Mackie CR4, KRK RP4 oder etwas anderes zum Jammen?

Colorido
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Hallihallo,

aus einem angedachten Computertisch ist bei mir im Musikzimmer ein kleines Rollrack (mit PC im 19"-Case) entstanden, das hinten einen Aufbau hat, auf dem die Studiomonitore stehen. Natürlich ist so keine gescheite Abhöre machbar, aber das ist auch nicht Sinn und Zweck der Anlage, stattdessen wird sie hauptsächlich zum Jammen mit Ableton Live und zum Heraushören mit Transcribe benutzt.

Momentan steht da ein Paar KRK RP5 (G1) drauf, die klanglich für die genannten Zwecke mehr als ausreichen. Das Problem ist nun, dass ich in der Dachgeschosswohnung das Rack wegen der Dachschräge nicht an alle Stellen schieben kann, an denen ich es gerne benutzen möchte. Deshalb suche ich kleinere Monitore bzw. Lautsprecher, die einen guten Kompromiss aus Klang, Preis und Kompaktheit bieten. Außerdem habe ich die RP5 nur als »Dauerleihgabe«, und für eine echte Abhöre, wie ich sie mir später einrichten möchte, werde ich mir ohnehin etwas Größeres und Hochwertiges holen.

Meine Frage ist nun: Wie macht sich die untere Grenze des angegebenen Frequenzbereichs in der Praxis bemerkbar? Bei Thomann sind als unterer Wert der Mackies 70 Hz angegeben, bei den Rokits stehen da 51 Hz. In Töne übersetzt (denn so denke ich als Pianist und Organist) bedeutet das scheinbar ja, dass bei den Mackies etwa beim großen Des Schluss ist, bei den Rokits beim Kontra-As. Ich weiß natürlich, dass man tiefe Töne nicht allein anhand ihrer Grundfrequenz wahrnimmt sondern auch dank ihrer Obertöne, was so weit geht, dass man im Orgelbau Residualtöne nutzt, um Register zu schaffen, die im Gehör Tonwahrnehmungen hervorrufen, die physikalisch von keiner Pfeife des Instruments erzeugt werden. Andererseits habe ich in diesem Forum schon gelesen, dass die Lautsprecher durchaus auch unter dieser Grenze reagieren, nur eben kaum noch wahrnehmbar.

Reichen die Mackies für meine Zwecke also aus? Sie sollen in erster Linie einen halbwegs klaren, druckvollen Sound erzeugen, zu dem man mit Instrumenten jammen kann, zum Beispiel mit einem E-Piano oder einer digitalen Kirchenorgel, die auf einen Pegel eingestellt sind, bei dem das Jammen halbwegs Spaß macht (also in etwa Akustikklavierlautstärke).

(Wie gesagt: Einsatzzweck ist mitnichten eine anständige Abhöre!)

Vielen Dank Euch!
 
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Hi @Colorido
Wie macht sich die untere Grenze des angegebenen Frequenzbereichs in der Praxis bemerkbar?
Ist nicht so ganz einfach zu beantworten.
Das hängt nämlich von vielen Faktoren ab. Dabei spreche ich nicht nur von technischen, sondern auch
deinen Erfahrungen und Erwartungen, welche man nur schwer beschreiben oder gar quantifizieren kann.

Technisch gesehen sieht die Lage so aus:
- Vorweg eine Zusatzinfo: Diese ganzen Grenzfrequenzangaben und auch sonstigen Lautsprecherdaten beziehen sich immer auf ein "Freifeld"-Setup. Das bedeutet ohne jegliche Reflexion oder Raum drum rum (also ein "freies Feld"). Grund dafür ist, weil man sich so wirklich auf die Box konzentrieren kann. Relevant für die Praxis is das nur selten.
- Die Grenzfrequenz gibt grundsätzlich die untere Grenze des linearen Bereiches an.
Dabei ist -3dB als Limit typisch (und mMn auch seriös) aber man findet auch -8, -10dB; manche geben auch gar nix an und man weiß nicht mit was man es zu tun hat.
- Weiters bedeutet diese Grenze nur, dass darunter der Schall leiser ist als eben dieses Limit.
Je Bauform und Abstimmung kann der Pegel hier extrem abfallen (mit 24dB/Oktave und mehr) oder auch gemütlich mit 12dB/Okt. Manche Exoten stimmen Boxen nochmals anders ab, und erreichen unstetige Abfälle welche man umständlicher beschreiben müsste.
- Alleine damit wird es dem Anwender praktisch unmöglich gemacht anhand von Datenblättern (ohne Frequenzgang) Boxen in dieser Disziplin zu vergleichen.
- Der Raum: Im Bereich, wo nur eine oder wenige Wellenlängen in deinen Raum passen (jeweils separat bei in alle Richtungen betrachtet) hast du Raummoden, welche dir den Frequenzgang unglaublich beeinflussen.
Sofern der Raum nicht behandelt ist (aber selbst wenn), verursacht das große Unebenheiten und kann schon mal ordentlich Tiefgang zusätzlich produzieren. Manche Hifi-Freakes empfehlen daher sogar Boxen mit leicht fallendem Frequenzgang zum Bass hin. Ob das der beste Ansatz ist, kann ich generell nicht sagen.
- add) Raum: die Position im Raum bestimmt nun welche dieser Moden wie stark angeregt werden,
daher kann die "beste" Position schon man ein positiv auf den Tiefgang wirklich (dafür vielleicht andere Bereiche kaputt machen).
- Wandnähe: Sobald du mit einer Box nahe an die Wand kommst, produzierst du automatisch mehr Bass,
da dieser an der Rückwand reflektiert wird und positiv mit dem nach vorne abgestrahlten Schall zusammenfällt. (dagegen gibt es meist "Room Correction"-Schalter auf der Box). Wir sprechen hier von bis zu 6dB Anhebung.
- Psychoakustik: Du hast vollkommen recht, dass es nicht notwendig ist den Grundton überhaupt wiederzugeben um den (musikalischen) Ton zu hören.
- add) psychoakustik: tiefe Frequenzen hören wir prinzipbedingt schlecht (siehe Fletscher-Mundson-Kurven). Das geht so weit, dass man z.B. einen 40Hz Ton erst ab ~50dB überhaupt wahrnimmt. Falls man also nie laut Musik hört, kann man auf tiefe Frequenzen gleich verzichten, weil man sie so und so nicht wahrnehmen würde.

Mein persönlicher sehr sehr grober Eindruck ist:
- Musikgenuss fängt bei Systemen mit ~<100Hz Grenzfrequenz an.
Handy-Speaker (fürs laute Zeug) z.B. hat ~800Hz Grenze.
- Für ein ordentliches "volles" Musiksystem sollte man schon 40-50Hz als Grenze anstreben.
- Für Filme zahlt sich auch etwas unter 40Hz aus, für Musik nur sehr sehr selten.
- Beim Mischen kann es von Vorteil sein, nur die Frequenzen über ~100Hz zu betrachten
um sich aufs Wesentliche zu konzentrieren.

LG
Jakob
 
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Vielen Dank für die aufschlussreichen Infos!

Ich denke, dann werden es in meinem Fall die Mackies sein, die auf meinem Rollrack Platz nehmen. Natürlich wären die extra Bassfrequenzen der Rokits eine tolle Sache, aber da ich zum Jammen in einem Mehrfamilienhaus die Boxen ohnehin nicht ausreizen werde, dürfte sich der Unterschied in Grenzen halten. Außerdem weiß ich von Erfahrungen mit früheren Klavierschülern, dass selbst eine handelsübliche Bluetooth-Getränkedose (z.B. JBL Charge) mittlerweile genug Wumms hat, dass man auf einem Klavier dazu spielen kann. Und da sollten die Mackies mit ihren 4"-Membranen noch um einiges drüber liegen.

Außerdem haben die Mackies in der Bluetooth-Ausführung den unbestreitbaren praktischen Vorteil, dass statt 4 (Monitor links, Monitor rechts, Monitorcontroller, Bluetoothempfänger) nur noch eine Steckdose in meiner Schaltleiste belegt wäre.
 
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Reichen die Mackies für meine Zwecke also aus?

Klar. Beim Jammen kannst Du am EQ drehen wie Du willst. Du stellst das so ein dass es ordentlich klingt und der Druck da ist, den Du Dir vorstellst. Für den Zweck völlig legitim. Spricht auch nichts dagegen noch andere Effekte mit einzusetzen. Mache ich immer wieder gerne.

Zum Mischen wird dann eine kontrollierte Umgebung hergestellt. In meinem Fall Kopfhörer.

Das brauchst Du nicht. Ein E-Piano oder einer digitalen Kirchenorgel würde man ja auch auf einer Bühne so hindrehen dass es passt. Und in einer Mischung ebenso. Der Frequenzgang der Boxen ist dabei Nebensache. Das soll ja nicht auf irgend welchen anderen Abhören gespielt werden. Betrachte es einfach als Live Performance. Und alle Probleme haben sich verflüchtigt. Also ran an die Regler und sehen, was Du rausholen kannst....... :D
 
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