch ein robusteres und mikrofonieärmeres System, teilweise durch die Verwendung von Spanngittern, oder auch durch eine zusätzliche, dritte Abstützung des Systems im Glaskolben ( triple mica = bedeutet dritte Glimmerscheibe die das Innenleben in der Röhre hält und stützt) .

Die Siemens E83CC ist eine der wenigen Röhren die auch als Spanngitterröhre eine dritte Glimmerscheibe hatte. Das ist Mikrofoniearmut "at its best" zusammen mit den engen Fertigungstoleranzen und der Lebensdauer von 10000 Stunden eine der besten Röhren für Instrumentalamps überhaupt. Das die Röhre von der HIFI Fraktion liegen gelassen wird ist wohl die fehlende Vergoldung der Anschlusspins ...

Wenn heute jemand aus aktueller Produktion Spanngitterröhre anbietet (und behauptet, die Nominaldaten wären denen einer ECC8x identisch), so ist interessant, wie das Röhrensystem aussieht - weil die Spanngittertechnik erst einmal total andere Abmessungen hervorbringt. Spanngitterröhren sind bei gleichen Daten erst einmal deutlich kürzer ( bezogen auf das Innenleben der Röhre - wie z.b. Anodenblech )

Spanngitterröhren sind grundsätzlich anders aufgebaut als "normale" Röhren. Bei ihnen ist der Gitterdraht viel dünner als die Gitterdrähte normaler Röhren. Damit die Windungen des Gitters trotz ihrer geringen Dicke und der geringen mechanischen Stabilität in Position bleiben, verwendet man einen Spannrahmen und wickelt auf ihn mit sehr hohem Zug den Gitterdraht. Durch den hohen Zug bilden die einzelnen Windungen keine Spirale mehr, sondern werden zwischen dem Rahmen absolut geradegezogen. Die einzelnen Windungsteile können sich auch bei hoher Vibrationsbelastung nur noch minimal schwingen. Durch den Zug, die kurze Länge und den geringen Durchmesser liegt die Resonanzfrequenz über dem Hörbereich ( meist bei ~25 khz ) liegt und damit im Audiobereich nicht mehr stört, d.h. das berüchtigte Röhrenklingeln wird verhindert.

Genau das ist bei Bassverstärkern und Gitarrencombos ( erst recht bei Basscombos ) ein wichtiger Aspekt ...

Man kann sichtbaren Aufbau der Röhre oft gut erkennen, ob es sich um die gesuchte Spanngittervariante oder um eine Röhre mit ganz normalem Gitter handelt: da ein Spanngittersystem bei einer ECC83 hat eine vergleichsweise geringe Höhe von nur ~ 9 mm besitzt.

Allerdings gibt es durchaus auch andere Röhren mit relativ kleinem System, womit die Größe allein oft kein ausreichendes Kriterium darstellt. Bei einer ECC 81 ist das System eh recht kompakt, aber die ECC81 gibt es IMHO ohnehin nicht als Spanngitterröhre (auch nicht als E81CC oder ECC801S).

Am Ende der Röhrenära gingen die nachgefragten Stückzahlen immer weiter zurück und ein Hersteller nach dem anderen stellte die Produktion ein, gleichzeitig wurden Röhren zugekauft und umgelabelt um den Markt dennoch beliefern zu können . Tesla und RFT haben zu diesem Zeitpunkt die Rolle des Auftragsfertigers übernommen und ihre OEM-Kunden beliefert.
Teilweise wurden auch die gesamten Fertigungseinrichtungen verkauft, nach Ende der Röhrenfertigung bei AEG in Ulm wurden die Anlagen an Tesla verkauft, später sind die Anlagen bei JJ gelandet als auch Tesla die Röhrenfertigung einstellte.

So gibt es auch E83CC von Siemens, die bei Tesla auf den alten Maschinen von AEG gefertigt wurden - Ohne triple Mica ...:weep:
 
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Hallo Shedua,
als Neuling hier suche ich Röhren-Experten, die mir Tipps für eine wirklich gute Vorverstärker-Röhre geben. Ich möchte die Einspeisung der Tonquelle möglichst naturgetreu ohne Verzerrung mit einem transparenten Klangbild ( Gesangsstimme) zur nächsten Verstärkerstufe weiterleiten.

Ich dachte z. B. an eine 12AX7 LPS. Bei welchem Fabrikat oder ähnlichen Röhre liege ich richtig?
 
Suche dir eine alte Mullard ( mit gelben Aufdruck ) oder Telefunken (mit dem Diamanten-Label ) , am besten New old Stock ...

Oder eine tripple Mica von Siemens als E83CC.

Rechne mit 50 - 100 Euro für eine Röhre
 

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