Macht eine Parlor Sinn? / Gretsch Gin Rickey

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Hey there, people, I'm Bobby Brown…

Seit einigen Wochen bilde ich mir ein, dass eine Parlor Gitarre in meiner Sammlung fehlt. Ich habe dazu leider nur sehr wenig im Forum gefunden und bitte euch um eure Meinung.

Zur Definition:
Parlor-Gitarren haben ihren Namen von ihrem ursprünglichen Verwendungszweck – nämlich der Unterhaltung von Gästen in den Parlors eleganter viktorianischer Häuser. Neben dem kleinen Korpus mit den schmalen Schultern haben Parlor-Gitarren meist eine kurze Mensur (zwischen 55,9 und 63,5 cm) sowie einen 12-Bund-Hals, was ihnen insgesamt sehr kompakte Abmessungen verleiht. Diese Gitarren sind keine „Soundriesen“ sind, sich jedoch durch ihren süßlichen Klang vom Standard ab. (Quelle: Musik-Produktiv)

Einige Worte zum Einsatzzweck:
1. Daheim ohne/mit Verstärker
2. Als Akustikklampfe in unserer Rockband (Strumming in Balladen)

Was ich mir verspreche:
Eine kleine, handliche Gitarre mit Tonabnehmer, die fürs Jammen auf Couch, Bett und Co. toll geeignet ist, aber auch an einem VOX AC30 eine gute Figur macht. Innerhalb der Rockband wäre sie eine akustische Ergänzung (Strumming) für Balladen, die ich bisher auf meiner Gretsch Hollowbody clean gespielt habe. Einen dicken Sound mit viel Low-End benötige ich im Bandgefüge nicht. Wichtig hier: zumindest clean sollte sie nicht pfeifen.

Optisch habe ich schon mit der neuen Gretsch Gin Rickey geliebäugelt, doch so ganz sicher bin ich mir noch nicht.

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Viele Grüße
Lester
 
Eigenschaft
 
Man muss unterscheiden zwischen alten Parlorformen und diesen nachgeahmten Typen, und den heutigen modernen Parlors.

Die ursprünglichen Parlors sind deutlich kleiner, kürzere Mensur, vor allem auch der Korpus dünner, und der Klang dezenter, gern auch mittiger, bei Billiggitarren gern auch mal "boxy". Das muss nicht schlecht klingen, es ist eben bauartbedingt "anders", muss man mögen und muss zur Musik passen.

Die heutigen modernen "Parlors" sind deutlich größer, vor allem auch der Korpus tiefer, und je nach Preisniveau auch die allgemeine Qualität besser. Die haben mit den alten Bauformen nix mehr zu tun, die klingen teilweise wie eine "Große". Wobei natürlich das Volumen das eines richtig großen Korpus nicht erreicht wird, auch wenn sie durchaus beachtliche Lautstärken entwickeln können. Ich mag die Dinger gern ... ich habe/hatte jetzt schon einige Parlors, preiswerte bis Mittelklasse, und habe mir nach den guten Erfahrungen grad kürzlich noch eine richtig gute geholt ... ein Träumchen ... hat absolut das Zeug zur Lieblingsgitarre ;-)
 
Lies Dir mal die Bewertung der Gin Rickey bei Thomann durch: https://www.thomann.de/de/gretsch_g9520e_gin_rickey_w_pu_sm._bk.htm
Das ist ein ganz anderes Biest und für Deinen beschriebenen Einsatzzweck eher nicht die beste Wahl.

Ich habe mir als Kompositionswerkzeug diese hier gegönnt:



Ich war heftig erstaunt, wie gut sich die Kleine macht - klanglich fehlt nicht wirklich was, im Direktvergleich klingen größere Instrumente voller, aber beim Spielen denkt man nicht pausenlos, dass man was vermisst. Alles da. Ich habe sie dann sogar mit auf die Bühne genommen. Wie bei fast allen Instrumenten mit Piezo-PU muss man bei ca. 1.2 bis 1.4 kHz am Pult den EQ etwas absenken, dann natürlich noch den LoCut dazu, aber dann klingt die Kleine auch über PA beachtlich. Ich habe in der Band den Vergleich zu einer 2800 EUR Taylor, die natürlich in allen Belangen besser ist. Aber es ist eben kein vernichtender Vergleich, sondern die Kleine schlägt sich respektabel.

Dann habe ich die Harley Benton nochmal für 50 EUR vom Gitarrenbauer meines Vertrauens auf Vordermann bringen lassen, und das Spielen war das reine Vergnügen!
 
Ob eine Parlor für dich Sinn macht, kannst am Ende nur du selbst entscheiden.
Kann dieser (komischen) Bauform nichts abgewinnen und kriege beim Anblick -insbesondere mit durchbrochener Kopfplatte - immer ein Jucken im Augapfel :D
Bin auch im Zweifel, ob die für deinen gewünschten Zweck wirklich geeignet ist. Nach meinen Erfahrungen klingen die in natura meist dünn, blechig und tw "speziell". Von dem Klang einer großen sind sie meilenweit entfernt. Das macht sie z.Bsp für Blues (gerade mit bottle neck) durchaus geeignet, weil da dieser spezielle Sound gewünscht wird.
Für "normale" Liedbegleitung sind sie für mich weniger passend und für Balladen eher gar nicht.
Das ist halt zudem unterstes Einstiegsniveau und die hat nicht mal eine massive Decke, was ich aus akustischen Gründen immer vorziehen würde. Und je kleiner und billiger die Gitarre, desto Sch... der Klang.
Ob sie am Vox-Amp eine gute Figur macht, ist auch eher fraglich. Das ist ein E-Gitarren-Amp und sie wird halt damit wie eine E klingen. Da ist es besser direkt ins Mischpult zu gehen.
Nach meinen Empfinden wäre eher eine 0irgendwas mit massiver Decke und TA besser für die gewünschten Zwecke geeignet. Für einen akzeptablen Klang würde ich zu Sigma greifen, die beginnen preislich in ähnlicher Kategorie. Und vielleicht das Budget aufstocken... ;)
 
Ich habe eine Fender PM2.
Die hat schon einen Sinn, klingt eher schön und melodiös, mehr schon in Richtung klassischer Gitarre, aber halt schon anders wegen der Stahlsaiten. Die ist aber auch vollmassiv und wirklich nicht mehr billig.
Als Akustikklampfe in einer Rockband kann ich sie mir nicht vorstellen, auch nicht für Balladen, da wird sie im Vergleich zu den Nummern mit E-Gitarren immer dünn klingen.
Für deine beiden Ansprüche in Kombination wäre vielleicht das gescheiter was Taylor als GSmini und Guild als Mini Jumbo anbietet.
Super bequeme Sofa-Gitarren mit ziemlich guten Tonabnehmern und praktisch beim Transport. Schau dir vielleicht einmal so etwas an.
 
Ich habe eine kleine Sanden (Schweden) ... R14 ... https://www.sandenguitars.com/r14

Die passt mit Koffer in die typische Flugzeug-Gepäckablage. Daher war sie schon häufig mit mir unterwegs. Sie hat sogar recht viel Klang und Volumen. Für mich macht also Parlor Sinn, um deine Frage zu beantworten.

Bei der Gretsch solltest du auf jeden Fall die individuelle Gitarre probieren. Was ich auf der NAMM als A-Gitarren in der Hand hatte war ok, aber kein "Gold". Die kleinen Gretsch haben für mein Ohr einen deutlich "dünneren" Klang als die mir vertraute R14.

Mein Kumpel aus Schweden spielte früher immer am MuMe Stand von Sanden (Mike Sanden hat die Designs für Tanglewood entworfen). Daher habe ich zumindest was vom verstärkten Sound. Gibt es mittlerweile auch in einer Resonator Variante.



Gruß
Martin
 
Ja, persönlich ausprobieren, in die Hand nehmen, spielen, das sollte man unbedingt machen wenn möglich ... die Unterschiede sind grad bei Parlors sehr groß.

"Für mich" machen Parlors auch Sinn. Wie ich oben schon geschrieben hatte, ich habe ja selber einige, einfache und richtig gute. Parlors pauschal runterzumachen, wie man manchmal liest, ist einfach Unfug. Ob das nun eine der einfachen Gretsch oder Recording King ist (ich habe/hatte von beiden eine hier) oder richtig gute von z. B. Martin, Eastman etc. oder auch guten Gitarrenbauern - sie haben alle unterschiedliche Qualität und Charakter. Ob und welche nun für den Einzelnen geeignet ist, das hängt allein von diesem, seinem persönlichen Geschmack und der Art der Musik ab die er macht ...

Nachtrag

Zu der oben gezeigten Gretsch "Gin Rickey" noch. Ich hatte eine Weile das ursprüngliche Modell "Jim Dandy" - die war schon sehr speziell im Klang, es ist ja ein einfacher Nachbau einer von Haus aus eher einfachen alten Gitarre, aber nett anzusehen wenn man den Stil mag. Hatte einen kräftigen, durchsetzungsfähigen Klang, aber vom Klangcharakter her schon auch "boxy". Verkauft habe ich sie aber eigentlich nur wieder, weil mir das Griffbrett auf Dauer zu schmal war (ich spiele normalerweise so 45er bis 48er Griffbretter).
Die "Gin Rickey" hier dürfte sehr ähnlich sein, wobei ich den verstärkten Klang nicht kenne. Optisch gefällt sie mir ausgesprochen gut - und das wäre natürlich AUCH ein Aspekt, wenn man sie z. B. für bestimmte Stücke als Bühnengitarre einsetzen will, sie ist schon ein echter Hingucker! :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke für die vielen Antworten zur Parlor-Bauform. Verwundert bin ich fast, wie auch im A-Bereich die Meinungen einen bunten Blumenstrauß bilden. Komme ja eher aus der E-Gitarren-Ecke, und dort herrscht ja hemmungsloser Kannibalismus.

Tatsächlich habe ich mir in den letzten Tagen die Frage gestellt, ob „dass jetzt sein muss“. Letzten Monat komponierte ich 4 Songs auf einer altgedienten Harley Benton Dreadnought und meiner Gretsch Electromatic, die ich noch nicht einmal am Vox eingestöpselt hatte. War die gemütliche Couch die Kompositorenunterlage meiner Wahl? Nein, weil meine Verlobte dort „The Crown“ auf Netflix suchtete. Alles in allem muss ich sagen: keines der Argumente, die ich anfangs für wichtig hielt, hielt der Praxis stand. Braucht es einen Tonabnehmer? Live vielleicht, zuhause nicht. Muss eine Gitarre Mini sein, um auch auf dem Polstermöbel bespielt zu werden? Nö, denn komponiert wird auf dem Barhocker im Musikerzimmer, nicht vorm Fernseher. In den Punkten hat das Konzept Parlor sich für mich also nicht als praktikabler erwiesen.

Kommen wir zu einem anderen, wichtigen Thema: dem Sound. Die vorgestellte R14 klingt meiner Meinung nach absolut genial, ist jedoch außerhalb meines Budgets. Aufnahmen der Jim Dandy und Gin Rickey an einer guten Musikanlage klangen in Ordnung, aber sehr boxy. Ob sich das für Songwriting und Rock-Bandsound eignet? Ich mag ehrlich zu mir selbst sein: wahrscheinlich nicht, denn auch bei akustischen Gitarren stehe ich eher auf den „big sound“. Ihr teilt diese Meinung.

Also muss ich abschließend sagen: sicher hat die Parlor seine Daseinsberechtigung, doch passt sie aktuell nicht in mein musikalisches Konzept. Es wäre ein bisschen so, als ob man sich eine Tin Whistle kauft, weil man auf keltische Musik steht, selbst jedoch keine Ahnung hat, in welches Loch man blasen muss. So eine Investition wäre schade und mittelfristig unnötig.

Worüber ich mir nun eher Gedanken gemacht habe: welchen Platz hat eine Akustikgitarre in meinem Arsenal überhaupt, und wie möchte ich klingen? Als alter Fan fiel mir als Referenz gleich Oasis und Noel Gallagher ein. Offene Akkorde, akzentuiertes Strumming, von Ballade bis Rock, der volle Jumbo Sound. Und ja, wenn ich mir meine persönliche musikalische Situation ansehe, dann deckt sich das ganz gut. Zumindest besser als Delta Blues und Parlor.

In Anbetracht meiner vorigen Anforderungen wäre die Epiphone EJ-200SCE die eierlegende Wollmilchsau. Jumbo, der große Oasis Sound, und dazu auch noch zwei Tonabnehmer (eSonic System mite Piezo und Hals Pickup, mischbar), massive Decke aus Fichte und Ahornboden. Für knapp 400 Flocken durchaus noch mein Niveau und eine Art Update für meine altgediente Harley Benton. Muss der Sprung von Parlor auf Jumbo Sinn machen? Bedingt, wenn man erkennt, dass Parlor einem zu boxy klingt und größere Bauformen dann auch nicht mehr weit weg von der regulären sind. Verrückt, vielleicht – dennoch, eure Meinung zur EJ-200SCE?

Gegenüber der EJ-200SCE steht die Gretsch G5022CWFE, die weiße Falcon Rancher. Ebenfalls Fichte, Mahagoniboden, mit einem Fishman Isys+ Tonabnehmer. Knapp 160 Flocken mehr, optisch natürlich absoluter Zirkus. Unglücklicherweise finde ich zu der Klampfe jedoch nur sehr wenig im Netz.
 
Wenn du jetzt eine Jumbo suchst, würde ich die Finger von beiden Gitarren lassen. Beide Marken haben bei Akustik keinen sonderlich guten Ruf. Bei Epi habe ich noch nichts gehört, was mich auch nur halbwegs angesprochen hätte (dünn bis blechig), ob du damit einen großen Balladensound hinbekommst, halte ich zumindestens unverstärkt für fraglich.
In deinem Avatar ist ein Johnny Cash Bild - von dem Sound bist du mit Epi jedenfalls meilenwert entfernt :D
Da wäre dann eher Sigma als Martin-Kopie erste Wahl. Und Guild baute ebenfalls sehr gute Jumbos.
Hier gab es kürzlich eine Anfrage zu Jumbos, lies dir doch das mal durch.
 

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