Hallo Sam,
ich - wir alle - freuen uns, dass Du Dich so mit dem Inhalt
des Songs befasst, und dass Du Dich so klar positionierst!
Bevor ich darauf eingehe, eine kleine Bemerkung zum Begriff
"Positivismus": Ein mit der üblichen Philosophie vertrauter
Mensch wäre hier irritiert, denn für ihn bedeutet "Positivismus"
einfach nur, dass die sinnliche Wahrnehmung die Basis für das
Denken ist - im Gegensatz zur scholastischen Transzendentalphilosphie
des Mittelalters. Du verstehst dagegen unter Positivismus eine Art
optimistische Haltung und Einschätzung - so wie wir sie im Song
"Rainbow" ja auch vorschlagen. Sagen wir deshalb lieber
"Optimismus"? Also, worüber wir reden, das ist die "optimistische
Grundhaltung".
Und ja, Du hast damit vollkommen recht: Eine optimistische
Grundhaltung hat ihre Tücken und verleitet zu Fehlwahrnehmungen
und Falscheinschätzungen der Realität - und kann damit,
wenn sie in Handeln (bzw. kein Handeln) übersetzt wird, fatale
Folgen haben.
Gerade in einer Zeit, in der viele Fakes verbreitet werden, ist es
umso wichtiger, keiner Fehleinschätzung erlegen zu sein, sondern
sich ein reales Bild zu verschaffen. Das gilt insbesondere, wenn
wir an Corona, den Ukraine-Krieg oder den Klimawandel denken.
Bei solchen politisch brisanten Themen ist eine reale
Bewertung sehr wichtig - deshalb ist Dein Einwand sehr treffend.
Jedoch - jetzt also kommt das "jedoch" (!) - gibt es Studien aus
der empirischen Psychologie, die besagen, dass im alltäglich
persönlichen Umgang Optimisten eine bessere Gesundheit haben
und sogar länger leben (ich müsste jetzt erst lange die Info dafür
suchen).
Und das genau ist die Aussage des Songs "Rainbow": Oft ist eine
optimistische Grundhaltung im Alltag die erfolgreichere und
stressfreiere Art im Umgang: Warum nicht anderen ein bißchen
mehr vertrauen? Warum nicht erstmal die besten Absichten annehmen?
Mit Optimismus wollen wir aber nicht "positiv darüber hinwegsehen"
oder "mit einem Lächeln alles abbügeln" verstanden wissen, sondern
schon so, wie Du es andeutest, ein "konstruktives Arbeiten an Problemen"
verstehen. Aber eben mit der Zuversicht, diese Probleme
auch lösen zu können. Manchmal hilft es ja gerade auch, sich an
Probleme heranzuwagen, wenn man auch glaubt, diese bewältigen zu
können.
Die optimistische Grundhaltung darf natürlich nicht in Naivität übergehen -
oder in das Negieren von Problemen im persönlichen Umfeld -
oder in ein Ausweichen vor Konfliktsituationen.
Aber hier sehen wir: Das Thema ist ein großes und umfangreiches,
und man müßte "Optimismus" situativ betrachten und eingrenzen.
Danke lieber Sam für Deinen großartigen Einwurf!
Andy enroe.