Restaurationsbedürftig oder das Grosse Wie

jpilux
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ahoi! :)
Mein Problem? - Ein Gebrauchtkauf eines eher etwas älteren Akkordeons. Marke unbekannt oder halt! Nein, nicht ganz..auf der Bassseite steht in hübsch geschwungenen Lettern das Wort "Favorit" und auf dem Diskantverdeck in ebensolch hübsch geschwungenen Lettern die Worte "Royal-Standard". Ausserdem sind auf den Stimmstöcken-Jahreszah-len? - eingraviert. 1936, 1950. Sonst leider keine Information.

Eigentlich hätte man es sich denken müssen als da zu lesen war "aus Nachlass". Aber leider, leider - ich bin nun mal kein Profi, weder was einkaufen angeht und auch nicht was die reine Kunde vom Handzuginstrument angeht. Na jedenfalls es ist heute bei mir angekommen, verdreckt, naja normal, aber dann der erste Blick auf die mottenzerfressene Gaze des Diskantverdecks, kann man austauschen...Nägel ziehen und reinschauen..oh Schreck :eek:zwei Stimmstöcke fliegen mir gleich mal als erstes entgegen...die Lust schwindet. Allerdings doch eher seltsam denn von den losen Stimmstöcken war eben beim ersten Anspielen noch gar nichts zu vernehmen. Allerdings um so mehr Ventilflattern, zu leise Stimmen, irgendeine Verstopfung und ein eher als ausgelutscht zu bezeichneneder Bass, alles partiell aber eben vorhanden.
Und dann auch noch die an den Stimmzungenenden angenieteten Metallwürfel in echter Frankensteinmanier. Grausam, grausam! Nun brauche ich ein paar professionelle Tipps wie ich das Akkordeon neben der Reinigung die es wirklich nötig hat, auch tontechnisch wieder soweit auf Vordermann bringen kann, dass ich darauf ein wenig üben kann ohne dass sich meine Öhrchen alzusehr kräuseln. Im folgenden ein kleiner Fragenkatalog:

1. Betr. Einstellen des Löseabstands - Wie? Welches Mass? Werkzeug?
2. Betr. Ventilerneuerung - Werden die Ventile einfach aufgekleblt oder wie gehe ich vor? Welchen Klebstoff benötige ich dafür?
3. Betr. Zungenblockade - Kann man das richten oder braucht es eine neue Stimmplatte?
4. Betr. Frankensteins Stimmzungenkonstruktion - Ist das normal, das beeinflusst doch sicherlich das Schwingungsverhalten der jeweiligen Stimmzunge, oder?
5. Klappenfehler - Welche Sorte Leim verwendet man zur Befestigung der Klappen an den Clavishebeln?
6. Tasten - Beim Erstversuch der Aussenreinigung haben sich gleich mal ein zwei drei Tasten verabschiedet. Welchen Leim verwendet man hier? Ist wohl wasserlöslich wie ich festgestellt habe?
7. Stimmzungen - Rostbelag auf denselben, kann man den runterschmiergeln ohne dabei die Stimmung anzugreifen?

Ein weiteres Problem ist natürlich, dass ich gar nicht weiss wie die Stimmen eigentlich klingen müssen, teilweise sind sie ziemlich monoton (bei gleichzeitiger Blockade im Zug) und bei Druck mehrstimmig.

Insgesamt habe ich noch Hoffnung :gruebel:, ich bräuchte halt nur ein wenig kompetente Unterweisung...freu mich auf Antworten :p
Vielleicht weiss ja sogar jemand woher das Instrument stammt, sprich wo es gebaut wurde und von wem....Ach ja, und dann noch die Frage noch kostengünstiger Beschaffung, die Preise auf ebay erscheinen mir doch schon ein wenig seltsam (0,5qm Gaze für 10,-€ oder 50 Diskant-Ventile für ebenfalls 10,-€) aber vielleicht lieg ich da ja falsch.
Sagt's mir, ich brauch das!...
 
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Hallo Jpilix, da hast Du dir was schönes angelacht. Royal Standard wurde von Zuleger Leipzig hergestellt.
Waren sehr gute Akkordeons ( Bert Kaempfert hatte eins)
Zu den Fragen:
1. Lösabstand: Zunge sollte so hoch überstehen ,wie sie dick ist.
2. Ventile kann mabn mit normalem Uhu ( wenig) kleben
3. Stimmplatten reinigen mit Glasfaserradierer. Es gibt auch ein komplettes Reinigungsbad bei www.stringsandboxes.de ( 20€) .Entrosten/Reinigen geht auch mit verdünnter Phosphorsäure oder
sogar mit CocaCola (enthält Phosphorsäure als Säuerungsmittel. Dauert dann aber etwa 14 Tage
Nicht schmirgeln/schleifen. Stimmen mußt Du aber sowieso
4. Die kleinen Gewichte an Basszungen sind normal und häufig zu finden
5. Klappen an den Clavishebeln kannst Du auch mit UHU kleben
6. Tasten wurden früher häufig auch mit einfachem Holzleim geklebt.Es geht gut mit Ponal express, der ist auch wasserfest
7.siehe oben

Die Preise für Material sind sehr unterschiedlich. Preislich ganz gut liegt www.acmuton.de oder noch günstiger aus Schottland ! www.cgmmusical.co.uk. Die Versandkosten sind nicht höher als bei Teilen aus Deutschland. Lieferung geht schnell.

Wird sicher viel Arbeit aber es lohnt sich und macht Spass

tastenfux
 
Hallo Jipilux,

deine Beschreibung hört sich ja nicht gerade berauschend an!:confused::eek:

Viele Infos, was man wie selber machen kann, und was einem da so dabei passieren kann findest du im Thread : "Vom Lagerfeuerholz zum Akkordeon" von Ippenstein. Denn das was du so beschreibst klingt nach sehr viel selbst richten, da ´s sonst uferlos teuer werden wird, wobei eine Royal Standard ist zwar alt, aber grundsätzlich keine schlechte Basis.

Ansonsten kurz zu deinen Fragen:

1. Der Löseabstand, soweit ich im Board nun rausgelesen habe beträgt ungefähr die Zungendicke. Hierbei auf jeden Fall mit großer Vorsicht zu werke gehen, sonst sind se ab.

2. Ventile werden einfach aufgeklebt mit UHU oder ähnlichem. Es empfiehlt sich bei dir aber sicher zuerst die Stimmplatten auszuwachsen, entrosten und zu reinigen, sonst ist die Arbeit umsonst. Außerdem kommt man so viel besser an die hinteren Ventile ran.

3. Zungenblockade geht zu beheben, indem man den seitlichen Spakt mit einer Fühlerlehre links und rechts gleichmäßig einstellt: Fühlerlehre an der Seite reinschieben, wo´s klemmt und damit die Zunge vorsichtig in die Mitte "drehen".

4. Um tiefe Frequenzen bei relativ kleiner Zungenlänge zu erhalten werden auf die tiefen Töne Ballastgewichte aufs Zungenende aufgelötet, oder wie bei dir aufgenietet - ist tatsächlich normal!

5. zur Befestigung der Clavishebel werden alle möglichen Arten angewandt. Bei meinen alten Akkordeons sind die mit Wachs eingesetzt und dann obendrüber ein "Sicherungspapierle". Bei den neuren sind die Teile eher geklemmt - hängt von der Bauform ab.

6. Bei den Tasten muß ich passen - würd aber, wenn ich s schon klebe mit wasserfestem Leim machen.

7. Vor dem Neustimmen muß der Rost runter, sonst hält sich die Stimmung nicht - also wenn die Stimmplatten eh schon runter sind und gereinigt werden, dann kann man am Besten mit einem Glasfaserradierer den Rost vorsichtig abradieren - aber nur den Rost. Hinterher, wenn neue Ventile drauf sind und die Platten wieder auf die Stimmstöcke aufgewachst sind, muß eh gestimmt werden.

8. Stimmen selber, läßt man dann wohl eher vom Fachmann machen, der kann einem auch anhand von anderen Instrumenten zeigen, welcher Klang möglich ist. Da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, die man beim Stimmen einstellen kann, hängt aber unter anderem vom genauen Aufbau deines Instruments ab, das kann man so auf die Distanz nicht beurteilen.

Material kann man teilweise beim Akkordeonbauer bekommen, oder z.B. bei Hohner direkt, oder über spezelle Versender. Da gibt´s hier im Board einige Infos drüber - lies dich mal mittels der Suchfunktion hier durch.

Also: In die Hände gespuckt, ran an die Arbeit und die Kiste soweit wie möglich wieder aufgemöbelt - und das Feintuning beim Akkordeonmeister machenlassen. Dann kriegsste zwar ne Menge Arbeit an den Hals, aber hinterher ein ganz besonderes- nämlich DEIN Akkordeon.:great:

gruß,
maxito
 
Funktioniert die Baßmechanik und ist der Balg dicht? Den Lösabstand muß man nicht unbedingt korrigieren. Es kommt halt darauf an, wie die Zungen ansprechen - bei alten Akkordeons darf man normal aber nicht zuviel erwarten.
Wie viele Tasten und Bässe hat es? Hat es Registerschalter und wieviele Chöre hat es? Geht die Baßmechanik leichtgängig?

Setz doch mal ein paar Bilder rein. Ich habe übrigens auch eine Royal Standard, allerdings eine etwas größere... ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Tja, also erstmal vielen Dank für die Resonanz! Erst mal zu der Frage vonIppenstein. Also, es hat 80 Bässe, 3 Register. Chöre sagt mir erstmal garnichts. sind das die Stimmstöcke oder die "ominösen" Mehrstimmigkeiten die beim Anspielen mancher Bässe anklingen??
Der Balg ist wohl dicht und sieht auch sogar noch richtig gut im Sinne von nicht gebräunt oder sonswie versifft aus. Hat mich ehrlich gesagt auch gewundert, es hängt nur ein klein wenig Staub in den Falten.
Die Bassmechanik hab ich grad in der Mangel denn Sie war zwar leichtgängig, jedoch echt versifft mit Staub und irgendeiner fetthaltigen Substanz, fühlte sich an wie aus dem Dunstabzug einer Grossküche nur eben nicht so stinkig...die ersten bzw. in Ausbaureihenfolge die zweiten 12 Wellen sind schon wieder drin und einigermassen gleichauf was die Wege angeht und - obwohl da irgendwie alle möglichen Klappen von unten gegen die Hebelverlängerungen stossen hab ich sie sogar einigermassen leichtgängig hinbekommen. Bei einer Klappe müsste man wohl die Hebelverlängeung austauschen da diese die Kraft nur schräg überträgt weil sie dem Erbauer wohl zu kurz geraten ist und deshalb wenig Spielraum zur Einstellung lässt, nach 2 Stunden immer wieder daran herumrichten funktioniert sie aber auch erst mal wie gewünscht. Nun bin ich gerade an dem Wellenkäfig mit den restlichen 48 Knöpfen. 'Ne Menge Arbeit..in der Tat! Die Kiste hat wenn die Altersangabe stimmt ziemlich alten Siff angenommen der erstmal beseitigt werden will. Wie man hier Bilder einstellt...? Im eigenen Album oder wie? Keine Ahnung wär aber 'ne Idee, so die ultimative Doku Soap der Altlastenbeseitigung aus x Jahren Akkordeonleben. Stimmt, ich werd mal die Kamera auspacken, das passiert sowieso viel zu selten. Die Bilder werd ich als Album einstellen, so vorher und nachher wobei für das gesamte Vorher ist es ja nun leider schon zu spät...ich stelle wieder mal fest dass ich viel zu sehr zielfixiert bin und daher viel zu oft vergesse andere an meinen Erlebnissen teilhaben zu lassen...!

Nun an maxito:

Also den Löseabstand der Stimmzunge einstellen, d.h. ja wohl dass man diese ein wenig verbiegen müssen wird. An welcher Stelle der Stimmzunge nimmt man dies Verbiegen vor?
Das mit dem Auswachsen ist mir auch eingefallen, schliesslich muss ich die inneren Ventile ja irgendwie erreichen, bei der Gelegenheit kann ich dann auch gleich die Stimmzungen reinigen.
Mit den Ballastgewichten, also wahrscheinlich ist es wie Du sagst und sie sind gelötet, die Gewicht haben Löcher, deswegen dachte ich an Nieten. 'S ist aber wohl Quatsch.
Die Clavishebel sind dann wohl mit Wachs eingesetzt wie Du sagst mit dem Papierle obenauf. Das werd ich wohl so beibehalten.
Tja und das Stimmen, genau da bekomm ich halt derzeit auch die meisten Kopfschmerzen, denn erstens hab ich damit keine Erfahrung wenn ich mitlerweile auch schon gelesen habe wie das funktioniert bzw. wie es ausgeführt werden soll. Allerdings ist das Beiwerk schon so aufwendig, dass ich mir natürlich überlege ob ich das nicht besser in Auftrag gebe. Was kostet stimmen lassen denn so? Die Gefahr dass man etwas kaputtmacht ist beim Erstversuch natürlich imens gross. Allerdings ist natürlich die Frage wieviele der Stimmen überhaupt die Aufmöbelungsaktion überleben werden. Naja, kommt Zeit, kommt Rat. Bis jetzt ist es noch die Reinigung die vorangehen muss.

Und an tastenfux: Wo bekommt man denn einen "Glasfaserradierer" her. Hab ich noch nie gehört und hab auch keine Idee dazu. Wozu benutzt man denselben denn wohl normaler-weise? CocaCola klebte mir zu heftig wie ich zugeben muss, da hab ich ja dann gleich wieder das StaubKlebKonvolut für das ich eben grad noch meine Zeit investiert hab und auch noch an den Stimmen...nein,nein! Das geht überhaupt nicht...Und mit Säuren bin ich vorsichtig. Bleibt also nur radieren. Na jedenfalls erst mal vielen Dank für die Anteilnahme, ich mach mich jetzt erstmal ans fotofieren der Einzelteile damit wenigstens ein ungefährer Eindruck meines Projekts am Ende der Nachwelt zur Begutachtung überlassen werden kann... ich meine falls ich zwischendurch verzweifeln sollte, äh ... :gruebel:
 
Hallo jpilux.

Wie man hier Bilder einstellt...? Im eigenen Album oder wie?

Entweder in einem Album oder als Anhang eines Beitrags ("Erweitert").

Wo bekommt man denn einen "Glasfaserradierer" her. Hab ich noch nie gehört und hab auch keine Idee dazu. Wozu benutzt man denselben denn wohl normaler-weise?

Zum Thema "Glasfaserradierer", aber auch zur Instandsetzung allgemein schau bitte einfach mal in diesen Thread: https://www.musiker-board.de/vb/akkordeon/311664-vom-lagerfeuerholz-zum-akkordeon.html - vermutlich klären sich dann einige Deiner Fragen von selbst...
 
Hallo jpilux,

ich verstehe gerade nicht, warum Du mit aller Gewalt die Lösabstände einstellen willst. Normalerweise sind die optimal eingestellt und wenn der Ton gut anspricht, sollte man da nichts dran ändern. Zudem ist bei dem Biegen die Gefahr groß, daß man ein Niet lockert. Und wenn das passiert, muß man dann wieder den Niet mit richtiger Festigkeit festbekommen und wenn das nicht mehr klappt, kann man die Stimmplatte wegwerfen.

Daher also Vorsicht mit dem Einstellen der Lösabstände.
 
Hallo jpilux, Glasfaserradierer gibt es in jedem Schreibwarengeschäft. Phosphorsäure ist übrigens nicht giftig aber eben ätzend. Nach dem Entrosten natürlich gründlich säubern z. b. in Azeton .
Der Lösabstand ist sicher das geringste Problem. Du hast ja sonst noch genug zu tun.
Selber Stimmen ist eine Kunst . Ich habe mein Akkordeon so weit wie möglich restauriert und dann zum
Stimmen nach Schöneck bei Klingenthal zu einem wirklichen Meister geschickt. Siehe Beitrag "geheimtip für Akkordeonreparaturen." Das Ergebnis war perfekt. Man kann viel selber machen, aber die letzten 10% brauchen den Meister mit jahrzehntelanger Erfahrung. 3-chörig Stimmen kosten dort etwa 100 €.
weiter viel spass

tastenfux
 
Hallo Jipilux,

So wie du schreibst, bist du handwerklich geübt und schon feste dabei die grundlegenden mechanischen Dinge selbst zu erledigen. Das ist gut so, spart nämlich schon ne Menge Kosten.
Die Glasfaserradierer übrigens bekommt man z.B. im Modellbauladen, oder in der Abteilung Autolackreparatur, denn verwendet werden die gerne um kleine Flächen lokal von Lack und Rost zu befreien, um z.B. mit einem Tupflack den Autolack wieder zu versiegeln.

Die Stimmzungen brauchst du in der Regel nicht separat einstellen, denn das kann der Akkordeonstimmer auf einen Aufwasch mitmachen, wenn er stimmt. Denn die Abstände braucht man meistens wie Ippenstein schreibt nicht zu verändern. Das macht man dann, wenn man beim Stimmen merkt, dass das Ansprechverhalten nicht gleichmäßig ist, will heißen, dass einzelne Töne einfach viel später und schlechter beginnen. Aber wie gesagt, das wird erst dann gemacht, wenn es bereits ans Feine geht. Da gehört auch Erfahrung dazu, was man wie viel wohin verändert. Als Anfänger oder Laie macht man da in der Regel wirklich nichts besser, sondern viel eher schlechter. Das gilt genauso fürs Stimmen.

Die Kosten fürs Stimmen sind sehr weit gefächert und hängen sehr stark davon ab, wer es macht, und mit wie viel Aufwand es gemacht wird – und natürlich, wie viel zusätzliche Arbeiten noch hierzu anfallen also neu einwachsen, neue Ventile etc. – also im Vorfeld möglichst viel selber machen lohnt sich definitiv! Fernmündlich wird dir hier kaum ein Stimmer einen realistischen Preis nennen, denn dazu muss er immer zuerst schauen, in welchem Zustand er das Akkordeon in die Finger kriegt. Bei der Gelegenheit kann dir auch der Stimmer sagen, wie deine Stimmstöcke von der Tonlage her sortiert sind und welche Klangmöglichkeiten du hiermit hast, und in welchem Bereich das variiert werden kann – er hat die dann auch in der Regel Instrumente da, anhand deren er den Effekt ungefähr vorführen kann.

Zum Preis kann ich die nur sagen, was ich für meine Kisten bezahlt habe. Da du so wie es sich anliest ein 3-chöriges Instrument besitzt ( 3 Stimmstöcke im Diskant und vermutlich das gleiche noch mal im Bass) kann ich es am ehesten mit meiner Verdi II vergleichen ( 3 chörig im Bass und 2-chörig im Diskant ebenfalls 80 Bässe und 34 Diskanttasten) Hier habe ich vor ein paar Jahren ca. 550 Euro bezahlt – allerdings mussten hier noch die Stimmplatten gewaschen und neu eingewachst werden, Rost entfernt und neue Ventile drauf, sowie die Diskantventile neu justiert werden. Der reine Stimmanteil dürfte etwa 200 bis 250 Euro betragen haben.
Für meine Tango III (3 chörig im Diskant mit 41 Tasten und 120 Bässe, 4-chörig) habe ich vor ca. 5 Jahren fürs Stimmen 280 Euro gezahlt. Hier war nur Stimmerei nötig, alles andere war noch gut.
Für meine Morino V (5-chörig im Bass (120 Bässe) und Diskant 41 Tasten mit Casotto, das ist eine besondere Bauform, die beim Stimmen etwas schwieriger ist) habe ich vor 2 Jahren 600 Euro gezahlt fürs neu Stimmen, abgleichen (=Löseabstand einstellen) und teilweise neu ventilieren (plus gebrochene Zunge getauscht).
Aber wie gesagt, das sind nur die Preise, die ich für meine Akkordeons bei meinem Stimmer gezahlt habe und können anderswo jederzeit (in beide Richtungen!) stark abweichen!

Sollten dich diese Preise schockieren, so setz dich erst mal du mach ein Bier auf oder zwei, du wärst nicht der erste. Aber die Arbeit ist komplette Handarbeit, denn zum Stimmen muß praktisch jede einzelne Stimmzunge mit einer speziellen Stimmfeile entsprechend angefeilt werden, um den Ton in der Höhe einzustellen! Aber wenn die Arbeit ordentlich ausgeführt wird, dann hast du bei pfleglicher Behandlung in der Regel auf Jahre hinaus Ruhe (kann locker 10 Jahre und mehr sein) und auf den Zeitraum gerechnet ist das dann nicht viel.

Hoffe, dass ich deine Fragen ein bisschen klären konnte. Ansonsten las dich nicht entmutigen und befasse dich weiter mit der Restaurierung deines Akkordeons. Jede Stunde die du investierst, sparst du beim Akkordeonmeister.

Gruß,
maxito
 
Naja... wenn man aber Mist baut, werden das dann wieder viele Stunden beim Meister. Daher also nur das machen, bei dem man sicher ist, daß man es richtig macht.
 
hallo Wil_Riker!

Danke für die Aufmerksamkeit! Wegen des GF-Radierers werde mich mal an den Thread heranwagen.
Gruss

hallo Ippenstein!

Mit aller Gewalt die Löseabstände einstellen... Nein, davon kann keine Rede sein, von "mit aller Gewalt", jedoch sind einige der Zungen schon mehr als auffällig weit aussen vor, das hört sich dann irgendwie an wie ein röhrender Elch mit Erkältung so beim reinpusten. Und die Tonansprache ist auch von einem auffallenden "Plop" begleitet also wohl nicht so ganz gleichmässig bei gleichmässigem Anstieg der Zug/Druckverhältnisse. Teilweise liegt das bestimmt an den eher nachlässig zugeschnittenen Leder/Lederersatz Ventilen, teilweise aber auch an den Zungen.
Gruss

hallo tastenfux!

Vielleicht kannst Du mir ja bei Gelegenheit die Adresse Deines Stimmers mitteilen, allerdings bin ich grundsätzlich natürlich auch am abwägen ob sich das bei dem Alter der Stimmen so noch lohnt und/oder ob das überhaupt notwendig sein wird denn beim ersten Anspielen hörten sich die Stimmen (ohne dass ich alle gezielt angetestet habe) noch gut an. (Deswegen hab ich mich ja so verjagt als mir beim öffen der Diskantseiten die Stimmstöcke entgegenpurzelten, kurz vorher hatten sie noch getönt.) Allerdings sollte die Ansprache doch schon passen selbst wenn die Stimmung dem professionellen Anspruch nicht gerecht werden kann.
Wie gesagt mit Gewalt ist eigentlich grundsätzlich nicht die Eigenschaft der ich freudig folge..
Gruss

hallo maxito!
Vielen Dank für die ausführlichen Ausführungen! In der Tat schockieren mich die von Dir genannten Preise ein wenig (derzeit jedenfalls, da ich grad ohne einen Geld einbringenden Job unterwegs bin). Was mich aber immer noch interessierte, wenn man an den Löseabstand ran muss, wo an der Zunge muss man ansetzen? Weiss das jemand von Euch?

Gruss und Danke nochmal für die umfangreichen Antworten!
 
Hallo Jipilux,

dir graußt es wohl vor gar nichts? Gut ok, Ebbe in der Kasse verschiebt die Schmerzgrenze mitunter enorm, den Zustand kenn auch noch sehr gut.

Also, wenn du es unbedingt versuchen willst:

Die Zunge ist aus Federstahl und liegt idealerweise in einer ganz leichten Kurve von der Stimmplatte weg. Die Kurve ist in der Regel ein Teil des Tonbildenden Systems und sollte deswegen wenn es geht auch so erhalten bleiben - ergo sollte die Biegerei so nahe wie möglich am Nietpunkt erfolgen, also kurz bevor die Zunge auf die Platte übergeht. Dazu müsste man denn dann mit einem stabilen, aber nicht scharfen Gegenstand die Zunge an eben dem Punkt mit etwas Kraft, aber dennoch sehr feinfühlig in die Notwendige Richtung verbogen werden. Da es sich um harten Federstahl handelt, ist ein leichtes überbiegen erforderlich, da die Zunge nach dem wegnehmen der kraft etwas zurückfedert. Je weiter man die Biegerei auf das freiliegende Zungenende (Schwingungsbereich) verlagert, desto weiter federt der Stahl zurück und desto größer ist auch die Gefahr, die eigentliche Zungenbiegung mitzuverformen, wodurch die Zunge oftmals Schrott ist. Die Kunst besteht nun das Ganze möglichst auf Anhieb zu erwischen, denn die Zunge lässt sich nicht oft plastisch verformen, ohne zu brechen.

Ich geb zu, das Ganze hört sich sehr theoretisch an, ist aber mit ein wenig Übung nicht ganz so schlimm. Am besten machst du deine ersten Versuche mit mittelgroßen Stimmzungen - die sind nicht ganz so stabil sind, wie die ganz tiefen Töne und nicht so empfindlich, wie die hohen kurzen Zungen.

Bevor du aber an die Dinge gehst, solltest du zuerst überprüfen, ob alle Zungen im Stimmspalt frei schwingen können und keine Staubkörnchen im Spalt sitzen, die die Schwingung behindern, das ist in der Regel viel öfter die Ursache für dubiose oder gar keine Töne aus der Stimmplatte. Und schlecht oder gar nicht schließende Ventile beeinflussen oft die Nachbarzunge negativ und verursacht mitunter auch das Klangverhalten.

Ansonsten solltest du mit einplanen, dass eine neue Stimmplatte so 10 bis 20 Euro kostet, je nach Größe und Qualität auch mehr.

Gruß,
maxito
 
Wenn eine Zunge nicht richtig funktioniert, kann das viele Ursachen haben. Ich wäre da beim Lösabstand vorsichtig.

Wenn man die Zunge nahe an der Niete bearbeitet, ist die Gefahr sehr groß, daß man entweder die Zunge verdrückt oder sich der Niet lockert.
 
Hallo jpilux , der Meister der mein Akkordeon auf Vordermann brachte:

Wolfgang Glass
Klingenthaler Str. 31
08261 Schöneck/Vogtl. Tel.037464 81 23

Ruf Ihn einfach mal an. Man kann sich mit ihm super unerhalten. Er stimmt übrigens nach Gehör. Du sagst ihm 440 Hz, mittleres Tremolo und es klappt.
Das Akkordeon wird bei ihm 2x gestimmt. Nach dem ersten Stimmen einige Tage liegengelassen und dann nochmal gestimmt. Das Ergebnis ist frappierend.


Viel Spass
tastenfux
 
Super! Vielen Dank! Die Antworten und Tips denke ich werde ich mir ein wenig hinter die Binde ziehen. Mal schauen wie weit ich damit komme.

Und vielen Dank auch nochmal für die Schönecker Adresse an tastenfux. Nach Abschluss der Reinigungsarbeiten werde ich mich wohl mal dorthin wenden.
 
:p So, da bin ich wieder! Hallo am Sonntag! Ich hab mitlerweile ein paar Bildchen geschossen und in einem Album zusammengefasst. Für all Jene die soweit nicht zu meiner Seite vorstossen möchten hänge ich hier ein oder zwei der Fotos an. Leider habe ich nicht daran gedacht vom Urzustand Bilder zu machen. Wirklich zu ärgerlich!
 

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Altersbestimmung: Nachkriegsmodell. Mich erschreckt die wartungsunfreundliche Baßmechanik. Die Stimmstöcke werden noch nach altem Muster eingebaut - mich würde der Aufbau der Registermechanik interessieren.

Die Zungen müssten einen Längsschliff haben - sie sehen sehr stark nach einfachen Dix-Stimmplatten aus (wie bei meiner kleinen Sibylla Brand).
Die Ventile sind fertig. Da müssen neue rein.
 
Hallo Ippenstein!
Ja, allerdings! Die Ventile find ich auch ziemlich erneuerungsbedürftig. Einige davon sind sogar viel zu kurz. Da war wohl irgendwer nachlässig bei der letzten Erneuerung. Die Registermechanik kannst Du in dem Album sehen welches ich angelegt habe. Äh naja, ich muss feststellen nur von der schmalen Seite. Ich mach bei Gelegenheit noch ein Bild in der Draufsicht. Material ist plastizit, wartungsarm bzw. wartungsfrei (keine Schmierung), trotzdem sehr leichtgängig. Zwei der Register werden direkt über die Mechanik angesteuert, das dritte über Kipphebel an denen die ersten beiden Register über einen Haken ziehen und so das dritte bewegen. Alles in Allem wirklich sehr wartungfreundlich.
Auf den Stimmzungen ist wohl schon arg oft herumgekratzt und gefeilt worden. Diese sehen nicht mehr so toll aus. Aber wenn Du sagst dass das Instument schon einen Tag älter ist sollte man sich darüber wohl nicht beschweren können.
 
Wichtig ist, daß die Stimmzungen noch Material haben und nicht verrostet sind.
 
Ja! Genau da liegt meine Sorge. Wegen der Materialstärke sind wohl auch die Gewicht aufgelötet worden, oder_?
 

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