Review: Digitech Vocalist Live 2

dr_rollo
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Vorab: Ich spiele in einer Band, in der uns, seitdem wir keine Sängerin mehr haben, ein Defizit bei Satzgesängen entstanden ist. Der Bassist ist der Frontmann mit den Lead Vocals, ich spiele Keyboards und singe Backing Vocals, unser Gitarrist und auch der Drummer singen beide nicht. Mit Sängerin hatten wir wenigstens drei Stimmen, und wenn wir die Lead Vocals mit Uhs und Aahs supported haben, waren dies halt zwei Stimmen, was nun ohne Sängerin etwas blöd klingt. Also kam die Idee, für die Backing Vocals einen Vocal Harmonizer als Effekt zu nutzen. Kürzlich bin ich mit einem Bekannten, der Cajon und Saxofon spielt als Duo aufgetreten, wobei ich die Lead Vocals gesungen und neben Keyboards auch Gitarre spielte. Er nutzte einen Digitech Vocalist, um mich mit Chor Vocals zu supporten, was ich eigentlich ganz cool fand.
Der Markt an Vocal Prozessoren, insbesondere mit Harmonik-Funktion, ist recht groß. Für meinen Fall sind die meisten Geräte in Hinsicht der Ausstattung oversized. In vielen Fällen haben die Geräte zusätzlich zu dem Harmony-Funktion eine interne Effekt Section oder auch noch einen Looper, manche sogar Gitarreneffekte, quasi die eierlegende Wollmichsau für den Singer-/Songwriter oder Alleinunterhalter an der Akkustikgitarre. D.h. die Geräte verfügen fast ausschließlich über einen direkten Mikrofoneingang, zusätzlich einen Input für einen Gitarre, meist optional mit Thru, um die Gitarre an einen Amp oder in das Pult weiter zu leiten.
Mir würde ein Gerät reichen, das ausschließlich Harmony Stimmen erzeugt, am liebsten als reines Effektgerät, das ich im Mischpult einschleifen kann. So etwas scheint es heute nicht mehr zu geben. In meinem persönlichen Fundus gibt es tatsächlich noch einen Digitech Vocalist II aus den frühen 90er Jahren. Das ist tatsächlich ein 19“ Effektgerät, so wie ich es mir eigentlich wünsche und besitzt ausschließlich Harmonic-Effekte. Der Unterschied zu den heutigen Geräten ist allerdings, dass dieses Gerät über Midi angesteuert werden muss, während die heutigen Geräte über eine intelligente Audio-Erkennung verfügen, d.h. sie erkennen die Akkorde auch aus einem Gitarren-Signal. Abgesehen davon klingen die heutigen Geräte aufgrund von von 20 Jahre Weiterentwicklung bei Audio Prozessoren um Klassen besser und reagieren deutlich schneller bei der Erzeugung der Stimmen.

Test 1: Digitech Vocalist Live 2
Den Digitech Vocalisten bekam ich von einem Bekannten s. oben) zum Testen geliehen. Die Ausstattung ist übersichtlich und die Bedienung ist intuitiv. Ich habe zwar die Anleitung dazu, aber die ist im Grunde überflüssig. Der Vocalist Live verfügt über die üblichen Anschlüsse wie Input als Mikrofon XLR aber auch 6,35mm Klinke, optional zuschaltbare Phantompower liefert das Gerät auch, so dass auch Kondenser Mikrofone direkt angeschlossen werden können. Es gibt weiterhin einen Input für Gitarre, sowie den Thru für das unbearbeitete Weiterschleifen des Gitarrensignals. Hier ist auch noch ein Groundliftschalter vorhanden, dessen Sinnhaftigkeit ich allerdings nicht verstehe, weil eigentlich keine Brummschleife entstehen kann, wenn man mit einer Gitarre direkt dort reingeht und dann erst weiterschleift. Der Mikro In hat einen Level Regler, der Input für die Gitarre leider nicht, was aber auch kein Problem darstellt. Sowohl das Signal meiner Akustik-Gitarre war ausreichend als auch das Signal meiner E-Gitarre. Neben einem Stereo Ausgang mit je einer 6,35mm Klinkenbuchse gibt es auch einen XLR Mono Out. Das war’s dann auch schon mit Anschlüssen.
Der Rest erklärt sich auch schnell von selbst: Links vorne gibt es einen Fusschalter für die Effekte, ‚Hold for Tuner‘ schaltet in den Stimmgeräte-Mode um, so dass man die angeschlossene Gitarre über das interne Stimmgerät stimmen kann. Tritt man den Schalter kurz, schaltet man die Effekte wie Kompressor, Enhancer und Reverb an und aus, was über eine LED signalisiert wird. Für den Kompressor gibt es einen einfachen Regler, mit dem man die Intensität regelt. Für den Reverb gibt es neben dem Regler für die Intensität drei Taster mit denen man zwischen den drei Reverbarten Studio, Hall und Room wählt. Der Enhancer hat wie Reverb auch einen Regler für Intensität, und man wählt über drei Taster zwischen Resonance, Clarity und Shine. Auszug aus der Anleitung:
Resonance – Verbessert tiefe Stimmen indem Bass und Mitten Frequenzfilter angewendet werden.
Clarity – Verbessert alle Stimmen indem Mitten Frequenzfilter angewendet werden.
Shine – Addiert extra Glanz zu allen Stimmen, indem die Höhen etwas hervorgehoben werden.
Kommen wir zu dem entscheidenen Teil, der Harmony Funktion. Man kann eine oder zwei zusätzliche Stimmen erzeugen. Diese kann man beliebig kombinieren. Zur Auswahl stehen High (eine Terz höher), Higher (eine Quinte höher), low (eine Terz drunter), lower (eine Quinte drunter) sowie Unisono 1 und 2. Letztere beiden sind eine leichte Verstimmung und Verzögerung der Basis-Stimme, was die Stimme voller erklingen lässt, quasi ein Double-Effekt, den man im Studio häufig nutzt, indem man einen Gesangspart von derselben Person zweimal einsingen lässt und dann so abmischt. Den Anteil der Harmony Stimmen stellt man über einen Regler ein, und ein- und ausschalten tut man dies über den Fusschalter vorne rechts, was auch über eine LED signalisiert wird. Leider hat dieser Schalter keine Tast-Funktion. Er ist zwar recht leichtgängig, aber man muss halt hinschauen, ob der Effekt aktiv ist oder nicht. Ich würde persönlich eine Tastfunktion vorziehen, so dass die Stimmen nur solange klingen, wie ich den Taster heruntergetreten halte, meinetwegen gerne auch eine Umschalt-Option zwischen Toggle und Momentary. Wie klingt’s? Eigentlich recht gut. Auch die internen Effekte klingen ganz ordentlich, würden wohl jeden alleine musizierenden zufrieden stellen. Die Harmony Stimmen klingen sehr natürlich, reagieren sehr schnell. Man muss natürlich einigermaßen sauber singen, schleifen führt zu komischen Effekten, da sich die Stimmerzeugung an einer Chromatik orientiert.
Als Soundbeispiel und kurzen Eindruck hab ich mal 'Lonesome Loser' von der Little River Band gewählt:
https://soundcloud.com/roland-schott/digitech-dry?in=roland-schott/sets/vocalist-test
https://soundcloud.com/roland-schott/digitech-fx?in=roland-schott/sets/vocalist-test
https://soundcloud.com/roland-schott/digitech-harmony?in=roland-schott/sets/vocalist-test

Nun möchte ich das Gerät ja als Effektgerät einschleifen. Anstelle des Mikros direkt in das Digitech, nehme ich den Direct Out aus dem Pult, den ich in den 6,35mm Klinken Line In führe. Und anstelle der Gitarre nehme ich einen Aux Send aus dem Pult, der nun in den Gitarren Input geht. Den Stereo Out lasse ich, den führe ich auf zwei Inputs des Pultes, drehe den Regler für den Hamony Mix ganz nach rechts, um quasi nur den reinen Harmony Anteil an das Pult zu geben. Funktioniert genauso gut, nur dass ich nun auch andere Instrumente, wie z.B. mein Keyboard oder auch eine zweite Gitarre als Steuer Signal verwenden kann. Jetzt hätte ich nur gerne ein 19“ Gerät, das ich im Mixer Rack verbauen kann, was deutlich weniger Kabellage bedeuten würde. Lediglich einen Remote Fusschalter für das Aktivieren der Stimmen wäre nötig.
Und hier fällt mir gleich der nächste Kritikpunkt an dem Gerät auf: Es gibt keinen Midi-Anschluss und auch keine andere Option, irgendwelche Vorab-Einstellungen abzurufen. Um dieses Gerät nun auf dem Keyboard oder in Griffweite zu platzieren, damit ich Einstellungen vornehmen bzw. die Stimme aktivieren kann, ist es mir zu groß. Also warte ich erst einmal gespannt auf das nächste Gerät, dass ich mir bereits bestellt habe, den Harmony Singer 2 von TC-Helicon.
 
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Jetzt bin ich mal gespannt, ob das Teil auf Dauer auch wirklich so klasse ist - mein neuester Kauf sollte ja am Wochenende bei mir sein ;)
 
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Werde es nächste oder übernächste Woche bei der Probe einsetzen. Aber in der Zwischenzeit habe ich noch den Harmony Singer 2 von TC Helicon bekommen. Da bin ich gerade dabei, auch ein Review zu erstellen, quasi als Vergleich. Beide Geräte haben so ihre Vor- und Nachteile. Vorweg, der Harmony Singer ist kleiner und hat eine Tastfunktion, also nicht nur Schalter, was mich persönlich erst einmal zum Kauf animiert hat. Und erster Eindruck ist, dass er auch besser klingt. Aber das sehen wir dann im Anschluss. Stay tuned...
 
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