O mei - nein, so simpel denkt die Welt der Analyse nicht. Das sind ja theoriegeladene Begriffe, die aus der Musikwissenschaft stammen. Was man damit meint, sind "Zusammenklangsmuster", die sich in bestimmter Musik finden und (mehr oder weniger implizit) von Komponisten und Arrangeuren als "ideal" vorausgesetzt werden. Wenn im 18. Jahrhundert ein Komponist schreibt "die schrille Flöte stach hervor", dann meint er das in aller Regel negativ: Der Flötenton hätte sich als Teil-"Register" des Gesamtklanges einfügen sollen. Wenn ein Avantgarde-Komponist dasselbe schreibt, muss er dazusagen, ob das gewünscht oder falsch ist. Und wenn ein Musiktheoretiker über das 15. Jahrhundert einen damaligen Text so interpretiert, dann meint er als Beschreibung des damals vermutlich weitgehend akzeptierten Klangbildes.
Ein Mischklang hängt nicht von der Anzahl der Instrumente ab, sondern eben von deren Klangfarbe und ihrer Mischfähigkeit - das, was man bei der Orgel "zeichnend" (dann ist es eben "heraushörbar") oder "verschmelzend" ("nicht heraushörbar") nennt: Eine kleine Harmoniemusikbesetzung oder ein Salonorchester mit 4...5 Instrumenten kann ein vollkommen verschmelzenden Klang hervorbringen, und damit auch der entsprechende Ausschnitt eines Sinfonieorchesters; dagegen hört man ein Xylophon sogar noch aus einem forte-Tutti eines sinfonischen Blasorchesters heraus - was nun nicht heißt, dass das "Spaltklang" wäre - aber es zeigt, dass die "Klangkonstruktion" nicht so sehr von der Lautstärke, sondern eben von der Charakteristik der Instrumente abhängt.
Aber ich würde diese Begriffe nicht auf konkrete Musikstücke und schon gar nicht auf Teile davon anwenden, sondern nur auf Besetzungen - daher kommen sie m.W. Andernfalls kommt man zu komischen Beschreibungen: "Nach dem Spaltklang der ersten 8 Takte folgt eine Passage in Mischklang"??? Wenn schon, dann: "Nachdem in den ersten 8 Takten die Instrumente XY charakteristisch hörbar sind, folgt eine Passage, in der die Klangregister miteinander verschmelzen" oder so ...
H.M.