Mich hat die Sonatenhauptsatzform immer sehr fasziniert. Sie ist so flexibel und gibt dem Komponisten unendliche Freiheiten, ohne zum Schema zu erstarren. Die Geschichte und Entwicklung der Sonatenhauptsatzform seit Scarlatti ist unglaublich interessant. Die großen klassischen Komponisten haben sie immer wieder aufgegriffen und eine schier unübersehbare Zahl an Werken, denen diese Form zugrunde liegt, geschaffen, und das alles in einer unglaublichen Vielfalt, aufgefächert zwischen der kleinen Form der Sonatine und den riesigen Beethovensätzen. Clementi schafft es in seinem op. 36 Nr.1, eine komplette Sonatenhauptsatzform in nur 38 Takten unterzubringen, die sich auf nur einer Din A4-Seite darstellen lässt. In Beethovens Hammerklaviersonate dagegen erscheint der Sonatenhauptsatz in über 400 Takten auf meist über 10 Seiten in epischer Ausdehung. Ich habe selbst mal versucht, Clementi nachzueifern und eine sehr kurze Sonatine zus schreiben, aber so kurz wie er habe ich es nicht geschafft. Deshalb ist für mich diese kleine C-Dur Sonatine ein kompositorisches Meisterwerk. Das muß man erstmal hinkriegen, so kurz. Meine Sonatine hat im ersten Satz 98 Takte bekommen, kürzer habe ich es nicht geschafft. Ich finde, die Sonatenhauptsatzform kann auch die zeitgenössische Musik noch bereichern, wenn man sie nicht als starres Schema begreift, sondern mit Phantasie noch unausgelotete Möglichkeiten erforscht. Das habe ich auch in einem Streichquartett versucht, das aber leider mangels Zeit bisher noch Fragment geblieben ist.
Wenn ich eine neue Sonatine oder Sonate vor mir habe, ist die Form immer das erste, was ich versuche, herauszuschälen: Wo sind die Themen, wie ist der Komponist mit den Tonarten umgegangen etc. Mich interessiert immer: Wie hat es der Komponist gemacht? Das hat mich natürlich auch zuerst bei deinen Stücken interessiert, und weil ich es nicht gefunden habe, wollte ich mal nachfragen.
Aber so, wie Du schreibst, ist es in Deiner Sonatine gar nicht enthalten, da Du einen anderen Begriff der Sonatine pflegst.
Viele Grüße,
McCoy