Meine mitteltönige E-Gitarre

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MaxJoy
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Vor 500 Jahren hatten die Gitarren und Lauten bewegliche Bünde, um eine bessere Intonierung zu erreichen. Bei der in der Renaissance üblichen mitteltönigen Stimmung werden die Quinten ein wenig enger gestimmt, um perfekte Terzen zu bekommen. Da ich den Klang von meiner E-Gitarre noch nie leiden konnte, habe ich die Bünde mal neu arrangiert - und siehe da, auf einmal klingen die Akkorde rund und schön. :cool:

Mitteltönige E-Gitarre.jpg


  • In 9 Tonarten spielbar: Eb, Bb, F, C, G, D, A, E, H
  • 15 Noten pro Oktave mit 3 Split-Keys (Ab/G#, Eb/D#, Bb/A#)
  • Für die Split-Keys gilt folgende Regel: In den b-Tonarten muss man den höheren Bund nehmen und in den #-Tonarten den tieferen (in der mitteltönigen Stimmung ist z. B. das Eb einen Viertelton höher als das D#).
  • An Akkordtypen kann man fast alles mitteltönig spielen, lediglich die (künstlichen) verminderten und übermäßigen Akkorde funktionieren nur in der gleichstufigen Stimmung gut.
Im Augenblick habe ich die ersten 12 Bünde bearbeitet und werde mich weiter nach oben vorantasten. Trotz des verwirrenden Anblicks konnte ich die meisten meiner akustischen Gitarrenstücke nach kurzer Eingewöhnungszeit spielen, sie klingen auf dieser Gitarre jetzt sogar besser als auf meinen aktustischen Gitarren. Der Trick ist, nicht auf das Griffbrett zu schauen, sondern die Finger einfach mal machen lassen.💡
 
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Interessant. Gibt es vielleicht auch ein Klangbeispiel?
Hast du einen speziellen Grund, warum es ausgerechnet Mitteltönige Stimmung sein sollte?
 
Interessant. Gibt es vielleicht auch ein Klangbeispiel?
Hast du einen speziellen Grund, warum es ausgerechnet Mitteltönige Stimmung sein sollte?

Hallo Waljakov,

Klangbeispiele kommen noch, aber nicht mehr heute.

Die mitteltönige Stimmung liefert den besten Klang mit den meisten Möglichkeiten. Deswegen habe ich nicht nur meine VST-Instrumente mitteltönig durchgestimmt, sondern auch tue das auch nach und nach mit meinen akustischen.
 
Ich finde es auch sehr interessant und würde mich über Klangbeispiele freuen. Spielst du deine mitteltönig gestimmten Instrumente auch mit anderen Musikern zusammen?

Auf dem Bild erkennt man leider nicht viel. Was sind denn diese breiten kupferfarbenen Streifen, sind das deine neuen Bünde?
 
Hallo Blazer81,

Spielst du deine mitteltönig gestimmten Instrumente auch mit anderen Musikern zusammen?

Nein, ich spiele nur für mich. Mit anderen Musikern zusammen spielen dürfte schwierig werden, mangels mitteltöniger Instrumente.

Was sind denn diese breiten kupferfarbenen Streifen, sind das deine neuen Bünde?

Ja, genau! :cool: Das sind Plastikstreifen aus dem 3D-Drucker, die ich mit doppelseitiger Klebefolie auf das Griffbrett gepappt habe. Sie halten nicht ewig, aber sie lassen sich sehr schnell austauschen und umstimmen. Ich überlege noch, ob ich wirklich feste Bünde einziehe oder ob ich bei den Klebebünden bleibe (z. B. aus Nylon statt PLA).
 
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Ich habe lange Zeit nicht mehr Gitarre gespielt und bin etwas aus dem Training, für einen ersten Klangeindruck dürfte das aber genügen. :m_git_a:
Solche Arrangements mit Bass, Begleitung und Melodie haben vorher in der gleichstufigen Stimmung schauderhaft geklungen, weil die E-Gitarre extrem obertonreich ist. Mitteltönig klingt sie aber ziemlich gut, meine ich. Ich werde mal neue Saiten aufziehen und noch ein paar Beispiele aus Klassik und Jazz schicken, sobald ich sie wieder drauf habe. :)
 

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Ich würde jetzt nicht behaupten, dass ich die abweichende Stimmung bemerke, aber es klingt sehr angenehm "sauber", wenn mehrere Töne gleichzeitig erklingen. Von daher: Ziel erreicht.
Und sehr schön gespielt übrigens.
 
es klingt sehr angenehm "sauber", wenn mehrere Töne gleichzeitig erklingen

Genau darum geht es: Saubere Stimmung ist kein sensationeller Effekt, sondern etwas ganz Grundlegendes, das den Gesamtklang eines Stückes bestimmt. Man merkt es erst, wenn mehrere Töne gleichzeitig über eine gewisse Zeit erklingen.
 
für einen ersten Klangeindruck dürfte das aber genügen. :m_git_a:
Vielen Dank fürs Vorführen Deines ungewöhnlichen Instruments. Der Klang ist für mich schwer zu beschreiben - einerseits vertraut und andererseits etwas exotisch. Die Ohren sind ein Stück weit irritiert. Irgendwie fesselnd und vor allem erfrischend. Kekse sind unterwegs!
 
Danke für die Kekse! :)

Irgendwie fesselnd und vor allem erfrischend.

Gewöhn dich besser nicht an den Klang. Seit ich meine Autoharp mitteltönig gestimmt habe, konnte ich den miesen Klang meiner Gitarren nicht mehr ertragen und musste daher zu drastischen Maßnahmen greifen. :D
 
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Klingt angenehm schief. Aber die Intervalle die zustande kommen, klingen dennoch schön. Ist mal ein ganz anderer Charakter der da so zustande kommt.
Wo kommt das Tonsystem ursprünglich her? Woher rührt deine Inspiration?
Und was sind deine Ziele damit?
 
Wo kommt das Tonsystem ursprünglich her?

Seit dem 11. Jahrhundert haben englische Komponisten und Sänger mit den Terzen und Sexten als harmonischen Intervallen experimentiert, vorher galten nur Oktaven, Quarten und Quinten als reine Intervalle. Dafür waren kleine Anpassungen im traditionellen pythagoreischen Tonsystem notwendig, die in der Folgezeit auch zu neuen Erkenntnissen in der Mathematik geführt haben. Ich bin über die Just Intonation auf Zarlino gestoßen, der grundlegende Werke zu Intonation und Tonsystemen verfasst hat. Die mitteltönige Stimmung war für viele Jahrhunderte bis in die Neuzeit in Gebrauch, insbesondere bei Orgeln, Cembalos und Harfen. Sie ist der Ursprung der europäischen mehrstimmigen Musik. :geek:

Und was sind deine Ziele damit?

Ich mache Musik, weil es mir Spaß macht. :)
 
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Interessant. Ich könnte versuchen zu beschreiben, was meine Gedanken dazu sind, welche in dieselbe und doch andere Richtung tendieren aber um beim Thema zu bleiben:

Du hast angedeutet , dass du gewisse Schwierigkeiten hast, die mitteltönige Stimmung in Einklang mit der uns geläufigen temperierten Stimmung zu bringen. Stimmt das so überhaupt ?
Und das kannst du deine Gedanken dazu genauer erläutern?

Und hast du auch mal versucht komplette Tracks/Songs/Stücke zu arrangieren (Full Production)?
 
Du hast angedeutet , dass du gewisse Schwierigkeiten hast, die mitteltönige Stimmung in Einklang mit der uns geläufigen temperierten Stimmung zu bringen. Stimmt das so überhaupt ?

Die Quinten werden enger gestimmt, die Tonleitern ergeben sich aus gestapelten Quinten. Solange man in den Tonarten F, C und G bleibt, ist der Unterschied zur gleichstufigen Stimmung erträglich, aber je weiter man sich davon entfernt, desto wüster wird es. Generell sollte man schon darauf achten, dass alle Instrumente gleich gestimmt sind, sonst ist es eben keine reine Stimmung mehr. Deswegen hat man bis jetzt nur selten eine E-Gitarre zusammen mit einem klassischen Orchester musizieren gesehen, die pflegen nämlich anders zu intonieren. ;)

Und hast du auch mal versucht komplette Tracks/Songs/Stücke zu arrangieren (Full Production)?

Ich habe vor, wieder mehr mit dem Computer zu arbeiten. Welches Stück schwebt dir denn vor? Traditionelles Liedgut aus früheren Jahrhunderten z. B. klingt auf heutigen Instrumenten abgegriffen und reizlos, mitteltönig gespielt entwickelt es aber einen hypnotischen Zauber. 🪄
 
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Hast du mal mit einem Stimmgerät nachgemssen, wie nahe deine Konstruktion der theoretischen mitteltönigen Stimmung kommt, wenn man diese ausrechnet?
Ich finde ehrlich gesagt nicht, dass das besonders sauber klingt, wobei ich auch ein Klangbeispiel komplette ohne Zerre besser fände, um das zu beurteilen.
So ganz hat mich dieses Konzept der Mitteltönigen Stimmung aber auch nicht überzeugt, da man ihmo reine Quinten deutlich besser hört als reine Terzen.

Trotzdem sehr cooles Projekt!
 
Interessant. Danke!

Deswegen hat man bis jetzt nur selten eine E-Gitarre zusammen mit einem klassischen Orchester musizieren gesehen, die pflegen nämlich anders zu intonieren. ;)
Ist die Intonation über Bünde nicht ohnehin ein Kompromiss?


Ich habe vor, wieder mehr mit dem Computer zu arbeiten. Welches Stück schwebt dir denn vor? Traditionelles Liedgut aus früheren Jahrhunderten z. B. klingt auf heutigen Instrumenten abgegriffen und reizlos, mitteltönig gespielt entwickelt es aber einen hypnotischen Zauber. 🪄
Du kannst gerne "traditionelles Liedgut" mit deiner Gitarre aufnehmen, wenn es dir Freude bereitet. Aber um deine Aussage zu untermauern, müsstest du es in der mitteltönige, wie auch in der temperierten Stimmung aufnehmen für einen direkten A/B Vergleich.
 
Ich finde ehrlich gesagt nicht, dass das besonders sauber klingt

Das Stück moduliert in 3 Tonarten und das eigentlich spanische Thema enthält sogar eine Blue Note. So ein Cross-Over Folk klingt natürlich nicht 100% sauber, zeigt aber, dass man mit der mitteltönigen Stimmung keineswegs nur Stücke aus der Zeit vor 1900 interpretieren kann. Ein guter Teil ist auch meiner unvollkommenen Spieltechnik geschuldet, für Barregriffe muss ich erst wieder die Kraft entwickeln.

Eine Stimmungstabelle kann man sich sehr leicht selber herleiten. Der Trick bei der mitteltönigen Stimmung sind die etwas verengten Quinten: Um vom Grundton zur Terz zu gelangen, muss man 4 solche Quinten aufeinander stapeln, d. h. eine kleine Änderung an den Quinten bewirkt eine 4-fach größere Änderung an den Terzen. Um die um 14 Cent verstimmten Terzen bei der gleichstufigen Stimmung zu korrigieren, muss ich also die Quinten nur um 3,5 Cent herunterstimmen. 3,5 Cent sind aber praktisch unhörbar, weniger als 5 Cent Unterschied kann das Ohr gar nicht auflösen.

Ich stimme die Quinten sogar 4 Cent herunter, das ist ein guter Kompromiss, damit große und kleine Terzen möglichst nah am Ideal sind. Meine Stimmungstabelle sieht dann so aus:

Ab 28
Eb 24
Bb 20
F 16
C 12
G 8
D 4
A 0
E -4
H -8
F# -12
C# -16
G# -20
D# -24
A# -28

Die Zahlen sind die Abweichungen von der gleichstufigen Stimmung in Cent. Danach habe ich erst die Saiten gestimmt und dann jeden einzelnen Bund.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Du kannst gerne "traditionelles Liedgut" mit deiner Gitarre aufnehmen, wenn es dir Freude bereitet. Aber um deine Aussage zu untermauern, müsstest du es in der mitteltönige, wie auch in der temperierten Stimmung aufnehmen für einen direkten A/B Vergleich.

Meine E-Gitarre wieder zurückzustimmen, ist mir ehrlich gesagt zu aufwändig. Ich muss dir auch keinen A/B-Vergleich vorführen, den kannst du selber recht einfach am Computer machen. Moderne Musikprogramme und Synthesizer bieten meist eine Möglichkeit für Microtuning.
 
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Die Zahlen sind die Abweichungen von der gleichstufigen Stimmung in Cent. Danach habe ich erst die Saiten gestimmt und dann jeden einzelnen Bund.
Und wie hast du das umgesetzt? Hast du ausgerechnet, wie viel cm / mm der Bund verschoben sein müsste oder hast du mit einem Stimmgerät solange den Bund umpositioniert, bis er die richtige Frequenz hatte (also den Abstand quasi experimentell bestimmt) ?
 
Und wie hast du das umgesetzt? Hast du ausgerechnet, wie viel cm / mm der Bund verschoben sein müsste oder hast du mit einem Stimmgerät solange den Bund umpositioniert, bis er die richtige Frequenz hatte (also den Abstand quasi experimentell bestimmt) ?

Ich habe jede einzelne Saite und jeden Bund mit einem Stimmgerät justiert. Dabei hat sich schnell gezeigt, dass die Bünde der dicken und der dünnen E-Saite gar nicht auf der gleichen Höhe liegen, weil durch die unterschiedliche Saitendicke ein Drift entsteht. Die mathematisch errechneten Gitarrenbünde auf den meisten Gitarren geben also noch nicht einmal die gleichstufige Stimmung korrekt wieder. Einige wenige Gitarrenbauer haben diesem Drift-Effekt Rechnung getragen und bieten fächerförmig geweitete Bünde an.
 
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