Konzepte der Harmonisation?

fugato
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Grüße an alle Spezialisten.

Ich habe folgende - verschrobene - Frage:
Stellt Euch vor das Thema einer kleinen Runde von interessierten Tonsätzern und Harmonietüftlern würde "Konzepte der Harmonisation" lauten.
Was würdet Ihr erwarten? Worum würde es Eurer Meinung nach gehen?

Die Frage ergeht auch ann alle musikwissenschaftlich Gebildeten.
Ist Euch die Überschrift "Konzepte der Harmonisation" als Terminus bekannt?
Welche Querverweise leistet diese Überschrift?

Kommentare dringend erbeten.

Recht herzlichen Dank schon einmal vorab.
 
Eigenschaft
 
Stellt Euch vor das Thema einer kleinen Runde von interessierten Tonsätzern und Harmonietüftlern würde "Konzepte der Harmonisation" lauten. Was würdet Ihr erwarten? Worum würde es Eurer Meinung nach gehen?

Ich würde zunächst eine Einschränkung erwarten, und zwar auf welche Stile bzw. Epochen sich der Titel bezieht. Der Titel ist so wahnsinnig umfassend und allgemein, daß man nicht sinnvollerweise in erforderlicher Tiefe alle Epochen und Stile bearbeiten kann.

Auch eine Begriffsbestimmung zu "Harmonisation" müßte erst mal geleistet werden, denn ab wann man in der Musik von "Harmonik" sprechen kann und ob die "Harmonik" bei z.B. Josquin überhaupt mit der "Harmonik" eines Rap-Titels vergleichbar ist (weil man nur den einen Begriff für so ein vielschichtiges Strukturphänomen hat) müßte erst mal geklärt werden.

Ist Euch die Überschrift "Konzepte der Harmonisation" als Terminus bekannt?

Als Terminus? Nein.
Ein Terminus ist doch ein Fachwort einer Fachsprache (s.a. Wikipedia). Eine Überschrift ist und bleibt aber eine Überschrift und kann nicht so einfach zu einem Fachbegriff werden.

Welche Querverweise leistet diese Überschrift?

Daß da jemand Großes vorhat. Für eine musikwissenschaftlich ernsthafte Diskussion bzw. für einen Text zum Thema würde ich dringend eine Eingrenzung anraten, denn der Titel kann - so wie er jetzt ist - den angedeuteten riesigen Anspruch niemals einlösen.

Harald
 
Die große zeit der harmonisch definierten musik war das 19.Jh. in Europa, danach heißt es eigentlich: weg von der "umarmung der alten dame" (Débussy), der noch so ausgezierten, tonal/chromatischen kadenz, die geht mit Reger zu ende, vielleicht zurück zur primitivität, zu exotischer folklore (wie die bildende kunst), vielleicht woanders hin. Das 20.Jh. war ein reiches experimentierfeld, das 21. hat gerade begonnen.
 
Ist Euch die Überschrift "Konzepte der Harmonisation" als Terminus bekannt?
Welche Querverweise leistet diese Überschrift?

Asl Terminus ist mir das auch nicht bekannt, aber die Bezeichung finde ich sehr gut, weil sie schon impliziert, daß es nicht EINE Harmonielehre gibt, warum auch immer.

Wobei ich unbedingt zwischen praktischer / spieltechnischer und wissenschaftlicher Sichtweise unterscheiden würde, die doch sehr differieren. Wie auch schon oben erwähnt, sehe ich ein Problem mit Harmonielehren, die in ihrem historischen Kontext zu sehen sind und nur so zu verstehen sind.

Weiterhin hat doch jeder Lehrer seine eigene Sicht der Dinge, wie die Literatur zeigt (z.B. Riemann vs. Hindemith vs. Schönberg vs. Krämer vs. Sikora vs Pöhlert usw.).

Trotzdem: Es ist unbestreitbar, daß es verschiedene Konzepte gibt. Die alle einzeln aufzulisten, wird sehr schwierig, weil auch die Unterschiede nicht immer so klar sind...
 
Ich denke bei "Konzepte der Harmonisation" spontan an verschiedene Methoden, Melodien mit Harmonien (Akkorden) zu versehen. Vorausgesetzt, daß es um Musik geht.

Allgemein assoziiert der Begriff "Harmonisation" so etwas wie "in Einklang bringen".

Gruß
 
@MaBa, herzlichen Dank für deine Assoziation.
Genau das wollte ich hören.

Konzept
Bedeutung:
formuliertes Gedankengerüst zur Realisierung von etwas
Herkunft:
lateinisch: concipere, conceptum „erfassen“, „in sich aufnehmen“, aber auch begreifen, empfangen, sich vorstellen
Synonyme:
Konzeption, Entwurf, eine Vorstufe einer Theorie, ein Programm für ein Vorhaben, Plan, eine gedankliche Zusammenfassung (Vorstellung) von Gegenständen und Sachverhalten, die sich durch gemeinsame Merkmale auszeichnen

Eine Konzeption ist eine umfassende Zusammenstellung der Ziele und daraus abgeleiteten Strategien und Maßnahmen zur Umsetzung eines größeren und deshalb strategisch zu planenden Vorhabens. Sie beinhaltet die dazu notwendigen Informationen und Begründungszusammenhänge.


Ich freue mich darüber sehr, dass den Begriff der Methode mit ins Spiel gebracht hast. Sozusagen die Frage nach Modellen, Möglichkeiten, Varianten, Strategien, wie man, wie du sagst, Meldodien mit Akkorden versehen kann.

@PVaults, auch dir Danke.
Das Plural ist ja auch bewusst gewählt.

Jetzt eine weitere Frage dazu:

Wieso soll die von mir gewählte Überschrift unbedingt historische Zugänge mitliefern? Könnte man nicht auch sagen, dass es kollektiv unbewusste Strategien dafür gibt? Letztlich haben sich doch bestimmte Wendungen (sie sind ja in den Meldodien schon oft mit angelegt) dermaßen absolut etabliert, dass man gar nicht sagen kann, welcher Epoche, welchem Stil, welcher Tonsprache welches berühmten Komponisten dies oder jenes "Konzept" entspricht.
Ist es nicht viel mehr postmodernes Allgemeingut?

Ich stimme zwar zu, dass man durch Eingrenzung (z.B. auf Bachsche Konzepte - wenn es soetwas überhaupt gibt?) ja schon Untiefen erreichen kann, die man möglicher Weise allumfassend weder systematisieren könnte noch als eine Methode zur Harmonisierung (ja es geht um Musik) handhabbar machen könnte.

Ich glaube manchmal das der "Fetischismus" am historischen nur von denjenigen gepflegt wird, die selbst wenig gestaltend, kreativ tätig sind; die selbst nicht geschickt harmonisieren können, die nur Haupt- unf Nebenfunktionen einer Tonart kennen und sich nicht vorstellen können, wie viel durchaus handhabbare Möglichkeiten der Harmonisierung es gibt.

Ich habe auch nicht vor, allumfassend Konzepte aneinander zureihen. Kommt die Überschrift nicht auch damit aus, dass man ausgewählte Konzepte der Harmonisation meint und dennoch umfassend Konzepte sagt?

Fallen Euch denn Konzepte der Harmonisation ein? Was fällt Ecuh spontan dazu ein. Habt ihr Konzepte der Harmonisation?

... wenn noch einer muss - dann is' Schluss :)... hier ein Wortspiel.
Harmonisiert ihr hin und wieder mit Konzept?

@Günter Sch. ......

WENN DIE VERNUNFT SCHLÄFT...ERWACHEN UNGEHEUER :)
...wann soll der Maler den Tisch verlassen, das Papier und die Farben
... alle kamen: die Fratze der Unvernuft, grinsend; ein schwarzer Vampier, blutdürstig... :)

Super Text, Tolles Bild von Goya, atemberaubendes Stück für Chor von Domhardt.
 
Harmonisieren von Melodien mit Konzept wird dem Studenten der Musik ja unentwegt beigebracht. Lange Zeit galt der strenge vierstimmige Satz(keine Terzverdoppelungen, keine Quint- und Oktavparallelen, Außenstimmen in gegenläufiger Stimmführung etc.) als das Nonplusultra in den Universitäten, ich denke auch, weil solche Sätze, deren Regeln große Komponisten wahrscheinlich niemals gefolgt sind, leicht abprüfbar sind.
Es gab immer Zeitstile und ebenso Personalstile, die zu gleicher Zeit nebeneinander existierten.
Wie PVaults schon bemerkt hat, gibt es eine Reihe von Harmonielehre-Lehrern, die zu verschiedenen Aussagen und Wertigkeiten im Rahmen ihrer Systeme gelangen.
Ein Buch, das aus diesen mehr oder weniger fest konzipierten Systemen ausbricht und dann eher so etwas wie eine Beispielsammlung zur Harmonielehre der verschiedenen Jahrhunderte(von 1600 bis 1930) darstellt, ist von Diether de la Motte die Harmonielehre(Kassel 1976).
Über die Betrachtung der Klassik hinaus gibt es sicherlich eine Menge Methoden, Melodien mit Akkorden oder Begleittönen zu versehen. Ich denke schon, dass gerade in der populären Musik bestimmte Konzepte immer wieder verwendet werden(nimm als Beispiel die Flut der Musicals in der heutigen Zeit, die kommerziell erfolgreich sind - wieso sollte ein erfolgreicher Komponist sein Konzept des Setzens und Arrangierens von Melodien ändern, wenn sie beim Publikum ankommen?).
 
Ich habe de la Mottes Harmonielehre schon vor dem Studium erarbeitet, jedoch kann ich nicht behaupten, dass mich das prodoktiv weiter gebracht hätte.
Es ist eben eine Sammlung von Beispielen, die verbunden mit Erklärungsversuchen, den harmonischen Vorrat unserer Musiktradion versucht zu erfassen. Hier granzt sie ab, hier subsummiert sie. Alles in allem ist das aber dennoch zu wenig, um etwas erfahren zu wollen, wie der und der bei dem und dem Werk vorgegangen ist. Und was in diesem Buch nun gar nicht vorkommt sind Konzepte für die Produktion.
analytisch - ja da sind alle groß, aber wenns darum geht, Konzepte zu erstellen, die ein Handeln ermöglichen, dann siehts schlecht aus.
Schon auf dem Umschlag des Büchleins steht: "Ein analysebetonter Lehrgang"
Wem bitte soll das nützen?

Nehmen wir mal an, dass Schüler im Musikunterricht Melodien (re-)harmonisieren sollen, um damit vielleicht letztlich eigene Arrangements zu entwerfen.
Wenn wir denen den de la Motte in die Hand drücken, wird gar nichts passieren.

Bei dem Begriff Konzept soll es ja ums Handhabbar-Machen gehen. Nicht für Analyse sondern produktiv.
 
[de la Mottes Harmonielehre]analytisch - ja da sind alle groß, aber wenns darum geht, Konzepte zu erstellen, die ein Handeln ermöglichen, dann siehts schlecht aus. Schon auf dem Umschlag des Büchleins steht: "Ein analysebetonter Lehrgang" Wem bitte soll das nützen?

Demjenigen, der Musik analysieren will. Da gibt es ja einige: Lehrer, Chorleiter, Orchesterdirigenten, Musikwissenschaftler, Komponisten, Tonmeister - alle sollten bis zu einem gewissen Grad in der Lage sein, Musik zu analysieren. Sinn und Zweck ist der Erkenntnisgewinn über musikalische Strukturen. Was man dann aus diesen Strukturen macht, muß dann jeder für sein Fach selbst folgern.

Nehmen wir mal an, dass Schüler im Musikunterricht Melodien (re-)harmonisieren sollen, um damit vielleicht letztlich eigene Arrangements zu entwerfen. Wenn wir denen den de la Motte in die Hand drücken, wird gar nichts passieren.

De la Motte richtet sich auch nicht an Schüler in allgemeinbildenden Schulen, sondern legt einen professionellen Anspruch zugrunde. Daher ist es kein Wunder, wenn dann nix passiert, sondern nur folgerichtig. Es wäre das falsche Buch am falschen Platz. Eine allgemeinbildende Schule braucht Lernmaterialien, in denen eine vernünftige didaktische Reduktion geleistet wurde.

Außerdem legen die Begriffe "(Re-)Harmonisation" und "Arrangement" Popularmusik nahe. Meintest du das so? Auch dann wäre de la Motte einfach das falsche Buch. Dafür gibt es bessere. Wenn es um Jazzarrangement gehen würde, z.B. im Umfeld einer Musikschule könnte man von Axel Jungbluth "Praxis Jazz Harmonisation. Anleitung zum Harmonisieren" verwenden.

Bei dem Begriff Konzept soll es ja ums Handhabbar-Machen gehen. Nicht für Analyse sondern produktiv.

Das siehst du vielleicht so, aber andere nicht - der Begriff "Konzept" ist halt üblicherweise mit einer anderen Bedeutung belegt. Ein Konzept ist ein Plan, aber keine Ausführung. Die Ausführung mag vielleicht nahe liegen, das ändert aber nichts an der Tatsache, daß der Plan auch ohne Ausführung existieren kann.

Ich habe auch nicht vor, allumfassend Konzepte aneinander zureihen.

Das ist gut, denn die Musikwelt ist so vielfältig, daß man sich auf einen sinnvollen Ausschnitt beschränken sollte, um tief genug arbeiten zu können. Du schreibst "ich habe [...] vor": was hast du denn vor? Einen Text zum Thema "Konzepte der Harmonisation" zu verfassen?

Kommt die Überschrift nicht auch damit aus, dass man ausgewählte Konzepte der Harmonisation meint und dennoch umfassend Konzepte sagt?

Das geht zwar, aber die Überschrift weckt dann einen größeren Anspruch, als der Text später einlöst. Das ist ja bei de la Mottes Buch nicht anders - das Schlagwort "Harmonielehre" als Titel ist zwar kurz (und ist deswegen gewählt, weil die anderen Bücher der Reihe analog "Melodie" und "Kontrapunkt" heißen), aber es begrenzt das Thema nicht ausreichend. So wie de la Motte vielleicht präziser "Harmonielehre durch Analyse" o.ä. geschrieben hätte, solltest du dir vielleicht auch Gedanken über einen anderen Titel machen, wenn du keine falschen Erwartungen wecken willst.

Harald
 

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